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seinem Tode mit der elektrischen Uebertragung von Melodien be organe gehören hierher im Vergleich zu den unendlich feinen Bor schäftigt. Noch ehe ihn am 14. Januar 1874 ein Lungenleiden gängen, die sich beim betuzten Tentent abspielen. Die Sinnesorgane hinraffte, hatte( seit dem Jahr 1872) Prof. Alexander Graham   find intellektue mnschuldig; sie haben an der Kombinier Bell in Amerika   auf der von Reis geschaffenen Grundlage die und Urteilsfähigkeit nicht mehr teil als andere förperliche Bemühungen um die Lösung des wichtigen Problems von neuem Funktionen. Die intellektuellen Reistungen der finnesverfrüppelten aufgenommen und war im Jahre 1875 zur Konstruktion des ersten Helen Keller  , die musikalischen Schöpfungen des taubgewordenen batterielosen Telephons gelangt, das den Ansprüchen des Verkehrs Beethoven   sind dafür charakteristisch. Helen Keller   kann die vollauf genügte und die Raute des in den Apparat Hineinsprechen- Welt nicht sehen noch hören, aber auf Grund der ihr gebliebenen den nach Lonhöhe, Fülle und Klangfarbe genau wiedergab. Sinnesorgane vermag sie mit den Eindrücken, die sie dadurch Durch die bald darauf folgende Erfindung des Mitrophons wesent- empfängt sich ihr Weltbild zu formen. Freilich wird es unvoll­fich vervollkommnet, gelangte der erste Bellsche Apparat im Oktober tommener fein als unseres, aber ihre Spekulations- und Dent­1877 an das Reichspostami in Berlin  , wo schon am 25. desselben fähigkeit braucht nicht behindert zu sein, so lange fie nur einen fim­Monats von Generalpostmeister Stephan die ersten Versuche an- lichen Begriff der Außenwelt überhaupt zu bekommen vermag. Also nur gestellt wurden, denen die praktische Einordnung des Telephons als Vermittler sind die Sinnesorgane dem Intellekt unentbehrlich, in den Verkehr mit der für die Energie Stephans charakteristischen nicht als Bildner von Gedanken jelbst. Anders liegt der Fall bei Schnelligkeit folgte. Schon am 12. November wurde der Berliner   Beethoven  . Er schuf gerade auf dem Gebiet, dessen sinnliche Vorort Friedrichsberg durch die erste Telegraphenlinie mit Fern- Bahrnehmung nur durch das Gehör ermöglicht wird, Meisterwerke, sprecher an das Telegraphennes angeschlossen, und bis zum Ende die er selbst mit dem Gehör nicht mehr fontrollieren fonnte. Wie des Jahres waren schon 16 Telephonämter in fleineren Ori- erklären wir das? Helen Keller   fonnte nur die ersten Jahre sehen schaften, wo sie als Telegraphenämter funktionierten, errichtet eber hören; es ist selbstverständlich, daß sie mit dem Gesichts- oder worden, die sich bis Ende 1878 auf 287 und bis 1890 auf 5722 Gehörfinn auch nie produttiv tätig sein wird. Sie ergänzt diesen termehrt hatten. Mangel aber durch die Wahrnehmung, die andere Sinne ihr ge­Stephan, dem das Verdienst gebührt, den anfänglich nur als statten. Beethoven   ist produktiv als musikalischer Neufchöpfer und interessante Erfindung" beurteilten Fernsprecher durch ent- fann seine eigenen Produktionen nicht hören. Freilich, auch er hätte schloffenes Zugreifen und Vorwärtsdrängen zu einem Verkehrs- niemals schöpferisch tätig sein können, wenn er nicht früher das mittel ersten Ranges erhoben zu haben, war es auch, der in Organ der sinnlichen Wahrnehmung von Klangeindrüden besessen Deutschland   den öffentlichen Fernsprechdienst dem Privatpublikum hätte. Die Mlänge, die er früher mit dem Gehör tatsächlich auf­zugänglich machte. Jm Juni 1880 veranstaltete er eine Umfrage, genommen hatte, besaß er nur noch als Erinnerung; sie hatten wer an ein in Berlin   zu schaffendes Fernsprechnet Anschluß sich verdichtet in seinem Alangerinnerungszentrum. nehmen wolle. Der Erfolg war recht fläglich, denn es meldeten er später taub. wurde, vermochte er die Sinnescindrücke seiner Ton­sich damals nur 94 Interessenten. Unentwegt durch die Zurüd- schöpfungen nicht mehr zu perzipieren, er fonnte sie nur noch geistig haltung des Publikums ging aber Stephan ans Werf, und jo hören und vermöge seiner exorbitanten musikalischen Erinnerungs­fonnte schon am 12. Januar 1881 in Berlin   das erste Stadtfern- und kombinatorischen Begabung die wurdervollsten Reuschöpfungen Sprechnet mit 193 Sprechstellen dem Verkehr übergeben werden. selber schaffen. Er brauchte sie nicht mehr wahrzunehmen, mit den Als weiterer Schritt auf dem Siegeszug des Telephons folgte im groben Sinnen zu empfinden, er hörte sie geistig und als Ausdruck Jahre 1885 die erste Verbindung zweier verschiedener Stadtneze, feines unendlich feinen Klangerinnerungsvermögens fonnte er die nämlich der von Berlin   und Magdeburg  , und wenn man heute Töne kombinieren genau wie früher, da er noch selber finnlich wahr­dahingelangt ist, sich telephonisch über 2000 Kilometer Entfernung nehmen und genießen konnte, was er schuf. zu verständigen, so ist auch dies glänzende Ergebnis sicher nicht das Schlußglied aller Möglichkeiten.

