4ne zu dem gesunkenen Fahrzeug gehörten, brachten Nansen zu derUeberzeugung von dem Vorhandensein einer Meeresströmung, dievon Nordostasien über den Pol gehend, nach Grönland oder Spitz-bergen gerichtet und geeignet sei, wenn er sein Schisf einfrierenlasse, ihn nach dem Nordpol oder wenigstens in dessen Nähe zubringen. Es galt ihm daher nur noch, ein den größten Eis-presiungen gewachsenes Schiff zu konstruieren, das nach NansensAngaben und den Entwürfen des norwegischen SchiffbaumeijtersColin Archer in Laurvik gebaut wurde.Nachdem sich Nansen von seiner jungen Frau, von»ihr, die dasSchiff getauft und den Mut hatte zu tvarteu", hatte scheidenlassen, um ihr im Falle seines Unterganges nicht die bis zu seinerVerschollenheitserklärung erwachsenden jahrelangen rechtlichenSchwierigkeiten zu bereiten, begann am Johannistage 18S3 dieewig denkwürdige Fahrt, die über Tromsö und Vardö. dann überdie Barentssee, die Jugorstraße und das karische Meer längs derNordküste Asiens unter günstigen Eisverhältnissen zur Lenamün-dung führte. Nördlich von ihr legte das Schiff am 22. Septemberam Eise an, um alsbald fest zuzufrieren und erst am 19. Juli1896 wieder loszukommen. Die Einzelheiten der in den seltsamstenZickzacklinien verlaufenden Fahrt des eingefrorenen Schiffes sindallbekannt und es genügt, in Erinnerung zu bringen, daß die Framnach IMsjähriger Trift weit nordöstlich von Franz-Josefsland erstan einem Punkte angekommen war, der in einem eisfreien Meerein wenigen Tagen zu erreichen gewesen wäre. Als Nansen ausdem bisherigen Kurs des Schiffes ersah, daß die Eistrift ihn nichtüber den Pol, sondern weiter westlich vorbeitreiben würde, verließer in Begleitung von Frederik Hjalmar Johansen am 14. März1895 das Schiff, um wiederum wie 1888 in Ostgrönland, alleBrücken hinter sich abbrechend, mit drei Schlitten, zwei Segeltuch-booten und L3 Hunden zu einem entscheidenden Vorstoß gegen denNordpol auszuholen, der um so getvagter war, als er nicht damitrechnen konnte, den Weg zu dem weitcrtreibendcn Schiffe zurück-zufinden, das unter Sverdrups Führung weit nördlich von Franz-Josefsland und Spitzbergen herumgeführt wurde und schlietzlick» am20. August 1890 in Norwegen wieder eintraf. Mit seinem hoch-beladenen Schlitten über das in lebhafter Bewegung befindliche Eisunaufhaltsam nach Norden vordringend, hatten Nansen und seineBegleiter schon am 7. April 1395 unter 86° 4' den äußersten Punkt'ihrer Schlittenreise weit nördlich von der je zuvor von Polar-fahrern berührten Grenze erreicht. Hier mutzten sie zu ihremschmerzlichen Bedauern umkehren, denn„überall bis zum Horizontiag das Eis aufgetürmt wie eine zu Eis erstarrte Brandung' undnun begann die weite gefahrvolle Wanderung, auf der ein Hundnach dem anderen geschlachtet wurde, um den übrigbleibenden alsNahrung zu dienen, bis sie am 12. August Franz-Josefsland er-reichten, wo sie in einer selbstgegrabenen Erdhütte überwintertenund im nächsten Sommer auf die Jackson-Expedition stießen.Der heißbegehrte Pol war zwar nicht erreicht, aber doch eingroßer Teil des Polarmeeres aufgeklärt worden, wo man eineFlachsee mit Inselgruppen erwartet und statt dieser eine bis zu3599 Meter tiefe See gefunden hatte. Auch die von Nansen ver-mutete Strömung war gefunden worden, die ihn. wenn er noch»veiter östlich sich der Eistrist überlassen hätte, mit großer Wahr-scheinlichkeit über den Nordpol getrieben haben würde. Vervoll-kommnet war endlich auch die Methode der Polarfahrten, mit derenAnwendung der