6'silbernen Wölkchen auseinander. Tie Hähne krähten sichMittag zu, und wo der Blick über niedere Zäune in einenHof hineinfand, glänzten ihm die runden Ziegelfäulen ent-gegen, die hier, nach altem Brauch, das Vordach trugen, undnoch von Ostern her frisch geweißt, blitzblank in der Sonnestanden. Meist war dem Hof ein bescheidenes Blumen-gärtlein abgewonnen, in dem die Bienenhütte stand undfeuerrote Tulpenkelche wie kleine Flämmchen aus der Erdestachen. Um die Röhrbrunnen grünten Oleanderbäume, vonMutter auf Tochter vererbt und gar sorglich gepflegt. Ausden Ställen brüllte das Vieh, scholl das Gefchäker der Mägdeund Knechte, die mit den frischgescheuerten Milcheimern hinund her liefen. Wohin man sah, das bescheidene Glück ver-erbten Besitzes, ruhiger Seßhaftigkeit. Und über all dem,wie ein unsichtbares Goldnetz, der tiefe Friede der mittäglichenFeierstunde.In der Lust hingen noch die letzten Klänge der Ave-glocken: von irgendwoher kam das Geschmetter einesStieglitzes. O, schön war es schon, so ein Dach über sich zuhaben, eine Tür, die einen täglich mit demselben Knarrenentließ und empfing— ein Heim, mit Blumen darin undMenschen, die nur liebe Worte fanden für einen.Das hatte der Bub' aus dem Findelhaus nie gekannt.Aber all die Jahre her war es wie eine verschämte Sehnsuchtmit ihm gezogen— straßauf, straßab. Etwas haben, etwassein, sich nicht so anschauen lassen müssen von denen, die jedeNacht in ihrem Bett schliefen.Fast wie eine Andacht kam es über ihn, wie er so dastand,die Mütze noch vom Avegruß her in der Hand, den Blick vonden schwellenden Saaten nach den Heimstätten der Glücklichengekehrt, für die ihr Brot reifte. Warum er nicht beten konnte,wo ihm doch die ganze Seele so voll war? Nicht in die Kircheeintreten, die dort unter der breitschattenden Linde so ernstund versonnen stand? Nur einen Augenblick.Nein, nein! Etwas war in ihm, das sich immer wiederauflehnte. Gott selbst hatte ihn auf die Straße gewiesen,als er jenes Weib s o Mutter werden ließ. Gott mußte ich mkommen, mit viel Liebe und der Ernte eines großen, glück-lichcn Tages, wenn er all die Bitterkeit aus dem Herzenbringen sollte.Die himmlische Mutter, der diese Glocken den Gruß derEngel sangen? Nein. Auch sie hatte ihn nicht gefunden bisheute. Aber, wie er so stand und mit den zornigen Raub-vogclaugen ins Licht hineinblinzelte, gaukelte plötzlich einanderes Frauenbild vor ihm her. Sonnenfarbige Lockenflogen um den entblößten Nacken, der breite„Panielahut"schattete in eine Stirne, über die zwei dunkle Brauen etwasvon dem trotzigen Eigenwillen des Mannes breiteten. Gold-braune Augen funkelten über ihn hin— stolz abweisend, unddoch mit einem Blick versteckten Wohlgefallens.„Karo—Hektar— Hierherl" Und sein Blut sang noch einmal, vondieser Stimnic erweckt.Tann flatterte die weiße Echarpc auf und legte sich wieein Frühlingswölkchen zwischen ihn und sie.Narr, der er war, so dazusteh'n und von Dingen zuträumen, die keinen Halt hatten und keinen Sinn. Aber—wenn sie„s o" war!?Eines stand fest bei ihm: den Verwalter mußte er seh'nlUnd wenn er eine Woche im Ort herumlansen sollte: Nureine Woche? Es kam ihm plötzlich ganz undenkbar vor,jemals wieder auf die Landstraße hinauszuziehen. Ja �was war denn das? Noch niemals hqtte er seine Sohlen so„einwachsen" gespürt, wie in diesem Nest.ikvortietzuug folgt.!lNnchdrull ccrbcien.JMar leb, marfcb!Skizze von O. L.'Schluß.)Vorwärts stürzt die Schützenkette— rüber über den Graben—,wer zu kurz springt, steckt bis über die Knie im Morast.Von drüben, Ivo die Ebene steil aussteigt, knattert ihnen Schnell-fever entgegen.Dort liegt in langen Schützengräben gut verschanzt der„Feind".„Hinlegen'" wirft das Kommando die Schützen wieder plattzur Erde.„Visier 1600— Schützenfencr!"Wild hämmert da? Blut in den Schläfen— die Pulse fliezcn— das Gewehr zittert in den Händen.t3Wie sollten sie im Ernstfall wohl ruhig zielen können?!Das unsinnige Verbot des Wassertrinkens kommt nun den Sol-baten recht zum Bewußtsein.Ist's nur eine Grausamkeit ihres Hauptmanns? Oder geschaheS auf höberen Befehl? Sollen sie als Versuchskaninchen dienen.etwa an ihnen festzustellen, wie lange es dauert, bis einer„schlapp"wird, um vielleicht nie wieder aufzustehen?Hier und dort taucht ein höherer Offizier mit weißer Binde umden linken Arm auf. Das sind die gesürchleten Schiedsrichter.Einer von ihnen schießt plötzlich auf eine Kompagnie los, diehinter einem kleinen Hügel Gewehr bei Fuß in Reserve steht.