Ja fte ergießt sich der Mutdruck und der starke Zufluß preßt auf Lie Bindehäute und die Tränendrüsen. Diese aber reagieren auf 4ien ungewöhnlichen Blutandrang durch die Aussonderung der Tränen. Wie beim Weinen vollzieht sich hier die Umwandlung des Blutes zu Tränen, es tritt jenerweihe Aderlaß" ein, der dem im Kopfe gestauten Blute einen Abfluß schafft und dadurch die Gefahr eines Schlaganfalls auf natürlichem Wege beseitigt. S. Kleines Feuilleton. Maxim Gorki begeht am 14. Mörz seinen 50. Geburtstag. Zwanzig Jahre sinds her. als er feine ersten Skizzen in einem obskuren Provinzblatt des Kaukasus veröffentlichte. Niemand achtete des Autors, von dem man nicht einmal seinen wahren Namen wußte. Erst später, nachdem eine neue in einer weilverbreiteten von Wladimir Korolenko herausgegebenen Revue erschienene Er- zählung die allgemeine Ausmerksainkeit auf sich gezogen hatte, er- fuhr man, daßMaxim Gorki "(Gorti heißtder Bittere") das Pseudonym eines jungen Mannes Alexei Pjeschkoff war, der aus Rischny Nowgorod stammte. Und welch ein tragisches Dasein lag da schon hinter ihm I Im elendgesättigten Milieu des russischen Stadtproletariats als ein richtig verwaister Vogel ohne Nest aufge- wachsen, ward er nach einem nur vierwöchigen Besuch der Elementar- schule bald hierhin, bald dorthin umhergelrieben. Nacheinander war er Laufbursche bei einem Schuhmacher, Lehrling bei einem Zeichner, einem Heiligenbildmaler, einem Gärwer gewesen bis er schließlich, zwölf Jahre alt, als Küchenjunge auf einen Wolgadampfer kam. Lange litt es ihn auch da nicht. Der Bildungshunger trieb den kaum Fünfzehnjähigeu nach Kasan er beabfichtigie allen Ernstes an der dortigen Universität zu studieren. Aber man vorlachte ihn. Und statt aus die Hochschule kani er in eine finstere, massige Back- stube, und mußte um jämmerlichen Tagelohn drei Jahre lang Bretzeln backen. Dann wurde er Lastträger, Slrnßenhändler. bis ihn schließ- lich nach einem aus Verzweiflung unternommenen Selbstmordversuch der Wandertrieb packte. Mit Vagabunden aller Art, mit Bettlern, Pilgern, Steppenhirten lebte er das Dasein eines Fechtbruders, der auch mal Arbeit nimmt, um aber bei der ersten Gelegenheit wieder weiterzuziehen. Eine Zeitlang war Gorki auch bei einem Rechts- anwall als Schreiber beschäftigt. Doch dann zog's ihn wieder in die Weite, in die Steppe, an's Schwarze Meer , in den Kaukasus . Und was er auf diesen Wanderungen im kameradschaftlichen Verkehr mit den Ausgestoßenen der menschlichen Gesellschaft sah und litt, das brachte er zu Papier . Es entstanden seine Landstreichergeschichten; und so wurde er Schriftsteller. Längst ist Gorki eine europäische Berühmtheit geworden, bald in den Himmel erhoben, bald verlästernd umstritten. Ein wahrer Gorkitaumel hat zeitweise die bürgerliche Lesewelt ergriffen. Sie erkor Gorki zu ihrem Modedichter; und wir alle haben es ja auch anläßlich der Aufführungen desNachtasyl "-Dramas in Berlin erlebt: wie die Bourgeoisie sich ins Theater drängte, um sich durch den Anblick jener verkommenen Barfützergestalten die Nerven kitzeln zu lassen. Denn um nichts anderes drehte es sich bei ihr! Dieselbe Gesellschaft, die für das ökonomische und soziale Elend deS heimischen Proletariats nur ein höhnisches Achselzucken überhaupt zu haben pflegt, saß in rauschenden Seidenroben zu Füßen jener russischen Enterbten und weinte Tränen p>es Mifteidenö, das aber doch nur Heuchelei war.... Es soll hier heute nicht das von Gorki seither Geschaffene im' einzelnen betrachtet werden. Seine Produktivität ist so unerschöpf- lich als vielseitig. Als Dramatiker hat er zu uns ge- sprachen und als Erzähler. In dieser letzteren Eigenschaft jedoch am stärksten. Und da hinwiederum am