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zu Busch vorgehend, unter Schreien und Kreischen immer näher. sieht heute selbst das Schwarz rötlich. Das wirkt sehr unan Noch eine zweite Augel traf Chadschi- Murat, diesmal in die Seite. genehm.
Er legte sich im Graben hin, zog wieder ein Stück Watte aus In dem Salon von Eduard Schulte hängt vielerlei neben seinem Besamet und verstopfte damit die Wunde. Diese zweite einander. Am chejten Aufmerksamkeit verdienen Heilemann Wunde war tödlich, und Chadschi- Murat fühlte, daß er sterben und Feldbauer. Die Art beider ist uns im fleinen Format würde. Bilder der Erinnerung traten in rascher Folge vor seine der Heftseite befanni; Heilemann arbeitet für die Luftigen Seele. Er sah den starken Abununzal- Chan vor sich, wie er, mit Blätter", Feldbauer für die Jugend". Die Frage ist: Können sie der einen Hand die abgeschlagene, herunterhängende Backe festhal- das größere Format des Bildes füllen. Sie ist für den Berlince tend, sich mit dem Tolche auf die Feinde stürzte, und er sah den beinahe zu verneinen, für den Münchener fast zu bejahen. Heile blutleeren, hinfälligen alten Woronzow mit seinen listigen Augen mann ist weit glücklicher, wenn er für die flüchtige Stunde arund seiner glatten Zunge, und seinen Sohn Jusuf, und seine beitet; sein Talent ist das cines geschickten Arrangeurs, eines Gattin Sofiat, und das bleiche Gesicht seines Todfeindes Schamyl Tafeldeckers, eines Blumenbinders, eines patenten Schneiders. Das mit dem roten Bart und den halbgeschlossenen Lidern. Und alle reicht aber nicht hin, und die reine Form, die das Bild fordert, zu diese Erinnerungen jagten rasch an seinem Geiste vorüber, ohne bestreiten; so wirken denn die Bildnisse, die er lebensgroß auf Leineirgendeine Empfindung, sei es Mitleid, oder Haz , oder sonst wand malt unfrei und hilflos. Sie geben uns nicht mehr als ein etwas, in ihm hervorzurufen. Alles das erschien so nichtig im Ahnen von dem, was dieses Malers eigentliche Stärke. Am deutVergleich zu dem, was jetzt für ihn beginnen sollte oder schon be- lichsten tun das noch die Porträte zweier Kinder, die kokett zurechtgonnen hatte. Er raffte seine lebie Straft zusammen, richtete jich geputzt und geschickt hingestellt, die Nettigkeit der Modelle spüren hinter dem Schukwalle auf, schoß seine Pistole auf einen vorüber- lassen. Wo solche Reize aber fehlen, wie etwa bei dem Fürsten eilenden Milizsoldaten ab und traf ihn. Der Getroffene brach Bülow, bleibt Heilemann sehr langweilig und ledern. Mit Feldzusammen. Nun kroch Chadschi- Murat vollends aus dem Graben bauer ist es besser bestellt. Er hat immerhin eine Malerfaust. Sein heraus und ging, schwerfällig hinfend, mit dem Dolche in der Faust, Pinsel weiß zuzufassen und mit breiten Strichen wenigstens das dem Feinde gerade entgegen. Ein paar Schüsse wurden auf ihn Grobe des Lebens aufzureißen. abgegeben, und er wanfte und stürzte zu Boden. Eine Anzahl Recht merkwürdig liegt der Fall des Malers Alfred Lüdke, Milizen warfen sich unter lautem Siegesgeschrei auf den Körper von dem auch bei Schulte einige Proben zu sehen sind. Er malt des Gefallenen. Doch der, den sie für tot hielten, bewegte sich plös- auf Holz und Pappe mit irgendeiner Tempera, ganz dünn und lich. Zuerst erhob sich der blutige Kopf, von dem die Lammfell- transparent. Dabei macht er sich das Leben unendlich schwer mit