856 verschluckt der Bauqrund im ersten Falle SOS OOO, im zweiten und letzten Falle SSO 000 biS fünfviertel Mllionen Mark. Dann kommt erst der Theaterbau, der bei einem Hause von etwa 1000 Per« sonen nicht unter 1300000 M. herzustellen ist. Kostet doch schon eine gute Bübne mit allen modernen Maschinen usw. an ISOOOO M. Da ist der Einzelbesitz eines TbealerS von vornherein so gut wie ausgeschlossen. In der Tat gibt es heute kaum noch einen Direktor, der ein Theater besäße; sondern die meisten fungieren als Vertreter der geschäftlichen Interessen ihrer Geldgeber und find mit eigenem oder auch anderweing hergeholtem Betriebskapital mitbeteiligt. Daraus, daß die Theater großkapitalistische Unternehmungen ge worden sind, erklärt sich auch ihr geschäftsmäßiger Betrieb. Denn eS verlangt selbst ein kleines Theater flüssige ISO 000 M.; und zwar 2SOOO M. Sperrfonds smit dem zwei Monatsgagen für das Personal gedeckt werden, falls der Unternehmer Pleite macht), 2S000 M. Mietskaution, 10 000 M. sonstige Kautionen, 20 000 M. Vorschüsse an Mitglieder, Autoren und Verleger, und der Rest von etwa 70 000 M. als Betriebskapital. Gilt ein Theater, wennS «geht', noch immer als das rentabelste Unternehmen, so kann man sich erst ein un- gefähreS Bild davon machen, weim man weiß, welch« Summen aus ihm herauSgewirlschastet werden müssen. Zu den enormen Grund« und Theatcrbauzinsen. Steuern, Brandversicherungsbeträgen. Gagen usw. usw. tritt noch der Pachtzins, der z. B. bein, Metropoltbeater jährlich zirka eine Viertel Million Mark, bei den kleinsten Theatern (Trianon, Lustspielhaus) SO 000 und 7S000 M. ausmacht. Nun ist jeder Unternehmer bestrebt, soviel wie möglich herauszuschlagen. Es spielen also bei der Finanzierung die verschiedensten Neben- oder Unterpachten(die Garderobe, der Theaterzettel, das Restaurant, Scheinwerfer, Reklame. Toiletten) eine wichtige Nolle im Wirtschaftsetat. Hierdurch allein werden schon jährlich SO 000 bis ISOOOO M. sicher einkassiert. Eng verbunden mit dem Kapitel: Unterpachten ist das Kapitel: Vereinswesen. Allerhand große wie kleine Vereine beziehen die Billetts zn ermäßigten Preisen, sei eS vom Uitternehmer selbst oder daß ein Geschäftsmann feste Pauschalbeträge für gewisse TageS« oder Abendvorstellungen an den Direktor zahlt und hierfür den ganzen Zuschauerraum oder eine be« liebige Anzahl von Eintrittskarten erhält. An solche Billelthändler werden auch sonst beständig ganze oder halbe Theaterräume ver« pachtet; und diese Firmen besorgen>mn die Unterbringung der BillettS wobei das Publikum oft gründlich hineingelegt wird. Die wenigsten Theater hoben sich freigehalten vom kapitalistischen Profithunger. In Berlin sind daS. neben den Schiller- Theatern, die nicht nrthr als B Proz. Dividende horauSwirt« fchaften wollen, nur noch die beiden Freien Volksbühnen. Natürlich werden solche Unternehmungen von allen privatkapita listischen Theaterbetrieben als lästige Konkurrenzbühnen, als fii»a»- zielle Schädlinge angesehen. Dies aus dem Grunde, weil sie sich den dargebotenen Kunstgenuß vom Publikum mit erheblich kleineren Ein trittspreisen bezahlen lasien, also den künstlerischen Zweck vor da? Geldgeschäft stellen. In einem besonderen Kapitel beleuchtet Epstein auch daS Ver hältniS zwischen Theater und Presse. Er scheidet da die ..gute' Presse von der schlechten, die.anständigen' Zeitungen von den unanständigen, die berufene Kritik von der unberufenen. Na- türlich liegt bei der Theaterkritik wie überhaupt beim kapitalistischen Journalismus viel im Argen. DaS ideale Kunstrichtcrtum von ehe> dem ist längst zum Brotgcwerbe degradiert durch den KapitaliS nmS. An sich macht- und gegenstandslos kann die Kritik doch Heil und