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Klage, nirgends ein Aufschrei ob des eigenen wie fremden fozialen Imeist in der Bergangenheit nach finnbildlichen Borgängen für bas Elends wiewohl er's doch ringsum fah bei den Landarbeitern, gebrochene Bewußtsein der Gegenwartsmenschen und erhofft Rettung Glasbläsern und Glasichleifern, Bedienten usw., als er noch ein und Heil von der begeisterten Hingabe an idealistische Abstraktionen. Dorfichüler mit anderen Proletarierkindern war. Aber das Feuer Als bedeutsame Präludien schweben die vorgenannten drei von in den Schmelzöfen der Glashütte Georgenthal ließ maßgebende philosophischem Geist erfüllten Dichtungen seinem Ahasver in Rom" Eindrücke in ihm zurück: ,, Auf meine Phantasie wirkten diese wie und König von Sion" vorauf. Es ist nicht schlechtweg die Sage Höllenrachen im weiten dämmerigen Raum der Hütte lodernden vom ewigen Juden, die zum erstenmal von Chr. D. Fr. Schubart, funkensprühenden Glutöfen; ich sah das feurig- flüssige Glaselement dann im neunzehnten Jahrhundert von Eugen Sue , Julius Mosen , in seinen brodelnden Herenkeiseln; ich sah, wie die emsig schaffenden Stephan Heller u. a. episch behandelt wurde. Hamerling faßt die Gefellen Teile der zähen Glutmasse an der Spize langer, dünner Todesfehnsucht im höheren Sinne als ein Streben nach einem Zu­Rohre geballt hin und her trugen und funkelnde Kreise im Halb- stande der Ruhe, der völligen Beschwichtigung, den die Menschheit dunkel damit beschrieben; ich fab, wie sie durch Einblasen des Atems nicht wie das Individuum im Tode finden kann; denn unsterblich ist in das Rohr die Masse zur hohlen länglichen Blase erweiterten, und nach Hamerling nur die Gattung, nicht das Individuum. In wie die geschmeidigen Blasen dann mit wenigen Handgriffen zu Ahasver" wird die Menschheit symbolisiert. Ahasver und Kain sind Gläsern, Bechern, Flaschen usw. gesteckt, gedrückt, gekrümmt und ge- eins. Hamerlings Gedanke ist so neu gegen die seiner dichteris schnitten wurden. Dort erichloß sich ihm als ein Neues, fchen Vorläufer gehalten als genial. Wenn nun Hamerling hier Fremdes, aber auch die ernste Schönheit des Böhmerlandes mit das neronische Zeitalter, also eine Epoche des Verfalls von Rom im feinen ungeheueren, schier endlosen Wäldern, großen fischreichen engeren, der Menschheit im weiteren Sinne auf seiner tiefsten Stufe Gewässern usw. Immer und überall tut sich seinem Gemüte die schildert, so stellt er im König von Sion" der untergehenden überwältigende Schönheit der Natur auf. Heidenheit die junge, reformatorischer Bestrebungen volle, lebenss starte Cbriftuslehre, oder mit anderen Worten: dem selbstvernich tenden Egoismus" die siegende Entselbstung" gegenüber. Wiedertäuferfürst Johann von Leyden als Mittelpunktsperson dieser Dichtung hat jedoch mit dem geschichtlichen Helden nur äußerliche Berührung; et ist eher Hamerling selbst: In Jan von Leyden habe ich mein Herz gelegt." Rein künstlerisch betrachtet sind beide Epen dichterische Großtaten, sowohl in tompofitorischer als gedanklicher und sprachlicher Hinsicht.