elementarsten in seinen kleineren Prosadichtungen. Er griff sei,« Barfüßer direkt aus dem Leben. Hinter allen diesen Helden und Heldinnen von der Land- straße verbirgt sich wirklich ein elementarer Aufruhr, ein feuriger Ausbruch menschlicher Persönlichkeit, ein unbewußter Protest gegen den unerträglichen Druck der herrschenden kapitalistischen Gesellschaft von heute. Die neue chinesische Schrift. Da nun einmal in Ehina alles neu werden soll, so hat man sich auch mit Eifer der Reformierung des wichtigsten Bildungsmittels, der Schrift, zugewendet und nach langem Bemühen einen Erfolg erzielt: eine neue chinesische Schrift ist fertig und harrt der allgemeinen Einführung. Bisher war es nur den Gelehrten möglich gewesen, chinesisch zu schreiben, denn die Sprache des himmlischen Reiches umfaßt nicht weniger als 80 000 Worte und der Unglückliche, der seine Muttersprache auch schriftlich festhalten wollte, mußte nicht weniger als 80 000 Zeichen erlernen. Mittel zur Erleichterung und Vereinfachung waren zwar schon vielfach vorgeschlagen worden, kamen auch vielfach zur An- Wendung, aber eine endgültige Lösung stand noch aus. Wie Leon Conseil nun in einem Aufsatz über die neue chinesische Schrift mit- teilt, haben es die Bemühungen des Legationssekretärs der chine- fischen Gesandtschaft in Rom . Tschao-Hi-Tschiu, im Verein mit denen zweier Kollegen bewirkt, daß von einem jungen Sprach- gelehrten, dem Profeffor am Orient-Jnstitut in Neapel , R i b e t t a de Solonghello,"dine neue chinesische Schrift ausgearbeitet wurde. Vor zwei Jahren wurde in Rom dieGesellschaft der neuen chinesischen Schriftzeichen" begründet, die im Heimatlande viele Anhänger fand: von ihr wurde Prof. Rivetta beauftragt. Wie der Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Professor dem Verfasser erklärte, war eS notwendig, um alle Klänge der chinesischen Sprache genau wiederzugeben, die Buchstaben auS vielen existierenden Alphabaten zu entnehmen. Das nun festge- stellte Alphabet umfaßt Buchstabe. ,, von denen 8 3 Vo- k a l e und 19 Konsonanten sind. Bon den 23 Vokalen sind vier dem griechischen Alphabet entnommen, vier dem russischen, fünf dem lateinischen, ein einziger dem chinesischen ; von den neun anderen Vokalen find zwei sogenannte modifizierte oder verlängerte Vokale und sieben umgekehrte Vokale. Von den 19 Konsonanten sind vierzehn dem lateinischen, drei dem russischen und zwei dem griechischen Alphabet entlehnt. Mit diesen 42 Buchstaben kann man nun alle Worte der chinesischen Sprache schriftlich fixieren, d. h. die der gesprochenen chinesischen Sprache, ldie im ganzen himm- lischen Reich verstanden wird und die die Mitte hält zwischen den verschiedenen Dialekten und der eigentlichen Schrift- oder Manda- rinensprache. Die Schrift besitzt schon jetzt zahlreiche Anhänger, besonders im Süden Chinas . Die Schöpfer der Schrift hoffen, daß die Republik ihre Reform offiziell anerkennen wird. Geographisches. Sport und Forschung im Südpolargebiet. Die Pole sind überwunden und damit legt die Menschheit wieder ein- mal ein Problem beiseite, das jahrhundertelang als ein Phantom gegolten hat. Und ein Phantom ist es zum großen Teil auch ge- wesen, denn kein Geograph wird behaupten oder zugeben, daß diese beiden Punkte aus der Erde trotz ihrer einzigartigen Stellung als Forschungsziel einen hervorragenden Wert besitzen. Wenn sie nun- mehr beide erreickt worden sind, so bedeutet das nicht etwa das Ende, sondern eher den Anfang einer eigentlichen Polarforschung. Das Wettrennen hört auf, und die Slellung und Erfüllung der Aufgaben, die in dem Polargebiete zu lösen sind, können als rein wissenschaftliche Gesichispunkte sich vollziehen. Damit soll nicht bestrilten werden, daß das