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haben, wie ein freigekommener und entfliehender Wellensittich dahinjagt, um seine volle Fluggewandtheit beurteilen zu können. Er jagt mit einem Falken um Sie Wette, führt die zierlichsten Wendungen, Schwenkungen und Biegungen im Fluge aus, ver­steht es, die größten und geringsten Entfernungen abzumeffen, läßt sich mit einem Worte nur den vollendetsten Fliegern an die Seite stellen. Erwirbt schon diese Beweglichkeit dem Bogel unsere Zuneigung, so bewahrt er sie sich dauernd durch seine Stimme. Die meisten anderen Papageien, selbst jene Arten, die wahre Menschenvögel genannt werden können, werden, so liebenswürdig fie sonst sind, zuweilen unerträglich durch ihr Geschrei. Auch ab­gerichtete, sprechfähige können ihrem angeborenen Hang zum Lärmen oft nicht widerstehen, und zwischen den nachgeschwatzten Worten der menschlichen Sprache gellt das abscheuliche Kreischen hindurch. Es gibt wenige Menschen, die diese Ungezogenheit der Papageien auf die Tauer ertragen können. Ganz anders ist es bei den Wellensittichen. Auch sie haben reiche Stimmittel; aber sie verwenden diese niemals in lästiger, sondern immer in anmutender Weise. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß der männliche Wellenpapagei den singenden Vögeln beigezählt werden muß; denn sein Geplauder ist mehr als ein Gezwitscher: es wird zu einem, wenn auch bescheidenen, so doch recht ansprechenden Liedchen. Für mich hat der Gesang dieses Prachtvogels etwas höchst Angenehmes, und andere Tierzüchter sind nicht bloß derselben Meinung, sondern haben auch erfahren, daß der Wellensittich Lehre annimmt und die reichen Lieder anderer guter Sänger, die er hört, bald täuschend nachahmt. Einzelne haben sogar gelernt, Worte nachzusprechen. Im übrigen steht der Wellensittich hinter vielen anderen Papageien an Begabung etwas zurüd.

Man muß selbst die Tiere gepflegt und ihre Fortpflanzung be­obachtet haben, um die Begeisterung verstehen zu können, mit der alle wahren Liebhaber von ihnen sprechen. Während der Paarungs­zeit wird eigentlich ihre ganze Liebenswürdigkeit erst fund und offenbar. Das Männchen", sagt Devon , ist ein Muster von einem Gatten, wie das Weibchen das Muster von einer Mutter ist. Jenes beschäftigt sich ausschließlich mit seinem erwählten und nie mit einem anderen Weibchen, das etwa zugleich in demselben Raume sein möge; es ist stets eifrig, aufmerksam, glühend, ja sogar sinn= lich gegen sein Weibchen. Auf einem Zweige vor der Oeffnung des Nestes sibend, singt es der Gattin seine schönsten Lieder vor, und während sie brütet azt es sie mit ebensoviel Eifer wie Vergnügen. Es ist niemals traurig, still oder schläfrig, wie so viele andere Papageien, sondern immer heiter und liebenswürdig."

Der Ausbau des Nestes ist ausschließlich Sache des Weibchens. Es arbeitet mit dem Schnabel so lange an dem Eingangsloche, bis dieses seinen Wünschen entspricht, nagt dann im Innern größere oder kleinere Spänchen los und legt auf sie in Zwischenräumen bon zwei Tagen 4 bis 8 Eier, die das Gelege bilden. Dann brütet es sehr eifrig 16 bis 20 Tage, und während der ganzen Zeit wird es von dem Männchen gefüttert, verläßt deshalb auch nur seine Nisthöhle, um den dringlichsten Bedürfnissen zu genügen. Die Jungen, die etwa 30 bis 35 Tage im Neste verweilen, verlassen letzteres erst dann, wenn sie ganz befiedert sind. Das Weibchen ist immer eifrig bemüht, das Nest rein zu halten; es kehrt wie eine ordentliche Hausfrau jeden Morgen sein Zimmer aus und pukt und reinigt seine Kinder mit großer Sorgfalt. Sofort nach dem Ausfliegen gehen die Jungen ans Futter, und wenige Tage später benehmen sie sich ganz wie die Alten; doch muß man um die Zeit des Ausfliegens eine gewisse Vorsicht anwenden, nament­lich wenn man nur ein Paar Brutvögel im Käfig hat; denn die erwähnte Eifersucht des Vaters macht sich dann oft in unbegreif­licher Weise geltend. Derselbe Vogel, der seine Brut mit hin­gebender Zärtlichkeit füttert, fällt zuweilen über die flügge ge­wordenen Kinder wütend her, greift sie mörderisch an und verlegt sie nicht selten so, daß sie infolge solcher Lieblosigkeit zugrunde gehen. Noch unfreundlicher als die Männchen zeigen sich einzelne Weibchen, allerdings nicht gegen ihre eigenen, aber doch gegen Kinder von ihresgleichen. Solche dürfen selbstverständlich nicht unter der Gesellschaft geduldet, sondern müssen sobald wie möglich Herausgenommen und verbannt werden.