Und aller dieser Schönheit singt er seine ersten wie feine letzten Lieder. Es ist nur natürlich, daß seine Sehnsucht nach ihr wächst, ihn selber dauernd gefangen nimunt, je machtvoller seine Phantasie beflügelt wird. Uneriättlich war dieser Durst, der Zeiten und Völker überflog, um schließlich in Hellas zu landen und vom Olymp den Glanz ewiger Verklärung in herrlichen Dichtungen auf die deutsche Heimat zurückzustrahlen. Daß ein so gearteter Poet ein gries­grämiger Pessimist gewesen sein sollte, wie oft von mancher Seite gesagt worden ist, wer möchte es noch glauben, wenn er in Hamerlings Dichtungen sich versenkt? Nur weil er auch beim Gräßlichen, Häßlichen, es malend, verweilen mußte? Denn er ist trop alles idealistischen, weit von Erden fenfenden Geistesfluges doch auch immer ein realistischer Beobachter und Gestalter geblieben. Er meistert, so darf man ruhig behaupten, das Welt- und Menschen­Leben in allen seinen noch so widerspruchsvollen Erscheinungen einzig durch den reinen Adel seiner Gedanken, seiner poetischen Spache und Formen. Weder in Prosa noch in Verien" hat Hamerling laut eigenem Geständnis jemals etwas unbedeutendes, Flüchtiges, leicht­fertig Hingeworfenes geschrieben. Das flingt unbescheiden, segt er Hinzu; aber ich war lange so bescheiden als möglich. Bescheidenheit ziemt der Jugend, ich bin mun älter geworden, und dem Alter steht vielleicht ein bißchen Selbstgefühl nicht übel an."

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Der

Wahre Triumphe ſeiner Schönheitsideale feiert Hamerling in seinem dreibändigen Prosaepos Aspasia". In dieser griechischen Frauengestalt mit ihrer Stoborte von Helden, Weisen, Dichtern und Künstlern" erblickte der Dichter die Repräsentantin des hellenischen Geistes. Alles ringsum verfällt; sie allein bleibt unverändert, sie allein lebt dem Schönen". Es ist Hamerlings Glaube, daß Griechenland verfiel, seitdem man dem Guten anhing und dem Schönen abtrünnig ward. Im Kampfe mit der alles zwingenden Realität des Lebens wird der Glaube der Menschheit an höhere Jdeale des Schönen immer scheitern müssen. Nichtsdestoweniger predigt Hamerling den Jdealismus als Besieger alles Bösen und Niedrigen. Und er ist mit Schiller dieser Priester größter einer! Mit dem satirischen Epos Homunkulus" beschließt er seine Boetenlaufbahn. Es ist ein klassisches Meisterwerk; es ist die Klarste, Natürlich ist auch Hamerling nicht vor ungerechter, ja böswilliger entschiedenste Offenbarung seiner Weltanschauung und die ichärfste Beurteilung bewahrt geblieben. Am wenigsten wollte man Hamer Kriegserklärung des Idealismus gegen den Materialismus, des ling als Pyriter gelten lassen. Gewiß, gar oft mag die philo- Optimismus gegen den Pessimismus, dem hier in grotest- satirischer fophische Reflexion und Mittelbarkeit seiner naturschildernden Exkursionen Weise die Heuchlermaste vom Geficht gerissen wird. Zu feiner Zeit als etwas Störendes empfunden werden der unnachahmliche mehr als heute, in der Hochflut des kapitalistischen Klassenstaats, Zauber feiner Berssprache reißt doch unwiderstehlich mit. Es ist gewinnt dies Epos an Aktualitätsintereffe. Unfre Gegenwart hat Glut, die schließlich die dickste Herzrinde durchschmilzt. Köstliche im Homuntel ihr getreuestes Spiegelbild. Hamerling, der Dichter Lieder finden wir da wie hingehaucht in zartesten Farben und und Satiriker bleibt uns gegenwärtig. Tönen. Unschwer lassen sich ein paar Dutzend Gedichte neben­einanderstellen, die dem Hort der höchsten Tyrischen Weltliteratur einverleibt zu werden berechtigt sind und um dererwillen Hamerling schon allein als einer der tiefsten deutschen Lyriker nächst Goethe und Heine zu nennen ist.

Von seinen dramatischen Schöpfungen kommt ernstlich nur feine Revolutionstragödie Danton und Robespierre " in Betracht. Eigentlicher Träger der Handlung ist jedoch Robespierre, der auf­gefaßt wird als schwärmerischer Kämpfer für das Glück der ganzen Menschheit im Geiste Jean Jacques Rousseaus und hieran zugrunde geht. An der mächtigen Wirfung des Dramas von der Bühne herab kann schwerlich gezweifelt werden; seine Aufführung würde aber zwei Abende füllen, da es Kürzungen nicht verträgt. Mit dem zwveiaftigen Scherzspiel Teut" wähnte Hamerling eine national politische Komödie aristophanischen Stils in größerem Maßstabe und bon umfassender Bedeutung" geschaffen zu haben. Allein solches ist ihm nicht gelungen. Ganz verfehlt ist das Lustspiel Lord Luzifer", bom bühnentechnischen Standpunkte aus betrachtet; fein Wert als geistgefättigte Gesellschaftsjatire bleibt hingegen unbestritten. Sehr Bekannt geworden ist das in der Mitte zwischen Dratorium und Drama liegende Gedicht Die sieben Todsünden ". Es wurde für den Komponisten Adalbert von Goldschmidt geschrieben und ging in dieser Vertonung mit rauschendem Erfolg über zahlreiche Bühnen Europas .

