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Boch nicht da war. Aber solange der geistliche Herr ihnen worthhschen Büchern die Gesetze des Romans nach der Schablone Beit ließ, fie wurden doch nicht flug. befolgt find. Doch das, was bei Dauthenden die Form sprengt, ist

Die anderen Reute machten große Augen und atmeten dazu, und wie alles zu Ende war, liefen sie der Taufe nach ins Freie.

Vor der Kirche spielte die Disharmonie zur Ehre der Taufe ihr Blech. Bum bum bum und duli duli du, mit dschinderä ging's nach dem Schlüssel.

Auf einmal hörte die Waldhütertaufe eine lustige Musik, die langsam weiter zog. Und dann, als nach einer Weile der geistliche Herr bereit war, da hatten die Schlüsselwirtleute den Vogel abgeschossen. Die Kirche war bereits leer, und der geistliche Herr mit seinem Küster und Buben war da, im Turm droben einige Dohlen und Ratten im Keller.

Dieweil taufte der Pfarrer das Mädchen aus dem vielleicht gerade das Wertvollste. Es find die Naturschilderungen, Schlüssel. Die beiden Großbäter und die Patenschaft standen die Gesichte", die das bunte Leben ihm gibt, es find die durch ein eindringendes Schauen und anschauliche Wiedergabe wieder zum um den Täufling herum in schwerfälligem Prunk. Bild gewordenen Eindrücke, mit der er die Geschichte unter­bricht. Sein Held, der das Raubmenschentum am eigenen Leibe und in der Umgebungswelt ringsum verspürt, ist ein Lebens­betrachter und Lebenserleber. Zu einer solchen Hellhörigkeit und Hellfichtigkeit kann aber nur ein Mensch kommen, der die Fernen aufsuchte, der von der Scholle sich riß, um dem brausenden tausend­fältig wechfelvollen Leben ins ebenso grausame wie schöne Angesicht zu schauen. Man merkt es Dauthendeys Roman in jeder Zeile an, auch wenn er nicht den Atlantischen Ozean so lebendig vor das Auge zu zaubern wüßte, auch wenn das Abenteuerland Mexiko nicht in feiner Farbenfülle, in seinen Leidenschaften und Raubmächten" so vom Blute der Wirklichkeit durchpulst dargestellt wäre, daß der Dichter nicht am Schreibtisch phantasierte, sondern daß ihm das Er­leben die Feder führte und beflügelte. Jedoch ist es nicht das Er­leben, was ein Werk aus der toten Sphäre reißt, es ist die Ver­arbeitung des Erlebens und zwar die innere Absorbierung, Auf­zehrung und wie dann das zu Weltanschauung, Gedanke und Gefühl gewordene Erleben sich in dichterische Form umiegt. Dauthendeys Dichternatur strebt im vorliegenden Roman Jensens mit tosmischem Gefühl gevaarter Modernität zu, die in der Bewegung der Kräfte die neue Schönheit sieht. Selbstmord, Todschlag, Brand wüten als Raubmächte über Glück und Leben, aber nicht weniger gierig ger fleischen die Raubmenichen in offener und versteckter Form Glüc und Leben. Dauthendeys Gedante des Romans ist auf die Formel zu bringen: alles Leben ist Fressen, die er mit brutalen, grellfarbenen, egotischen Bildern illustriert.

( Fortsetzung folgt.)

Neue Erzählungsliteratur.

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Hermann Bang : Seltsame und andere Ge­schichten.( S. Fischers Verlag, Berlin .) Der dänische Dichter, der mit einer so liebevollen Vertiefung, mit einer Inbrunst möchte man fagen, die fleinen Dinge des Alltags umfaßte in seinen sanften und stillen Büchern, so daß sie groß und schön wurden, so bedeutsam wie die lauten Abenteuer des Lebens er wendet sich in diesen No­bellen dem Ueberfinnlichen zu. Eine Mystit, die von geheimnis vollen Kräften überzeugt ist oder forschend diesen nachspäht, durch­zieht die seltsamen Geschichten. Es ist nicht der Gruselreiz der Spufgeschichten, der den Erzählungen von Vorahnungen, Wahr­Spannung gibt, es ist die padende Gegenständlichkeit geheimnis­boller Geschehnisse und die aufspürende Verfolgung ihrer inneren Triebfräfte und Rätfelhaftigkeit, das die Novellen über das Niveau willkürlicher Phantasterei hinaushebt. Und wenn Bang die offulte Sphäre verläßt und in die Sammlung dieser Skizzen mit aber gläubischem Geist eine und die andere Erzählung einschiebt, gleich einer schlichten Weise, wie z. B. das wehmütig schallhafte Lebensbild des Alten Fräuleins", so tommt wieder der alte Stimmungs­zauberer hervor, der zu rühren versteht ohne die füßliche Sentimen­talität der Gefühlsduseler.