unermüdliche Peary im Jahre 1999 das Ziel er-reichte.Ueber dem Forscher, den sein dankbares Vaterland und allegeographischen Gesellschaften des In- und Auslandes mit ver-dienten Ehrungen überhäuften, steht Nansen als Mensch und Cha>-rakter, wie er uns aus den Schilderungen seiner Begleiter, be-sonders des Kapitäns Sverdrup entgegentritt, der trotz einer langezwischen beiden bestandenen Verstimmung, deren lächerliche Ur-fache eine kurze Zeit nach der Abreise von Vardö verschwundeneBierflasche war, rückhaltlos sein Lob singt. Einfach und offen inseinem Wesen, beinahe barsch, so lange das Tagewerk noch nichtfertig war, gehörte er für seine Begleiter zu den MensAen, derenLächeln erheitert und erwärmt. Klingt es nicht wie reine Poesie,wenn er am 9. März 1994, während die Fram den hoffnungslosenZickzackkurs im Eise trieb, in sein Tagebuch einträgt,„ich sehnemich unaussprechlich nach der Heimat. Die Natur geht leiden-schaftslos ihren Jahrtausende alten, regelmäßigen Kreislauf;Sommer und Winter wechseln, der Frühling entschwindet, derHerbst kommt und findet uns in demselben chaotischen Wirrwarrtollkühner Pläne und zertrümmerter Hoffnungen. Es ist wie beidem Rade, das sich dreht; bald ist daS eine, bald das andere oben.Zwischendurch jedoch rührt die Erinnerung ihre Silbersaiten— baldklingt es laut wie ein tosender Wasserfall, bald leise und sanft wiesüße Musik in weiter Ferne.'kleines femüeton.Baudenkmäler in Tripolis. Ein langwährendeS ernstes Vom-bardemenl von Tripolis hätte, gerade wie es einst bei Camblancader Fall war, and) in den Kreisen der Kunst- und AltertumsftcundeVerautw Redakteur: Richard Barth, Berlin.— Druck u. Verlag:ernste Besorgnisse erwecke» müssen. Denn die malerisch am Meergelegene Stadt bietet nicht nur in ihrem mittelalterlich maurischenTeil mit der trotzigen Zitadelle einen besonderen Typ, sie schließtauch eine Reihe künstlerisch und geschichtlich interessanter Zeugen auSihrer Vergangenheit bis in die Römerzeit in sich, deren Beschädigungoder Vernichtung einen schweren Verlust darstellen würde.In einem Straßenzug in der Nähe der Moschee Gurgi ist Wohl»erhalten eines jener einzigartigen römischen Tore, die nach vierSeiten geöffnet eine Straßenkreuzung überwölbten und, offenbar auSdem hellenistischen Orient den Römern überkommen, von diesen inNordafrika und Frankreich besonders häufig verwendet wurden.Dieser sogenannte QuadriftonS von Tripolis stellt zugleich einenTrimuphbogen für den Kaiser Marc Aurel, gest. 189 n. Chr., dar.Der plastische Schmuck der Außenseiten ist noch erhalten, er stelltTriumphwagen und Trophäen dar. Der Bogen steht heute tief imaufgeschütteten Boden; eine Oeffnung ist in dem Straßenzug ver-baut, zwei vermauert, und das ganze, aus weißem Marmor ge»baute, mit einer Kuppel bedeckte Denkmal ist eine gewiß einzigartigeWeiiilneipe.Von mohammedanischem Kunstsinn erzählen zwölf Moscheen,darunrer sechs größere, deren schlanke MinaretS eine herrliche AuS-sicht bieten. Ihr Stil bildet ein intereNanteS Mittelglied zwischendem maurischen, der in Spanien zur schönsten Ausbildung kam, unddem bhzantinisch-türlischen, dessen Musterbild die Hagia Sophia inKonstcuitinopel ist. Tripolis ging schon früh, im Jahre 22 derFlucht. 