139

selbst habe den Gimringern erlaubt, den Turban au tragen, und nehme ihre Angelegenheiten wahr, wie es fich gehört; ich wieder hole also, daß Du gar nichts zu befürchten haft. Komm zu mir mit dem Manne, den ich jetzt zu Dir sende; er ist mir treu er geben, er ist nicht der Sklave Deiner Feinde, sondern der Freund eines Mannes, der bei seiner Regierung großes Gewicht hat." Nochmals forderte dann der General Chadschi- Murat auf, zu ihm zu kommen.

Ich glaubte diesen Worten nicht," sagte Chadschi- Murat, als Loris- Melitom den Brief zu Ende gelesen hatte, und ich ging nicht zu Klugenau. Ich hatte vor allem an Achmet- Chan Rache zu nehmen, und dazu hätten die Russen mir nicht verholfen. Da­mals umringte gerade Achmet- Chan mit seinen Leuten unser Dorf Zelmes und wollfe mich gefangen nehmen oder töten. Ich hatte zu wenig Leute und konnte ihn allein nicht zurückschlagen. Um jene Zeit nun tam zu mir ein Bote mit einem Briefe von Schamhl. Er versprach mir Hilfe gegen Achmet- Chan, den er töten wollte, und bot mir die Herrschaft über ganz Awarien an. Ich überlegte lange und ging schließlich zu Schamyl über. Und von dieser Zeit an lag ich beständig mit den Russen in Fehde."

--

Chadschi- Murat ließ nun einen Bericht über alle seine friege rischen Unternehmungen folgen. Es waren ihrer gar viele, und Loris- Meliton tannte sie zum Teil schon. Alle seine Angriffe und Ueberfälle zeichneten sich durch eine ungewöhnliche Kühnheit und Schlagfertigkeit aus, und der Erfolg war ihm stets treu gewesen. Eine Freundschaft hat zwischen mir und Schamyl niemals bestanden", sagte Chadschi- Murat zum Schluß seiner Erzählung er fürchtete mich vielmehr und bedurfte zugleich meiner. Da ge­schah es nun, daß jemand mich fragte, wer nach Schamyl Imam werden solle. Ich antwortete, der werde Imam sein, der den schärfsten Säbel habe. Diese Worte wurden Schamyl hinterbracht, und er trachtete fortan, mich loszuwerden. Er schickte mich nach Tabarajan. Ich zog dahin und erbeutete tausend Schafe und drei hundert Pferde. La erklärte er, ich hätte seinen Befehl nicht richtig ausgeführt, entsetzte mich meines Amtes als Rahib( Statt: halter) und befahl mir, ihm alles Geld zu übersenden. Ich schickte ihm tausend Goldstücke, er aber sandte seine Muriden zu mir und beraubte mich meines ganzen Vermögens. Er forderte mich auf, zu ihm zu kommen, doch ich wußte, daß er mich töten wollte und ging nicht hin. Er wollte mich nun mit Gewalt festnehmen lassen, doch ich schlug seine Leute zurück und ging zu Woronzow . Nur meine Familie fonnte ich nicht mit mir nehmen. Meine Mutter, meine Frau und meine Kinder find in seinen Händen. Sag dem Sardar, daß, solange meine Familie sich dort befindet, ich nichts zu unternehmen vermag."

" Ich werde es ihm sagen", verfekte Loris- Melifow. " Nimm Dich meiner an, bemühe Dich für mich. Was mein ist, soll auch Dein sein, nur tritt bei dem Fürsten für mich ein. Ich bin gefesselt und gebunden, und Schamyl hält das Ende des Strides in der Hand."

Mit diesen Worten endete Chadschi- Murat seinen Bericht an Loris- Melifow.

( Fortsehung folgt.)

Eine Arbeitsschule.

-

ist. Es nennt fich: Dortmunder Arbeitsschule. Ein Beitrag zur Reform des Boltsschulunterrichts mit Stoffplanentwurf, Lehrbeispielen und zahlreichen Abbildungen" und ist herausgegeben vom Lehrerkollegium der Auguftafchule in Dortmund . Die Augusta­schule ist eine vierzehntlaffige Pflichtvoltsschule mit sieben auf steigenden Stufen im Arbeiterviertel der sich gewaltig entwickelnden Industriestadt."

