� 5,51 bisser! S Holl'." batke der Vagabund gesagt. TieMnaliese fühlte, daß es die ganze Hölle war.Im Schilf gluckste etwas auf, leise, traurig— das Ge-schluchz der trägen Welle, die von einem Ufer an's andreMeß. Immer wieder— immer wieder.Mit einem irren Blick fuhr die Annaliese empor. Ja—Eas Hütt' es denn für einen Sinn, in diese Hölle zu laufen,tz>enn es noch einen Ausweg gab?„Da hinein!" Wie ein Blitz fuhr es ihr durch dieSeele: machte plötzlich alles klar um sie... freilich der—Tod! Sie schloß die Augen. Und ein solcher dazu....Selbstmord!Mußt' es sein? Noch wehrte sich etwas in ihr. Undnicht bloß ihre gesunde Jugend. Da drüben gab es ja aucheine Hölle, für eine solche Tat.Wieder fuhr sie herum, starrte dem Vagabunden nach,wie er rascher und rascher dahinging, weiter und weiter kam.„Alles wird er sagen," dachte sie.„Alles! Sonst Hütt' erfich erbitten lass'n! Und wie er rennt!"Ja, für den Birron gab das ein Fest heute! Tie Schandevon Jillys Annaliesc.... Und wenn er einstweilen auchschwieg... der nächste Branntweinrausch war stärker als er.Nicht um Geld konnte man dem seinen Rausch kaufen. Umnichts... dort ging er.Langsam kehrte sie sich dem Wasser zu: schloß noch einmaldie Augen, wie in einem letzten Kampf. Wieder glitt dieWelle an, mit leisem, traurigem Geglucks. Tie Welle, dievon einem Ufer zum andern zog... immer wieder, immerwieder. War es mit ihrer Angst nicht gerade so? Die kamauch— immer wieder— immer wieder. Stieß von einemUfer an das andere: Leben oder Tod! Gott war barmherzigerals die Menschen....Sie wußte selbst nicht, was sie vorwärts stieß, sie weiter-drängte und weiter, dem— anderen Ufer entgegen.„Nurweg sein," dachte sie,„weg von da— bevor der Birron insTorf kommt!"Schon gab der Boden unter ihren Tritten nach. Moor-grund. Da und dort quoll es t'cucht auf um ibre nacktenFüße. Immer glänzender wogte es heran, immer leuchtender,ein einziges, goldenes Geschaukel— das MasserlUeber dein Torf lag die schwere Stille des Mittags. TerKirchtag war zu Ende, und wer nicht irgendeinen„Hand-oder Zugdienst" leisten mußte. ließ es sich noch einmal wohl-geh'n heute.Jürys schwarzer Hahn stand aus dem Zaun und krähteschon zum drittenmal in die tiefe Stille hinein. Er wußte,daß er den Ton angab. So wie er sich hören ließ, ging dasvon Hof zu Hof weiter. In der Regel war auch der Mittagum und die gesättigten Menschen eilten an ihr Tagewerk.„Jrtzt könnt' die Liesl schon do jan," meinte die Äosala.während sie ein tüchtiges Scheit Holz in den Herd wars,um das Essen der Schwester warm zu halten.�„Moanst?" fragte die Mutter vom Butterfaß her.'„'s kimmt m'r holt so für," gab Rosala vorsichtig zurück.„Do müaßt ma erst wisj'n, ob d' andern a schon dahoamfan?" nwinte die Alte.„Soll i nochsrog'n geh'n?"Tie Bäuerin zögerte eine Weile.„Woaßt denn, wer nomittoan Hot?"„'s Zöllner sein Kathl. S' is m'r über'n Weg g'renntlhcunt sniah� wia i zum Jud'n übri bin."„J moan holt.... Äufseh'n sollt'n m'r a koans moch'n!"erwiderte die Mutter bedächtig.„In so aner Soch'n, do»nocht m'r d' Lent erst recht aufmirksom. wonn ma srogt."<Lorts«tzuiig folgt.).(NachdruS vcrbolen.12S) Die JVIeifterui.tBcft August Friedrich Krause.Ter Paul aber ging gedrückt umher und tat, was ihm oblag,mit einer stillen, müden Verdrossenheit. Er dachte nicht mehr an das,mas von seinem Vater geredet worden war im Kretscham, so sehres ihn im Augenblick auch verwundert; er dachte nicht mehr an dieBeschimpfung, die vom Schuster ihm widerfahren war, so sehr sieihn auch geschmerzt hatte. Er sehnte sich nach der Grete und ihnkümmerte, was sie zu seinem Verhalten sagte, was sie von ihmdachte. Er hatte sich in der kurzen Zeit ihrer Liebschaft so sehr anfie gewöhnt, die Liebe zu ihr war ihm so tief ins Blut gedrungenund hatte Begehr in ihm erweckt, daß er meinte, ohne sie nicht mehrfem zu können,Mt kent Gedanken an sie schlief er abends ein, stand ermorgens auf, und in der Nacht träumte er von dem heißen Lichtin ihren begehrlichen Augen, von dem weichen Umsangen ihrerArme, von ihren berauschenden Küssen, daß ihm den ganzen Tagda» Herz weh tat vor Sehnsucht.Wie oft hatte er sich an das Bett der Mutter setzen und stefragen wollen: WaS habt Ihr miteinander, der Schuster und Du?!Warum soll ich die Grete nicht heiraten? Ich bin ihr doch so rasendgut und sie ist nun einmal mein Sckmtz!Aber er brachte es nicht über sich; mehr als je empfand erScheu