müße heruntergefallen war, und dann recte fich der Rumpf in die tausend Strichelchen und Bünktchen und ähnlichen Mittelchen. Es Höhe und richtete sich, mit den Armen einen Baumstammt um- ist wie Miniatureumalerei auf Elfenbein und will eigentlich Mystik faffend, langjam empor. So entseßlich war dieser Anblick, daß sein. Deutsche Seele und so. Der Ungläubige hält es für alle, die herbeigeeilt waren, wie erstarrt dastanden. Doch plötzlich harmlose Spielerei für ein fränkliches Liebäugeln mit Caspar ging ein Beben durch Chadschi- Murats Körper er ließ den David Friedrich. Nur daß Friedrich aus einer Zeit, die in sich Baum los, fiel in seiner ganzen Länge, wie eine Distel, die die romantisch und sentimental war, durchaus natürlich zu erklären Sense getroffen, mit dem Gesicht voran auf die Erde und rührte ist; während Lüdke sein Empfinden in solche Stimmungen erst sich nicht mehr. Aber wenn er sich auch nicht mehr regte, so fühlte hineinschrauben muß. Man würde an dem unerquicklichen Schauer doch noch immer. Als Chadschi- Aga, der zuerst auf ihn zugeeilt spiel fühl vorübergehen, wenn man nicht wüßte, daß über diesen war, ihn mit seinem großen Dolche über den Kopf schlug, war ihm, Maler schon so etwas wie eine kleine Literatur zusammen gc= als schlüge man ihn mit einem Hammer über den Schädel, und kommen ist. Man steht ratlos vor dem Dilettantismus solcher er fonnte nicht begreifen, wer das tat, und warum es geschah.| Kunstschreiberei. Es war die letzte Empfindung, die ihn noch mit seinem Körper Im Kunstgewerbe- Museum wurde dem verstorbenen Er hat verband. Dann fühlte er gar nichts mehr, und das, was da von Otto Rieth eine Gedächtnis- Ausstellung gerichtet. den Feinden mit Füßen getreten und zerhadt wurde, hatte nichts sie verdient, wenngleich er eigentlich zeitlebens ein Unfruchtbarer mehr mit ihm gemein. Chadschi- Aga trat ihm auf den Rücken, war. Er hat tausende von Blättern hinterlassen, und davon ist fchlug ihut mit zwei Hieben den Kopf ab und stieß ihn vorsichtig, nicht eines ein wirklich brauchbarer Wert. Er hat Häuser auf um fich die Schuhe nicht blutig zu machen, mit dem Fuße zur dem Papier gebaut und neue Welten zusammenphantasiert. Aber Seite. Das hellrote Blut, das der Halsschlagader entströmte, färbte, niemals fand er die Kraft, seinen Einbildungen Körper zu geben. mit dem schwarzen Blute der Kopfwunden vermischt, das Gras. Was er wirklich baute( so das Haus Staudt in der TiergartenWie der Jäger über dem getöteten Wild, so standen Star- straße) war beinahe komisch. Er muß diesen Zwiespalt gespürt ganow, Chadschi- Aga und Achmet- Chan über den Leichen Chadschi- haben; es war ihm aber nicht möglich, sich aus den Nezen eines Murats und feiner gefallenen Muriden. Chanefi, Chan- Mahoma unlogischen Fabulierens zu befreien. Möge er allen, die es noch und Hamfalo waren überwältigt und gefesselt worden. Im Pulver- nicht lernten, das Gesetz des Objektes und die Forderung der Zeit R. Br. dampf durch die Büsche streifend, unterhielten sich die Sieger höchst zu achten, eine Warnung sein. vergnügt und freuten sich ihres Triumphes.
Die Nachtigallen, die während des Feuerns geschwiegen hatten, begannen jetzt wieder zu schlagen zuerit die eine in nächster Nähe und dann die andern weiter im Gehölz.
Der Tod dieses Menschen war es, den mir die zertretene Distel auf dem frischgepflügten Ader ins Gedächtnis rief.
