Schweigen wieder d'as Wort auf.-.Ind rch dachte immer. der Mann habe so viele Meriten(Verdienste)!" Sie legte den Fächer vor den Mund. Es konnte ein Gähnen sein, das sie hinter den seidenbespannten Stäben verbarg, Lolette aber glaubte zu wissen, daß es ein Lachen war, und der langver- Haltens Zorn schlug ihr in purpurnen Wellen bis an die Schläfen empor. Weißt Tu was?. Kümmer' Dich um Deine Chosen (Sachen) l" Um meine Chosen?" Oder um Deine Affäre, wenn ich durchaus deutlicher werden inuß!" Miette lachte auf hell, kindlich.Aber Liebste, ich versteh' Dich absolut nicht!" Lolette wollte etwas erwidern, hielt aber Plötzlich ein: die bronzene Spieluhr, die auf dem Kamin stand, meldete mit pinkenden Schlägen die dritte Nachmittagsstunde. Zu- gleich begannen sich die feinen Walzen zu drehen. Und während das Werk ein preziöses Menuett ertönen ließ, traten rechts und links zwei zierliche Rokokosigürchen heraus ein Kavalier und seine Dame und knixten und trippelten in, zierlichsten Tanzschritt einander entgegen. Lolette aber er- griff Miettens Fächer, und während sie mit dem ehrwürdigen Fächer der Stiftsdame den Takt zu dem weltlichen Tanz schlug, sang sie leise:A cette heure cette heure je t'ai perdu, mon coeur(in dieser Stunde, in dieser Stunde, Hab' ich, mein Herz, Dich verloren)!" Und Plötzlich wurde die Stiftsdame rot rot bis unter die blonden Scheitel, die so schlicht und ehrbar an den rosigen Schläfen lagen. Wenn Du diese Kindereien meinst!" zischte Miette endlich auf. Sie riß den Fächer an sich und trat an das Fenster ganz wie früher Lolette. Kindereien, so!" wiederholte die Schloßherrin mit ge- mächlichem Hohn.So dacht' ich auch, als ich Dich damals mit dem Udalrich Pichler überraschte... um eben dieselbe Stunde, bei eben demselben Spiel, in eben derselben Stube, diegnädigste Komtesse" mit dem Hofmeister des Vetters: dem geistlichen Hofmeister! Seitdem habt Ihr beide Euch recht ausgewachsen. Er ist Piarist (Mitglied des gleich- uamigen Ordens) geworden, Du sogarStiftsdame". Aber wenn ich recht berichtet bin, kommt der gute Udalrich noch immer zu Dir. Und bloß der schönen Gegend halber wirst Du Dich auch nit nach Nikolsburg gesetzt haben! Die Pia- risten und die guten Nikolsburger glauben zwar, daß Ihr betet, aber ich weiß es besser!" Was?" kam es erstickt zurück. Daß der Mann seine Meriten hat!" Das ist eine Betise(Dummheit)!" Liebe Miette , gib Dich damit zufrieden, daß Du das Dekorum besser zu wahren verstanden hast als ich. Und im übrigen... Da kommt derKaffee" I" Sie erhob sich und rauschte in das Boudoir. Auf dem Rokokotischlein, das in der tiefen Fensternische stand, stellte Preiner Kuchen und Tassen zurecht und in einer silbernen Obstschale einige Datteln und Orangen. Befehlen Euer Gnaden auch hier ein Feuer?" fragte er mit einem Blick nach dem Kamin. Behüte!" wehrte Lolette ab. Sie wußte, daß die ver- wöhnte Miette in diesem Räume frieren würde, tat aber nach wie vor, als wäre sie allein da. Strafe mußte sein! Und als Preiner sich schon zum Gehen wandte, kam ihr noch eine Malice:Vergeh' er nicht, dem Kutscher Ihrer Ehrwürden zu sagen, daß er um Sechs einspannen soll!" Miette verstand, wahrte aber vor demDomestiken" bis zuletzt das Dekorum.Der Frieder weiß schon selbst, was er zu tun hat. Aber er..." Sie griff in ihr Retikül und holte einen blanken Taler hervor.Hier für die Mühe, die er mit mir gehabt hat." Was ist das?" dachte Preiner. Gräfin Miette pflegte sonst nicht so splendid zu sein. Und seine welken Lippen schmatzten den devotesten Kuß auf die schlanke Rechte, die sich ihm aus einem duftigen Gekräusel von Spitzen und Falbeln entgegenstreckte. Ein Kratzfuß und er war draußen. Nun, ich muß sagen." brach hinter ihm Miette los, Deine Gäste fetierst(feier)i) Du!" Und plötzlich weinte sie die boshaftesten Tränen, die eine Blondine nur weinen kann. (Fortsetzung folgt.)