Anterhaltungsblait des Vorwärts
Nr. 241.
22]
Mittwoch den 13. Dezember.
Rasdruck verboten.2 met
Die Madlen aber fam vom Schlüssel her und reichte dem Findling einen Trunt. Dieweil dieser Bescheid tat, sprang der Funken aus neue. Aber diesmal her- und hinüber. Reines blieb dem andern etwas schuldig. Sie zahlten mit gleicher Münze.
Doch als dieser Sonntag zum Montag wurde, brannte das Feuer und der Findling begann zu seufzen. Aber am Abend wurde ihm dann wohliger, wenn er mit den andern, die im Spiel waren, singend durch das Städtlein 30g. Im besonderen tat ihm dann jedesmal der Trunk gar wohl, mit dem die Madlen im Schlüssel aufwartete.
So drückte sich der Bursch einige Wochen zwischen Hangen und Bangen herum und bekam öfters Herzklopfen vor erliebtheit.
Der Hirschenwirtsbub, der auch ein Aug oder vielmehr seine beiden Augen auf die Madlen geworfen hatte, fand bald heraus, daß der Findling auf seiner Fährte ging und der Madlen nachlief. Dies gefiel dem Wirtsbuben nun nicht zum besten, denn auch bei ihm zu Hause redeten sie, daß er die Madlen einmal heiraten solle.
Darum setzte sich der Zukünftige der Madlen in die Wirtsstube des Schlüssels und wartete den Findling ab, um ihn zu blamieren.
Am selbigen Tag hatte die Post aber der jungen Madlen, die in letter Beit auch viel feufzte, einen dicken Brief gebracht. Die Handschrift auf dem Umschlag war diejenige der Pflegschwester des Findlings, der Madlen der Liesi aus dem
Waldhüterhaus.
Die Briefe selbst aber waren vom Findling geschrieben und ein Liebesfeuerwert, wie Gutenburg noch feins gesehen hatte. Das praffelte und sternschnuppte vor Liebe und heißer Riebesfurcht, daß der Madlen bange wurde.
Am Abend jaß der ahnungslose Findling, der weder von dem Briefe noch von der Eifersucht des Wirtsbuben wußte, mit seinen Genossen im Schlüssel.
Da stichelte der Hirschenwirtsbub. Der Findling achtete dessen nicht. Er hatte besseres zu tun. Denn die Madlen untersuchte wieder einmal den Unterschied zwischen den beiden Burschen. Doch tat sie dies hauptsächlich beim Findling. Und der Findling half ihr dabei.
Da wurde der Hirschenwirtsbub wütend, als er das unaufhörliche Liebäugeln der Madlen mit dem Findling sah. Der aufgelesene Bankert war deshalb dem Wirtsbub weniger ein Dorn, als schon mehr ein gewaltiger Balken im Aug. Darum schrie er wütend:
Die Herrgottsakramenter!"
Da kam der alte Hirschenwirt. Herein. Alsobald tuschelte sein Sohn mit ihm. Nachher begann der Alte seine Kunst. Er wollte einmal den frechen Dachs, diesen Bankert, der für Gutenburg schon mehr als nur frech war, ducken.
Du Findling!" rief er den in verächtlichem Tone an. Der Findling gab keine Antwort. Der Hirschenwirt rief da wieder:
Du Findling, Du vermaledeiter, so horch doch einmal!" Da stieg dem Burschen der Born in die Wangen und Scham und Groll verbitterten ihn. Aber er wollte nicht zeigen, wie weh ihm war. Darum antwortete er hochmütig: Wißt Ihr nicht, Hirschenwirt, daß ich Viktor Fürchtemich Unbekannt heiße? Also drei Namen habe und den bierten nicht brauch? Wenn Ihr es nicht gewußt habt, so merkt Euch das!"
Damit stand der Findling auf und legte ein Geldstid auf den Tisch.
Der Hirschenwirt rief da verwundert:
Jegt hör aber doch einmal einer diesen Herrgottfakramenter an!"
Die Madlen bekam rote Wangen. Sie rief hinter dem Schenktisch hervor so laut sie konnte, und ein rasches Feuerlein blizte in ihren Augen auf:
1911
merkten nicht, daß die Verteidigerin, ohne es zu wollen, das gleiche gesagt hatte, was sich der Bursch verbeten.
