ihm über die schimmernde Eisfläche dahinzufliegen. Aber wie jedesmoderne Gerät hat auch er verschiedene Eutwickelungsstufen durch-gemacht und seine ursprünglichste Form war äußerst primitiv. Er«rat zuerst als Knochenschlittschnh auf. Man hat solche»iraltenSchlittschuhe mehrfach in Holland und Friesland ausgegraben, undzwar zusammen mit römischen und fränkischen Altertümern. Birchowhat darauf hingewiesen, dah man in Pommern und in der Marköfter Schienbeine von Rindern und Pferden ausgegraben habe, dieoffenbar zu Schlitischuhen hergerichtet waren. Das obere und dasuntere Ende waren abgeschnitten, dreikantig zugeschliffen und mitQuerlöchern versehe«, augenscheinlich um einen Riemen durchzuziehen,»nit dem das Gerät am Fuße befestigt wurde. Diese Knochenschlitt-schuhe erhielten sich lange; bei Züllichau liefen die Bauernknabennoch um IStO mit solchen Schlittschuhen und auch bei Liegnitzpflegten die Kinder noch später den Schindanger durchzuwühlen, umsich aus den langen Röhrenknochen der Pferde Schlittschuhe zu machen.— UmS Jahr 1593 erschien ein Buch in London, das schilderte, wiesich die Londoner auf der gefrorenen Wiese von Moorfieldtummelten. Der Verfasser schildert dabei sonderbare Eislanfsitten:�Zuweilen stellen sich zwei Leute auf eine bestimmte Entfernung«inander gegenüber und rennen mit eingelegten Stöcken einer gegenden anderen los. als gälte eS. Lanzen zu brechet,•, dadurch fällt denn«iner oder gar beide zu Boden, wobei freilich ihr Körper nicht vonStößen ver>chont bleibt. Fällt dabei einer auf seinen Arm oderAuß, so ist dieser zwar in der Regel(!) gebrochen, aber junge Leute,die nach Ehre dürften, üben sich so im nachgeahmten Gefecht."Volkswirtschaft.Die Entwtckelung des deutschen Braunkohlen-berabaueS übertrifft die der Steinkohlenerzeugung noch erheblichan Grad und Schnelligkeit. Während die Gewinnung an Stein-kohlen in den letzten vier Jahrzehnten sich kaum auf das Fünffachegehoben hat, ist b» der Braunkohle eine Steigerung fast auf dasSiebenfache eingetreten und noch großartiger ist die Entwickelungder eigentlichen Brikettindustrie. Man braucht noch kein hohesAlter erreicht zu haben, um in die Zeit zurück zu sehen, wo esBriketts überhaupt nicht gab und wo die Oesen auch in denWohnungen entweder mit Steinkohle oder mit Tors geheizt«vurden, allenfalls daneben vielleicht mit Koks. Im Jahre1372 belief sich die gesamte Braunkohlengewinnung in Deutschlandauf wenig mehr als 9 Millionen Tonnen, während sie jetzt auf 79Millionen Tonnen angewachsen ist. Dementsprechend ist auch derVerbrauch an Braunkohle, auf den Kopf der Bevölkerung berechnet,gestiegen, nämlich von 245 auf 1150 Kilogramm im Jahr. Auchheute sogar kann der Braunkohlenbergbau in Deutschland noch nichtden gaMen inländischen Bedarf decken, sondern eS werden noch mehrals 8 Millionen Tonnen jährlich eingeführt, obgleich eine Ausfuhran Braunkohle überhaupt nur in ganz geringfügigen Beträgen statt-findet.Dieser außerordentliche Aufschwung ist selbstverständlich Haupt-sächlich in der Entwickelung der Preßkohlenfabrikationbegründet gewesen. Die ersten Vorschläge zu einer derartigen Zu-richnmg der rohen Braunkohle wurden schon vor fast 79 Jahrengemacht, aber erst vor noch nicht 49 Jahren wurden die Mittelderart vervollkoinmuet, daß sie zu allgemeiner Benutzung gelangten.Noch im Jahre 188S belief sich die Preßkohlenerzeugung in ganzDeutschland nur auf drei Viertel Millionen Tonnen, während siejetzt mehr als 15 Millionen Tonnen liefern und während vor25 Jahren erst ein Sechstel der geförderten Braunkohle zu Briketts der-arbeitet wurde, nehmen jetzt fast drei Fünftel aller Braunkohle diesenWeg. Der jährliche Wert der deutschen Braunkohlenerzeugung standdamals erst auf 49 Millionen Mark und ist seitdem auf fast299 Millionen angewachsen. Da« ist eine gewaltige Ziffer, wenn sieauch noch keinen Vergleich mit dem Wert der SteinkohlenproduktionauShält, der jetzt den Bettag von!