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Liebe ist eben eine große Wetterhere, die fann gerade das alles, was sie will, und hart macht sie weich und unmögliches möglich. In Gutenburg traf sich seit Jahren immer, wer sich treffen wollte. Darum fand die eine Madlen den Weg zur andern. Und bald waren die beiden Madlenen gute Freun dinnen.

Junge Mädchen hatten von jeher Ideen, die niemals zum Lied gehörten, welches die Alten singen. Darum fand die eine Madlen, es wäre zu schön, immer jemand um sich zu haben, mit dem man reden könne.

Dieses Reden" war nun nichts anderes als der Anfang und Ende der eine wie der anderen der Madlen. Denn die eine war sein Schatz und die andere seine Schwester, die sich gar sehr um das Wohl des Bruders verwendete.

In der Schliffelwirtsstube saß der Erhard in breiter Behaglichkeit an einem Tisch und fürfelte sein Schöpplein vom Besten, den er im Keller hatte. Er tat dies mit der Würde eines Mannes, der das Kommende in Ruhe des Gemütes erwartete und sich das auch leisten konnte. Da sagte die

Madlen:

Bater, ich möcht jemand um mich haben; es ist mir lang­weilig so."

Der Schlüsselwirt ließ sich weiter nicht anfechten. Er trank ruhig erst sein Glas aus. Dann sagte er: led an

Go, 101"

Die Madlen aber verlegte sich auf das Argumentieren, was sie nur in figlichen Fällen tat:

" Es ist auch wegen der Wirtschaft, Vater; es ist doch einmal zu biel für mich."

Da horchte der Schlüsselwirt auf. Daß jest etwas nicht Alltägliches fam, wußte er. Denn er fannte sein Töchterlein zur Genüge. Die fragte sonst nicht viel. Sie tat, was sie wollte, und er mußte Amen sagen. Darum begann er sich zu wehren, ehe er wußte, womit ihm sein Kind zu Leibe wollte: Du hast ja die Mägde, Madlen, was willt Du da mehr? Das ging doch bis jetzt auch, denk ich."

La gab die Madlen Schnellfeuer; Haubigen und Gra­naten sprühten ihre Augen.

Aber es geht so nicht weiter!" warf sie dem Schlüsselwirt beleidigt und schnippisch an den Kopf.

Da hielt der Erhard, der reiche mächtige Schlüsselwirt, der sogar jett Bürgermeister werden wollte, die Zeit zum Rückzug gekommen. Diesem Feind war er nicht gewachsen: So mach, was Du willst, Madlen!"

Aber seine gute Ruhe fam noch nicht zurück. Denn er sah, daß noch lange nicht alle Flinten losgegangen waren und die Madlen noch mehr Truppen in Reserve hatte. Die Tochter stand nämlich immer noch gleich unzufrieden da, und das Wetterwölfchen auf ihrer Stirn war immer noch kraus.

Was willst Du denn noch?" fragte der Vater. " Nichts mehr weiter, aber wundert Dich nicht, wen ich haben möchte?"

Da schaute der Erhard vom Schlüssel doch auf. Seine Unruhe wuchs. Er ahnte nicht das beste. Mit einem Seufzer fragte er: Wer ist's denn?" Da blies seine Tochter zum Sturm. Alle Mannschaften sandte sie vor; jekt mußte die Festung genommen werden, unter allen Umständen.

Die Madlen vom Waldhüter Simon ist's."

Da lag der Schlüsselwirt auf dem Rücken. Das heißt, er faß immer noch auf seinem Stuhle, sperrte Augen und Mund auf und wußte nicht, wie ihm war; denn seine Seele lag auf dem Rücken.

Da freute sich die Madlen schon und glaubte, die Festung genommen zu haben. Aber noch hatte der Feind einige Kraft im Hinterhalt.

" Heiliges, siedigheißes Donnerwetter, jezt bist Du wohl ganz verrückt geworden, Madlen!"

( Fortsetzung folgt.)

Hus Perfiens Vorzeit.

Von H. Singer.

Wieder wird von den Politikern ein baldiges Erlöschen des Berjerreiches angekündigt unter Hinweis auf den Vormarsch der Ruffen auf Teheran   und den englisch  - russischen Vertrag vom 31. August 1907, der mit seiner Bergliederung Berjiens in eine jüde liche englische und eine nördliche russische Interessenzone der Vor­tote auch der politischen Aufteilung des uralten Reiches gewesen sei. Ob die Dinge wirklich schon so weit gediehen sind, mag dahin­gestellt bleiben. Aber ein in der Tat uraltes Reich ist mit der Ausmerzung von der Landkarte bedroht. Selbst wenn man seine

Geschichte erst mit dem Auftreten des Khros, 550 v. Chr., beginnen läßt, so hätte es fast Jahrtausende überdauert, häufig zwar der Fremdherrschaft verfallen, aber doch immer wieder die Selb  bildungen und Kulturen auf dem Boden des heutigen Persien   ge ständigkeit erringend. Indessen hat es schon vor Khros Reichs geben. Freilich wiffen wir noch nicht viel Sicheres darüber, doch mag dieses Wenige hier vorgeführt werden.

