Man hat später die allmähliche Dichtezunahme noch schiedenste Weise zu berechnen versucht und ist stets a Erddichte von 9,5-11,1 gekommen. Demgegenü

andere Theorien, die überhaupt von einer gleichmäßigen Zunahme absehen und eine ziemlich sprunghafte Erhöhung der Dichte un­mittelbar unter dem Steinmantel annehmen.

Vorher gilt es einen Blick auf die Temperatur des Erd= inneren zu werfen. Daß in Bergwerken eine merklich höhere Temperatur herrscht, als auf der Erdoberfläche, ist eine allgemein betannte Tatsache. Für wissenschaftliche Folgerungen brauchbar sind aber nur die Beobachtungen, die man in Bohrlöchern angestellt hat. Solche Tiefbohrungen, wie sie meist im Interesse des Berg­baues vorgenommen werden, führen uns zurzeit mehr als zwei Kilometer in die Erdkruste  .

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Um aus den beobachteten Temperaturen Schlüsse auf die Wärmezunahme nach dem Erdinneren zu ziehen, wählt man folgen­des Verfahren: Ausgehend von der Oberflächentemperatur am besten einem Mittelwert aus langjährigen Beobachtungen be­rechnet man zunächst die Bodentemperatur in 0 Meter Meeres­höhe. Diese Bodentemperatur wird von der im Bohrloche ge­fundenen höchsten Temperatur abgezogen, und schließlich wird die betr. Bohrlochtiefe durch die gefundene Temperaturdifferenz divi­diert. Das Ergebnis, die geothermische Tiefenstufe", gibt dann an, wieviel Meter man in die Tiefe gehen muß, um eine Temperaturzunahme von 1 Grad Celsius zu finden.

Wir verfügen zurzeit bereits über eine ganz erkledliche An­zahl von wissenschaftlich brauchbaren Angaben der geothermischen Tiefenstufe, aus denen man als allgemeinen Mittelwert etwa 33 Meter annehmen darf. Die beträchtlichen Schwankungen in den Einzelfällen haben die verschiedensten Ursachen: Art, Lagerung, Bergfeuchtigkeit der Gesteine, chemische Vorgänge, abkühlende Nach­barschaft u. a. Am besten dem allgemeinen Mittelwert entsprechend sind die Ergebnisse des Bohrloches von Sperenberg  ( Berlin  ). Dieses ist 1271,72 Meter tief, zeigte bei 1063,95 Meter 46,5 Grad. Es ergab sich als Tiefenstufe 33,7 Meter.

Es ist für uns nun die bedeutsame Frage: Darf man den Betrag der geothermischen Tiefenstufe benußen, um daraus die Temperatur des Erdinneren zu berechnen? Es ist ja sehr verlockend, die Progression einfach fortzusehen, indem man sagt: auf 33 Meter Tiefe kommt i Grad Celsius Temperatur­erhöhung, also auf 33 Kilometer 1000 Grad, 3300 Kilometer 100 000 Grad, auf 6300 Kilometer, also den Erdmittelpunkt, fnapp 200 000 Grad. Aber abgesehen von dem Wagnis, von dem 3000. Teil einer Kurve, den man wirklich beobachtet hat, auf ihren Gesamtverlauf zu schließen, ergeben sich eine Menge schwerer Bedenken. Schon die Erfahrung, daß bei steigender Temperatur die Wärmeleitungs­fähigkeit der Gesteine abnimmt, mahnt zur Vorsicht. Immerhin kommen verschiedene hervorragende Gelehrte auch heute noch zu und im ganz ungeheuren Zahlenangaben. So nimmt A. Ritter- Anschluß an diesen auch S. Günther und Svante Arrhenius  - eine zentrale Erdtemperatur von etwa 100 000 Grad Celsius an, wobei es auf einige zehntausend Grad mehr oder weniger nicht an­tommt".

