»'.Aber Paul," redete auch die Grete ihm zu,„Du bist hoch keinftlteS Weib! So a Gläsel Schnaps schmeißt Dich nich um!"Unsicher sah der Bursche sie an. Das Lachen der beidenMänner machte ihm nichts; den Spott und den Zweifel in denKlugen des Mädchens aber mochte er nicht ertragen.„Du muht mir doch auch Bescheid tun!"Neckisch lächelnd hielt sie ihm das Glas entgegen.„Was?" fragte verwundert der Bursche, der von allen Trink-fitten so gar nichts wußte.„Anstoßen mutzte amal mit mir!"Da erinnerte er sich dunkel, wie er als Knabe oft mit dem Vaterund mit dem Onkel Glück angestoßen und wie ihm das immer soviel Vergnügen bereitet hatte„Ach asu!" meinte er verstehend und hielt ihr sein Gläsel steifentgegen.„Prost!" sagte er, und als die Gläser aneinander stießen,geschah es so hart, daß ein Teil des Inhaltes dabei verschüttetwurde.„Schade um jeden Troppen," bedauerte der Joseph.„Nun mußte auch trinken!" mahnte die Grete, weil er dasElaS, ohne auch nur daran zu nippen, wieder vor sich hingestellthatte.In sein Gesicht kam ein ängstlicher Zug. als stiege leise eineFurcht in ihm auf; unentschlossen sah er zu dem Mädchen auf. dasihn lächelnd, mit einem tiefen, heißen Leuchten auf dem Grundeder Augen anblickte.„Ich mag doch keinen Schnaps!"Das Leuchten in den lieben Augen verschwand, das Lächelnstarb.„Wenn Du mir das nich amal zu Gefallen tun kannst," schmolltedie Grete und wandte sich von ihm ab.Da stieg es heiß in dem Burschen auf.(Fortsetzung folgt.),8 3. Versammlung deutscher JVatur-forfeber und Herzte.Karlsruhe, 28. September 1911.Die Gesamtsitzung der medizinischen Hauptgruppe, in der überEalvarsan(Ehrlichs Hata 696) verhandelt wurde, bot einwesentlich anderes Bild als die entsprechende Sitzung vor einemJahre in Königsberg. Damals war es die große Sensation derTagung; lange vor Beginn war die Aula überfüllt, die Türenblieben geöffnet, und die weiten Korridore waren ebenfalls mitdichtgedrängten Menschen besetzt, die Professor Ehrlich sehen undhören wollten. Aus aller Welt waren Aerzte herbeigeeilt, die vonihren guten Erfahrungen mit Hata 606, das inzwischen in Sal-Varsan umgetauft ist, berichten wollten.Im Zeitlauf eines Jahres ist man kritischer geworden, undmanche möchten das Salvarsan sogar schon in Grund und Bodenverdammen.Zwar war auch jetzt der Andrang sehr groß. Daß man aberEhrlich und seinem Mittel heute erheblich ruhiger gegenüberstehtwie vor einem Jahre, beweist schon der Umstand, daß man zunächstzwei Referate über ein ganz anderes Thema:„Ueber die innereSekretion", aus die Tagesordnung, derselben Sitzung gesetzt hatte,# und recht geduldig hörte man den ersten Referenten, Pros. B i e d l-Wien, an, der etwa ll4 Stunden sprach; dann freilich ließ manProf. Ehrlich zu Wort, aber lediglich, weil der Großbcrzog mitGefolge sich inzwischen«ingefunden hatte, der speziell Ehrlich zuhören wünschte. Ehe man dann auf Ehrlichs Ausführungen ein-ging, folgte das zweite Referat über die innere Sekretion von Prof.M o r a w i c z- Freiburg, worauf eine mehrstündige Pause eintrat.Ehrlichs Ausführungen stellten ein« Zurückweisung der gegendie Salvarsanbehandlung erhobenen Angriffe dar. Daß Syphilis-kranke sterben, darf nicht überraschen, und darauf, daß in ver-zweifelt liegenden Fällen auch das Salvarsan keine Heilung mehrbringen kann, waren