Als der Findling ging, schlüpfte die Madlen rasch durch das Schenktürlein in den Hauseingang. Da traf sie mit dem Findling zusammen. Und da dachte sie wieder an die Briefe, und weil es dunkel war und sie zu verliebt, nahm sie den überraschten Viktor Fürchtemich um den Hals und füßte ihn. Und er füßte sie und beide wurden beinahe verrückt vor Glückseligkeit. Wie das ja so ist bei jungen Luten in diesen Läuften.
Da ging wieder die Tür von der Stube her auf, und ehe der Bursch wußte, wie ihm geschah, war er auf der Straße, und die Madlen rasch wieder in die Stube gehuscht. Aber in seinem Glücke brannten ihn die Küsse immer noch auf den Lippen, und heute seufzte er nicht wie andere Tage.
Als er der Riesi zuschritt und vor dem Ort draußen war, bald zu Hause, wurde er von hinten angepadt. Da er Brügel bekam, prügelte er wieder. Mitten in der Schlägerei erkannte er den Wirtsbuben vom Hirschen. Da schlug er doppelt kräftig und hatte es bald so weit gebracht, um stille nach Hause zu kommen.
Der Wirtsbub aber jammerte, zerschlagen, seinem Bater seine Liebsnot. Da meinte der:
Geduld Dich, noch ist nicht aller Tage Abend!" Im Waldhüterhaus erwartete die Tochter der Liesi, die andere Madlen, den Viktor Fürchtemich, ihren Pflegbruder. mit neugierigen Augen und rotem Köpflein fragte sie: ,, Hat Dir die Madlen im Schlüssel was gesagt?" Da erzählte der Findling der anderen Madlen seine Liebesgeschichte. Die Madlen horchte und freute sich.
Und als sie allein war, dachte sie nach. Und da fand sie,
daß es doch eine eigene Sache sei, wenn der Bruder vor Verliebtheit Briefe schreibe, diese aber nicht absende, sondern vorsichtig zu Hause behielt. So hatte der Findling getan. Sie aber hatte für weiteres gesorgt. Und nun, da alles recht und schön gekommen war, gab es der Schwester des Bruders doch ein kleines Stichlein in das Herz und etwas wie Eiferfucht wallte auf.
Aber seufzend unterdrückte sie das alles. Doch rechnete sie sich, als die Hähne krähten und sie die ganze Nacht recht gründlich darüber nachgedacht hatte, aus, daß es eine heikle Sache sei, den Bruder zu verlieren, wenn dieser Bruder auch nicht eigentlich ein rechter Bruder war. Die Revolution der Töchter, die Waldhüter. madlenim Schlüssel und wasdem Simonblieb. Das„ Lieber Herrgottspielen", das die Madlen aus dem Waldhüterhaus in der Duselei vom Findling mit der Madlen vom Schlüssel betrieb, blieb selbstverständlich der Schlüsselwirtstochter fein Geheimnis. Denn die verliebten Leut finden feit ältesten Tags alles, was mit ihrer Seligfeit nur ein wenig zu tun hat, von allergrößter Wichtigkeit.
Darum wurde die Madlen im Schlüssel ganz versessen darauf, der Madlen der Riesi näherzukommen. Sie empfand so ein fleines Freundschafsgefühl wie einen Abglanz ihrer Liebe zum Findling. Gefannt hatte sie die Waldhütermablen schon von Kindesbeinen an. Aber die Madlen der Ziesi war armer Leute Kind, darum lief sie den gestrengen Schulmeister von Gutenburg unterm Stock herum. Die Madlen vom Erhard aber ging den Schulweg der besseren" Reute von Gutenburg nach der nahen Amtsstadt und war eine höhere Lochter. Dann auch hatte man im reichen Schlüsseltvirtshaus feinen absonderlichen Wert darauf gelegt, mit geringen Beuten zusammenzukommen. Diese Sorte fam nur dann in Betracht, wenn der Wein nicht groß geraten wollte. Dafür waren derlei Leute immerhin gut.
Die Schlüsselmadlen erfragte hier und dort etwas über die andere Madlen. Da hörte die verliebte Maid bald dieses und bald jenes. Und alles zusammien machte eine Sünde ihres Vaters aus und drückte die Madlen der Liesi in ein anderes Licht.
Die verliebte Schlüsselwirt& madlen hatte an dieser Ergründung immerhin ein wenig zu schnappen. Ganz und gar wollte sich ihr Vers während der ersten Tage nicht reimen. Da lachten alle auf. Nur der Findling und die Madlen Aber dann ging das doch zusammen, was so sein mußte. Die
Recht hat der Findling!"