Die Regierung ist mit der Herausgabe des Buches nicht eine verstanden, sie erklärte dem Schulrektor, daß vor der Veröffent lichung des Buches ihre Genehmigung habe eingeholt werden missen! Man will also wohl immer noch am bewährten Alten" festhalten. Das Proletarierkind soll in der Barbarei der heutigen Volksschule einen Vorgeschmack davon bekommen, daß es später als erwachsener Arbeiter, wenn es ganz vom Kapitalismus in seine Krallen genommen wird, zum Dulden und Entbehren, zu Dual und Mühsal verdammt ist. Darum auch herrscht in der Volksschule so wenig Freude. Noch herrscht in der Schule die Anschauung der Bauernmedizin: je scheußlicher das Ding schmeckt, desto besser", ers flärte Geheimrat Ostwald in einer Versammlung des Goethebundes, und er fügte mit gleichem Recht hinzu: Je froher es in der Lehr ſtunde zugeht, desto reicher kehren die Kinder zurüd".

Letztes Endes hängt ja die Reform der Volksschule auch wieder mit der Beseitigung der kapitalistischen Ausbeutung der Arbeit zu­Volksschule einziehen, wenn auch der Arbeiter seines Werkes wieder sammen. Erst dann kann die unbekümmerte Freude recht in die froh werden kann. Doch können auch alle Schritte nach dem Ziel turz zuzusehen, wie es in der Dortmunder Arbeitsschule zugeht. des Interesses der Arbeiter sicher sein. Es ist deshalb angebracht, fertigkeitsunterrichts seit dem Kölner Lehrertag 1900 durch die scharfe Die Verfasser des Buches meinen, daß in der Frage des Hands unterscheidung von Werkstätten und Werkt unterricht eine Klärung erfolgt sei. In der Dortmunder Arbeitsschule ist die Hand arbeit kein Sonderfach, sie durchdringt vielmehr den ganzen Lehrplan, natürlich im Rahmen des vorgeschriebenen Stoffplans, an den die Lehrer ja gebunden find.

In dem Buche wird dargelegt, wie sich das Kind zur Erlan gung und Darstellung von Wissensgebieten und Techniken schon bor der Schulzeit folgender Hilfsmittel bediene: 1. des Sprechens und Fragens, 2. des Formens und Zeichnens( beim Spiel), 3. des Singens. Diese Hilfsmittel werden in der Schule weiter entwickelt. Hinzu kommen dann noch folgende Techniken: 1. Lesen, 2. Rechnen, 3. Schreiben. Dann kommt die Reform der Dortmunder Arbeitsschule:" Bur intensiveren Beranschaulichung der Sachgebiete sowie zur Kontrolle darüber, ob hinter der sprachlichen Darstellung Klarheit der Vorstellungen und Begriffe vorhanden ist, benutzen wir an der Augustaschule mehr als bisher die Hand. Es treten folgende Techniken hinzu: 1. Stäbchenlegen, 2. Formen mit Plastilin, Ton und Sand, 3. das Arbeiten mit Schere und Meffer."

Bei der Auswahl und der Anordnung der Wissensstoffe wurden folgende Grundsäge befolgt: 1. Stoffbeschränkung, 2. der Stoff foll für die Kultur der Gegenwart von Bedeutung sein, 3. bei der Stoffe anordnung sind die Gesetze der geistigen Entwidelung zu berüd­fichtigen. Die Stoffbeschränkung wird im Interesse eines geist- und willenbildenden Unterrichts durchgeführt.