>/, Milliarden Mark nicht uner-heblich übertrifft. Jedenfalls steht der Brannkohlenbergbau nächstdem Steinkohlenbergbau allen übrigen Arten der Mineralgewiunungin Deutschland weitaus voran, denn sogar die Gewinnung vonSalz und Eisenerz bringt nur etwa je 199 Millionen Markjährlich ein.Die ertragreichsten Gebiete des Braunkohlenbergbaues entfallenauf Preußen, und zwar auf die Rheinprovinz, die Provinz Sachsenund Brandenburg. Daneben kommt noch das Herzogtum Sachsen-Altenburg und das Königreich Sachsen mit etwas größeren Ziffernin Betracht. WaS an Braunkohle nicht für die Herstellung vonPreßkohlen aufgebraucht wird, dient namentlich zur Gewinnungvon Braunkohlenteir, die aber in demselben Verhältnis zurück-gegangen ist, wie die Preßkohlenindustrie zugenommen hat.Physiologisches.Die schädlichen Wirkungen de? Alkohols aufdie Nachkommenschaft werden in schöner Weise durch Ver-suche belerubtet, über die neuerdings ein italienischer Gelcbrter,Ferrari in Genna, bericbret. Er fütterte längere Zeit eine Serievon Meerschweinchen mit gewöhnlichem Alkohol. Manche der Tiereerkrankten an Krampfanfällen, wie sie bei der Epilepsie vorkommen.Später tötete Ferrari die mit Alkohol gefütterten Tiere. Er fand,wie das ja schon mehrfach von anderen Forschern festgestellt wordenist, weitgehende Veränderungen an den Nervenzellen, den Blutgefäßentverantwortl. Redafteur- Albert Wachs, Bertin.— Druck u. Verlag:und den Häuten von Gehirn und Rückenmark. Ferraris Tiere hattenauch Junge geworfen. Auch die jungen Meerschweinchen zeigtenkrankhafte Erscheinungen, namentlich Kräinpfe. die den epileptischenKrampfanfällen ähnlich waren. Ferrari tötete nun die jungenMeerschweinchen und untersuchte ihr Nervensystem. ES zeigtenauch die Nachkommen der Säufer-Meerschweinchenltveitgehende krank-hafte Veränderungen im Nervensystem!Ferraris Untersuchungen stimmen ganz mit dem überein, wasder Arzt im Leben beobachtet. So hat die Statistik der Schweizeri-schen Anstalt für Epileptische in Zürich ergeben, daß im Durchschnittvon zehn Jahren beinahe ein Drittel sämtlicher neuaufgenommenerPatienten Kinder von starken Trinkern waren.Bei der schädlichen Wirkung des Alkohols auf die Nachkommen-scbaft muß es sich natürlich um eine Wirkung des Alkohols auf diemännlichen und weiblichen Keimzellen handeln. Und es ist durchVersuche tatsächlich festgestellt, daß man die freien Keimzellen(z. B.der Fische und anderer Seetiere) genau wie jede andere lebendigeZelle durch Alkohol schädigen kann: es entwickeln sich unter demEinfluß von Alkohol Mißbildungen auS dein Keim. Ebenso ist eSin dem Organismus des TrinkerS: durch den Alkohol wird dieKeimzelle geschädigt, und ein schwächliches oder gar krankes Kindwird geboren.Technisches.,Eine drehbare Luftschiffhalle. Bei den bisher be-stehenden Ballonhallen, die alle feststehend angeordnet sind, habensich oft beim Ein- und Ausfahren der Luftschiffe Schwierigkeiten er»geben, bei seitlichen Winden den Ballon sicher in die EinfahrtS»öffnung zu bringen. Bei den Abmessungen der Motorluftschiffe wareS sogar manchmal unmöglich die» zu tun, so daß abgesehen vonden Zeitverlusten und den dadurch entstehenden Kosten, die Luft»schiffe