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großen Reeder und die Charakterentwidelung des jungen Jan Gouldt. 1 Mit diesen Bestandteilen mischt er seine eigene bizarre, man fönnte fagen In diesem Blankeneser Schifferssohn, der von einer berbitterten| Mechanikphantafie, und heraus tommt eine literarische Erzentrik Mutter erzogen ist, brennt das Rechtschaffenheitsfieber. Er nummer, die jeden Leser ungemein fesseln muß, der sich über einen repräsentiert das Mimosengewissen gegenüber dem Wikingergewiffen außerordentlichen Scharfblid und eine fixe Logit freut, mit der hier der Schiffsherren. Leidenschaftlich sehnt er sich, Rache zu nehmen abenteuerliche und phantastische Schlußfolgerungen aus Tatsachen für den Tod seines Vaters, jedoch als das Geschick ihn auf der der Experimentalphyfit, Optit usw. in scheinbar unwiderleglicher Anna Hollmann" mit dem Entel der gehaßten Hollmanns zu Weise gezogen werden. Die Groteske behandelt den Zusammenstoß fammenbringt, schlägt sein Haß in die zehrende Flamme eines riesenstarken Demonstrators an einer Provinzuniversität, der der Bekehrung um. Er will, daß die Hollmanns fich sich auf geheimnisvolle Weise unfichtbar gemacht hat, mit dem forretten befinnen, daß der Entel gut gemacht, was die Vor- und überaus leiblich sichtbaren Philistertum eines englischen Landeltern berbrochen. Es ist die legte Fahrt des schlimmen städtchens. Mr. Griffin hat in Verfolgung eines Tierexperiments Schiffes, und Frenffen beweist wieder, wie einst in der Kriegs- fein Bellengewebe durchsichtig gemacht, indem er dem roten Stoffe schilderung seines Meisterwerkes Jörn Uhl", in der Schilderung des feines Blutes die Farbe nahm. Seine Glieder wurden glasartig, Unterganges der Anna Hollmann" nicht nur sein plastisches Ge feine Knochen und Arterien schwanden, zulegt sah man nur Pigmente ftaltungsvermögen, sondern auch sein Miterleben, sein startes Gefühl. flecke. Als ein bekleidetes Gespenst, ein Haufen Kleider ohne förper Gefühl ist überhaupt die Stärke dieses legten Romans, im Dichter lichen Träger geht er nun durch die Menschheit, stiftet Unheil und spricht der Versöhnungsapostel, der die Menschenliebe berkündet. Der Verwirrung an und nimmt schließlich ein schlimmes Ende. Das individuelle Stil, der uns in Jörn Ubl" entzüdte, er ist umpersönlicher Phänomen und seine Durchführung in seiner berrenkten und doch geworden, ja manchmal treffen wir auf Stellen offensichtlicher Nachscheinbar streng wissenschaftlichen Form ist ein kleines Kabinettstud lässigkeit. Aber dann strahlt wieder die ausgleichende Wärme, man grotester Fabulierkunst. fieht einen Menschen, den die soziale Not erbarmt und schmerzt und Wieder zurück auf den Boden der Wirklichkeit und mitten hinein dem es weniger um ausgefeinelte Finessen zu tun war, als um in ein Menschheitsproblem führt: Sterben... ich bitte die Macht des Bewegens. Und Gustav Frenssen bewegt d'ar um bon Mar Nassauer.( Berlag Otto Gmelin , in diesem Buche menschlicher Leiden, und andererseits zeigt München .) Gedanken in einem Roman, in einer Novelle sollten er sich wieder am Bilde seines Jan Gouldt als ein aus eigentlich etwas Selbstverständliches sein. Dennoch darf man, wie gezeichneter Seelenanatom, und als der alte, liebe Sinnierer". auch in der Lyrik Gefühls- und Gedankenlhrif fich scheiden, wie ge Man fann fagen, es liegt" Frenssen , den den Typus der wisse Theaterstücke unter die Bezeichnung Jdeendrama fallen, be Schwerlebigkeit zu zeichnen. Jan Gouldt ist einer von jenen pflicht- stimmte Bücher speziell als Gedankenbücher ansprechen. Solche zähen Seelen, auf die das schöne Wort„ frühtätige Menschen" paßt. fpeziellen