Gebirnlokalifationen.

Von Georg Wolff. II.

ALIS

Es ist danach wohl ziemlich flar, daß wir die Sinneszentren in zwei Hauptteile zerlegen müssen, in das Zentrum für die Sinnes­empfindung, das eigentliche Sehen, Hören usw., und in das Zeu­trum für die Sinneserinnerung, für die Erinnerungsbilder früher mahrgenommener Eindrücke. In der Tat unterscheiden wir in der Gehirnphysiologie z. B. ein Sehzentrum für die optischen Erinne rungsbilder und ein anderes für die optischen Sinnesivahrnehmun­gen und lokalisieren diese Teile auch an verschiedene Stellen des Gehirns; desgleichen beim Hörzentrum. Wir unterscheiden zwischen der finnlichen Klangwahrnehmung, dem Hören, und der eigentlichen Deutung der gehörten Laute, dem geistigen Hören. Wie wir schon jahen, wird nur mit Hilfe des letzteren intelleftuelle Arbeit geleistet; die Alongerinnerung ist als ein Teil des Gedächtnisses ein wesent­spezieller Weise ausgebildet, ebenso wie beim Maler der intellef­tuelle Anteil seines Arbeitens mit Hilfe der optischen Erinnerungs­bilder geleistet wird, die durch ihre mannigfache Kombination die optische Phantasietätigkeit bewirken. Verweilen wir indes beim Gehör. Ein Teil der akustischen Erinnerung dient dem Tonver­ständnis, er fann bei Leuten wie Beethoven in auffallender Weise entwidelt sein; ein anderer Zeil dient dem Spraaberständnis, das ebenfalls verschieden bei den einzelnen Menschen entwickelt ist, bis zu einem gewissen Grabe aber überall vorhanden zu sein pflegt. Denn die Sprache gebrauchen wir alle im täglichen Umgang, wäh­rend für die Dentung der musikalischen Klänge immer nur ein relativ geringer Bruchteil der Menschen befähigt ist. Die Sprachy erinnerung hat einen ganz bestimmten Platz im Bereich des Hör­zentrums und ist bei allen Menschen vorhanden, die hören fönnen; es ist jogar gelungen, diefes Teilzentrum der akustischen Erinne­rungsgrenze ziemlich genau im Schläfenlappen des Gehirns zu Totalisieren. Natürlich ist seine Feststellung einfacher als die des langverständnisses, da die Spracherinnerung bei allen Menschen lokalisatorisch zu bestimmen ist; jedenfalls bedeutet aber diese Lo­falisation einen außerordentlichen Schritt vorwärts in der Gehirn­physiologie, da damit vielleicht der Beginn gemacht ist, auch die Föberen Funktionen an engere Bezirke der Großhirnrinde zu bin den. Im folgenden wollen wir uns mit der Sprache und ihrem zentralen Sitz wegen dieser interessanten Beziehung noch etwas