! (Nachdruck»crdolen.1 b] Die JVIcirterln. Aufhören muß das!" befahl sie rauh, und drohend wölbten die Brauen, die sonst wie ein feiner, kaum sichtbarer Strich über den Augen hingen, sich vor. Das war aber dem Joseph nun doch zu bunt! Warum?" begehrte er kurz auf. Ihre Hand, die flach und bewegungslos auf der Tischplatte gc« legen hatte, krampfte sich zur Faust: Weil ich's will!" Ob er nicht Freundschaft halten könne, mit wem er wolle« fragte er und wurde ganz rot im Gesicht dabei. Mit wem Ihr wollt meinswegen. Aber nicht mit dem Glück- Schuster? Mit dem nicht! Solange Ihr in meinem Hause seid!" Sie hatte die Sätze kurz und scharf hervorgestoßen, daß dis Luft noch klang, als sie schon längst die Lippen wieder fest aufein, ander gepreßt hielt. Mehr noch als aus den Worten merkte der Joseph an diesem Klingen, daß in der Meisterin ein alter Haß aufschrie, und er wollte ihn noch heftiger aufstacheln, damit sie verriete, was der schlaue Spürer zu wissen begehrte. Was sie denn gegen den Schuster habe, fragte er, sich harmlos stellend. Der sei doch ein Prachtkerl, ein bisscl verliedert, aber doch immer fidel, so rechte Gesellschaft fürs Wirtshaus. Die Meisterin hörte den falschen Ton in den Worten des Listigen, und kurz und hart beschiel) sie ihn: Das gehe ihn nichts ani Aber auch gar nichts! Da wurde er trotzig: Und sie gehe es auch nichts an, wenn er dem Schuster freund sei, Sic war aufgestanden und hart vor ihn hingetretcn: Gelt," sagte sie und ließ die drohenden Augen nicht von ihm« Ihr wißt dann auch, wo die Tür ist... den Tag noch!" Verblüfft starrte er, auffahrend, der Hinausgehenden nach. Verflucht!" zischte seine ohnmächtige Wut hinter ihr her. 3. Dem Schlackerwetter der letzten Wochen, das bald Regen, bald Schnee und dann wieder beides gebracht, war Kälte gefolgt, die den arg zerfahrenen Weg nach Ratschen knochenhart gefroren hatte. In dem Eis der Fahrrinnen, die tief in den lehmigen Boden ein- schnitten, spiegelte sich der klare Mondschein, und die Lust war so hellhörig, daß das Gebell der Hunde von Wiesenthal drüben bis zu den beiden herüberschallte, die eben am Wirrwitzer Kreuz vorbei nach Ratschen sich wandten. Verdammt!" knurrte der Glück-Schuster, der in ein tiefes Fahrgleis geraten war und sich fast den Fuß vertreten hätte. Der Joseph wußte nicht: galt der Fluch dem kleinen Unfall, oder dem, was er eben von dem letzten Gespräch mit der Meisterin berichtet hatte. So gewitzigt er war und gewöhnt, in den Mienen der Leute zu lesen, um danach seine Fechtbruderschaft einzurichten. in dem schnurrigen Gesicht, das der Freund bei feinem Bericht machte, kannte er sich nicht aus: spiegelten Wut oder Freude, Bos- heit oder Pfiffigkeit, Verschlagenheit und List oder Verachtung des Hasses darin, den die Rother-Tischlern ihm nachtrug? Ein Gemisch war's vielleicht von allem, in dem der Zorn allmählich die Ober- Hand zu gewinnen schien. Der Kleine merkle, daß der Joseph sein Gesicht beobachtete, und trat hinter ihn auf den schmalen, hartgetretenen Fußsteig, der neben der Straße herlief.Ich will mir nu aber doch nich grade die Knochen brechen, eh wir zum Wels kommen," erklärte er. So wußte der Joseph schon gar nicht, was er aus dem gleich- wütigen:Nu do, nu dol" machen sollte, das der Schuster besonders liebte, wenn er seine Meinung nicht äußern wollte. Schweigend gingen sie eine Weile hintereinander, beide die Schultern hochgezogen und die Hände tief in die Taschen vergraben. Da wird's nu woll Essig sein mit unsrer Freundschaft, na gell?" fragte der Listige lauernd. Ich laß mich nich kujenieren von der," begehrte der Tischle» auf,von der nich!" Wo willst'n derno bleiben a Winter über,?" Verlegen schupfte der Joseph mit den Achseln und schwieg. Im Grunde tat ihm sein Aufbegehren schon wieder leid. Er dachte an den Tag, da er in Regen und Kälte diesen selben Weg gegangen war, ohne zu wissen, wo ihm ein wärmender Sckstuck und eine trockene Lagerstätte beschieden sein werde. So viel war ihm schließ, lich an dem Schuster doch nicht gelegen, daß er sich um feinetwillen hinausjagen lassen sollte in die Winternot, vor der er sich eben erst glücklich geborgen. Verpucht kalt is's!" schüttelte sich der Schuster, als hätte er die Gedanken des Freundes erraten, und der hörte es feinen Wortca wohl an, daß er die augenblickliche Kälte nicht allein meinte. Gin Schauer lief dabei dem Joseph über den Rücken hinunter, und er bohrte die Hände noch tiefer in die Taschen. Nu, do red ock was!" reizte der Schuster den Schweigenden. Und nach einer Weile fügte er, als der andere noch immev keinen Laut gab. bissig hinzu: Bei mir kannste nich bleiben, wenn sie Dich rausschmeißen tut!" Das peitschte den Joseph aus seinem Schweigen auf. Ich Hab' Dich ja auch noch nich gefragt drum," patzte er ge« ärgert dagegen.