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Dennoches spielte eine Ouvertüre, drei recht ausgedehnte| Wiesen und zwischen den verschnittenen Heden lagert, als wäre es Zwischenattsmufiten und einen Schlußmarsch, der das Publikum im eigenen Heim. Im Gegenteil, Potsdam ist heute noch so recht in heiterer Stimmung entlassen sollte. Der Klosterrichter" hat die Stadt des Königs; es scheint, als wäre die Zeit hier unberührt zwar einen versöhnlichen Schluß, aber heiter wurde man nicht dabei, geblieben von den demokratischen Energien, die das nahe, das große wenn man von dem tragikomischen Malheur absah, das eine Sterbe- Berlin regieren. Potsdam schläft; alte Beamte und treue Diener szene gefährdete. Da hatte sich der Spängler Moriz, der auf den warten hier auf die lezte Einberufungsorder. Es ist alles solda Proben ausgezeichnet gewesen, den Mund mit einem langen Bart tisch; auf den Straßen regt es sich blau, rot und weiß, Fußvolt, berklebt. Man verstand kein Wort, man lachte schließlich, obwohl Susaren und Kürasfiere. Buweilen zweifelt man, ob dieses Städt Herr Morih wirklich mit Empfindung sprach. Dagegen lein wirklich lebt, ob es nicht vielleicht nur irgendein kurioser Traum begründete Tapezierer Girl schon am ersten Abend seinen schau ist, ein grotestes Vergessen, etwas, was zurüdblieb, während die spielerischen Ruf. Man fonnte hier im fleinen so recht die Er- Jahrhunderte ihren unaufhalifamen Lauf nahmen. Gerade dieses fahrung gewinnen, die man bei den bedeutendsten Darstellern der aber, dies Antiquierte, Zopfige, Spießerliche, Vorgestrige, ist ce, Großstadt macht. Talente müssen an der rechten Stelle stehen, um was das Spazieren durch Potsdams stille Gassen und schweigsame fich zu entfalten. Tapezierer Girl spielte später in dem Drama, Gärten so spaßig macht. Es ist so ähnlich, als plauschte man mit nein, in dem Luftspiel Im weißen Rößl" einen Bauernburschen mit einem rungligen Alten, der schreckliche Dinge von Türkenschlachten Federhütchen und Kniehosen, aber eine unglückliche Berüde ließ und tausend Wunder von goldenen Karrossen und seidenen Edel seinen charakteristischen Kopf durchaus jüdisch erscheinen, und sein knaben erzählt, und der dabei immer den Kopf schüttelt: vorbei, hartes Organ war für die Boesie einer Liebesszene nicht geeignet. längst vorbei, wenn's auch scheinbar noch da ist. So ganz echt ist Als Klosterrichter" dagegen streifte er die Wirkung eines Menschen- eigentlich nichts in diesem preußischen Versailles ; dafür zeugt schon darstellers. Er war kein zischender Intrigant, so billig ihm auch die die Unmöglichkeit einer Umkehrung dieses selbstverständlich geWirkungen auf sein Bublifum gewesen wären er ergriff, weil wordenen Bergleiches. In Potsdam ist alles Nachahmung, vieles man eine verschüttete Seele in diesem Ungeheuer spürte und mit Kulisse und Maskerade. Das ist keine naseweise Erkenntnis, das ihm auf festem Boden stand. Es war ihm gegeben, das täglich Ge- läßt sich durch die Baugeschichte des Städtchens deutlich darstellen. fehene darzustellen, er gab wirklich den finsteren, durchhungerten Das Wesentliche von dem, was es hente in Potsdam zu schen Bauernstudenten. Man erschrak vor diesem scheuen Blick. Ueber- gibt, befahl Friedrich II. Bon den steingewordenen KabinettsHaupttas Ingolfinger Theater ließ teine geringeren Eindrüde ordern" der übrigen Residenten wird das Frederizianische nur feststellen als die Theater in München und Berlin . Das Wunder wenig beeinflußt. Das Stadtschloß weist freilich weit zurück, bis eines Naturlauts, einer zufälligen Bewegung von reinster Echt