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Es flang wie das heulende Wehren eines ungezogenen Kindes, hält. Diese alten Priesterärzte zeigten sich, sofern sie nicht etta aber es erschütterte die Frau doch im tiefsten Innern.

Sie ließ es sich nicht merken. Sie hatte ihn ausreden laffen, ohne mit einer Miene zu auden; jezt sah sie ihn mit hartem Blid an. War vorhin noch ein leise mitbebendes Erbarmen in ihrer Stimme gewesen, so schien es jeht ganz daraus entschwunden zu ſein. Wenn der Paul nicht wäre, ginge ich! So mußt du!" Ich will aber nich!" schrie er außer fich

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" Du mußt!"

"

Wenn ich aber nich geh?"

Dann holt Dich morgen der Wachtmeister!"

Er tut's ja nich anzeigen, hat er gesagt!" " Dann zeig ich's an!"

Entsett starrte er zu ihr hinüber:.

Du?"

Ja ich!"

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Da ließ er den Kopf hängen, aller Widerstand in ihm war ge­brochen; ein plötzliches Aufschluchzen durchschütterte seinen Körper. Steil gerichtet stand fie in starrer Unerbittlichkeit am Tisch, noch an derselben Stelle als bei seinem Kommen, und ihre Mienen schienen wie aus Stein gemeißelt; ihr Herz aber, das noch immer an dem Manne hing, so schwere Schuld er auch auf sich geladen hatte, weinte blutige Tränen, und krampfhaft mußte sie sich zwingen, daß der grausame Schmerz ihr nicht die Besinnung nahm.

Jch tät's nicht um mich," sagte sie mit einer tonlosen Stimme, die seltsam von dem harten Klang der Worte abstach, die sie eben geäußert. Es ist nur für den Jungen. Der Paul soll nicht zum Bettler werden. Das einzige, was Du noch tun fannst für ihn, das ist, daß Du freiwillig gehst... und... nicht mehr.. wiederkommst! Damit der Paul seinen ehrlichen Namen behält!" Kein Wehren war mehr in dem Manne, tein Troßen und fein flehendes Bitten mehr; er war ganz in den Willen seines Weibes gegeben, daß er tun mußte, was sie ihn hieß. Er fühlte, wie sie ihn von sich stieß, hinaus aus Haus und Heimat, in die Nacht, in das Elend der Bettler und Vagabunden.

Da schwankte er taumelnd zur Tür.

Sie aber fant auf dem Stuhle nieder, der neben ihr stand, warf beide Arme über den Tisch, bettete den Kopf darauf und schluchzte wild in sich hinein in namenloser Qual.

( Fortsetzung folgt.)

Der Herzteftand im klaffifchen Altertum.  

