diese Fahigkeik Set körperlichen Realtiot» Nichk mehr. Zwar ist er anpasiungssähmer als irgendein anderes Lebewesen, doch ver- dankt er seinen Sieg übe? die Natur und den größten Teil der Erdoberflache lediglich einem vollkommen autzerkörpcrlichen Ver- fahren: er hat an die Stelle der ihm fehlenden natürlichen Waffen künstliche gesetzt: an die der bei ihm fehlenden kräftigen Organe zum Graben, Bohren. Schaben, Reiben. Kratzen und dergl. das außerkörperliche Werkzeug. Als Ersatz für das ihm entschwundene Haarkleid hat er die Kleidung erfunden. Äie Unmöglichkeit, sich nach Art vieler Tiere durch leuchtende Farben des Gefieders oder der Schuppen, oder durch Hörner und Geweihe, durch Kämme und dergl. zeitweilig oder dauernd zu verschönern, hat er durch die ganz allgemeine Erfindung höchst mannigfaltiger, außerkörperlicher Ver- zierungsmethoden ersetzt. Den alten Nesterbau endlich hat er ganz allgemein zum Haus erweitert. Selbst wenn man auch von allen diesen Erfindungen stets nur die allerersten Anfänge, die Urformen, so weit sie noch feststellbar find, zusammenhält, stellt ihre Gesamtheit schon eine recht beträcht- liche Summe von Geistesarbeit dar. Um eine solche allein handelt es sich in der Tat in diesem Fall; nur seiner in der organischen Welt einzig dastehenden Gehirnentwiikelung verdankt der Mensch den Eintritt in diese Bahn eines unaufhaltsam nach oben führenden Fortschritts, der nur der Menschheit eigentümlich ist. Die Aufrichtung des Körpers selbst ist die Vorbedingung für jene Gehirnentwickelung gewesen, weiter ist unser Vorfahr erst durch die Befreiung der Lmnd von der Mechanik des Laufens und Kletterns in die Lage versetz?' worden, sich alle die zahllosen Gebrauchsgegen- stände anzufertigen und herzustellen, die für alle Teile der heutigen Menschheit bezeichnend sind und die ihn mehr vielleicht als irgend- ein anderer Zug aus der Welt der übrigen Organismen heraus- heben. Der Vorzug des Besitzes größerer Geistesgaben an Stelle der verlorenen körperlichen Anpassungsfähigkeit stellt für unsere Vor- fahren nun zwar die Kraft für die Wanderung auf jener Bahn des Fortschritts dar; aber in welcher Weise diese Kraft nutzbar gemacht worden ist, läßt sich darum noch nicht ohne weiteres ersehen. Für die Ethnologen bildet dieser Punkt auch heute noch eine vielerörterte Streitfrage. Die am meisten geteilte Anschauung ist die des Geographen und Philosophen Ernst Kapp  *) sgeb. 1808, gest. 1898) von der Fähig- keit der Selbstbeobachtung und der Organprojektion. Unter jener versteht Kapp   die Fähigkeit, die Zweckmäßigkeit eines einmal erprobten Gerätes zu erfassen, also, um ein konkretes Bei- spiel der frühesten Urgeschichte vorweg zu nehmen, die Beibehaltung eines beim Schaben oder Bohren einmal erprobten Steins auch für die Zukunft. Die Eolithen fassen wir tatsächlich als derartig für zweckmäßig befundene unbearbeitete Steine auf. Mannig- faltige Beobachtungen haben ergeben, daß Affen sich zwar ebenfalls derartiger.Eolithen" zum Aufklopfen von Kernfrüchten und dergl. bedienen; daß sie jedoch ein einmal erprobtes Gerät auch weiterhin und sozusagen als Privateigentum beibehielten, ist meines Wissens noch nicht erlauscht worden. Kapp geht nun aber weiter. Er sagt: die Zweckmäßigkeit ist ein relativer Begriff, für den der Urmensch einen Maßstab haben mußte, um jene überhaupt erst feststellen zu können. Dieser Maß- stab aber feien die eigenen Gliedmaßen gewesen; der Mensch habe nur an der Unwirksamkeit seiner Fingernägel ermessen können, daß ein Stein» oder Holzsplitter von bestimmter Form besser bohrte, grub oder schabte als jene; daß ein unten verdickter Knüppel