in die Zeiten der, Kurfürsten; so aber, wie es heute dafteht, gehört heit zeigten diese eifrigen Bürger oft im Reim, während es ein es zum mindesten ebenso sehr dem zweiten wie dem ersten Fric Rittner, ein Baffermann entfaltet zeigte. Neben den Tugenden, der drich. Von Friedrich Wilhelm I. berichten die kleinen holländischen Schauspieltunft aber ließen sich auch ihre Schwächen und Manieren Häuschen und eine ganze Reihe der schlichten, beinahe ärmlichen zu Ingolfing scharf beobachten. Herr Gaisberger, Barbier und Bürgerhäuser, die grau berpuzt nebeneinanderstehen, wie Sola ländlicher Zahnarzt, hatte einen Aristopraten darzustellen und daten, die sich unter dem Krüdstock duden. Dazu kommen die brachte den falschen Schnarrton, der im Theater zur Welt kam, fofort Garnisonkirche und die Kirche am Werder ( dort, wo man jetzt die auch nach Ingolfing. Bahnadjunkt Maier, der wirklich komisch war, Reste eines slawischen Walles ausgrub); auch diese beiden mageren fonnte die Seitenblide ins Publikum, bis er seinen Kopf hinter der Zeugen eines protestantischen Barod sette des frivolen Frien Auliffe hatte, nicht vermeiden, und er schleppte zuweilen fo, daß frommer Bater auf den damals noch öden Potsdamer Sand. Dann selbst die gespannten Burschen auf der Galerie sich nach ihren Maß- später hat der vierte Friedrich noch einiges bauen lassen, so die trügen umfahen. Bemerlenswert war es auch hier, zu sehen, was Nicolaifirche und das Schloß Charlottenhof , beide durch Schinkel ein hübsches, junges Mädchen immer für eine ausgezeichnete Schau- im Stil einer liebenswürdigen Klassik. Alles andere aber, das, spielerin ist, während eine ältlich spike Dame von vornehmster was sozusagen den Begriff Potsdam erschöpft, die Wachtparaden, Empfindung ihr Talent dem Publikum geradezu an die Köpfe die Philosophie des aufgeflärten Despotismus, die Tafelrunde, das werfen fann. Flötenspiel, den Friedhof der Hunde und die Affen des Voltaire, dies spezifische Potsdam gehört dem menschenverachtenden Philosophen von Sanssouci . Aus der Baugeschichte dieses Frizischen Potsdams , die 1744 beginnt und erst mit des Königs Zode 1786 endet, soll jetzt einiges erzählt werden. Ein Zeitgenosse Friedrichs, einer seiner Baumeister, wird uns Quelle fein.
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Auf den Klosterrichter" folgte sehr bald eine Poffe. Und auf die Boffe folgte, wenn ich mich recht erinnere, wieder eine Posse. Noch aber lauerte in Herrn Miesbach , dem sehr gebildeten Rechtsanwalt Ingolfings, eine Gefahr für den dramatischen Verein. Herr Miesbach war nämlich Schriftführer geworden und hatte literarische Ambitionen. Er träumte von Münchener Kunstbegriffen. An Anzengruber dachte er, an die Ehre", an die Jugend". So setzte er trok skeptischer Gegenstimmung den Meineidbauer" durch. Aber das verfehlte Unternehmen besiegelte er selbst durch seine Mite wirkung. Herr Miesbach war ein ausgezeichneter Jurist, aber schauspielerisches Talent war ihm nicht gegeben. Seine Rolle lernte er tadellos, doch das genügte nicht. Er spielte den Sohn des Meineid bauers, und in der großen Abrechnung auf Tod und Leben kam es ihm nur darauf an, an der richtigen Stelle zu stehen oder zu sitzen. Sonst war ihm alles wurst er machte immer dieselbe freundlich berlegene Miene. Eine tragische Wirkung fonnte auf diese Weise unmöglich entstehen. Nein, nein Literatur blieb dem Ingolfinger Theater fern, und es gedich auch ohne sie. Doch war auch der 3hnismus großstädtischer Schwänte nicht das Richtige. Am ivenigsten jedoch wirkte merkwürdigerweise falsche Sentimentalität.