Unheil anrichten; denn sie hat die TageSprefle als weittragende Stimme der Oeffentlichkeit vor dem Tdeaker voraus trotzdem oder gerade weil dieses auch nur ein geschäftliches Unternehmen ist. Daß in Berlin nur vier bis sechs Zeitungen für das materielle Wohl oder Wehe der Theater in Frage kommen sollen, Ningt aller- dingS wenig glaubhaft; eS verhält sich aber doch so. Sehr begreif. lich haben ein paar.tonangebende' bürgerliche IeitungSunter- nehmungen dank ihrer Jnseratcnplantagen usw. die größte Berdrei- «ung. Daß sie deswegen auch die besten Kritiker aufzuweisen hätten, ist jedoch nicht der Fall. Biel häufiger besteht die Regel, daß ein wirklich einsichtiger kenntnisreicher Kunstrichter geradezu in der großkapitalistischen Presie unmöglich ist wenn er sich nicht als Wettersahn« gebrauchen lasien'will. ES wird dort also leicht einer zum großen Lumen hinaufgeschraubt sein, sofern er'S versteht, der- selben wohlbabigen Bürgerklasie. die sich als Leser in seiner Zeitung wie als zahlungsfähiges Publikum im privatkapitalistischen Theater vereinigt, gefällig zum Maul zu reden. Man zeige uns bei irgend einer«erstklassigen' Zeitung auch nur einen Halbweg« u n a b- h ä n g i g e n Kunst- und Theaterkritiker l Und weil eingestandener» maßen alle Tageskritik ohne jegliche Wirkung ist, so muß eS doch etwas ganz anderes sein, was an dieser halben Schreiberei schädigend oder nützlich ausschlägt. Die«bedeutendsten' Kritiker Berlins hätten sich beispielsweise gegen das unkünstlerische R-pertoir des Lustspielhauses die Finger wimd schreiben können und Herr Zickel hätte doch glänzende Geschäfte gemacht. Warum? weil Berlin eine Millionenstadt ist. E» grbt eben noch ein Mächtigeres, al» alle Scherl-Ullstein-Mosie zusammengenommen, das ist die kom­pakte Mehrheit, das große Publikum. Der Wunsch Epsteins: die wirkliche Theater k r i t i k mit dem.sachlichen Referat' vertauscht zu sehen, entspricht nur einer kapitalistischen Anschauung oller Dinge. Wahrhaft unabhängig nach jeder Richtung ist nur daS Kunsturteil in der sozialdemokratischen Presse. o. Ic. Kleines feuilleton. Hauswirtschaft. Zubereitung von Seefischen. Der Seefisch soll die herrschende LebenSmitteUcuerung beschwören helfen. Jedenfalls haben ihm die von städtischen Behörden an vielen Orten eröffneten See- fischmärkte in kurzer Zeit zu einer Popularität verholfen, die er bisher im Binnenlande leider noch nicht besaß. Allerlei Vorurteile standen der Ausbreitung des SeefischgenusieS im arbeitenden Volke lange entgegen. Seit die großen Fischhandelsgesellschaften mit ihren modern ausgerüsteten Fangdampfern neue Fischgründe erschlossen haben, können wir zu mäßigem Preise auch solche Fischarten er- werben, die früher, als nian auf den Zwergbetrieb in der See- fischerei angewiesen war, als teure Delikatesten nur auf der Tafel der Wohlhabenden erschienen. Mit der rationellen Zubereitung von Seesischgerichten liegt eS bei uns vielfach noch im argen. Deshalb fei hier kurz zusammen- gefaßt, worauf eS besonders ankommt: 1. Der Fi ich muß absolut frisch sein. Die Kiemen sehen dann dunkelrot und die Augen klar auö. DaS Fleisch frischer Fische fühlt sich unter dem Druck der Finger fest und derb an. Löst es sich von den Gräten und ist am Maul und an den Kiemen ein unangenehmer Geruch zu merken, so ist der Fisch im Verderben begriffen. 