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Geschichtenerzähler, den man auch wohl Geschichtsforscher nennt, nicht hört und begehrt feinen Mat, baldet nie Einwände noch Vorals einen Beweis besonderer Familienbegnadung zu feiern; er stellungen, selbst nicht von seiner Mutter, versteht sich ziemlich au würde vielmehr eher geneigt sein, seine ichmerzliche Beschämung über Geisteswerke in Poesie wie in Proja und brennt vor Begierde, air. so schlimme Gesinnung auszusprechen. Wie aber, wenn nun derselbe beiden Gebieten selbsttätig zu sein, vermag aber nicht an das ErHeinrich nun doch der Erstling gewesen wäre, und Friedrich, ohne habene heranzureichen, wenn er nicht gefügt wird.... Gin gar den Glanz der Krone, in seiner nadten Menschlichkeit begriffen böjer Spötter, sticht den, der ihm mißfällt, verstößt oft gegen die werden dürfte? Man sieht, sobald man in die Geheimnisse der Gebote der Politit, versteht von dem Finanzwesen nichts, now dynastischen Geschichtsauffassung einzudringen sucht, stößt man auf weniger vom Handel, sieht es nur auf Geld ab, das er sehr lieb:, Rätsel und Geheimnisse, undurchdringlicher und widerspruchsvoller versteht nicht und begehrt nicht für die Ernte zu säen, behandelt als die schwierigsten Dogmen, die mittelalterliche Gehirne er fast alle Welt wie Silaven. Alle seine Untertanen werden in den jannen. härtesten und schmählichsten Feiiein gehalten, beina geringsten Fehler, der seine Interessen schädigen fönnte; er verzeist kein Vergehen, das eine lupiinftlichkeit im militärischen Dienst in sich schließt... Er regiert allein in den Provinzen, und läßt in den Städten die Regimentskommandeure regieren."
Das Friedrich- Problem ist in einer einzigen Formel leicht auf zulösen: Ein Fürst, der sich persönlich die Bildung der franzöfifchen Aufklärung angelesen, aber echt preußisch regierte, genau so hart und härter wie sein Vater, der König der langen Sterle, aber ohne die bescheidenen sozialen Ahnungen seines Vorgängers. Er war gewiß fein Frömmler und Mucker, aber in der Zeit vor der großen Revos Intion war das niemand, und dem Bolle erhielt er genon so die Religion wie seine Vorgänger und Nachfolger. Und von all den humanen und aufgeflärten Gesinnungen seiner Schriften und Briefe war fein Hauch in der Pragis seiner Regierung zu finden.
Leffing nannte das Preußen Friedrichs eine verzweifelte Galcere". Als Goethe 1778 in Berlin war, geriet er erschreckt fast in Verzweiflung und flehte zu den Göttern, ihn nicht preußisch enden zu lassen:" So viel fann ich sagen", schreibt er an die ges liebte Charlotte von Stein , je größer die Welt, desto garstiger wird die Farce, und ich schwöre, feine zote und Eselei der Hanswurstiaden ist so efelhaft als das Wesen der Großen, Mittlern und Kleinen durcheinander. Ich habe die Götter gebeten, daß sie mir meinen Mut und Gradjinn erhalten wollen bis aus Ende, und lieber
Als der Minister des Auswärtigen Graf Bodevils dem Kabinetis. iekretär des Königs ein Exemplar der Schrist übermittelte. nannte dieser sie eine„ Mißgebuit, welche der Satan in der Hölle nicht calomnienser und abscheulicher ausbrüten lönne". Er getrante sic gar nicht, gegen des Königs Majestät etwas von der injamen Bicce, deren Abscheulichkeit io ichr als gröbejte Lügen jedermann gleich in die Augen fällt, etwas zu sagen".
Der Marquis d'Argenion aber verzeichnete in seinem Tagebuch: Das ist ein Portrait des Königs von Preußen, so wie er ist im Guten und Schlechten. Es ist mehr ein Bild als cine Satire, seine besten Freunde sprechen jo von ihm."
mögen das Ende vorrüden, als mich den legten Teil des Zicles Geftändniffe und Schöngeiftereien.
laujig hinfriechen lassen."