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John Galsworthy : Weltbrüder", ein Roman, deutsch von Lisa Landau( Verlag Bruno Cassirer , Berlin ). Die Bücher dieses Engländers, des aufsteigenden Gestirns erster Klasse unter den modernen sozialen Dichtern, sind keine landläufigen Romane mehr. Sie bieten mit ihrer erstaunlichen Sachlichkeit, mit threr objektiven Beobachtung eine sozialreformatorische Macht. Aehn­lich wie Shaw, Tolstoi, wie Gorki zu Gesellschaftsfritikern wurden in ihren Werken, geht auch durch die Romane dieses scharfblidenden und scharfdenkenden Briten das große Mitgefühl für die Klasse der Entrechteten und die große Anklage der Herrschenden. Doch ist es feine schreiende, bittere Tendenz, die schwarz und weiß gegenüber stellt. Galsworthy fieht tiefer, erfaßt die Zusammenhänge, zerrt leine Einzelfälle zur Juſtrierung feiner Mahn- und Weckbücher herbei; er erweitert feine Schilderungen ins Typische und erkennt vor allem die Menschennatur selbst als das größte Bollwerk gegen alles foziale Heil. Wie in seinem Roman:" Der reiche Mann das Wesen der englischen Bourgeoisie wie in einem Brennspiegel aufträumen, Verkündungsgefichten, trancendentalen Erscheinungen ihre gefangen ist, hingezeichnet mit der scheinbar fühlen Ruhe eines un­Beteiligten Sittenfchilderers und doch plötzlich hinauswachsend über das Klima der Begebenheiten und wie mit Flammen die Dede und Leere, den Geschäftsgeist und die Jchsucht der Reichen bestrahlend, so zeigt der Roman Weltbrüder mit grauenhafter Deutlichkeit die soziale Berklüftung der britischen Metropole. Abgründe zwischen den Gesell­schaftsschichten, tiefe Abgründe zwischen der Bourgeofie und dem Proletariat, über die feine, oder nur luftige" Brücken führen, soviel fich auch ethische Reformer und theoretische Sozialisten, wie der tapfere junge Mediziner und Sanitist" Dr. Martin mühen, so Ihrisch schön auch wohlwollende, aber weltfremde Utopisten wie der Vera Cornelius: Fernanda Ginst mann, ein Roman große Stona, ein filberweißer Prophet in Loden, von Weltbrüdern und Weltbrüdertum schwärmen. Nein, hier die Welt der Ladschuhe, aus dem modernen Frauenleben.( Berlagsanstalt Reuß u. Jtta, Kon­Schecks und Ulmen bekränzten sonnigen Eigenhäuser, dort das ftanz.) Ich würde diesen Roman unter einem aufgeftapelten Stoß Schattenland", dessen Bild die finstere Houndstreet, eine gefrümmte Bücher von Frauen und über Frauen nicht herausgegriffen haben, graue Straße mit trübseligen Häusern ist. Hier haust das Elend wenn er mir nicht typisch erschien für die Auffassung so vieler Frauen, und das Lafter. Hautfranke, Dirnen, Müffiggänger, Trinter, Schwind- die sich das Beiwort modern" zugelegt haben. Ich möchte beileibe füchtige, Berbrecher. Weder Verwunderung noch Auflehnung, noch tein Fürsprecher eines fleingeistigen Philisterideals sein, das sein. Wehnut oder Scham trat je in diesen Gesichtern zu tage; statt dessen höchstes Ziel in einem Winkelglüd erblickt, aber es wirkt immer wie äußerte sich bei ihnen nur eine dumpfe, gefühllose Ergebung oder ein Sprung in der Glode, wenn eine Verranntheit, wie sie in der eine mechanische, rohe Lustigkeit". Zweimal läßt Galsworthy . Geschichte vom Unglück der Vera Cornelius als Tragit und als Groß­deffen ethische Lebensanschauung von der gleichen bezwin- geistigkeit auspofaunt wird. Da ist eine als edeldenkend geschilderte genden Größe hier erscheint, wie die Schönheit und unver- Frau, deren Entsagung, schmerzhafte Liebe zu einem Dffizier und brauchte Kraft feiner Sprache. die Menschen vom Sonnenschein einsames Leben in der Gewißheit, recht gehandelt zu haben", eine die Brücke ins Schattenland betreten. Ein gutgenährter Bürger und Leidensgeschichte von nahezu 400 Seiten abgibt. Und warum das ein feingliedriges Botticellimädchen empfinden dumpf und dunkel alles? Weil sie nicht wollte, daß ihretwegen der Geliebte den bunten das Menschliche etwas muß da geschehen". Aber was geschieht hier und auch Rod auszieht. Eine harmonische Vereinigung fonft? Sie machen Krankenhausbesuche, fragen die Schatten" aus, ohne des Königs Rod schien ihr unmöglich, und so opferte fich. Wo bleibt hier die hier die Tragik, die Großmut, wie sie wohnen, essen, was sie verdienen, ob sie glücklich sind und fie fehren nach dieser Statistik wieder ins Sonnenreich zurüd, um sich die Persönlichkeit", in deren starrer Stärke( lies Verbohrtheit) Verfasserin das Moderne erblicken will? Die Romane, gum Diner umzukleiden. Der andere macht in Menschenliebe aus Langeweile. Seine Ehe ist reizlos geworden drüben bei den die man einteilen tönnte in Bücher vom alten und vom neuen Schatten lebt ein Mädchen, das zieht ihn mehr an als ihr soziales Weibe, sind hier durch eins der vielen vermehrt, die im Halben stecken Elend. Aber ihr Puder riecht zu schlecht, deshalb kehrt auch er auf- bleiben, aber durch die Gewandtheit ihres Vortrages und die Allüren atmend dem ordinären" Bad den Rüden und flieht zurück zur einer hohen Denkungsart über ihre innere Wesenlosigkeit täuschen. Bhrafenwelt der sogenannten Menschheitsbeglücker, in deren Wärme Sie führen in Verwirrung, statt in Klarheit, sie sind trotz aller ber­und Sattheit der silberhaarige Itopist ein Buch von den Welt- herrlichten Charakterstärke damenhaft. brädern" diktiert. Ein hoffnungsloses, aber auch ein heilsames Buch F. Gräfin zu Reventlow: Ellen Dlestjerne. für alle unverbesserlichen Verfechter halber Arbeit. d. h. für die( Berlag A. Langen, München .) Wie anders wirkt dies Zeichen auf fozialen Flickschuster und Ausbesserer, die mit Balliativmittelchen mich ein! Hier entblößt eine starke Persönlichkeit schonungslos ihr Kunz und Kaspar vor dem Verhungern retten, indessen die ganze Schicht der Schattenmenschen in Elend und Dunkel belassen.