Streben nach den Polen auch seinen idealen Wert und seine bedeulenden Folgen gehabt hat. Durch den großen Reiz, den es auf ehrgeizige Naturen ausgeübt hat, ist es eine gewaltige Förderung auch für die Forschung in höherem Sinne gewesen. Dieser Einfluß zeigt sich für das Nordpolargebiet schon jetzt nach der negativen Richtung, indem das Interesse für Nordpolarreisen seit dem Siegeszug Pearys stark abgeflaut ist, und die gleiche Folge wird sich nun auch in dem Süd- polargebiet zeigen. Der Pol ist erreicht, folglich gibt dort nichts mehr zu suchen das wird sich das sogenannte Publikum sagen und ebenso die Leute, die bisher die Führer waren, wo es galt, sein Leben für solche Pionierzüge in? Unbekannte einzusetzen. Was tun denn nun aber die Expeditionen, die jetzt noch nach dem Südpolargebiete unterwegs sind, darunter auch eine große deutsche Unternehmung? Haben sie nun ihr Ziel verloren, und muß ihr Wert nun von vornherein als herabgesetzt betrachtet werden. weil die Erreichung des Pols ihnen vorweggenommen worden ist? Man kann diesen Fragen nun gleich eine andere anschließen, die zum Teil schon eine Antwort enthält, nämlich: Warum geht denn Amundsen, nachdem er den Südpol gleichsam überrumpelt hat, doch noch nach dem Nordpolargebiet, da? nach dem ursprünglichen Plan sein Ziel sein sollte? Gibt eS denn für ihn nach seinen bisherigen Triumphen und nach der Ueberwindung des Nordpols durch Pearh dort noch etwas zu holen, was sich seinen bisherigen Leistungen würdig an die Seite stellen könnte? Er selbst muß dieser Ansicht doch wohl sein, denn sonst würde er nach seiner Reise nach dem Südpol , an dem vermutlich jeder andere sich zunächst genügen lassen würde, lieber nach Europa zurückkehren und dort die seiner harrenden Lorbeeren in Empfang nehmen, anstatt sein Leben gleich darauf aufs neu« für einen minderweritgen Ruhm zu wagen. Seine Entscheidung kann nur dadurch herbeigeführt worden sein. daß Amundsen eben zu den Polarreisenden höheren Ranges gehört, die gleichzeitig den Rekord im Auge behalten und wesentliche Forschungsziele verfolgen. Er ist darin ein würdiger Nachfolger Nansens , der nach seiner großarttgen Expedition, die ihm den Weltruf erwarb, ein stiller Forscher. man möchte sagen ein Stubengelehrter geworden ist. Diesen Gang der Entwickelung wird Amundsen vielleicht niemals nehmen, aber er bedeutet auch bei Nansen nur, daß er stets ein Forscher gewesen ist, und nicht nur ein Rekordbrecher wie Peary , der in dieser Hinsicht nicht in einem Atem mit jenen beiden Männern genannt werden darf. Da? Programm, das für die nun be- vorstehende Nordpolarreise AmundienS seinerzeit veröffentlicht worden ist, enthält eine solche Fülle wissenschaftlicher Aufgaben, daß es be, ihrer Erfüllung fraglich sein würde, ob Amundsen im Süd- polargebiet ähnliches hat leisten können, trotzdem er doch den Pol bezwungen hat. Die große Masse ober urteilt über einen solchen Erfolg meist anders als die Wissenschaft, und dos wird wohl erst anders werden, wenn die weißen Flecken von der Erdkarte überhaupt verschwunden sind. Gerade im Südpolargebiet hat es schon bei der großen Kampagne in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts Unternehmungen sehr verschiedener Art und sehr verschiedener Leistung gegeben. Die deutsche Expeditton unter Erich v. Drygalski ging wenig über den Polarkreis hinaus, während die englische unter Scott die damals unerhörte Breite von 32 Grad 17 Minuten erreichte. Und doch dürsten die Ergebnisse der deutschen Expedition ollen an- deren an Bedeutung überlegen sein. So wird eS hoffentlich auch mit der neuen antarktischen Expedition unter Filchncr sein. Druck u. Verlag: vorwärtsBuchdruckerel U.VerlagsanstaltPaulSingerchLo.,BerIinLW.