< Schluß.J
Ehe Liebe- ebensführung.
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Von der wahrhaft friderizianischen Residenz, Potsdam , entwarf die Boltaire zugeschriebene mehr geschmähte als schmähende Schrift dieses Bild:„ Nie wird ein Offizier oder Soldat der PotsMein Gott , ich wollte, daß man sich ein wenig daran erinnert, damer Garnison durch das Tor gelassen, sei es auch nur, um ipazieren zu gehen, ohne einen von ihm( Friedrich) unterzeichneten wie man mir diese Heirat nolens volens vorgeschlagen hat und wie Darum verhalte ich mich als ein Schein, den er selber gewährt; insgemein alles, was Potsdam ist, die Freiheit der Preis war.
darf nicht heraus ohne Erlaubnis, selbst die Prinzen, seine galanter Ehemann, das beißt, ich lasse Madame tun, wie's ihr gut Es lebe die Brüder... Die anständigen Leute, die diesen Drt fennen, verkürzen dünkt und tue meinerseite, was mir gefällt. ihren Aufenthalt, so gut fie es fönnen. Es vergehen wenig Augen- Freiheit. Sie sehen, General, daß ich ein etwas großzes Herz und blide, wo das Schamgefühl dort litte... Man sieht nur Soldaten, einen heißen Kopf babe. Aber ich fann mich nicht zwingen und ich dessen Schandbarkeiten man noch rühmt; vom weiblichen Geschlecht sage Ihnen meine Empfindungen, wie ich jie vor Gott denke. Sie nur einige Offiziers- und Soldatenfrauen, die sich kaum aus ihren werden mir doch einräumen, daß die Gewalt eine Sache ist, die der Zimmern wagen. Gewalttätigkeit und Diebstahl werden selten ge- Liebe entgegengesetzt ist, die sich nicht zwingen läßt. Ich liebe das ahndet, und wer nicht den Geschmack des Herrn hat, wird wenig Geichlecht, aber ich liebe es mit einer sehr flatterhaften Liebe, und ich will nur den Genuß und hernach kommt die Verachtung. geehrt."
An General Grumblow, 4. Eept. 1782.
Eine ländliche Tirne, die nach Knoblauch riecht, würde mir besser gefallen als die Gräfin mit all ihrem gespreizten Wesen. An General Grumbfow, 25. Sept. 1782.
Kunst und Wissenschaft war auch in Sanssouci nur Rofotodekoration, wie an den anderen Höfen. Nur daß die despotische Lanne Friedrichs die Künstler, Gelehrten, Schöngeister noch ärger mißhandelte. Ein erst fürzlich an dem versteckten Ort einer Fach zeitschrift veröffentlichter Brief Friedrichs zeigt die Achtung, die Friedrich dem Genius zollte. Der Fall Voltaire ist bekannt. Er war seinem töniglichen Gönner entwichen. In Frankfurt a. M., auf fremdem Gebiet, also unter Bruch des Völkerrechts wurde er von preußischen Es gibt nichts Peidtsjertigeres als unfere Beschäftigungen. Wir Agenten verhaftet. Er sollte die Orden und die Gedichte des Königs quintessenzieren Oden, radebrecen Verie, treiben Gedankenanatomie herausgeben, dann könnte er feines Weges ziehen. Er tar's. Aber und bei alledem beobachten wir pünktlich die Nächstenliebe. Was man behielt ihn weiter in Haft und mishandelte sogar seine Nichte, tun wir noch? Wir tanzen, bis mus der Atem ausgeht, schmausen, die zu seiner Hilfe berbeigeeilt war. Als er schließlich frei tam, bis wir platen, verlieren unser Geld im Spiel und fizzeln unsere wurde von ihm der Erjazz der Untesten gefordert, und das ihm ab- Ohren durch weiche Harmonien, die, zur Liebe lockend, wieder andere genommene Geld wurde ihm nicht zurückgegeben. Nun führte Migel erregen. Ein Hundeleben! werden Sie sagen, nicht von dem Voltaire einen zähen Stampf ums Recht. Der Frankfurter Mat Leben hier, sondern von dem, das Sie in Summer und Leiden fübren. Darauf Gencien Sie von den Wunden der Cythere, wenigstens unterstügte seine Ansprüche auf Rückgabe des Geldes. lassen Sie uns von Ihrem Geiste Nugen haben, wenn die Mädchen antwortete der König ( August 1753y: feinen von Ihrem Körper haben können.") Brief vom 21. Nov. 1740.