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Leben und ihre Seele, hier weht die Luft des Modernen so start, daß sie uns die Nase figelt. Korrekte Bürgerfeelen werden an diesem Mar Dauthendeh:" Raubmenschen", Roman( Verlag Bekenntnisbuch viel Anstoß nehmen; werden da doch so gar keine A. Langen, München ). Der Lyrifer Dauthendeh, dem wir, seit er Rüdjichten anerkannt auf alle die traditionellen Gesellschaftswerte. das Ultraviolette seiner Jugendversuche abgestreift und in langer wie solch einer z. B. der Offiziersrod im vorherbesprochenen Roman Bause zum Gestalter herangereift ist, als feinsinnigen Novellisten ist. Hier lebt eine Frau im wahren Sinne ihrer Ueberzeugung, hier wiederbegegneten und der in letzter Zeit sogar auf der Bühne Glück wird eine hochgeistige Individualität nicht nur mit Aufwand schöner gehabt hat, wo bekanntlich für den gröbsten Sinn( nach Nietzsche ) Reden geschildert, hier springt sie uns von selbst entgegen. Und die geschrieben werden muß. versucht sich nun auch im Epischen. Sein Modernität ist nicht die Emanzipation von landläufiger Roman Raubmenschen" ist so wenig Schablone, wie in den Gals- Sitte, es ist nicht die Kühnheit Kühnheit und Unbekümmertheit,