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Der Periode dramatischer Betätigung war indes die epische vorangegangen. Mit der Venus im Eril", dem hohen Liede der Sehnsucht nach Schönheit und Liebe setzt sie ein. Zwei Jahre später ließ Hamerling sein herrliches Schwanenlied der Romantik" folgen. Hatte er in ihm den Maßstab seiner antimaterialistischen Ideale an seine Mitzeit gelegt, so legt er in seinem nächsten Werfe: Germanenzug" diesen Maßstab an sein Bolt, dessen hohe Mission als Kulturträger für die Welt hinreißend poetisch verherrlicht wird. Diese im Gewande der Kanzone gehaltene Dichtung, die 36 Strophen zu je 13 Verszeilen enthält, entstand innerhalb elf Tagen und stellt eigentlich Hamerlings erstes Epos vor. Immer entichiedener hat der Dichter sich der Gegenwart genähert, allerdings zugleich ebenso entschieden den Materialismus dieser Zeit bekämpfend: denn Hamerling ist und bleibt nach einem treffenden Ausspruch Laurenz Müllners ein Dichter der Sehnsucht nach Erneuerung des Zeit­Lebens im Sinne eines ästhetischen Idealismus. Er sucht

Ernst Kreowati.

Kleines feuilleton.

Hauswirtschaft.

Ruheuter ein billiges Fleischgericht. einen Verfuch mit der Bereitung von Kuheuter wagen will, der mache es ja nicht wie jener Genosse, der nach der Lektüre unserer Rezepte für Rinderherz( in Nr. 226 des vorigen Jahrgangs) hinging und für sich und seine Frau ein ganzes Ochsenherz beim Schlächter bestellte. Ein solches Herz wiegt beiläufig 5-6 Pfund, und es ist nicht jedermanns Sache, eine ganze Woche lang Tag für Tag Ochien herz zu essen. Ein Kuheuter aber würde noch weit ausgiebiger jeint. Doch ebenso wie Herz, Leber u. a. verkauft der Fleischer auch Kuhs euter im Ausschnitt und zwar zum Durchschnittspreise von 40 Pf. pro Pfund. Stammt es von einer jungen Kuh und wird es richtig bereitet, so ist es durchaus wohlschmeckend. In manchen fleinen Kneipen pflegen die Wirte wundermild dem Gast nicht selten gebratenes Kuh euter als Wiener Schnißel zu servieren, und selbst in der besseren Restaurantfüche spielt es im Frifassee von Huhn oft eine bedeutende Rolle. Die Schlächter arbeiten es mit Vorliebe in die Leberwurst hinein, die bekanntlich ihren Namen daher hat, daß sie keine Leber enthält.

Das Kuheuter darf nicht zu fett sein. Eine Kochdauer von 4-5 Stunden ist nötig, um das Fleisch weich zu bekommen. Man wäscht es gut ab und focht es in gesalzenem Wasser mit Suppen­wurzeln, Zwiebel, einigen Pfeffer- und Gewürzkörnern sowie einem Stüdchen Lorbeerblatt weich. Dann schneidet man es in Scheiben, paniert es mit Ei und geriebener Semmel und brät es in Fett zu schöner Farbe. Man reicht es als Beilage zu Schoten und Mohr­rüben oder zu Blumenkohl, auch zu Kartoffelsalat und dergleichen, oder man richtet es in einer fäuerlichen Sauce an, zu der man die Brühe nach Bedarf verwendet. Dazu passen Salzlartoffeln. llebrig bleibende Brühe läßt sich zu Graupensuppen u. dergl. benützen.

m. kt.

Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.