GS tvar JoeS Erzählung, die Big Eharley zu dem AuSruf Seranlaßte und aus dem sonst schweigsamen Kameraden den An- fang einer Geschichte hervorgelockt hatte. Da ich aber kein ab- sonderliches Interesse für Maulesel verspürte, beabsichtigte ich, mein Buch fortzulegen und mich bereit zu machen, um Brown am Ruder abzulösen, als Big Charleys„es war ein Finnländer, der anfing" zneine Aufmerksamkeit weckte. Wie eigen doch dieses kleine Wort„Finnländer" berührt, wenn man da draussen unter lauter Fremden ist. Wieviel schlicht es in sich, und wie manche Erinnerung wird dadurch geweckt! Welche Freude, wenn wir es mit Achtung aussprechen hören, welch ein Kummer, wenn es nur Verachtung oder Hohn zur Folge hat. Wie eilen nicht die Gedanken beim Hören des Wortes auf Flügeln der Sehnsucht zu den Unseren, die fern in der Heimat uns lieben, »ins vertrauen und auf unsre Wiederkehr hoffen. Big Charlcy, seine angezündete Pfeife behaglich in der einen Mundecke, hatte inzwischen seine Erzählung begonnen, und ich blieb stehen, um zu lauschen. Die Geschichte war nun nicht eben sehr erfreulich und gar nicht geeignet, das Herz mit Stolz zu er- füllen. In der Hauptsache galt sie ja nur einem armen Maulesel. Aber selbst Joe, der es sonst sehr genau nahm, hatte im allge- meinen nichts besonderes dagegen einzuwenden, und das war um so erstaunlicher, als er eine ausgesprochene Verachtung gegen alle Vierfüßler hegte. Es schien, als betrachte er das als unvereinbar mit seiner Würde als Seemann. Schlecht war er nicht— im Gegenteil. Er hat nie unserem Beppo einen Fußtritt gegeben, wenn dieser knurrend die Zähne fletschte, weil er ihm an seinen Freßnapf vor der Kambüsentür zu nahe kam. Er übersah ihn einfach. Aber nun lassen wir Big Eharley erzählen. —„Im Herbst 1887 musterte ich in New Aork auf dem „West Wind", einer dreimastigen Schonerjacht, für eine zweijährige Reise um die Welt. Es war das feinste Schiff, das mein Fuh je betreten hat, und der schmuckste Segler, der jemals aus dem Hafen gelaufen ist." Joe wandte sich um, als hätte er nicht recht gehört, während Deter und Göranson vielsagende Blicke wechselten. —„Die Schrauben von Nickelstahl, das Deck von Aellowpine, Schanzbekleidung, Kappen, Skylights und Deckhaus, alles von Poliertem Mahagoni. Und nun gar Masten und Takelwerk! Der Großbauin 72 Fuh lang und so dick, daß ich ihn nicht umspannen konnte. So machten wir denn auch Tag für Tag unsre 15 Knoten." „Als ich noch auf der„Mayflower" fuhr, waren wir einmal iauf Wache"— versuchte Joe einzuschalten, aber Big Eharley tat. als höre er nichts und fuhr fort: „Wir kamen an Bord, als sie eben nur mit den Untcrmasten von der Werft in Philadelphia heraufgeholt wurde. Damals schon hatte sie 350 000 Dollar gekostet. Und dazu noch die Einrichtung. Wir waren einundsechzig Mann Besatzung einschließlich des Kapitäns.. „Ich habe eine Reise gemacht, da waren wir siebenzig an Kord," fiel Göranson ein. Big Charleys Pfeife schien nicht mehr zu ziehen, und während er sie in seine offene Hand ausklopfte, aufs neue füllte und an- zündete, hatten die Kameraden gute Zeit, über allerlei Jachten zu verhandeln. Göranson erklärte sie für das Beste, was überhaupt auf dem Salzwasser schwimmt; er hatte auf mehreren gedient und muhte eS also wissen. Joe dagegen behauptete, daß Jachten für wirkliche Seeleute nichts wären.—„Ewiges Messingputzen, auf Wache sein und keine Freiheit," sagte er.