643 unserer Zeitrechnung, aus byzantinischem Besitz an dieAraber über. Viel später lrug es, von 1599—1539, spanische Fremd-Herrschaft, deren beredter Zeuge das Spanische Schloß, am Meer imOsten der Stadt, ist. 1539 ging das Schloß, Festung und Palastzugleich, in den Besitz der Johanniter über, die Tripolis 1551 an dieTürken verloren. Einstens Residenz des Beh, dient es heute alsGerichts- und Verwaltungsgebäude. Der deutsche Reisende Dr.Schvnfeld, der vor zehn Jahren Tripolis besuchte, schildert daSSchloß folgendermaßen:„lim einen quadratischen Säulenhos, derdrei Stockwerke durchbricht, ordnen sich Säle und Gemächer. Seltensah ich eine so herrliche Rundsicht wie von der Terrasse deS oberenStockwerkes. Nach Norden das Meer, nach Osten die Oase mit ihrenunzähligen schlanken Palmen, nach Süden die Stadt, wie ein BurnuSden Berg hinauf ausgebreitet, von schlanken MinaretS überragt.Alles überspannt von jenen: tiesblauen Himmel des Südens unddurchtränkt von dem um diese Zeit noch willkommenen Strahl derafrikanischen Märzsonnc.'Physikalisches.Die Strahlen des Nordlichts. Die Polarlichter zählenzu den prächtigsten Himinelserscheinnngen. so daß man nur bedauernkann, daß ihre Sichlbarkeit auf einen verhältnismäßig kleinen Raumbeschränkt ist, der dazu noch zu den unwirtlichsten Gegenden gehört.Bis in die Breiten vo» Mineleuropa verirrt sich verhältnismäßigselten ein ansehnliches Nordlicht. Die Erforschung der Polar»lichter wird von der Wisienschaft für besonders wichtig ge-halten, weil man seit langem angenommen hat, daß sie ineinem bestimmten Zusammenhang mit dem Erdmagnetismusund seine» Beräiiderungen stehen. ES ist der neuen Radium-forschung vorbehalten geblieben, auch auf diesem schwierigen Gebietneue Aiifklnrlingen zu schaffen, und zwar ist hier der bekanntenorwegisch« Physiker Birkeland bahnbrechend vorgegangen. Dieserorscher ist durch zahllose Beobachtungen von Nordlichtern zu dereberzeugung gekommen, daß die Polarlichter zwar nicht durch dieerdmognetischen Kräfte erzeugt werden, daß aber beide, also diePolarlichter und die Störungen des Erdmagnetismus, cinunddieselbeUrsache haben. Diese soll in einer von der Sonne ausgehendenelektrischen Strahlung zu suchen sein. Die Theorie von Birkelandhat viel Anklang gefunden und wird jetzt auch vo» einem anderenPhysiker der Universität Kristiania, Dr. Vegard, in einer Zuschrift andie.Nature' lebhaft unterstützt. Mit vollem Recht aber wird auchdarauf hingewiesen, wieviel noch zu erforschen bleibt. Vor ollenDingen muß eS daraus ankommen, jener elektrischen Strahlung wirk«lich habhaft zu werden. Birkeland selbst hat damit bereits erfolg»reich begonnen, indem er die Ablenkung der Strahlen eines Nord-lichtS in einen« magnetischen Feld beobachtet hat. Dadurch hat erzmiächst eine Eigenschaft die,« Strahlen festgestellt, nämlich ihreaußerordentliche Steisheit. Unter diesem Begriff versteht«nan dieWiderstandsfähigkeit gegen eine Ablenkung im magnetischen Feld,und diese ist bei den Nordlichtstrahlen zehnmal größer als bei dengeivöhnlichen Alpha-Sttahlen des Radium. Können diese beidenStrahlenarten daher nicht identisch sein, so könnte_ dieelektrische Strahlung der Soni«e, der die Polarlichterjetzt zugeschrieben werden, vielleicht in den sogenanntenBeto-Strahlen bestehen. Dr. Vegard weist aber auch diese Ver-mutung zurück und macht es vielmehr wahrscheinlich, daß die Nord-lichtstrahlcn doch durch eine Abart der Alpha-Strohlen hervorgerufenwerden, die ans körperlichen Atomen selbst besteht. Dieser Forschergeht sogar schon so weit, die Entstehung der prach«vollen sogeimimtenDraperien der Polarlichter auf ein Bombardement elektrisch geladenerHeliumatome von der Sonne her zu deuten.LorwärtsBuchdruckereiu.BerlagSanstalt Paul SingerchCo., Berlin LW,