„In drei Teufels Namen— Herr Hauptmann, Sie stehen mitIhrer Kompagnie ja wie auf dem Präsentierteller!"„Ich habe Deckung," antwortet der Angehauchte salutierend undzeigt auf den Hügel vor ihm.„Aber keine Scitendeckung, Herr! Sehen Sie denn dort halblinksnicht die feindliche Batterie?— Wären im Ernstfalle ja weggcpustetl— Ihre Kompagnie ist außer Gefecht gesetzt!"Damit gibt der Schiedsrichter seinem Pferde die Sporen.Der Hauptmann schickt ihm einen grimmigen Fluch nach.Der„blaue Brief" wird wohl gleich nach dem Manöverkommen.„Na, Hellwig, was wollen Sie werden?" fragt malitiös derHauptmann einer weiter hinten stehenden Kompagnie, die glücklicher-weise auch„Scitendeckung" hat.„Weinreisender oder Versicherungs-agcnt?"„Nee—„Flieger"," brummt Hauptmann Hellwig voll Galgen-Humor.„Wenn ich schon„fliegen" soll, will ich wenigstens'n Zu-schuß vom Kriegsminister haben."Die Schützenkette schiebt sich in„Sprüngen" immer näher anden„Feind".Die grüne Wiese haben die Musketiere längst durchmeflen.Dann ging es über Stoppelfeld und jetzt stolpern sie lausend überSturzacker und werfen sich auf den Befehl„hinlegen" erschöpft indie Furchen.Die trockene Erde wirbelt zu schwarzem Staub auf und dringtbeißend in Nase, Augen, Ohren.«Das Ganze halt!" schallen plötzlich langgezogene Trompeten-signale über das Feld.Endlich— Ruh! Wenn'S nachher nur nicht noch einmallosgeht!Steif erheben sich die Soldaten vom Boden, setzen die Gewehrezusammen und werfen sich gleich wieder hin.„Die berittenen Herren Offizier'— Offizier' I" rufen die Signal-hörner zur Kritik.Von hüben und drüben sprengen im gestreckten Galopp dieStabsoffiziere, Rittmeister und Hauptleute der Anhöhe zu, wo derkommandierende General inmitten der Schiedsrichter, jeder dieKriegskarte in der Hand und gravitätischen Ernst in den Zügen, sieerwartet.Die meisten kommen mit geheimer Furcht im Herzen. Alle dieseschneidigen Helden in ihren grellbunten Jacken und rotkragigen Röckenfürchten die Manöverkrilik wie die Pest.Wer bei der KriegSspielcrci nach Ansicht der hohen Vorgesetztenzu dumm gemimt hat. kann hinterher sein„Ehrenkleid" in Motten-Pulver packen und den verachteten Zivilistenrock anziehen.Eine gute halbe Stunde später ist die Kritik überstanden unddie Offiziere reiten zu ihren Abteilungen zurück.Die Kompagnien sammeln sich und ziehen wie zerschlagen abins Ouarlier.Glücklich die Kompagnie, die es in der Nähe hat. Viele müssennoch stundenlang marschieren.Sechs Uhr nachmittags�Auf dem Kirchplatze eines Dorfes ist eben d« Gewehrappelleiner Kompagnie beendet, und die Korporalschastcn rücken wieder ab.Nur eine Sektion in voller feldmarschmäßiger Ausrüstung bleibtstehen.Auf einen Wink des Hauptmanns führt ein Sergeant sie aufdas freie Feld gleich hinter der Kirche.�So— jetzt schleifen Sie die Kerls mal gründlich," befiehlt derHauptmann dem Sergeanten,„damit sie das nächste Mal nichtwieder wie daS Vieh über den ersten Eimer Wasser herfallen."Den Befehl führt der Sergeant nur zu gern aus. DaS„Schleifen" beginnt:„Mit beiden Händen Gewehr— faßt I" kommandiert � er.„Fortgesetztes Gcwehrstrecken und Armebcugen— Gewehr vorwärts— streckt I„Pumpen" nennen die Soldaten diese„Uebung", die als wirk-'ameS Foltermittel bei den Unterosfizieren sehr beliebt ist.Der Herr Hauptmann, der höchstselbst die„Aufsicht" bei demStrasererzieren führen will, zündet sich eine Zigarette an undspaziert gemächlich hin und her.Das Diner bei Rittergutsbesitzer v. K. war in der Tat ganzvorzüglich— öh, wirklich großartig! Die Weine exquisit— aberschwer— äh, riesig schwer! Ganz gut, daß der Dunst hier'n bißchenaus dem Schädel abziehen kann. Nachher ja noch großer Ball!—Langweilige Geschichte hier mit den Kerls I Daß die auch Wassersaufen müssen, wie'S liebe Vieh— pfui Deibel!"Die Musketiere,„pumpen"—„pumpen" bis zur völligen Er«