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Der Mutter Grab ist mir ein heil'ger Ort und ewig meiner Ehrfurcht wert.
Dde an meine Schwester".
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" Da der von Voltaire das ihm betroffene desastre sich einzig und allein durch sein unanständiges Betragen zugezogen hat, fo werdet Ihr von selbst vernünftig billig erachten, daß derselbe sich nicht entbrechen können, die seinenwegen von nieren Räten aufs Petit kann den Menschen schicken und Tann er eine hübsche Hure gewandte Unkosten zu tragen, mithin letzteren nicht zu verdenken, mit Kriegen, so ist auch guhr, den die fehlet wis auch. daß sie sich deshalb an das in ihren Händen gehabte Geld des von Voltaire so lange gehalten, bis sie von jenem völlig schadlos gestellet worden. Obschon auch dessen Nicce mir in der Sache meliret worden, so scheinet jedennoch solches eine gant natürliche Folge der vorgeweienen Umstände zu seyn, als zu weiche des von Voltaire Betragen lediglich Aulaß gegeben und erstere sich umb so vielmehr zugezogen, als selbige vielleicht nicht viel bessere Gesinnungen als ihr Oncle darunter gefübret und wahrgenenunen." Im ursprünglichen Konzept des Schreibens hieß es sogar: Und wird mehr erwehnten luieren Räthen darunter wohl umb so weniger etwas zur Last geleget werden können, da sich zur Genüge gezeiget, daß gedachte Frauens- Bersohn mit ihrem Onele von gleichem Schrot und Korn und mit demselben gleich übele Gesinnungen angenommen hat." In der Fülle zeitgenössischer Charakteristiken scheint ums feine porträtähnlicher als die knappe Slizze jenes Pamphlets Idee de la cour de Prusse", das fem preußischer Historifer zu erwähnen wagt, ohne schandernd von den schamlosen Schmähungen des rachsüchtigen Voltaire zu sprechen:
Er hat viel Geist; Kenntnisse nicht soviel als man ihm nachsagt; ist hervorragend. nur im Militärischen. Arbeiter frisch, leicht, flint, begreift, was man ihm jagen will, beim ersten Worte,
Was würde aus uns, bätten wir keine Leidenschaften. Unser Leben wäre nichts als ein einziger Tod, wir würden in dieser Welt dahinvegetieren wie die Pflanzen, die ohne Vergnügen leben und ohne Schmerzen sterben. Nun, da ich liebe, geht mir eine neue Welt auf. Die Luft, die ich athme, wird milder, die Sonne, die mir scheint, leuchtender, und die ganze Natur wie nen beseelt. Aber wollten wir Vergnügungen nur in der Erwartung genießen? Wollen vir nicht der Wirklichkeit entgegenführen, was der Sehnsucht unserer Herzen und den Gipfel unserer Winiche ausmacht? Wollen wir auch io verrückt sein wie die Menschen? Die nähren sich mit Wünschen, übersättigen sich mit Hirngespinsten, und während sie ihre
*) Reinbold Roser fälscht in der eben erschienenen Vollsausgabe feines Friedrich- Werkes den Brief, indem er es hinter„ Harmonien" abbricht und unmittelbar darauf einen harmlojen Sah folgen läßt!