vor der Mutter, die immer hart und streng zu ihm gewesenwar, die nie ihm Liebe gezeigt hatte, nie, bis auf das einzige Malim Kretscham, als er am ehesten harte Worte von ihr erwartet hatte.Und wieder lag der weiche liebe Klang ihm im Ohr, nie gehörtvon diesen strengen Lippen, und er sehnte sich mit einem Male, ihnwieder zu vernehmen.Von der Stunde an, da dieser Wunsch in ihm aufgebranntwar. bekam er Augen für die Mutter und für das, was sie litt.Solange er sie im Bett sah, wenn vom Liegen die Wangen voller.von der Wärme sanft gerötet erschienen, fiel ihr Aussehen ihmnoch nicht sonderlich auf; als er sie aber einmal in der Stube an-traf, im Lohnstuhl fitzend, erschrak er darüber, wie verfallen undelend sie war: die Wangen welk und eingefallen, die Haut gelblich-fahl,' lederartig; nur die Augen leuchteten im alten, energischenGlanz. Und doch war etwas unsäglich Müdes in diesem Gesicht,und um die Lippen war ein tiefer SchmerzenSzug eingegraben, denes früher nicht gehabt.Nun aber sah er auch, wie sie sich mühte, frischer, muntererzu sein als sie war; wie sie Schmerzen verhehlte, oft mühsam ver-hehlte, die ständig sie quälten, und das Herz krampfte sich ihm zu-stimmen. Nun sah er auch, wie sie warmen Glanz der Liebe, dernie in ihren Augen und immer doch in ihrem Herzen gewesen war,in ihrem Blick, wie sie, wenn er bei ihr war. freundliches Lächelnin ibre harten Mienen zwang, und es rührte sein Herz.Noch immer aber wußte er nicht, wie groß diese Liebe zu ihmgewesen.Der Zustand der Mutler beunruhigte Paul von Tag zu Tagmehr: jetzt trat er immer an ihr Bett, wenn die Arbeit, die seitJosephs Weggang härter auf ihm lastete, ihn in der Mittagstundeoder am Feierabend freigab. Nur die nötigsten Geschäftsgängeerledigte er rasch, die übrige Freizeit verbrachte er bei der Mutter.Oft übersiel ifrn mitten in der Arbeit die Sorge um sie, und erkam. um zu sehen, ivie es ihr gehe.Frau Schmidt hatte den Arzt gefragt, ob es wohl mit derMeisterin noch einmal würde besser werden. Da hatte er die Achselngezuckt und gemeint:„Besser? Besser schon! So oder sol" Dashalte sie dem Sohne in ihrer redseligen Art erzählt.Da litt es dem nicht länger. Als Sanitätsrat Härtung dasnächste Mal kam, bat er ihn in die Werlslatl:„Herr Rat", stotterte er verlegen,„könnt... könnt ich Sie...dürft ich Sie ainal was fragen?"Gerne folgte ihm der alte Herr, legte Stock und Hut aus dieHobelbank und stemmte die Hände in die Seiten:„Na", fragte er und das frische, rotbäckige Gesicht mit demweißen Schnauzbart lachte vergnüglich,„nu raus mit der Sprache.Wo schlls denn, hä?"„Ach, mir feblt nischtl"'«Is's Herz krank?"Der Paul wußte gleich, was er meinte und senkte, rot werdend,den Blick.„Na, dos geht nicht ans Leben?"„Nee," lenkte der Paul ab,„wegen der Mutter...!"Da überflog ein ernster Schatten das freundliche Gepcht desalten Herrn. Einen Augenblick sah er prüfend dem Burschen indie offenen, ehrlichen Augen, dann legte er die Hand ihm aus dieSchulter und sagte:„Wissen Sie. mein lieber junger Mann, ich will Ihnen einen Ratgeben: Haben Sie auf alle Fälle Ihre Mutter noch recht lieb. Wirstehen alle in Gottes Hand. Sollten Sie aber das Glück haben.Ihre Mutter noch länger zu behalten, nun, dann ist ja auch nichtsverloren, wenn Sie einmal umsonst sie lieb gehabt haben, gelt?Ihre Mutter ist eine wackere Frau und hats um Sie verdient."Damit schüttelte er, ihm ernst in die Augen blickend, seineHand.Ter Paul aber hatte ihn verstanden. Wie Schuppen fiel esihm jetzt von den Augen, und lange noch saß er. die Ellbogen aufdie Knie gestemmt und die Hände fest ineinander verschlungen, aufseiner Werkbank und starrte vor sich hin.Nun erst fühlte er bewußt, wie sehr er an seiner Mutter hing,nun erst, da er wußte, daß er bald, vielleicht allzubald sie ver-lieren würde. Und er ahnte, daß er vieles, was er unter ihremZwange getan zu haben wähnte, auch getan haben würde ohnediesen Zwang, rein aus Liebe zu ihr.Da stieg ihm jäh die Erinnerung auf an den wahnwitzigenGedanken, der im Kretscham ihm ins Herz gefallen war, als ereinen Augenblick, von ihrer plötzlichen Erscheinung erschreckt,meinte, ihr Geist stände vor ihm: daß es Erlösung sein müßte,frei zu werden von ihrem Zwange.Das warf ihn auf. Wie wütend stürzte er sich auf die Arbeitund schaffte in wenigen Stunden mehr, als sonst an einem Tage.Aber die Reize ließ ihn nicht Iv?, und ein Scheues kam in sein