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Wie wunderlich find Nefter nicht immer die Spiegel des Weltrunds? Auch in der Kunst. Das ästhetisch getvertet Schlechtefte fann immer noch eine naibe Echtheit haben, eine Wirkung, die zur Lebenskenntnis der Primitiven stimmt. Das ist nicht wenig, und das Spiel in der Kunst kommt zu seinem ursprünglichen Recht. Wie Kinder weinen und lachen, im nächsten Augenblick auch vergessen. Das wirklich Schlechte wird vom Instinkt der Kinder abgelehnt. So auch in Ingolfing. Man weiß dort nicht das mindeste vom Autor eines Stüdes, aber man ist ihm so dankbar. Unterhaltung! Morgen früh fängt wieder der Ernst des Lebens an. Und man lacht über die ältesten Scherze, man fällt auf die verstaubtesten Effekte hinein. Der Dritte tommt immer und überrascht die beiden Ersten. Im Orchester aber sieht man den gestrengen Herrn Amtsrichter die Klarinette blasen. Wer hätte in solchen Tönen feine Seele vermutet? Und der schmale, schüchterne Konzipient bläst Trompete. Es ist ein merkwürdiger Einblick, wenn die Kunst über die Menschen kommt.
Hinrich Ludewig Mançer, Königl. preußischer Oberhofbaurat und Garteninspektor, ließ 1789 ein ziemlich umfangreiches Wert über die Potsdamer Neubauten erscheinen; er hatte die meisten entstehen sehen und an einem großen Teil selber mitge arbeitet. Um das Leitmotiv von Mangers Darstellungen vorweg zu geben, fei Cornelius Gurlitt, der für sein Buch über Potsdam ( das einzige lejenswerte, das es gibt) den alten Baumeister flug benußte, zitiert. Gurlitt fagi:" Nach Mangers Assicht war der König ein eitler Mann, der für einen Baumeister hatte gelten wollen und durch seine Eigenwilligkeit und Sachunkenntnis viel, ja alles verdorben habe." Dem harmlofen Potsdamwanderer von heute wird solch hartes Wort ein wenig merkwürdig vorkommen. Gewiß, es ist nicht zu leugnen, daß man vergnüglich und von feinen Stimmungen umwoben durch Potsdam spaziert. Das kann der Historiker getrost zugeben und kann dennch dem beistimmen, was Manger, der den Dingen ja nahe genug stand, behauptet: Friedrich war auch als Bauunternehmer der absolute Herr! Er gab seinen Baumeistern, die er als Untertanen achtete, Kupferstiche von hier und von dort, wonach sie ihre Hantierung zu verrichten hatten. Er zeichnete auch wohl selber Entwürfe, von denen nicht abgewichen werden durfte. Daß es dabei nicht ohne Schwierig feiten abgegangen sein fann, läßt sich denken und wird uns durch ein Urteil Gurlitts bestätigt: Eine Stizze des Königs für Sans souci lehrt dem Fachmann eine: daß der König im architektonischen Beichnen nicht einmal auf der Höhe eines geübteren Dilettanten stand." Darum, wenn Manger auch ein wenig verärgert gewesen sein mag( Friedrich hatte ihn, wie auch andere Baumeicher, des öfteren feftjeßen lassen), so darf man doch im allgemeinen seinen Bericht und sein Urteil für zuverlässig erachten.
Zum Exempel: Manger Ferichtet, daß der König die Baus meister, die er einsehte, oft ebenso schnell wieder fortjagte. So ber dem Bau von Sanssouci. ( Das übrigens nicht, wie tausend Federn wiederholt haben, von Knobelsdorff entworfen wurde; Knobelsdorff hat nur Ratschläge erteilt und vielleicht einige Vorskizzen geliefert. Die Borderfassade fönnte er nie gemacht haben; ihn, den Anhänger der französischen Akademie, hätte die barode Unruhe der Hermene pilaster tödlich verlegt.) Also bei diesem Sanssoucibau war zus erst Dieterichs Leiter. Es währt nicht lange, so befiehlt der König: Eine Fahrt nach Botsdam gehört zu den Freuden der Ber - Der Kriegsrat Dieterichs soll gar nichts mit meinen Bauten in liner. Es gibt interessante Häuser zu besehen, charakteristische Potsdam zu tun haben; sondern alle Bauten sollen lediglich durch Architekturen der verschiedensten Zeiten; man fann durch herrliche den Kastellan Baumann geführt werden." Dazu bemerkt Manger: Parte stundenlang wandern und die schönsten Gartenfünfte ge- Entweder D. hatte den damaligen Kammerlieblingen des Königs nießen. Dabei ist es nun freilich nicht so wie in Versailles , wo nicht genug hofiret; oder er mußte sich auf eine andere Art Feinde das Bolt sich als Besitzer all dieser Schlösser fühlt und auf den I gemacht haben." Solche Absehungen gab es häufig; auch Baue
Etliche Betrachtungen.
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