Ehrlich und andere ruhig denkende Aerztevon Anfang an. vorbereitet. Ferner darf man nicht alles, was vonden tödlichen Wirkungen des Salvarsans erzählt wird, unbesehenglauben, nachgewiesenermaßen handelt es sich dabei zuweilen umechte Räubergeschichten. So stellte sich bei einer vielbesprochenen„Salvarsanlciche" in Rußland heraus, daß der Mann erdrosselt war,und der Mörder hatte mit Erfolg aussprengen können, sein OpferSi an Salvarsanvergiftung gestorben. In anderen Fällen, wo eineerschlimmerung der Krankheit nach der Injektion(Einspritzung)von Salvarsan beobachtet wurde, konnte nachgewiesen werden, daßnicht daS im Salvarsan enthaltene Arsen die Ursache war, sondernder Umstand, daß ungenügend destilliertes Wasser verwendet wurde,in welchem sich wieder zahlreiche schädliche Bakterien angesiedelthatten. Auch darf die Tatsache nicht vergessen werden, daß bishereinige hunderttausend Fälle behandelt sind, wovon in mehr als90 Proz. volle Heilung erzielt wurde. Wendet man daS Salvarsanfrübzeitig an, so wirkt es fast immer; bei weiter vorgeschrittenerSyphilis wird man es vielleicht mit anderen Bchandlungsweisenkombinieren können.In der Diskussion, an der sich zahlreiche erfahrene Hautärzteaus Teutschland, Oesterreich und Rußland' beteiligken, stritk kltaklsich lediglich über die zweckmäßigste Art und Weise der Salvarsan.Anwendung, über die Frage, ob sie nur im Hospital oder auch beiLeuten, die ihrer Araeii nachgehen, angebracht sei und in welcherWeise sie im letzteren Falle anzuwenden sei; dagegen trat eineGegnerschaft gegen die Salvarsan-Behandlung an sich nicht zutage»vielmehr konnte über eine ungemein große Zahl von Erfolgen be.richtet werden. Unter den Hunderttausenden von Fällen befandensich nur zwei tödlich verlaufene; in dem einen trägt der sogen...Wasserfehler", die Benutzung von destilliertem Wasser, das schonlange gestanden hatte, die Schuld, und in dem anderen hatte sich diePatientin entgegen der ausdrücklichen Verordnung des Arztes mitschweren Arbeiten beschäftigt, infolge deren eine Hirnschwellungeintrat. Das Salvarsan ist demnach ein gar nicht genug gl»schätzendes Heilmittel in der Hand des erfahrenen Arztes.In gemeinsamer Sitzung aller Gruppen sprach zuerst Prof»Garten- Gießen überBau und Leistungen elektrischer Organe,die bei außerordentlich zahlreichen Arten von Fischen vorkommen.Ter elektrische Schlag eines Bitterfisches vollzieht sich mitallergrößter, mit den feinsten Instrumenten kaum meßbarer Ge-schwindigkeit und bei einzelnen Arten mit sehr großer Kraft, diebeim König der Bitterfische, dem in Südamerika vorkommendenB i t t e r a a l, 399 Volt erreicht. Der Vottragende zeigte einenBehälter mit einem B i t t e r w e l s aus dem Nil, der auf der einenSeite mit einem Telephon, auf der anderen mit einem in einHebelwerk eingespannten Froschmuskel verbunden war. In demMoment, in welchem man den Bitterfisch ganz zart mit einemGlasstab berührt, hört man das Telephon tönen und sieht denroschmuskel zusammenzucken. Setzt man kleine Frösche in denehälter, so stören sie den Fisch in seinen Schwimmbewegungen,es erfolgt Schlag auf Schlag, der elektrische Schlag geht auch durchdie Tiere hindurch, so daß sie mindestens fortgescheucht, wohl auchvorübergehend gelähmt oder gar getötet werden. Das Studium desnäheren