Wir haben also noch teinen bestimmten Anhalt dafür, daß unsere böheren geistigen Fähigkeiten an bestimmter Stelle im Rinden gran des Gehirns lokaliñert find. Freilich liegt es nabe, fürlicher Fatter des Intelleftes, beim Musiker in ganz besonderer und Menschen, die über eine ausgesprochen einieitige Begabung verfügen, die über die Norm hinausgehende Ausbildung eines besonderen Zentrums auzunehmen, für eine hervorragende mathematische Begabung etwa ein besonders entivickeltes Zahlengedächtnis und Kombinations zentrum, für andere eine Bevorzugung des Sprachenverständnisies, für den geborenen Maler die von vornherein befiere Ausbildung des Zentrums der optischen Erinnerungsbilder, die ihn befähigt, auch nur im Geiste Gefebenes besser als ein anderer auf die Leinewand zu bringen. Unsere heutigen Unteriutungsmethoden sind aber jeden falls viel zu grob, um derartige Interschiede der einzelnen Indi bidnen anatomiich irgendwie begründen und auf Grund dessen auch höhere Funktionen im Gehirn lofalifieren zu fönnen. Freilich tennen wir auch Gehirnfrankheiten, in denen nur einzelne Borstellungsfreise ausgeschaltet find, die sogenannten Dämmerzustände, die nicht mit einer allgemeinen Verminderung der intellektuellen Finitionen einber­gehen, sondern für meist furze Zeit eine vorübergehende Schädigung böherer Funktionen, des Urteils, des Gedächtnisjes usw. herbeiführen. Vielleicht fann man als Ursache für sie eine mehr lotale Schädigung gewisser Hirnbezirke verumten, ohne daß es zu einer allgemeinen, dauernden Einschmelzung oder Vernichtung von Ganglien­zellen tout, wie man sie bei den Formen der wirklichen Demenz, der Verblödung, nadieijen tann.

Wir sind jedenfalls ganz außerstaube, eine Lokalisation höherer Funktionen, wie sie der felige Gall angenommen hat, experimentell vorzunehmen, etwa nach dem Muster der Feststellung der beschäftigen. Sinneszentren. Wir wissen bisher uur, daß sie im allgemeinen Wir wollen gleich vorwegnehmen, daß vom physiologischen schwer geschädigt werden durch frautbaite Borgänge am gesamten Standpunkt aus groeierlei zum Zustandekommen der Sprache not­Nindengrau, wie sie die Gebiruparalnie fennzeichnen. Tatsächlich wendig ist. Wir müssen erstens die Fähigkeit haben, unsere Kehl­muß es auch viel einfacher sein, eine io cindcutig dharafterisierte fopf und Gaumenmuskeln, die gesamte Sprachmustulatur jo an­Funktion wie das Seben lokaliiatorich festzulegen, als etwa unjere zuordnen, daß wir bestimmte, willfürtidy artifulierte Worte damit Urteitsfäbigkeit, die sich auf tanienderler Dinge erstreckt, in hervorbringen fönnen, ako über eine gewisse Beweglichkeit be­gleicher Weise an einen Hirnbezirk zu binden. Bei der Ausübung ftimmter Muskelgruppen verfügen; dem entspricht an unischriebener der Denktätigkeit, des Kombiniereus und Urteilens, der Verwertung Stelle umjeres Gehirns ein motorisches Zentrum, das sogenannte der Grimerungsbilder und neuen Sinneseindrücke, der Gedächtnis motorische Sprachzentrum, das im Jahre 1861 von dem arbeit und Mertfähigkeit werden wahrscheinlich so unendlich viele Gang- Physiologen Broca in der dritten Stirnwindung der linken Ge­lienzellen der Großhirnrinde durch die überall verlaufenden Nerven hirnhälfte entdeckt wurde. Wenn dieses Zentrum von einem tranf­fasern in leitende Beziehung gebracht, daß wir mus eine genauere Vor- haften Prozeß, einer Geschwulst, einer Gehirnblutung oder der­stellung von diesen feinsten Vorgängen jo leicht nicht werden bilden gleichen zerstört oder außer Funktion gescht wird, so verliert der fönnen. Was bisher im Gehirn lokalisiert wurde, betrifft fast betreffende Men ch die Fähigkeit, seine Sprachmuskeln zur Bildung durchweg gröbere Funktionen unseres Körpers; auch die der Sinnes  - der einzelnen Worte richtig zu gebrauchen. Er kennt die Worte