Rem* wieherte Birron LeluMt hlnker ihm her. »Le�n meiner kennst schon dobleib'n." Jury wandte sich ebenso mechanisch, starrte ihn an— tok» Kl, mit einer Pupille, in der die gespenstische Bläue des mdlichts, das auch zu den Stalluken hereinfand, wie ein Irrlicht hin und her flackerte. «I hob' nur seh'n woll'n, wer den Herrn Ortsrichter Mehr in der Tosch'n Hot," höhnte Birron.„der Teufel oder Viser Herrgott!" «Sein kunnt'st schon!" kam es heiser zurück. „Moanst?" lachte der Strolch.„No ober, glaub' öess't» ISeg'n nur so nit, daß i enk eppa z' Mittag ausbleib', wonn's Mi irtzt a nit g'freut!" „So long's d' dos Maul hältst, stopf' i Dir'Z gern!" gab Jury düster zurück.„Nur—" „No," grimmassierte Birron«„Wos Hot er olso g'sagt, t'r Pfaff?» „Nit mehr, ols i mir schon long denkt hob." erwiderte Jüry mit einem stieren Blick. Im Stall war es halb dunkel. Die Pferde standen vor ihren Futterraufen. Der Zuchthäusler sah auf der Pritsche des Knechtes. Eine dumpfe, stickige Wärme brütete ringsum, und wie unter ihrem Einfluß begann auch Jürys Blut wieder zu kochen, als griffe das Dunkel und die ganze lauernde Ein- samkeit ringsum wie anspornend in seine Seele.„Tu's— tu's!" schien es aus dem Heu zu wispern, im Stroh zu rascheln. sieht Dich niemand— niemand!" Neben der Pritsche lehnte sonst die schwere Düngergabel. Jüry wußte es. Wenn er die im Dunkel ertasten konnte und auf den Strolch losschlug... der Knecht kam noch lange nicht zurück. Die Tür lag fest im Schlosse. „Wonn er irtzt nix red'n mächt'," dachte Jüry erbebend: „Doß i seine Stimm' nit hör'n müaßt, vielleicht gang's vor- über!" In diesem Augenblick wandte eines der Pferde wie er- staunt das Haupt nach ihm, sah ihn an mit Augen, die groß und kindlich fragend im Mond aufleuchteten, lind— merkwürdig: der stumme, ruhige, geduldige Tierblick gab ihm wieder die Besinnung zurück. „Und wos host d' d' denkt?" lachte Birron in sein Schweigen hinein. „Doß d' mi ong'log'n host Lump!" brach es aus Jüry hervor, laut, kräftig, seine ganze Mannheit von ehedem. „Konnst jo dobeibleib'n, wonn i's weitersog'." kam es hämisch zurück. Ja, das war es! Ob er und alle nun den Zuchthäusler der Lüge ziehen... weitersagen konnte er es, so lang er noch einen Atem in sich hatte und immer wieder Jürys Stolz und Jürys Mannheit damit niederschlagen. Denn, was er auch vorbringen mochte, neben dem Zuchthäusler stand der Schatten seines toten Kindes und gab ihm recht— immer wieder, immer wieder. Brauchte er erst noch lange danach zu forschen? Er sühlte es: Birrons Drohung war nicht mehr, als die ganze, entsetzliche Wahrheit. Gebrochen sank Jüry auf die Pritsche. Knapp neben dem Zuchthäusler saß er jetzt, der Ehrenmann, der einen Mörder einst ins Zuchthaus hineinprügeln geholfen. lIortsetzung folgt.) Vie Anfange der tTcchmh.*) Von K. W e u l e. I. Der griechische Schriftsteller PhilostratuS wicS seinen Zeitgenossen aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert nach, daß ihre Vorfahren eine ganz anders geartete Rasse von wahrhaft riesigem Wuchs gewesen sein müßten. Die Gebeine des Orestes, die man bei Tegca in Arkadien gefunden hatte, maßen sieben Ellen, die des Ajas in der Ebene von Troja deren gar elf. Ander« Skelette, die man auf der Insel Kos und bei Sigeion aufgedeckt hatte, wiesen noch erheblichere Abmessungen, solche von 12 bis 22 Ellen auf. Der Glaube an ein Riescntum des Vormenschen ist auch dem Mittelalter geläufig. Der Kirchenvater Augustinus widmete dem ") Aus K. Weule. Kulturelemente der Mensch- heit sKosmos. Gesellschaft der Naturfreunde; Preis für Nicht- Mitglieder 1 M.). In diesem populären Bündchen setzt der Direktor des Leipziger Museums für Völkerkunde die in„der Kultur der Kulturlosen" mit vortrefflich m Erfolge begonnene Einführung in die Völkerkunde fort. Er behandelt darin die Grund- und Urelemente der Technik, wie sie allen Völkern in ihren Ansängen gemeinsam sind. Wir geben dargus die beiden einleitenden Kapitel wieder. großen Duchß und der Langlebigkeit der vdrfintslutliche» Vorfahre« ein ganzes Buch; die Araber aber meinten, Adam habe die Größe eines stattlichen Palmbaumes gehabt. Auch die Neuzeit hat sich von dieser Theorie nicht ganz frei zu halten vermocht; selbst ein Linne hielt Adam und Eva fix« .ein Riesenpaar, dessen Nachkommen aus den verschiedensten Ursachen körperlich mehr und mehr verkümmert seien. Wir Aelteren der Gegenwart endlich sind m der Schule belehrt worden, die alten Germanen seien den Römern wie wahrhafte Riesxn erschienen, und selbst noch die Ritter des ausgehenden Mittelalters hätten über Gestalten verfügt, die den Wuchs der Krieger von heute erheblich übertrafen. Man konnte und durfte derartigen Anschauungen huldigen, so- lange es noch keine Paläanthropologie gab. d. h. solange man noch keine wirklichen Menschenskelette aus älteren geologischen