Baues der elektrischen Organe ist ganz außerordentlichfortgeschritten und bietet eine Fülle von Anregungen auch für dieLösung vieler allgemeinen Fragen der Nervenlehre.Prof. S i e v e r s- Gießen sprach dann überdie heutige und frühere Vergletscherung der �südamerikanischen Cordilleren,die mit den wichtigsten Problemen der Eiszeit eng zusammenhängt.Er meint, die Vereisung müsse auf außerirdische Vorgängezurückgeführt werden und glaubt, sie könne ihre Ursache in großenTemperaturschwankungen der Sonne haben; kleinere derartigeSchwankungen sind ja bekannt, aber auch größere, die eine zeit»weilige Vereisung und Vergletscherung der Erde herbeiführenmüssen, hält er nicht für ausgeschlossen, wenn wir uns vorläufigauch gar keine Vorstellung von dem ursächlichen Zusammenhangsolcher Wärmeschwankungen auf der Sonne machen können.Den letzten Vortrag in dieser gemeinsamen Sitzung aller Ab»teilungen der Gesellschaft hielt Prof. Arnold- Karlsruhe über;das magnetische Drehfeld und seine neuesten fAnwendungen. �Die magnetische Wirkung des elektrischen Stromes ist ja schon langebekannt; aber die fortdauernde Aenderung der Richtung der mag,netischen Kraft in gleichmähig�sich drehendem Sinne durch An»Wendung mehrerer elektrischer Ströme mit andauernd wechselnderStromrichtung— die Erzeugung eines magnetischen DrehfeldeSdurch mehrphasige Wechselströme— ist eine kaum 29 Jahre alteErfindung, und gerade ihr kommt eine hohe Bedeutung für dieEntwickelung der Elektrotechnik zu, die der Redner in anregenderWeise schilderte. In rastloser Weise haben Theoretiker und Prak»tiker auf gemeinsamem Felde zusammengearbeitet und so denraschen und dauernden Erfolg herbeigeführt, von dem die elektrischenKraftübertragungen und Zentralen beredtes Zeugnis ablegen.Nachmittags fanden wieder Abteilungssitzungen statt.Wir erwähnen im Zusammenhang mit dem letztgenannten Vor»trag den von Dr. L i ch t e n st e i n- Berlin in der Abteilung fürJngenieurwesen und Elektrotechnik über die Energie-Übertragung mittels hochgespannter Ströme unter besonderer Be-rücksichtigung der interurbanen Leiter. Er berichtete über die vonihm vorgenommenen Untersuchungen, betriebssichere Starkströmevon 49 bis 69 999 Volt zu schaffen. Diese Aufgabe bezeichnet erals gelöst. Er kam dann auch auf das Ergebnis des BetriedeS derersten elektrischen Bahnanlage in Deutschland, Bittcrfeld-Dessau,zu sprechen. Dort wird den Fernleitungen die elektrische Energiein Form eines Wechselstromes bei 69 999 Volt durch zwei Systemevon je zwei Einfachkabeln zugeführt. Die Gesamtlänge der Kabelbeträgt 8 Kilometer, die Spannung jedes Leiters gegen die zuge-hörige Bleihülle 39 999 Volt. Diese Anlage ist seit 5 Monaten imvollen Betrieb, ohne daß sich irgendwelche Störungen durch Kabel,durchschlüge und dergleichen ereignet hätten.In der Abteilung für Chirurgie sprach ProfessorDr. V. C z e r a y- Heidelberg über die Therapie des Krebse?.Es ist zweifellos das sicherste, den Krebs so früh wie möglich zudiagnostizieren und durch Operation zu heilen. Tiefliegende, nichtoperable Krebse entziehen sich der Therapie. In solchen Fällen kannman nichts tun, als die Schmerzen lindern. Wir wissen nicht,worauf die anarchische Wucherung- der Zellen beruht, welche dieBösartigkeit des Krebses bedingt. Antichemische Batlerienprodukte