Sofort nachdem die erste Brut selbständig geworden ist, schreiten die Alten zu einer zweiten, und wenn diese ausgeflogen ist, gewöhn­lich zu einer dritten und vierten; ja F. Schlegel hat beobachtet, daß ein Paar ein volles Jahr ununterbrochen brütete! Solche Fälle gehören zu den Ausnahmen: zwei Bruten nacheinander aber Scheinen nach meinen Erfahrungen die Rogel zu sein. In einem Flugbauer des Frankfurter Tiergartens erhielt man, wie Haade mitteilt, von drei Paaren im Laufe eines Jahres über 120 Nach fommen. Die Jungen ließ Haacke mit den Alten zusammen. Junge Wellensittiche zeigen sich gleich von Anfang an ebenso liebenswürdig wie die Eltern. Sie haben eine wahre Sucht, ihre jüngeren Ge­schwister zu pflegen, und füttern diese trotz der Alten. Dabei äffen sie gegenseitig alles nach: was der eine tut, unternimmt auch der andere, im Klettern, Fliegen, Fressen und Schwaßen.

Wie notwendig/ es ist, Wellensittiche paarweise zusammenzu­halten, sieht man erst dann, wenn man längere Zeit zwei desselben Geschlechtes gepflegt hat. Wird zu solchen ein Genosse des anderen Geschlechtes gebracht, so gibt es augenblicklich ein Pärchen und brennende Eifersucht.

Berantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin . Drud u. Berlag:

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8

7

6

Б

3

2

Schach.

Unter Leitung von S. Alapin.

J. H. Bauer.

b

C

a b

c d e

e f g

8

7

6

5

f g 2+( 9- FT' T)

h

1

Schachnachrichten. Am 22. November von 3 Uhr ab wird bvom Berliner Arbeiter- Schachklub in den Prachtsälen Alt- Berlin" ein Massenwettkampf veranstaltet. Eintritt und Beteiligung für jeder mann frei. Der Berliner Arbeiter- Schachklub bittet uns hiermit bekannt zu machen, daß bei ihm jeder organisierte Arbeiter Schachunterricht erhalten kann und zwar unentgeltlich sowie auch ohne Mitgliedschaftszwang. Damengambit.

Am 7. September im Karlsbader Turnier gespielt. S. Alapin. 87-85

P. Leonhardt. 1. d2- d4

2. c2- c4

3. e2- e3

c7- c6! Sg8- f6

8.

Tf8- e8 d5Xc4?

9. e3-04 Der entscheidende Fehler. Da wegen der nächstfolgenden An­merkung die beabsichtigte Spiel weise nicht mehr geht, sollte Schwarz mit 9... Sf81; 10. Lg5, Sg6!; 11. Tadi, Tf8!; 12. Se5( Sonst Weit beffer ist 3.... Le8-15! b7- b6 nebst Lb7) 12. SX04 ( Siebe unsere Schachspalte bom ein zwar etwas gebrüdtes, aber 14. Oftober. Partien gegen Salwe immerhin festes Spiel anstreben. und Vidmar.) Die Folge fönnte sein: 10. Ld3xc4 Sd7- f8 Auf 10. 4. Dd1- b3, Dd8- c7; 5. Sb1- c3, e7- d6; b5; 11. Ld3, a6 6. Lc1- d2, Sb8- d7; würde jezt mit 12. e5 nebft LXh74 7. Tal- c1, De7- b6! 2c.( Wir ein Bauer verloren gehen. Und bei berichtigen hiermit gelegentlich 10. b5; 11. Ld3, Sf8 fann Weig unsere Ausführung vom 14. Oktober sowohl mit Se2 als mit Le3 oder wie folgt: Minder gut ist 7.... Te8, auch mit a3 nebst b2-64 den be­wegen 8. cd5!, cd5; 9. Sf3!, a6; freienden Bug c6- c5 verhindern. 10. SXd51, DXT; 11. LXD,( Bergleiche Anmerkung zum 8. Zuge TXLt; 12. Kd2, Te2; 13. Kd1, von Weiß.) exd5; 14. DXb7, Sgf6; 15. Sh4, TXf2; 16. Kel, TXLt; 17. TXT, Le6; 18. De8t, Ke7; 19. DXa6 2c. Cher zugunsten von Weiß.)