gerade bei Winden außerhalb der Halle gefährdetsind. Die SiemenS-Schuckert-Werk« haben daherden Versuch gemacht, für ihr neues Luftschiff einedrehbare Halle zn bauen. Die Halle, die in B i e S d o r f im OstenBerlins aufgebaut ist, ist so konstruiert, daß sie sich in einer Stund»vollständig um ihre eigene Achse drehen kann. Die Lage im Osiei«Berlins ist deshalb besonder? günstig, weil bei uns hauptsächlichwestliche Winde wehen. Fall? bei einer Probefahrt die Motore ver-sagen, wird dann der Ballon vom Wind allein in die gewünscht«Richtung der Halle getrieben. Entsprechend der Größe de?aufzunehmenden Luftschiffe» hat auch die Halle ganzrespektable Abmeffungen. Sie ist 136 Meter lang. 25 Meterhoch und ebensoviel Meter breit. Die Seitcnwände sind soweit al»möglich auS Glas, während das Dach au» Holz und Dachpapvebesteht. Die ganze Halle, deren Gewicht etwa 1299 Tonnen be-trägt, ruht auf acht UnterstütznngSwagen, von denen vier auf einemäußeren Schienenttanz, die anderen vier auf einem konzenttil'ch zudiesem liegenden inneren Schienenkranz laufen. Außerdem ist zurAufnahme de» WinddruckeS ein starker Mitt-lzapfen auS Eisenbetonangeordnet. Die Drehung der Halle wird durch sechs Elektro-motoren von je zehn Pferdestärken Leistung bewirkt. Zur Er«zeugimg de» elektrischen Sttome» ist eine kleine Kraftstationmit zwei Benzinmotoren, die die Dynamos antreiben, errichtet. Dader Boden der Halle etwa 2,2 Meter über dem Erdboden liegt, istvon dieser Höhe au» eine kreisförmige Rampe errichtet, um beimEin« und Ausfahren de» Ballon» durch den Höhenunterschied nichtgehindert zu werden. Diese Rampe ist in ihrem Innern als Lager-keller für die Gasflaschen, die den zur Füllung de» Ballons ver-wendeten Wasierstoff enthalten, ausgebildet. Dreitausend solcherStahlflaschen lagern dort und sind an ein Füllrohrsvstem an-geschlossen, dessen Sammelleitung durch den hohlen Mittelzapfen indie Halle führt.Auf dem Dache der Halle ist auch ein elektrisches Blinkfeueruntergebracht, das wie das Feuer eines Leuchtturmes dem Ballonbei Nachtfahrten als Orientierungszeichen dienen kann. Zur Aus-rüstung der Halle gehört ferner ein kleiner 290 Kubikmeter großerFesselballon, der an einem an der Halle angebrachten Ausleger hoch-gelassen und eingeholt werden kann.Wie Krell, der Erbauer des Luftschiffe» mitteilt, ist durchdiesen Ballon das Problem, ein unstarre» Motorluftschiffvon großen Abmessungen zu bauen, gelöst.(Die Zeppelin«Luftschiffe sind nach dem starren System gebaut, das, wie dieverschiedenen Katastrophen der letzten Jahre zeigen, anscheinend beiHavarien und Landungen ziemlich leicht gefährdet wird.) Da» Luft-schiff der SiemenS-Sckiuckert-Werke hat eine Länge von 113 Meter,einen Durchmesier von über 13 Meter und 13 OOO Kubikmeter Gas-iuhalt. In der vorderen und Hinteren der drei Gondeln sind je zwei125pferdige Motoren zum Anttieb der Luftschrauben, in der mittlerenGondel der Kommandoraum, ferner die Ventilatoren zum Aufpumpender BallonetS und eine Luftpumpe zur Fernsteuerung sämtlicherVentile und Klappen deS Ballons untergebracht. Die Befehl?-Übertragung zwischen den einzelnen Gondeln erfolgt durch elektrischeMaschincntelegraphcn und im Notfalle durch Typenferndrucker nachArt von Schreibmaschinen, wie sie im Telegrap�cnverkebr schon langegebraucht werden. Da» Luftschiff hat seit dem Januar vorigenJahres fast 39 Fahrten erfolgreich durchgeführt und eine Geschwindig-keit von 17 Metern in der Sekunde, also die eines Personenzugeserreicht.___vorwärtöBuchdruckecelU.Pe:lagSanjtc:ltPaulSingertEo..BerllnLlV.