tiefere Beulen schlug als die eigene Faust, mit der er bisher auf den Gegner losgeschlagen hatte. In diesem Sinne seien die ersten Werkzeuge und Waffen nichts anderes als eine Verlängerung, Verstärkung und Verschärfung der leiblichen Organe des Menschen unter Benutzung der gerade zur Hand befindlichen Gegenstände. Die Lanze sei lediglich eine Verlängerung des zum Stoß gestreckten Gesamtarmes, mit der sich das Ziel naturgemäß leichter erreichen läßt als mit dem Körperglied allein; der Stein in der geschlossenen Faust ein weit unempfindlicherer, dabei wirksamerer Hammer als die geschlossene Hand selbst; der gestielte Stein weit wuchtiger als der geschwungene Unterarm mit der daran sitzenden Faust, den der Hammer ja tatsächlich nachbildet, indem sein Stiel gleichzeitig den Hebel des menschlichen Armes verlängert. In dieser Hinaus- Verlegung der Wirksamkeit von Werkzeug und Waffe aus dem Körperbereich selbst nach außen sieht Kapp das Wesentliche des ganzen Vorgangs, und im Hinblick auf sie hat er den Ausdruck «Organprojektion" geprägt. Den Vorgang der Wcrkzeugerfindung selbst haben wir uns ganz.zweifellos als etwas sehr Langdauerndes zu denken; er ist sicherlich zunächst mehr ein F i n d e n als ein E r fi n d e n gewesen, doch geht ein neuerer Autor, Dr. Müller-Lver, zu weit mit der Behauptung, daß von einem besonderen Nachdenken und einer bewußten Absicht auch beim Menschen nicht die Rede sein könne. Hätten, so muß man dem entgegenhalten, unsere Borfahren jener bewußten Geistcstätigkeit ermangelt, so hätte ihnen weder ihr Ver- stand,»och auch ihre Hand, ein so wundervolles Muster aller Wert- zuge sie auch ist, etwas genützt sie ständen technologisch auch heute noch auf derselben Stufe wie unsere Vettern auö dem Tier- reich, die Affen, die jeden Stock oder Stein, den sie soeben zum Schlage verwendet haben, achtlds zu Boden fallen lassen. )«Grundlinien einer Philosophie der Technik", Braunschwcig 1877,. Fördernd ist für den Menschen ein weiterer Umstand geivesea: das Vorhandensein zahlreicher Gegenstände in der Natur, die e» entweder ohne weitere Zurichtung als Waise oder Wbrkzeug brauchen konnte, oder die er, nachdem er die Zweckmäßigkeit der Form durch gelegentlichen Gebrauch erprobt hatte, einfach nur nachzubilden brauchte. Die Grundthpen des Keils, des Meißels, der Axt und des Beils fand der Borfahr in jedem Geschiebe, am Meeresstran» und am Flußufer; OuarZe und Feuersteine sind sogar oft infolge der Zersetzung anderer, von ihnen einst umschlossener Stoffe von Natur aus durchlöchert, so daß derartige Stücke selbst noch in jüng» ster Zeit als Anker und Netzsenker benutzt worden sind. Schon durch ein derartiges Gebilde hat der Mensch den Hammer und die Axt erfinden können. Reich sind auch Tier- und Pflanzenwelt an solchen Vorbildern. Jedes knieförmige Aststück ist das Modell des Hakens, der Hacke, des Hammers, der Axt; jeder Dorn das der Nadel und des PfriemS; jeder Wurzelknollen das der Keule. Bambussplitter dienen be» manchen Tropenvölkern noch heute zur Beschneidung, im malaiischen Archipel auch zur Ausführung der grausigen Sitte der Kopfjagd. Aloe- und Ägavenblätter werden hier und da als Schwerter ver» wendet. Im Tierreich endlich sind die Gebisse, Gehörne und Geweihs der Vierfüßler, die Krallen und Schnäbel der Vögel die gegebenen Vorbilder für mancherlei Waffen. Das Schwert des Sägefisches wird in Neuguinea   noch heute als gefährliche Angriffswafse ge- schwungen; es hat nicht fern gelegen, nach diesem Vorbilde ganz gleich geformte Holzschwerter nachzuschaffcn; auf den Gilbertinseln  in Mikronesien   und der kleinen Mattvinsel fWiwulu) vor der Nordküstc