Die Geschichte Babyloniens   weiß von einem langen Ringen mit einem östlich davon liegenden Nachbarstaat, mit Glamı, zu er­zählen. Die Erwähnungen Glams in den babylonischen Inschriften gehen bis tief ins dritte vorchriftliche Jahrtausend zurüd, und dieses Elam lag auf persischem Boden; sein Kern war das heutige Arabistan, das altpersische Sufiana mit dem ehrwürdigen Susa  als politischem und religiösem Mittelpunkt. Bald war Elam der unterliegende Teil in jenem Ringen und damit eine Broving bon Babylon, wie z. B. drei in Sufa ausgegrabene schwarze Stein­fäulen mit den Gesezen des Babyloniertönigs Hammurabi( um 2200 v. Chr.) zu beweisen scheinen; bald war Elam der Sieger und herrschte in der einen oder anderen Form über Babylon  . Gelegent­lich wird ein Elamit als König von Babylon   erwähnt, so noch um 1000 v. Chr. Inzwischen war eine neue Macht in Vorderafien emporgekommen: Assyrien  , und nun kämpfte dieses mit Glam um den Besiz Babylons  . Hierbei blieb schließlich Assyrien   der Sieger. Der über Babylon   herrschende Assyrerkönig Assurbanipal   eroberte Glam und zerstörte 649 v. Chr. dessen Hauptstadt Susa  . Damit verschwand Elam als selbständiger Staat für immer aus der Ge­schichte. CSINO

Räumlich betrachtet war Glam cin Vorgänger des persischen Staates. Daß es bis zum Persischen Meerbusen gereicht hat, weiß man daraus, daß seine Könige die bekannte Hafenstadt Buschir  gegründet haben. Beitweise wenigstens muß es auch den mittleren und östlichen Teil Frans umfaßt haben; denn fo fagt Sugo Windler mit Recht es wäre sonderbar, wenn die elamitischen nönige, deren Heere im Kampfe mit Babylon bis ans Mittelmeer  vordrangen, nicht auch nach Osten die Grenzen des Stammlandes überschritten hätten.

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An positiven Nachrichten über das Elamiterreich fehlt es noch fehr. Vielleicht daß die Ausgrabungen in Sufa noch mehr In schriften zutage fördern. Assurbanipal gibt in seinem Siegesbericht über die Zustände zur Zeit der Eroberung einigen Aufschluß. Damals war Elams Kultur schon sehr stark durch die babylonische beeinflußt. Die Tracht, die Kunst, die Schrift waren babylonisch. Deshalb verraten uns die elamitischen Inschriften nichts über die Bugehörigkeit der elamitischen Sprache, und damit auch nichts über Herkunft und Rasse soweit man aus der Sprache überhaupt einen verläßlichen Schluß auf die Nassezugehörigkeit ziehen darf. Es wird behauptet, Glams Bevölkerung sei in affyrisch- babylonischer Beit start mit" semitischen" Elementen durchjezt gewesen. Aber damit ist nichts anzufangen; denn semitisch ist kein Raffebegriff, sondern ein rein sprachlicher. Einige Eigentümlichkeiten hatten bie Glamiter sich freilich noch aus ihrer ursprünglichen Kultur bis auf die Zeit ihres Unterganges bewahrt. Susa  , persisch Schuschan, mar der religiöse Kultmittelpunkt von Glam, und dort lag in einem heiligen Hain   das Heiligtum der orakelnden susäischen Göttin Schuschinat. Und dieser heilige Hain   ist allerdings etwas, was aus den üblichen alten und vorderasiatischen Anschauungen und religiösen Gebräuchen völlig herausfällt. Eine andere elamitische Eigentümlichkeit ist der Lastwagen, während die Assyrer nur Kriegswagen tannten und benutten. Das erinnert an Indo­germanen. Ferner ist die ursprüngliche Hauptwaffe der Elamiter Bogen und Pfeil, nicht Lanze und Schwert. Aber aus diesen Eigentümlichkeiten allein läßt sich für die Herkunft der Elamiter nichts ableiten.

Vor einem Jahrzehnt hegann der Archäologe J. de Morgan im Auftrage des französischen   Unterrichtsministeriums mit neuen Forschungen in dem Erdhügel von Sufa, die er seither mit Unter­brechungen fortgeführt hat. Man weiß aus den Erfahrungen in Babylonien   und anderwärts, daß in Borderafien die Trümmer­ftätten feineswegs nur Städte darstellen, die in geschichtlicher Beit entstanden und zerstört worden sind, sondern daß da schon prä­historische Siedelungen vorhanden waren. Je tiefer man in diesen Hügeln( Tells  ") vordringt, um so ältere und primitivere Kultur­schichten pflegt man zu finden. Für den Hügel von Susa   hat sich dasselbe ergeben. Freilich find diese Trümmerschichten im Berlauf des langen und schicksalsreichen Bestehens der Siedelung, d. h. bei der Zerstörung und noch mehr beim Wiederaufbau, oft durchein­ander gewühlt worden, so daß die Zeitbestimmung der Funde sehr schwer wird. Immerhin ergibt sich viel Interessantes. Nachdem er schon früher Rekognoszierungsschächte in den Hügel hinein getrieben hatte, legte de Morgan 1908 in einer Tiefe von 28 Meter Teile des ältesten Susa frei. Daß sie zur ältesten Siedelung ge= hörten, ging daraus hervor, daß man heute unter diesen Trüm­mern gleich auf Grundwasser stieß. Es waren Reste einer Stadt­mauer vorhanden, und außerhalb der Mauer lag ein anscheinend mit ihr gleichaltriger, aus der Bronzezeit stammender Friedhof mit 500 Gräbern. De Morgan führt ihr Alter bis etwa auf das Jahr 5000 b. Chr. zurück. Neben dem Haupte jedes Toten lagen die Ge­räte, die man ihm beigegeben hatte. Ferner fanden sich in jedem Grabe Gefäße von ziemlich fortgeschrittener Technik. Die Männer­gräber enthielten auch fupferne Gegenstände, und die Frauengräber eigentümlich geformte tönerne Hörnchen, die mit Schminke gefüllt gewesen sein dürften. Man fchien die Toten in ihrer Kleidung oder