Schichten gefunden hatte. Heute, wo wir Schädel und ganze Skelettfunda aus alt- und jungdiluvialen Schichten zu Dutzenden besitzen, find wir wohl oder übel zu der anderen Anschauung gezwungen, dah der Mensch jener weit entlegenen, dem Jugendalter der Menschheit erheblich näher liegenden Zeit keineswegs größer, sondern klein- wüchsiger gewesen ist als die Mehrzahl der Rassen von heute. Die großen Skelettfunde der Alten haben wir zudem längst als die fossilen Reste großer vorwcltlicher Tiere erkannt. Auch das biogenetische Grundgesetz spricht für feinen Enk« wickelungsgang von kleinen Formen herauf. Unter diesem Namen begreift die Wissenschaft von den Organismen, die Biologie, die eigenartige Erscheinung, daß das Einzelwesen in seiner kurzen Sonderentwickelung von der befruchteten Keimzelle an bis zur Boll« reife alle die Zwischenstadien durchläuft, die der ganzen Art im Laufe langer Zeiten beschieden gewesen find, daß somit die Ent- Wickelung des einzelnen sozusagen nur eine kurze Wiederholung, ein Auözug aus der ganzen Stammesgeschichte ist. Auf den Menschen angewendet, ergibt das Gesetz die Tatsache, daß unser Geschlecht nur von sehr hilfloser Herkunft sein kann. Unser frühes Jugend- stadium mit der Notwendigkeit feiner Unsumme von mütterlicher Fürsorge bestätigt das ja am besten. Die Frage nach der ursprünglichen Erscheinungsform des Men- schengeschlcchts ist für uns aus dem Grunde von so großer Be- deutung, weil mit ihr ohne weiteres auch die andere nach der ur» sprünglichen Ausstattung für den Kampf ums Dasein angeschnitten wird. War der Urmensch wirklich ein Ungeheuer von mächtiger Kraft und wirkungsvollen natürlichen Waffen: einer- wuchtigen Faust, einem scharfen Gebiß und gefährlichen Krallen, so mutzte der Ausgangspunkt der Entwickclung zum heutigen Befund ein wesentlich anderer sein als für ein ursprünglich hilslofes Wesen, das über keinerlei natürliche Schutz- und Angriffswaffen verfügte. Für jenen mußte man zur Erklärung der harmlosen Ausstattung des späteren Menschen einen Rückbildungsprozeß annehmen, der durch die Erfindung von Waffe und Werkzeug ausgelöst worden sei; wie die Sachlage sich für den aller Naturwaffen baren Natur- menschen der modernen Paläanthropologie gestaltet hat, lehrt uns dagegen folgende lleberlegung. Der Herausbildungsherd des Menschengeschlechts kann, wie uns der Verlust seines Haarkleides beweist, nur in warmen Gebieten gelegen haben. Dieses selbe Tropen- oder Subtropengebiet muh gleichieitig, sofern wir uns aus die Klaatschsche Theorie stützen, von Vegetationöfornien bedeckt gewesen sein, die den werdenden Menschen zum Gehen auf der bloßen Erde und zur Aufrichtung an den cinzelstchenden Bäumen zwangen. Dabei erst hat er den alten Klettcrfuß zum neuen Stützorgan ausgebildet, Hand und Arrn vervollkommnet, die ausrechte Haltung erworben und damit zugleich die Möglichkeit zu jener nunmehr einsetzenden rapiden Entwickelung des Gehirns und der Sprachorgane gewonnen, die den ursprünglich unmerkbaren Abstand unserer Spezies von der übrigen organischen Welt zu einer abgrundtiefen, gähnenden Kluft erweitert hat. Zu dem allen aber hat er in einer Naturumgebung leben müssen, die frei war von gefährlichen Feinden, denn er war wehrlos von Natur; er hat tatsachlich, wie Klaatich sich ausdrückt, lange Zeit die Gunst eines Paradieses genießen dürfen. Wo dieses Paradies gelegen und bis zu welchem Zeitpunkt der Aufenthalt in diesem vermutlich sehr weiträumigen Urkontinent gedauert hat, ist uns völlig un» bekannt; die Frage ist auch vollkommen belanglos der Notwendigkeit gegenüber, mit welcher der Mensch schließlich über die Grenzen seines HerausbildungSherdes hinaus in andere, für ihn weniger günstig ausgestattete Erdräume gedrängt worden ist. solche mi» wildem Getier und weniger günstigen Klimavcrhältnissen. Damit beginnt sofort auch der Kampf m«t beiden Elementen. Wie ha» er ihn durchzuführen vermocht, ohne doch für ihn im geringsten gerüstet zu sein? Die Antwort läßt sich in ein einziges winziges WLrtchen zu« sammenfassen: Er hat durch die Technik gesiegt. Aber welch fundamentale Bedeutung liegt in diesem einen Begriff, sofern wir ihn nur richtig an der Gesamterscheinung des organischen Lebens auf der Erde zu ermessen bestrebt sind! Die folgenden wenigen Momente zum Verständnis. Gelangt ein Tier in einen von seinem bisherigen verschiedenen Lebensraum, so paßt es sich ihm an, indem es mit seinem eigenen Körper reagiert, d. h. eine Gegenwirkung ausübt. Kommt es auS heißen in kältere Regionen, so wächst ihm. wie es die Tropentiere im Hagenbeckschen Tierpark zu Stellingen bei Hamburg so schön zeigen, alsbald ein dichter Pelz. Eine umgekehrte Verpflanzung wird eine etwaige Enthaarung zur Folge hohen. Zer Mensch besitz»
Ausgabe
28 (3.11.1911) 214
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten