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Entstand eine Unruhe in der Schar. Die Straßenjungen, die Franziska Mann: Frau Sophie und ihre Kinder. immer alles zuerst witterten, pfiffen auf den Fingern und( Rütten u. Loening, Frankfurt a. M.) Wenn der alte Fontane in gogen in die Seitenstraßen hinab. Dann geriet die Masse feinem Stechlin fagt:„ Heldentum ift Ausnahmezustand und meist in Bewegung, die Polizei folgte in scharfem Marsch in der Produkt einer Zwangslage", so scheint diesem Aphorismus die Ge schichte zu widersprechen, die uns Franziska Mann, die Verfafferin Mitte der Straße. Die Fabrit hatte die Arbeiter aus einer verschiedener durch die Feinheit ihrer Beobachtung fesselnder KinderHintertür hinausgelassen. Ganz unten an der Guldberg- gefchichten, hier im schlichten Stil echter Herzenswärme erzählt. Straße zogen fie dahin, niedergeschlagen, ohne sich umzusehen, Denn das Heldentum dieser Frau Sophie, die ihr eigenes begleitet von einer ganzen Eskorte von Schußleuten. Sie Glüd, ihre ihre Liebe, ihr ganzes Leben den Kindern opfert, wurden schnell eingeholt und nach Hause gebracht, von einem die nicht einmal ihre eigenen find, ist fein Ausnahmeso wenig Produkt verig genutter name zustand und einer Zwangslage, wie unheimlichen Ronzert begleitet, das hin und wieder von austand einem:„ Die Ehrenmänner sollen leben, hurra, hoch!" unter- es das heimliche Märtyrertum fo vieler Frauen ist, die still und in der abgeschlossenen Enge ihres Kreises schaffen und helfen und brochen wurde. trösten und das flutende Leben draußen vorüberrauschen lassen, taum daß eine Welle in ihre dunkle Welt hineinsprizt. Ruhmloſe Seldinnen! wie viele gibt es ringsnm und wie wenige gibt es, die folches Heldentum verstehen! Frau Sophie und ihre Kinder" ist ja im Grunde ein Buch für Frauen von einer Frau, doch fönnte man es ein Männerbuch nennen. Die Männer sollten solche Romane lesen und der Größe jener Tragik inne werden, die das Schidial so vieler weiblicher Staubgrauen Existenzen ist. Und daß die Frauen ein schweres Schicksal ohne Zwangslage" auf sich nehmen, aus einem selbstlosen, starten, freudigen Willen heraus Seelengüte und Tüchtigkeit des Charakters- das ist das und Erhebende an diesen einfachen Geschichten. Schöne Die allgemeine Tragödie des Lebens beginnt ja erst dort, wo die Lauten Abenteuer aufhören. Aber auch wenn das Leben nicht zur Tragödie wird, sondern sich nur im ewigen Gleichflang freiwilliger Entfagung abspielt, wie hier das opferbereite Leben der flugen und von der Verfasserin mit so viel Tiefgeistigem geschmüdten Frau Sophie, dem die traditionelle Ergebenheit fehlt, fann es beschreibens wert" fein. Und lesenswert! Und so lehrt uns das Buch Mathilde Manns, daß neben dem Existenzkampf das Weib auch noch andere Kämpfe zu bestehen hat und daß es Siege des Lebens gibt, auch wo es scheint, als ob eine Niederlage zu verzeichnen sei. Frau Sophie Lebens, in ihrer Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit, in ihrer Fröh in ihrer flaren Energie, in ihrer selbstsicheren Gestaltung ihres lichkeit der Seele, die alles Jchverlangen um der Kinder willen dämpfte, ist eine Lebensfiegerin, wenn sie auch die eigentliche Glücks straße nicht wandelte.
Die Streifposten gingen in einer langen Reihe neben bem Zug her, eifrig beschäftigt, jeden einzelnen festzustellen, und Belle ging mitten in der Menge und suchte übereilte Handlungen zu verhindern. Es lag Grund vor, sich in acht zu nehmen. Noch saßen mehrere Männer im Gefängnis, weil fie während des Streits im Winter Brügelei mit einigen Streitbrechern gehabt hatten, und die Polizei hatte von oben her strengen Befehl. Die Presse der Besißenden schrie jeden Tag nach harten Verhaltungsmaßregeln und verlangte, daß jedes Busammenströmen auf den Straßen und namentlich vor den Fabriken mit Hilfe der Polizeistäbe zersprengt werden follte.
Hier und da trennte sich ein Streifbrecher von der Ab. teilung und lief in die Haustür zu seinem Heim hinein, von einem langen Pfeifen gefolgt.
In der Schar befand sich ein einsamer Mann, alternd, aber noch fräftig. Belle kannte ihn. Er hielt sich ganz an der Seite, als schäme er sich, unter dem Schutz der Polizei zu stehen, und ging gebeugt und schwer auf dem Bürgersteig hart an der Häuserreihe dahin. Das Haar war start ergraut, die Bewegungen gelähmt. Es war Maurer Hansen, Stolpes alter Arbeitskamerad und Fachgenosse, bei dem Belle im Winter gewesen war, um ihn von der Streifbrecherarbeit zurückzuhalten. Dem geht es nicht gut, dachte Belle und behielt ihn unwillkürlich im Auge. Die Verfolgung hatte ihn mitgenommen.
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( Fortsetzung folgt.)
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aus
Neue Erzählungsliteratur. ſtattlichen Reihe weiblicher Geiftes, oft auch nur Federprodukte
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am Ende
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Diese bewegenden Bücher wirken awar nicht am faufenden Webstuhl der Beit", es find troß ihres inneren Aufruhrs paffive Bücher. Indessen soll ich Berta v. Suttners Roman: Der Menschheit Hochgedanken( Verlag der Friedenswarte, Berlin . Wien , Leipzig ) um ein drittes Buch einer Autorin von Ramen aus der na herauszunehmen ein aktives, ein positives Buch nennen? In Leonore Frei: Das leuchtende Reich.( Cottasche 2. Freis feelisch durchzittertem Roman, bermindert auch in Fr. Manns Buchhandlung, Stuttgart und Berlin .) Es ist ein beachtenswertes ethisch verklärter Erzählung- handelte es sich um eine feierliche und Symptom, daß in einem Stoß bon Nobitäten ein Buch aus der ununterbrochene Zwiesprache zwischen dem Wesen und seinem SchickFeder des schwachen Geschlechts als das stärkste erscheint. Leonore fal, es handelte sich darum, den zögernden Schritten der Kreatur Frei wandelt nicht den bequemen Weg der Durchschnittsthemen, fie nachzugehen, die sich einer Schönheit, einer Wahrheit nähert oder davon zeigt sich als eine Frau von blühender Phantasie. Zwar ist die entfernt. Bei Frau Suttner gibt es eine Zwiesprache, einen Dialog Phantasie der Tintenweiber" gemeiniglich identisch mit Unflarheit der Personen über Kulturdinge und viel Redner, Rednerinnen und und Berfahrenheit, indessen Leonore Frei weiß, was sie will, fie hat Reden, Utopien, Borschläge zur Weltverbesserung, alles aus dem eine disziplinierte Phantasie. Die Antite hat's ihr angetan, die zur- bekannten„ adeligen Sinn" heraus. Es sieht aktiv" aus und ist geit wieder auferstandene Dreftie hält ihren Geist gefangen. Und so doch nur Schwärmerei, eine Agitation aus der dichtet sie sich einen Menschen, in dessen Geiste gleichfalls das antike Aristokratenperspektive. Wir befinden uns in Frau Suttners Bu Schicksal und seine Tragödien leben und der jedes Geschehen des funftsroman, der für das Friedensideal tämpft, für einen sozialen Tages mit hellenischem" Gefühl zergliedert, empfindet und in gu- Zustand, in dem die Brutalität ausgeschaltet sein soll, in Gesellschaft fammenhang mit antiken Vorkommnissen bringt. Daniel Achilles lebt in von Hochgebanken" und" Höhenmenschen", unter denen der Fürst feinem leuchtenden Reich der Unwirklichkeit, untersucht alle berühmten nicht fehlt, indessen diese beredte Agitatorenarbeit der fürstenliebenden Griechengestalten auf Schicksalslinien, die mit seinem eigenen Leben und pastetenessenden Franka ist eben doch nur ein Wortidealismus, gleichlaufen, und forscht so nach der eigenen„ Urseele". Er selbst der um den Kern der Dinge, um die Wurzel des Menschheitselends fcheint sich eine Wiedergeburt von Dreftes, seine Mutter, die den in elegantem Bogen herumgeht. Es gibt eine Ethif, die vor der Gatten baßt und einem Verwandten zugeneigt ist, Klytemnestra , Hand noch eine Lurusethit ist, so lange nicht höhere und wichtigere und in grauenhafter Furcht sieht er der Tat des Dreftes, des Mutter- fittliche Forderungen erfüllt sind. Darum bleibt für uns dieser mordes, entgegen. Diese Visionen eines jungen Menschen, der dem mutige und gewiß von glühendem Weltverbesserungseifer getragene passives Buch. Justale nüchternen Alltag entrüdt, mit einem fiebernden Hirn und einem Kampfroman eben doch auch nur ein phantastischen Innenleben herumläuft, fönnten uns wenig interessieren, Gleichfalls als Anwalt einer guten Sache gibt sich: Der wenn die Verfasserin mit ihren Phantasien willkürlich jonglierte. Untergang der Anna Hollmann", Erzählung von Aber nicht nur die geistvolle Diftion bannt, die, mit einem Gustab Frenssen.( Berlin , Grotesche Verlagsbuchhandlung.) foliden Wissen ausgerüstet, Gedanken und Reflegionen fünstlerisch bien hat in seinen Stügen der Gesellschaft" die Gewiffenlosigkeit au formen weiß, es lebt in den Schilderungen auch ein Stück feffelnde raffgieriger Reeder ins Rampenlicht gestellt. Sein Konful Bernid Psychologie der Seele des Einsamkeitsmenschen, es geht auch ein läßt secuntüchtige, dem Untergang geweihte Schiffe auslaufen, ohne tieferer Sinn durch das Buch, der es über die Schablone erhebt. In Rücksicht auf ihre menschliche Fracht. Das Geschlecht der Hollmann Achilles haben wir den in die Einsamkeit hineingeborenen Menschen, ist von derselben Strupellosigkeit, die" Anna Hollmann" ist eins der an seiner eigenen Natur zugrunde geht. Vielleicht ist es der ihrer berüchtigtsten Schiffe. Es ist nicht nur ein morscher Raften, es Urtyp des Dichters, jenes schönheits- und wahrheitsbedürftigen ist auch eine Galeere. Die Mannschaft der Anna Hollmann" wird Menschen, den das heutige brutale Leben zermalmen muß. Ist dieser ausgenußt, arbeiten und hungern ist ihr Los, dietveil sich Koch und Typ mit einer bewundernswerten Feinheit geschildert, so zeigt die Kapitän bereichern au dem, was sie den Schiffssklaven abgeknaufert. Gestalt der Mutter die Gestaltungskraft der Autorin in noch er- Ein Stüd foziales Elend für sich, dieser Hollmann- Staat. Sie höhtem Maße. Auch an dieser Frau haftet die Tragit, vom Leben fennen fie alle, die Seeleute im Hamburger Hafen , diese Ausbeute auf den unrechten Platz gestellt worden zu sein. Und da sind wir wirtschaft, dieses kapitalistische Piratentum, man fnirscht mit den beim eigentlichen Kern des Romans angelangt: das Unglück einer Bähnen und ballt die Fäuste, wenn der alte Hollmann in seiner Karosse falschen Lebensstellung. Wie viele Keime erstickt dieses Unglüd, welche der Kanaille Staub in die Augen sprigt- allein was sollen sie machen? Tragödien schafft es, wie mordet es die Menschen und unter Immer wieder finden sich Notdürftige, die sich auf die„ Anna Holldiesem Thema das Leitmotiv: Versöhnung, Verstehen! Leonore Frei mann" anwerben lassen. Jan Gouldts Bater starb auch auf der hat, obwohl ihr Buch in Poefie getaucht ist, feinen femininen Bug, Anna Hollmann", und dieser Knabe ist geimpft mit dem Haß gegen fie ist als Dichterin gleichfalls aus dem leuchtenden Reich". das Mordschiff und feine Herren. Zweierlei Themen hat Gustav Eine andere Frau mit gutem Namen reiht sich ihr an: Frenssen angespannt: die Schilderung der Gewissenlosigkeit der
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