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Gegen diese Theorie wendet sich Thiene mit folgendem Ein­wurfe: Unter folchen Verhältnissen müssen alle irdischen Körper ihre kritische Temperatur weit überschritten haben, d. h. sie sind troß eines im Erdkern angenommenen Drudes von 3 Millionen Atmosphären gasförmig. Gasförmige Körper können nicht nach dem spezifischen Gewicht gesondert sein; eine solche Sonderung ist aber innerhalb der Erde vorhanden, also tann die kritische Tempe­ratur der Gesteine im Erdinnern nicht überschritten sein. Da nach Guldberg die kritische Temperatur für Kupfer 3900 Grad, Blei 2000 Grad, Eisen 5200 Grad, Platin 7000 Grad ist, so ergeben fich als Grenzwerte für die Erdtemperatur einerseits die Schmelz­temperatur der Gesteine( 2000 Grad), andererseits die höchste tritische Temperatur irdischer Stoffe( etwa 10 000 Grad). Von fast allen Gelehrten, die sich mit dem Problem der Erd­wärme beschäftigt haben, ist als selbstverständliche Vorausseßung angenommen worden, daß die gegenwärtig vorhandene Wärme­summe im Erdinneren ein Rest der ursprünglichen Ballungs­wärme sei, und daß dieser Vorrat durch fortgesette Abgabe an den Weltenraum eine konstante Abnahme erfährt. Nun haben aber bie letzten Jahre eine neue Wärme- und Energiequelle kennen ge­fernt, die uns noch mancherlei Ueberraschungen bringen wird; das sind die radioaktiven Substanzen.

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rinde zu, bis zu welcher Tiefe, wissen wir nicht; der Maximu betrag wird zwischen 2000 Grad und 100 000 Grad angegeben. Suchen wir uns nun über den Aggregatzustand des Erdinneren eine Vorstellung zu bilden! Die älteren Forscher leiteten aus der Kant- Laplaceschen Theorie wohl meist die An nahme eines glühendflüssigen Kernes ab. So z. B. Alexander v. Humboldt in seinem berühmten Kosmos":" Der Kern der Erde wird als in feurig- flüssigem Zustand gedacht."" Ist das Erd­innere flüssig, wie im allgemeinen nicht zu bezweifeln ist, da trob des ungeheuren Druces die Teilchen doch verschiebbar bleiben, so sind in dem Erdinnern dieselben Bedingungen enthalten, welche an der Erdoberfläche die Flut des Weltmeeres erzeugen." Die An­nahme einer Flüssigkeit im gewöhnlichen Sinne des Wortes hielt So wies z. B. aber vor physikalischen Erwägungen nicht stand. A. Ritter auf die bekannten Geseze von Gay- Lussac   und Ma­Voraus­freilich sehr fragwürdigen riotte hin. Unter der sehung, daß diese Gefeße bis zum Erdinneren gelten, kommt Ritter zu dem Ergebnisse, daß der Erdfern bei einem Drud von 31 560 Millionen Kilogramm und einer Temperatur von 103 400 Grad aus einem ungeheuer verdichteten Gase bestehe, in dem alle Körper in ihre Grundstoffe aufgelöst sind.

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Aehnlich schließt auch der ehemalige Königsberger Geographie­professor Karl Zöpprit( 1838-1885): Wenn auch die oben­genannten Geseze nicht ohne weiteres für alle Temperaturen und Druckverhältnisse anzunehmen sind, kommt man doch auf eine Erdhiße von mindestens 20 000 Grad, bei der ebenfalls alle Stoffe mur gasförmig existieren können. Aber durch den gewaltigen Druck sind die kleinsten Teilchen einander so genähert, daß ihre freie Be­weglichkeit aufhören muß, so daß man die Masse ebensogut als starr bezeichnen kann. Erst nach Aufhebung des Drucks reagiert fie als Gas.

Siegmund Günther   weist vor allem auf die ganz allmäh­lichen Uebergänge von der Erdrinde bis zum Kerne hin:" Im Innern der Erbe sind alle überhaupt denkbaren Aggregatzustände zwischen nahezu totaler Starrheit und absoluter Diffoziation vor­handen, und zwar gibt es keine wie immer beschaffenen Trennungs­flächen." Es bleibt also auch für den Erdfern die Möglichkeit offen, daß er fest ist.