Mit dem Interesse an der engsten Heimat beginnt der Unter­richt an der Augustaschule; an den Bildern, die sich dann dem Hirn In seinem Buche über Die Schulreform der Sozialdemokratie" der fleinen Sechsjährigen bereits eingeprägt haben, wird angeknüpft. fagt Heinrich Schulz über den Handarbeitsunterricht in der Volls- Wie Mutter Kaffee tocht", der Kohlenmann", der Schornstein­fchule: feger" und ähnliche Fragen werden behandelt. Schritt um Schritt Deutschland steht auch in dieser Schulfrage wie in den meisten bergrößert sich dann die Heimat des Schülers die acht Jahre hin­übrigen hinter dem Auslande zurück. Wohl gibt es seit Jahren durch. Wohl gibt es seit Jahren durch. Union " und" Hösch"( zwei Dortmunder Großeisenwerke) in einzelnen Drten fakultativen Handfertigkeitsunterricht, wohl wird schicken ihre Brücken und Maschinen nach China , nach Japan , nach er in Spezialschulen, besonders in den Hilfsschulen für Schwach Südwestafrika usw. Die Dortmunder Biere gehen hinaus in alle begabte, mit großem Erfolge angewandt, auch existiert seit Jahr Welt... Die Zeitung mit ihren Handelsnachrichten und Drts gehnten ein Verein für Knabenhandarbeit, der lebhafte Propaganda bermerken darf dann und wann auch im Schulzimmer erscheinen." betreibt. Aber die maßgebenden Stellen weigern sich beharrlich, Dichter wie Liliencron und Falle haben in der Schule ihr Pläzchen. dem Arbeitsunterricht als vollberechtigten Unterrichtsfache die Türen Wir haben auch einen Versuch gemacht, den Knaben des achten der Schulen zu öffnen. Von den Behörden kann das in Deutschland Schuljahres an der Hand der bekannten Meisterbilder des Kunstwart nicht wundernehmen; der Arbeitsunterricht würde Platz beanspruchen, verlages einen Einblick in das Schaffen eines Albrecht Dürer , der in erster Linie dem Religionsunterricht abzunehmen wäre. Und Ludwig Richter , Nethel, Steinhausen, Thoma, Uhde und Menzel zu das erscheint den rückständigen deutschen Regierungen unmöglich. geben." Ferner würde der Arbeitsunterricht Geld fosten, ohne daß die Herrschende Klasse unmittelbaren Nußen von dieser Geldaufwendung hätte. Dadurch wird die Einführung des Arbeitsunterrichts noch unmöglicher.

"

Auch der Vertrauensmann" ist in die Augustaschule eingezogen:" Wir haben den Jungen des achten Schuljahrs gestattet, aus ihren Reihen einen Vertrauensmann sowie die notwendigen Arbeitsbeamten selbst zu wählen. Das sind die Anfänge der staats­Beinahe noch bedauerlicher als diese feindselige Haltung der bürgerlichen Erziehung. Da heißt es Anerkennung der persönlichen Regierungen ist das bisherige Verhalten der deutschen Lehrerschaft Tüchtigkeit, Dienstbarmachung der persönlichen Tüchtigkeit im Inter dem Handarbeitsunterricht gegenüber. Noch im Jahre 1900 hat die effe der Schwächeren, Arbeitsteilung mit Rücksicht auf die ver­deutsche Lehrerversammlung( in Köln ) die Aufnahme des Handfertig- schiedene Begabung." teitsunterrichts in den Lehrplan der Volksschule schroff abgelehnt. Man behandelte dieses wichtige, für alle Gebiete der Schulerziehung gleich bedeutsame Fach wie einen lästigen Eindringling.

Im Jahre 1912 will die deutsche Lehrerschaft auf ihrem Kon­gresse erneut das Problem zur Debatte stellen. Man hat das Schlagwort" Arbeitsschule" geprägt, mit dem man den ganzen Komplex von Einzelfragen umfassen will. Eine Reihe von Anzeichen deuten darauf hin bei aller Untlarheit der Begriffe im ein­zelnen, daß die deutschen Volksschullehrer inzwischen die Zeichen der Zeit besser begreifen und würdigen gelernt haben." Als ein erfreuliches Anzeichen hierfür ist auch ein Buch zu be­grüßen, das vor kurzem im Verlage von B. G. Teubner erschienen

Nach dem Programmwort des Rektors fommen dann in dem Buch über die Dortmunder Arbeitsschule die verschiedenen Klassen­lehrer zum Wort, um noch ausführlicher Art und Verlauf des Unter­richts zu schildern.

Zunächst liegt den Lehrern daran, den Unterricht so zu gestalten, daß er den Kleinen nicht zur unerträglichen Last, sondern möglichst zur Freude wird". Das wird dadurch erreicht, daß die ge­wählten Stoffe im Interessen- und Anschauungskreis der Kleinen liegen, und dadurch, daß dem Beschäftigungstrieb Rechnung getragen wird. Erst geht's darum auf den Spielplay," hier geht's so fröh­lich zu wie daheim auf dem Hofe". Auch im Klassenzimmer ist später die Sorge der Lehrer zunächst nicht auf Gewinnung