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felbft betrogene Betrüger waren, als hervorragend raffinierte Rea giffeure. Das Ungewohnte der neuen meihevollen Umgebung, die Veränderung des Klimas, die Ruhe dieser heiligen" Orte, ja daa Vorhandensein sogar von Mineralquellen verbanden sie mit um ständlichen zeremoniellen Bädern, diätetischen Einschränkungen der Ernährung und fulturellen Handlungen, um dem Patienten die Möglichkeit und Gewißheit einer Heilung zu suggerieren. Es ist anzunehmen, daß der sogenannte Tempelschlaf, dem sich nach ben genannten Vorbereitungen jeder Kranke zu unterziehen hatte, wobei ihm im Traume Gott Aeskulap   höchftselbst erschien und ihm Anweisungen für seine Kur gab, unter einer Art hypnotischen Ein flusses seitens der Priester zustandegekommen ist. Daneben bea haupteten allerdings auch rellere Kuren ihren Plah. Das wichtigste an der Sache- wenigstens für die Priester, die den schönen Bibel vers, daß geben seliger sei denn nehmen, ebensowenig kanntem, wie ihn ihre heutigen Kollegen von der anderen Fakultät" be folgen waren dann wohl schließlich die Weihgeschenke an die Gottheit, Nachbildungen der erkrantt gewesenen Glieder und Körperteile in Wachs, Holz, oder Metall, denen die sogenannten Votivtafeln beigefügt waren, kurze Darstellungen des Krankheitsfalles, die wir als die ersten Krankengeschichten an­sprechen können und die deshalb von nicht geringem historischen Werte sind. Je mehr Erfolge nun die Priester mit ihren Kuren hatten, um so mehr gelüftete es sie( tout comme chez nous, ganz wie bei uns, schreibt der bekannte medizinische Literature historiker Julius Page) nach neuen Taten; ihre flinische Tätiga feit erschien ihnen zu eng, fie traten heraus aus ihrer Abgeschlossens heit und besuchten Krankte auf deren Wunsch in ihren Wohnungen. Die einfache obzwar unbeabsichtigte Folge war jetzt allerdings, daß fie ihre Geheimniskrämerei nicht mehr in der gewohnten Unver frorenheit betreiben konnten und daß sie, wollten sie nicht einfach von eben so schlauen oder noch geschäftskundigeren Spizbuben wie sie selbst aus ihrer Rolle verdrängt werden, auch Laien, die also außerhalb der Asklepiadensippschaft standen, als Schüler zulassen mußten. Doch umgaben sie ihren Stand, um die neuen Jünger sogleich dem Plebs" zu entfremden, mit einem großartigen Brim borium von allerlei Formelfram und Zeremonien, wodurch sie eine wirksame Schranke gegen etwaige Profanierungen errichteten. Doch war auch hierdurch die Popularisierung nicht mehr aufa zuhalten. Die neuen Elemente, die nun in die Heilkunst gelangten, Elemente, die den abergläubischen und betrügerischen religiösen Firlefanz durch rationelle Beobachtungen der Natur und gründ liches Studium der Krankheitsfälle ersetzten, gaben den Anstoß au einer Reformation der Heilkunde und damit zu einem Fort schritt, gegen den sich die zünftigen Vertreter dieses priesterlichen Schwindels natürlich gesträubt hatten. So wurde dieser mystischen Methode, die trotzdem vielleicht weniger blödsinnig war als die Gesundbeterei und ähnlicher Unfug unseres modernen, aufge­klärten Zeitalters", ein Ziel gesetzt durch Außenstehende, durch nichtzünstlerische und daher auch von den Vorurteilen der Zunft nicht befangene Leute aus dem Volte, gerade in dem Augenblid, wo die Asklepiadenschulen insofern ihren höchsten Triumph feierten, als die Erfolge ihre Jünger zu expansiven Tätigkeit drängten und sie unter das Publikum schieten, um auch außerhalb der Tempel ihre Kunst zu üben. Mit dem Aufgeben der allerdings nicht mehr haltbaren Abgeschlossenheit der Priester arzttaste gelang es dem Volke, das bisher nur Objekt gewesen war, endlich Subjekt zu werden. Auch hier wurde der Fortschritt von unten her erzwungen!