von Kaiser-Wilhelmsland   versehen die Eingeborenen fast alle ihre Waffen mit den messerscharfen Zähnen des Haifisches; der Inder endlich hat sich in feinem Wagh-Nagh einen Schlag- ring konstruiert, der eine fast naturgetreue Nachbildung der Tiger» kralle ist. Das'Cbeatcr als Gcfcbäft. Nur die wenigsten Leute huldigen noch immer dem holden Wahn, daß das Theater eine den idealsten Kunstbestrcbungen dienende Stätte sei einem geheiligten Tempel vergleichbar, zu dem man mit fromniem Schauder wallfahrten gehe. Alle«Bühnenkonsektionäre*, d. h. die Tbeaterunternehincr. sehen darin lediglich ein gut oder schlechtgehendes..Geschäft" nicht« mehr. Max Epstein  , der als Rechtsanwalt und Libreltist während des letzten Jahrzehnts an den meisten Tbeatergründungen in Berlin   nebst einige» großen Provinzstädien direkt oder indirekt mitgewirkt hol, erbringt für jene Anschauung erdrückende Beweise in einer eben erschienenen Broschüre: Das Thealer als Geschäft sAxel Junckers Verlag, Char- lottenburg). Er verschließt sich nicht der offenen Taffache, daß da« Theaterwesen zurzeit auf der absteigenden EntwickelungSlinie sich bewege, ja, daß es hiermit in Berlin   am schliminsten bestellt ist. Wenn man aber sage: die unerschwinglich Hohen Eintrittspreise oder die Unfähigkeit der Direktoren oder der Mangel an dramatischen Talenten trage daran die Schuld, so sei das ein Irrtum. Nicht ein bestimmter Punkt bezeichnet die Ursache des allgemein zugegebenen Rückstandes, sondern eine ganze Reihe von Momenten. Sie alle vereinigen sich in dem großen Kapitel:Das Theater» g e s ch ä f t". Die ganze Materie setzt sich aus zwei Dingen zusammen: Theatergründnng und Tbealerbetrieb. Bei der rrsteren Kategorie fallen«unbegründete Gründungen" und«vernünftige Gründungen- ins Auge. Belustigend sind dieunbegründeten". Wer in Berliner  Kaffeehäusern, die überwiegend von untätigen Literaten, Schau» spieler», Artisten und Geichaflsagenten frequentiert werden, verkehrt. begegnet fast täglich solchenGründern" mit und ohneIdeen-, Alsdie schlimmsten" bezeichnet Epstein«diejenigen, die überhaupt keine Idee haben, sondern die nur Direktoren werden wollen.... Das sind die P a r a l y t i k e r der Thealergründungen. Einen sehr schweren Fall bilden dann die Größenwahn sin»ige N.­Sic fangen nicht mit einer kleinen Gründung an; nein, sie haben Millionenprojekte obwohl sie selbst als Zugereiste meistens arine, existenzlose Schlucker sind, oft nicht einmal ihre Tasse Kaffee bezahlen können. Irgend ein brotloser Architekt mit zeichne» riichen Grundrissen befindet sich bei ihnen. Die stolzesten Musen» tempel sind bereits in der Phantasie fertig; fehlt.bloß" noch der Baltgrund und da« Baukapital. Es sind Luftschlöffer... Solcher Phantasten laufen in Berlin  .etwa 29", man kann aber dreist behaupten, ein paar Dutzend umher. Siegründen" immer. Eine Betrachtungvernünftiger" Gründungen lehrt nun aber. daß es gar nicht so einsach ist, ein Theater zu schaffen. Zunächst ist mit der behördlichen Theaterbauordnung zu rechnen, selbst dann ivenn init dem Projekt, der Baugrund und die Bau- und Betriebskapitalien gesichert sind. Aber der Mammon, da» ist ja eben die schwierigste Frage, zumal Kapitalisten, die mit dem Theater genau vertraut sind, nie oder doch nur selten Gelder herzugeben pflegen. Schon der Bauplatz allein erfordert Riesensumme». Rechnet man, daß zu einem Neinen Theater (609 Zuschauer) 100, zu einen, größeren<1190 Personen) 160 und z» einem großen(1500 Personen) mindestens 200 Ouadratruten nötig sind; erwägt man ferner, daß in Berlin   in einer guten Theatcrgcgend die Ouadratrnte bis 6000 M. und darüber kostet, ftj