Bei Paul Cassirer sind vierzig Bilder von Auguste Renoir zu sehen. Darunter wundervolle Werke der Frühzeit, Arbeiten aus den siebziger Jahren. Damals hat Renoir seine stärksten und einheitlichsten Wirkungen erreicht. Er malte die" Französin, das graziöseste aller Weibchen, er malte dies zur Liebe bestimmte Geschöpf inmitten einer Atmosphäre von farbiger Zärtlichkeit und Todenden Klängen. Diese Frauen waren eigentlich nur ein Teil ihres Milieus; ihr Dasein war nicht wesentlich verschieden von dem der Blumen, die um sie herum blühten, von dem der Lüfte, die sie weich umwebten. So scheinen die Bilder des frühen Renoir bald Teppiche, bald Glasflüsse, aus Sinnlichkeit geboren; die Farbe ist zugleich edelsteinhart und flüchtig wie Düfte. Durch die Zierlichkeit der Figuren, die fast immer ein wenig unter Lebensgröße herabgedrückt sind, empfinden wir das girrende Buppenspiel noch unwirklicher; obgleich die Püppchen in sprühender Lebendigkeit atmen und ihre Augen in Feuchtigkeit schwimmen. Zuweilen denkt man zwischen den Zeilen an Conrad Kiesel , diesen Deutschen des füßen Kitsches; dann erkennt man aber auch sofort, wodurch sich der Franzose von den Niederungen der Atelierpose scheidet. Stiefel ist die glatte Akademie, Renoir ist ein Naturereignis, er ist wie ein Jubeln der jungen Erde, die unter der Umarmung des Lichtes erwacht. Solches gilt freilich nicht von dem gealterten Renoir, von dem wir bei Caffirer zugleich einiges, beinahe zubiel treffen fönnen. Er hat seine sichere Hand verloren und die Innigkeit der Konzentration, mit der er einst die Farbenspiele in eine freisende Form brachte. Was aber schlimmer ist: er wurde ein Rotseher; er
Neue forfchungen
über die Intelligenz der Tiere.
Seit einigen Jahren ist die Wissenschaft der Tierpsychologie in eine neue Phase eingetreten. Man begnügt sich nicht mehr da mit, wunderbare Beispiele von der Schärfe des Instinkts und der Klugheit bei Tieren zu geben, allerlei Heldentaten von Affen und Hunden zu erzählen, sondern man stellt egatte Experi mente mit ihnen an, um zu erkennen, wie sie in bestimmten Situationen sich benchmen. In einem vor furzem erschienenen Buche über Tierintelligenz stellt einer der Forscher auf diesem Gebiet, Edward L. Thorndike , seine Versuche zusammen. Er hat Kazen, Hunde und Küchlein, die Hunger hatten, in mit einer bestimmten Vorrichtung verschlossene Käfige gebracht und beobachtet, was für Anstalten sie trafen, um zu dem außerhalb des Käfigs hingelegten gutter zu gelangen. Die eingeschlossenen a ben benehmen fich zunächst außerordentlich aufgeregt, beißen und fragen an den Stäben herum, stecken die Pfoten durch die Zwischenräume, bis sie die Nuglosigkeit ihres Beginnens erkennen. Nach acht bis zehn Minuten werden sie ruhig und versuchen, auf weniger gewaltsame Weise aus dem Käfig herauszufommen. Sie probieren an dem Verschluß herum, bis sie zufällig auf das System der Oeffnung stoßen und sich befreien. Wird der Versuch mehrere Male wiederholt, so gelingt es der Kaze sogleich, den Riegel zurüdzuschieben oder den Knopf oder Strid zu finden. Wird sie in einen anderen Käfig gesetzt, dann miaut sie erst nicht mehr fläglich, sondern versucht sogleich zu öffnen. Die Hunde zeigen cine davon verschiedene Art des Benehmens. Sie sind von Anfang an viel ruhiger, gelangen schneller zum Verständnis des öffnenden Mechanismus und erinnern sich dann mit großer Genauigkeit. Die größte Erregung und die geringste Fähigkeit, sich aus ihrer Lage zu befreien, zeigen die Hühner, so daß aus diesen Experimenter die Hunde als die flügsten Tiere hervorgehen. Thorndike kommt nach seinen Erfahrungen zu dem Schluß, daß die Tiere nicht wie