Der Tertzug, der in gegebener Bartie nur zur praktischen Aus­probierung der Variante ge­schab, erweist sich als ungünstig, weil nach:

4. Sb1- c31

Schwarz zur Entwidelung des Le8 nur unter ungünstigeren Bedingungen ( im dritten Zuge) kommen kann.

4.

e7- e6

Auch jetzt war immerhin 4..... Lf5 vorzuziehen. 8. B.: 5. Db3( 5. cd5, SXd51 2c.) 5. Dd7; 6. Sf3, e6; 7. Se5, Dc7 2c.

5. Lf1- d3

Sb8- d7

6. Sg1- f3 Lf8- e7

Ein freieres Spiel könnte noch immer mit 6...... Ld6!; 7. 0-0, 0-0; 8. e4, de4; 9. SX4, SXS; 10. LXS, e51 2c. erlangt werden.

7.0-0

8. Dd1- c2!

0-0

Hiermit vereitelt Weiß die nach­stehend zitierte Spekulation des Gegners, auf die er die ganze früheren Matche nämlich spielte gegen Bariante angelegt hatte. In einem ihn G. Schlechter statt des aus gezeichneten Tertzuges das plausible 8. e3- e4, worauf 8.

dc4!; 9. LXc4, b5; 10. Ld3, a6 nebst Dd8- b6 und c6- c5 mit sehr gutem

.

11. Lc1- go 12. Lg5- e3 13. Tal- d1 14. Dc2- c1

15. Lc4- d3 16. Sc3- e2 17. Sf3- e5!

h7- h6 Dd8- c7 Lc8- d7

b7- b5

b5- b4

Dc7- a5 Sf6- h7

Schwarz steht nicht schön und sucht vergeblich durch ein Bauernopfer sich frei zu machen. Auf Tc8 folgt das Opfer LXh6 2c.

18. Se5Xd7 19. Dc1Xc6

20. Se2 c1

Sf8Xd7 Sd7- b6 Te8- c8??

T. follte die Dame verfolgen, um Ein grobes Versehen. Der andere Damentausch zu erzwingen. 21. Dc6- b7 22. 04-05

Le7- f8 g7- g6

Beim 20. Zuge hatte Schwarz ( chon in Beitnot) übersehen, daß auf

22.

Sd5( wie intendiert war) Beiß mit 23. LXS+ nebst DX17 fortseßen taun.

Sb6- d5

h6- h5 h5Xg4

Lf8-87 g6Xh5 Kg8Xh7

Kh7- g8 17-15

23. Db7- e4 24. h2- h41 25. g2- g41 26. De4Xg4 27. h4- h5 28. Ld3Xh7+ 29. Dg4Xh5t 30. Kg1- h2 31. Le3- h6! Lg7Xh6 32. DhoXh6 Kg8- f7 83. Til- g1! Sdo- e7 34. Dh6- hot! Aufgegebent.

Spiel für Schwarz die Folge war. Der Zertzug verhindert diese Weiß hat die Partie zwar sehr

Bariante( Siehe Anmerkung zum schön gespielt, aber für die Berteidi zehnten Buge von Schwarz) und gung 1. d4, d5; 2. c4, c6! beweist erzwingt ein sehr gedrüates Spiel sie nicht viel, wie aus obigen Gloffen für Schwarz. erhellt.

Vorwärts Buchdruckerei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.