2. Seefisch muß auf das Sorgfältigste gereinigt werden. Alles Blut und schwarze alle Haut wird herausgekratzt. Die Flostcn schneidet man ab. Köpfe werden gewöhnlich auch nicht milgetocht. Man wäscht den Fisch mehrmals gründlich, wässert ihn aber nicht. Er wird besonders wohlschmeckend, wenn man ihn vor dem Kochen wenigstens eine Stunde lang an kühlem, dunklem Ort eingesalzen hinstellt und mit Zwiebelringen, feingeschnittenen Peiersilienwurzeln oder-Blättchen oder jungem Selleriekraul und gcmiichlem Gewürz bestreut. In dieser Marinade, die ihm den Seewassergeschmack fast ganz nimint. ivird der Fisch mehrmals umgewendet. Das Fischfleisch ist rn seiner Verwendung kaum weniger ab« Wechselungsreich als das Fleisch der warmblütigen Tiere. Je nach- dem die Hausfrau über Zeit und Geld verfügt, kann sie eS kochen, braten oder schmoren, zu Frikassee, Gulasch, Ragout, Klößen, Klopsen und Buletten verarbeiten. Der Seefisch kann sowohl als selbständiges Gericht wie als Beilage zu sättigenden Gemüsen, wie Sauerkohl, Schmorkohl. Kohlrüben, Brei von grünen Erbsen, zu warmem Kartoffel- oder Bohnensalat, zu dickausgequollenem Reis, wie zu Makkaroni und Nudeln gereicht werden. Hierzu eignen sich besonders Fischkoteletts. Fischklopse und Fischbulettcn. FischkotelettS. Daumendicke Scheiben von großem Schellfisch. Seehecht oder Kabeljau, die nach der oben gegebenen An- Weisung vorbereitet und mit Zitronensaft oder einigen Tropfen Essig beträufelt wurden, trocknet nian ab, paniert sie mit Mehl, Ei und Semmel und brät sie in Fett gar. Fischklopse. 1 Pfund Fischfleisch wird auS Haut und Gräten geschabt und ganz fein gehackt. Von einer Taste Milch, 23 Löffeln Fett und 2 Eßlöffel voll Mehl wird«in Teig ab- gebrannt, d. h. man kocht die Milch mit der Butter auf, schüttet das Mehl hinein und rührt dies auf dem Feuer so lange, bis die Mäste sich als fescher Kloß vom Topfe löst. Dazu gibt man nach kurzem Verkühlen daS Fischfleisch, ein Ei, Salz und Pfeffer oder Paprika. Man formt Klopse, wälzt sie in Mehl, zerquirltem Ei und geriebener Semmel und brät sie in Fett gar. Fischbuletten lasien sich von Resten gekochter Fische mit oder ohne Zusatz von rohem Fisch herstellen. DaS Fischfleisch wird feingehackl. Einen tiefen Teller voll davon vermischt man mit zwei Löffeln Fett, in dem man eine geriebene Zwiebel anlausen ließ, fügt ein Ei. Salz, Pfeffer, ein wenig Muskatnuß, eine eingeweichte und ausgedrückte Semmel oder seingeriebene gekochte Kartoffeln, nach Bedarf noch geriebene Semmel dazu und formt längliche Brötchen, die mit Ei und Semmel paniert und in Fett braun gebraten werden. Kocht man Seefische in Salzwaster gar, so füge man außer Lorbeerblatt. Zwiebel und Gewürz einen Guß' Essig hinzu. Nach kräftigem Aufwallen nrüsien die Fisch« zur Seite des FeuerS gar ziehen. Sie sind ferttg. wenn man mit einem spitzen Messer oder mit einer Gabel da» Fleisch von der Rückengräte abheben kann. DaS Fischkochwasier nimmt einen Teil der Nährstoffe de» Fisch- leischcS in sich auf. Man gießt e« deshalb nicht fort, sondern ver- wendet eS zn Suppen. Auch Gräten und Köpfe solcher Fische, von denen man Klopse und dergleichen bereitete, können zu Suppen aus­gekocht werden. Kiemen und Augen schneidet man vorher heraus. Fischsuppe bindet man mit Schwiymehl oder mit Kartoffelsago, oder auch mit übrig gebliebenen fein geriebenen Kartoffeln. Man würzt mit gewiegten jungen Sellerieblältchen oder mit Petersilie. Sehr zu empfehlen ist es. den vorbereiteten Seefisch gleich in der Sauce ferttg zu kochen. Man bereitet eine weiße seimige Grund- auce, der man ein wenig gehockte Zwiebel und eine Prise Pfeffer beifügt. Der Fisch wird in die heiße Sauce gelegt und langsam zum Kochen gebracht. An der Seite des Feuers läßt man ihn gar ziehen. Kurz vor dem Anrichten gibt man der Sauce den ge- wünschten Geschmack, indem man sie mit Zittonensaft, mit gehackter Petersilie oder mit Senf oder mit Meerretng würzt. Ick. Ks. Heran tw. Redakteur: Richard Barth , Berlin , Druck u. Verlag: VorwärtSBuchdruckereiu.VerlagsanftaltPaulSiNgerzcEo., Berlin LW,