Es ist eine interessante Tatsache, daß der Aerztestand, dessen Angehörige sich heute, den Anforderungen des modernen Lebens nachgebend, zu großen Organisationen zusammengeschlossen haben, um ihre wirtschaftliche und soziale Lage zu heben, schon in feinen Uranfängen das Bild der heute wieder hervortretenden tasten­mäßigen Abschließung zeigte. Bei dem Volt des klassischen Alter­tums, dessen Geistesleben auf die Kultur unserer Tage von so ein schneidender Bedeutung gewesen ist, bei den Griechen, war auch im Anfang der Stand der Krankenheiler ein in sich straff organi­fiertes Gebilde: eifersüchtig darüber wachend, daß ja kein Außen­seiter" seine Privilegien antaste. Wenn wir von den primitiven Beiten absehen, da jedermann sein eigener Doktor war; wenn wir ferner jene Epoche unberücksichtigt lassen, in der die" Aerzte" nlichkeit Der gesunde Menschenverstand und die strenge Wissenschaft. als Einzelerscheinungen auftauchen, Leute, die lange nachher zu lichkeit von Leuten, die ehrlich die Wahrheit suchten und teine mythischen Persönlichkeiten wurden, wie Asklepias oder Rüdsicht auf materielle Standesinteressen nahmen, brach sich fieg Aeskulap, der spätere Gott der Heilkunst in Griechenland  , haft Bahn. Die Naturphilosophen, als deren hervor oder der Zentaur Chiron   aus Thessalien  , der des ersteren Lehrer ragendster Vertreter Pythagoras   genannt sei, bemächtigten gewesen sein soll, ganz zu gefchweigen verschiedener Götter und sich auf dem Umwege über die Philosophie der Naturwissen­Göttinnen, die zeitweise in Medizin machten", wie Apollo, fchaften, zogen aus ihren naturwissenschaftlichen Beobachtungen Artemis, Minerva schließlich soll sich auch der sanges- ihre Schlüsse über allgemein gültige Naturgeseze und wandten diese frohe Orpheus zu dieser Zunft bekannt haben so begegnen auf die Medizin an. Diese eratte Methode hatte natürlich zur uns die Priester als erste offizielle Vertreter der Heilkunde. Und Folge, daß die Heilresultate der Naturphilosophen die der mehr als zwar vornehmlich die Priester des Aefulap, welche ihre Abstam- turpfuscher anzusprechenden Priester völlig in den Schatten mung im Anfang von diesem Gotte selbst ableiteten; so daß wir stellten. Und als einige Angehörige dieses ehrwürdigen" Standes hier eine ärztliche Familien- oder Stammesinstitution haben, die schließlich vor der Oeffentlichkeit des regelrechten Betruges über­zu der der Leviten im Volte Israel   verschiedene Analogien bietet. führt worden waren, hatten die Priesterärzte als solche ihre zwei­Unter ihren Nachkommen und Jüngern erbte sich die Kunst, deutige Rolle ausgespielt. Von Ort zu Ort flog das Gerücht von Arante zu heilen, fort; wobei die Tradition streng geheimgehalten der Tüchtigkeit der neuen Aerzte. Und das allgemeine Bedürfnis wurde, um Außenstehenden keinerlei Einblick in die Brattiken nötigte einzelne, als Wanderärzte ihre Praxis auszuüben; diefer frommen Betrüger zu gestatten, welche ihre angemaßte Ver- wobei es häufig dazu kam, daß sie unterwegs von irgendeiner mittlerstellung zwischen dem Gotte und dem Hilfe heischenden Kommune, in der sie vielleicht besondere Erfolge zu verzeichnen Kranten mit dem Nimbus des Geheimnisvollen umgaben. Be- gehabt hatten, sozusagen engagiert und als Stadtärzte angestellt merkenswert ist, daß es damals nur eine klinische" Behandlungs- wurden mit der Verpflichtung, arme Krante unentgeltlich eine Einrichtung, die später in Rom   nachgeahmt weise gab, d. h. daß nur in den über ganz Griechenland   zerstreuten zu behandeln: wurde und sich auch heute in den russischen Semstwos als segens­Astlepiadentempeln selbst Kuren vorgenommen wurden, die Briefterärzte aber nicht etwa die Patienten in ihren Wohnungen früher so verfahren, und es gab sogar einen Verband der Kom­reich erwiesen hat. Uebrigens hatten einzelne Priesterärzte schon aufsuchten. munalärzte"; ihrer Anregung war es zu verdanken, daß man schließlich so eine Art von Polikliniken errichtete, in denen namentlich die Massage wie die große und die kleine Chirur gie eifrig gepflegt wurden.

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Wie uns heute die Hygiene als hoffnungsvolle Tochter der modernen Medizin beschert wurde, so stand auch damals in den inmitten der herrlichsten Natur und in den gesündesten Landstrichen gelegenen Tempeln neben dem Standbild des Heilgottes das seiner Tochter Hygiea. Man sieht an der Zahl der Heilgottheiten, daß Nebenbei gab es noch eine Anzahl arderer Kategorien von die Griechen auch dem Prinzip huldigten, daß doppelt genäht besser Medizinalpersonen, ohne daß durch diese allerdings der Entwides