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Biel   Aufsehen erregten die Ausführungen des Göttinger Pro­fessors E. Wiechert, der auf ganz anderem Wege zu der An­nahme eines starren Erdkernes fam. Er beobachtete, daß die Er­schütterungen der Erde durch ein fernes Erdbeben stets auf seinem Meßinstrument( Vertikal- Seismograph) eine merkwürdige Folge bon Wellen darstellten, nämlich einen 1. Vorläufer" mit kurzen Wellen, einen 2. Vorläufer" von ähnlichem Ausmaß, dann erst die Hauptwellen". Je ferner der Herd, um so mehr zieht sich dieses Wellenbild in die Länge, so daß man daraus ziemlich sicher die Entfernung des Bebens beurteilen kann. Ueber die Bedeutung der drei Phasen ist man noch geteilter Meinung. Unzweifelhaft laufen die Hauptwellen wie die Meereswogen auf der Erdoberfläche entlang. Die Vorläufer aber kommen mehr von unten herauf"; sie laufen nach Wiechert direkt vom Herde nach der Beobachtungs­station, und zwar die ersten Vorläufer als Längswellen, die zweiten als Querwellen. Jedenfalls müssen die Wellen zum Teil wir sie von den fernsten Herden, z. B. von Samoa  , erhalten Erdinnere durcheilen. Dieses muß also sowohl Volumelastizität" als Formelastizität" haben, mit anderen Worten: es muß fest sein. Genauere Berechnungen ergaben, daß die Geschwindigkeit der ersten Vorläufer zirka 8 Kilometer in der Sekunde ist; sie steigt in 1500 Kilometer Tiefe auf etwa 13 Kilometer, geht dann aber wohl wieder auf 10 Kilometer herab. Für den zweiten Vorläufer find die Zahlen 4, 8 bezi. 6 Kilometer. Aus diesen Angaben kann man Schlüsse auf die Elastizität und Zusammendrückbarkeit des Erd­materials ziehen; und es ergibt sich, daß letztere in den Tiefen noch 4% 4% mal fleiner ist, als die des Stahls unter gewöhn lichen Verhältnissen. Auf Grund dieser Erwägungen kommt Wie­chert zu dem Ergebnisse: Die Erde hat einen Steinmantel von 30-40 Kilometer Dice  ; darunter ist eine plastische Zone, wo die Massen zwar nicht völlig flüssig sind, aber eine erheblich größere Nachgiebigkeit gegen Formberänderungen befißen, als die Rinde. Von 1500 Kilometer Tiefe an beginnt ein starrer, homogener Kern mit einer mittleren Dichte von 8, so daß man schließen darf, er bestehe hauptsächlich aus zusammengepreßtem Eisen.

Radium ist nachgewiesen in allen untersuchten Quellen, in der Luft unterirdischer Räume, in tonigen Bodenproben, in Urgesteinen und Eruptivgesteinen. Die Erzgebirgsgranite erwiesen sich fünf­mal so stark radioaktiv als ihre Schieferhülle. Würde in jedem Kubikmeter der Erdkugel 1/5000 Milligramm radioaktiver Substanz enthalten sein, so würde nach Rutherford   und Liebenow die er­zeugte Wärme hinreichen, um den durch Strahlung erzeugten Ver­Luft an Ballungswärme gerade auszugleichen. Elster und Geitel fanden aber in 1 Kubikmeter Wolfenbütteler   Gartenerde% Milli­gramm radioaktiver Substanz. Wären solche Mengen im Erdkörper gleichmäßig verteilt, so fämen wir zu dem sonderbaren Ergebnis, daß die Erde immer heißer würde. Da hierfür aber keine tat­sächlichen Beweise vorliegen, so bleibt nur die Annahme, daß die Mirkung des Radiums sich auf eine äußere Schale beschränkt, die nach v. Wolff zwischen 20-300 Kilometer Dide gesezt werden tann. Es ist troßdem nicht ausgeschlossen, daß der Erdkern Radium Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin  . Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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Wie sehr die Meinung der Gelehrten schließlich auf einen Streit um ein Wort hinausläuft, möge endlich Arrhenius  zeigen. Arrhenius   schließt aus den Erdbebenstößen, daß die Erd­rinde etwa eine Dide von 50-60 Kilometer habe und daß das Innere gasförmig" sei. In einem anderen Werke sagt er, daß die Starrheit der Erde zwar eher größer als geringer wie die von Stahl sei, daß aber ihr Inneres eine äußerst zähflüssige Masse bilde, die etwa die Eigenschaften von Asphalt bei niederer Temperatur, von Pech, Siegellack oder Glas besitze." Keine unserer landläufigen Bezeichnungen für die Aggregatzustände vermag die Eigenschaften auszudrücken, die dem Erdkern innewohnen. Und wenn wir das Ergebnis zusammenfassen wollen, so ist es etwa folgendes: Die Erdfruste ist von unbekannter Dide; das Erdinnere ist heiß, dicht, starr und aus Echwermetallen zusammengesezt.