„Auf meinem letzten Schiffe hatte lich einen Schiffskameraden, der eine Jacht verlassen muhte, nur «weil er in einem Restaurant ein paar Sauccnflecke in seiner Uniform mit Whisky ausgerieben hatte, so daß vielleicht ein wenig Spritgcruch zurückgeblieben war. Man dulde keine starken Ge- itränke, hatte der Kapitän gesagt, und so war's alle mit ihm." „War das ein Jrländer?" fragte Göranson. „Nein, aber ein Schwede," parierte Joe und führ fort:„Nüch- iernheit will man freilich haben, aber nur im Logis, für die Mann- lschaft. In der Kajüte, in der Messe und im Speisesaal, da nimmt man's nicht so genau." Peter, der Rostocker , war noch auf keiner Jacht gewesen und versuchte zu berechnen, wieviel 350 000 Dollars in Reichsmark aus- Machten. „Uebcr eine Million, Kreuz Donnerl" „Ja, über eine Million." wiederholte Big Eharley,„das will ich meinen, über eine Million. Und solch eine Jacht mit Besatzung Und allem instand zu btlten, das verschlingt täglich Tausende von Dollars. Darum gibt es auch nicht viele, die sich solch einen Luxus leisten können. Aber wenn einer sechzig Millionen Dollars auf der Bank hat, da kann er auch wohl„West Wind" bauen und, wenn er will, sie noch von vorne bis hinten vergolden lassen. „West Wind" war weiß, so weih, daß sie, als wir in den Haken kamen, von auhen mit Süßwasser gewaschen wurde, damit die Spritzer vom Salzwasser keine grauen Flecke hinterließen, und wenn selbst die Salzfl, cke grau erscheinen können, so muß ja die Wand weih sein wie die Brust eines Albatroh." „Was für Ladung»Mttet ihr?" fragte Peter. „Ladung?— Kerl, bist Du aber noch grün!" fiel Göran» son ein._ Derantw. Redakteur: Nicht rd Barth, Berlin.— Druck u. Verlag: „Nein. Ladung hat man niemals auf einer Jacht," sagte Big Eharley belehrend.„Die dient nur zum Vergnügen. Ist man Besitzer einer Jacht, so ladet man seine besten Freunde zu einer Reise um die Welt ein, genau so wie Du uno ich unsere Bekannten an einem schönen Sonntagnachmittag zum Segeln einladen. Man iht, schläft, ruht in bequemen Sesseln und liest Bücher, oder man promeniert auf Deck auf den allerfeinsten Tauwerksmatten. Man sieht alles Sehenswerte in allen Häfen der ganzen Welt, und alles, was man sieht, wird photographiert. Man segelt, wenn man Wind und Lust hat, und liegt vor Anker, wenn's einem behagt. Man bittet die Leute vom Festlande zu Mittag, wo dann vierzehn- mal die Teller gewechselt werden müssen und wo vor jedem Gast eine lange Reihe von Weingläsern steht, weihe und grüne und rote. Und ist das Mittagessen vorüber— bei vornehmen Leuten endet der Mittag immer erst bei Nacht—, so geht man auf Deck, und da ist denn die ganze Jacht illuminiert. Hast Du eine Ahnung, Rostocker, was es sagen will, wenn eine amerikanische Jacht illuminiert ist? Du denkst nun wohl an Papierlaternen oder Bluelights?— No, Sir! Das ganze Fahrzeug von Steven zu Steven und von den obersten Topps bis zur Wasserlinie herunter ist wie ein einziges elektrisches Licht. Jedes Stag und jedes Pardun ist dicht besetzt mit kleinen elektrischen Lampen, zu Tau- senden dicht aneinander gereiht." lFortsetzung folgt.) kleines f euilleton. Biologisches. Wer weiß, wa« das noch werden mag? Die Natur- forscher find schon seit geraumer Zeit zu der Ueberzeugung gelangt, daß es eine leblos« Welt im Gegensatz zur sogenannten Lebewelt eigentlich nicht gibt. Auch die Stoffe, aus denen sich die Mineralien und Gesteine zusammensetzen, werden durch Naturkräste derart in Bewegung erhalten, daß man ihnen in gewissem Verstände ein Leben zuerkennen muß. Die Grenze zwischen leblosen und anorganischen Stoffen ist nun durch die verblüffenden Entdeckungen über die Be- fruchtung von tierischen Eiern durch einfache chemische Lösungen weiterhin in Frage gestellt worden. Damit noch nicht genug, wollte schon vor einiger Zeit der englische Naturforscher Butler Burke aus Cambridge am Radium gewisse Lebenseleinente nachgewiesen haben, denen er den Namen Radioben beigelegt hat. Jetzt findet er einen Bundesgenoflen in dem Franzosen Raphael Dubais, der vor der Pariser Akademie der Wissenschaften einen eigenartigen Vortrag über die Grenzen de? Lebens gehalten hat. Auch für ihn ist daS Leben mit der tierischen oder pflanzlichen Zelle nicht zu Ende, sondern setzt sich gleichsam nach unten hin in den Teil der Welt fort, den man bisher für unbelebt gehalten hat. So will er die physiologische Entstehung des LichlS durch besondere Lebenseinheiten erklären, die er als Luciferase bezeichnet. Sodann aber hat er auch an einem mineralischen Körper wie dem gewöhnlichen Chlorbarium eine sonderbare, an daS Verhalten von Lehewesen erinnernde Erscheinung bemerkt. Wenn ein Stückchen dieses Minerals auf eine Oberfläche aus Gelatine gelegt wird, so wandert eine unzählige Menge winziger Körperchen, deren er in wenigen Minuten bis zu 122 500 gezählt hat, aus dem Mineral in die Gelatine hinein. Dubais will sie nicht direkt als lebendig bezeichnen, weist aber auf die Sehnlich- keit ihrer Bewegungen mit lebenden Körpern hin. Hygienisches. Gesundheitsschädlicher Zitronensaft. Der in den letzten Jahren immer mehr um sich greifende Verbrauch von Zitronensaft hat zu einer fabrikmäßigen Herstellung des SasteS ge» führt. Der Saft ist wenig haltbar, er neigt zur Schimmelbildung und Gärung, wobei die Zitronensäure vorwiegend in Essigsäure und Weinsteinsäure umgewandelt wird. Die Sterilisation durch Pasteurisierung scheim im Großbetrieb nicht durchführbar. ES wird daher dem Safte zur Konservierung 8— 10 Proz. Alkohol- oder Ameisensäure hinzugefügt. Die dem Zitronensaft zugesetzte Menge von Ameisensäure scheint zwischen 0,2—0,3 Proz. zu liegen. Ein Drogist war wegen Feilhaltung eine» Zitronensaftes, der 0,24 Proz. Ameisensäure enthielt, angeklagt. Der GerichtSarzt und das Medizinalkollegium hielten diesen Zusatz für geeignet, die menschliche Gesundheit zu schädigen. Die wissenschaftliche De» putation für das Medizinalwesen, die nmnnehr lim Erstattung eines Obergutachtens angegangen wurde, betonte, daß die Wirkung der Ameisensäure sich nicht von der anderer or» ganischer Säuren, von Essig- und Milchsäure, die auch in konzentrierter Form eine Verätzung bewirken, unterscheide. Der Zitronensaft wird aber nicht rein, sondern in einer Verdünnung mit der 5— lOfachen Wassermenge als Limonade genossen. Bei der Ver- Wendung als Küchengewürz dürfte die Verdünnung meist noch größer sein. Dre Deputation gab daher ihr Gutachten ab, daß ein Zusatz von 0,24 Proz. Ameisensäure zum Zitronensaft, der infolge seines hohen Säuregehaltes in der Regel nur in starker Verdünnung ge» nossen wird, als gesundheitsschädlich nicht anzusehen ist. Die Deputation will aber damit eine allgemeine Verwendung � der Ameisensäure als Konscrbierungsmittel durchaus nicht für zulässsg erachten.________ vorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanjtalt PaulS>ngerz:Co.,Berlin SW.
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28 (28.11.1911) 230
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