Gedankenromane waren und sind nicht immer im ästhetischSie müssen einsam bleiben in ihrer strengen Tüchtigkeit. Aber fünstlerischen Sinne einwandfrei, ja diefer Bildungspoefie", wie fie unseren Jan Gouldt traf das Unglück doppelt: die Natur gab ihm z. B. um die Zeit des halbfreien David Friedrich Strauß herum zu dickes Blut und der Untergang der Anna Hollmann" berwirrte graffierte und zur Bildungsphilisterei für die dentfaule Mittelmäßige ihm die Sinne. Als es wieder hell um ihn wurde, blieb er dennoch feit wurde, haftet sogar in den meisten Fällen der trockene Hauch des ein Finsterer. Und als er der Jugendgeliebten wieder begegnet, Bedantischen an. Der Münchener Arzt und Schriftsteller Mag wandte sie sich ab von dem Kranken, Tauben, Kühlen. Jan Gouldt Nassauer hat sich in seinem Propagandabuche, das zum menschlich blieb ein Einsamer und starb einfam. Er nahm alles als Ehren warmen Fürsprecher und Freisprecher der Aerzte wird, die einen fache" das war seine Tragit, die Tragit aller ernsten Menschen. Schwerleidenden durch einen schnellen und sanften Tod erlösen und Das Buch wirkt ein bißchen wie ein Torso, als ob die Geschichte so für ihn zum eigentlichen Helfer werden, von aller nüchtern mit diesem geschehnislosen Aufhören noch nicht zu Ende sein sollte, polemischen Fachschreiberei ferngehalten. Seine Ausführungen an auch fehlt ihr das Befreiende, jener goldene Schimmer, der„ Jörn der Hand eines ergreifenden Falls find weder nur Daten aus dem Uhl" überglänzte, stellenweise scheint man die mühsame Feder des ärztlichen Journal, noch bloße Agitation für das Recht des Kranken, Verfassers zu spüren. Aber man fühlt hinter der Erzählung den das heißt des Unheilbaren, auf einen erlösenden Tod und für die Menschen, und das ist eines Buches bester Teil. moralische Verpflichtung des Arztes, dem armen Leidenden zum Sterben im abgekürzten Verfahren zu verhelfen sondern diese fittliche Forderung" ist in ein dichterisches Gewand verwoben. Tendenz und Absicht treten scheinbar zurüd hinter die poetische Form und wachsen doch gerade unter dieser zwingenden Form um so stärker hervor. Der Gedanke" hat seine Aufdringlichkeit verloren und lebt doch in der plastischen Schilderung des Kranken und der Kämpfe des menschlich fühlenden Arztes, der sich zulegt zur befreienden Tat durchringt mit bohrender und überzeugender Macht fort. Unfere Gefeße räumen dem Menschen kein Recht auf sein Leben oder seinen freiwilligen Tod ein, noch weniger erlauben fie einem Zweiten, das Leben des anderen im dringenden Fall zu verfürzen. Werden Bücher, die sich gegen die Tyrannei und Unmenschlichkeit der Paragraphen wenden, unsere Gefeße und Gesetzgeber umzustimmen vermögen Nun, vorderhand werden sie wenigstens die Köpfe klären.
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Als ein reiner Tendenzroman ist ein Berliner Roman von Christian Sirn: Das moderne Ghetto aufzufaffen. ( Syperion- Verlag, Berlin .) Der pseudonyme Verfasser macht in feiner an sich sehr scharffichtigen Schilderung Berliner jüdischer Kreise Propaganda für das Taufen. Die Juden haben Berlin ihren Stempel aufgedrüdt, Berlin W. ist eine Blüte orientalischer Befruchtung, behauptet der unbekannte Antizionist. Darum: nicht Länger am Rassentum festhalten, ihr modernen Welteroberer und Weltverschlechterer, sondern aufgehen in der arischen Rasse, germanische Sitten und Gewohnheiten annehmen. Und das kann nur durch die Taufe geschehen. Diese Ansicht ist der größte Irrtum des Buches, das mit recht schwachen Beweismitteln gegen den Zionismus anfämpfen will. Denn einesteils find die modernen Juden schon längst bestrebt, das typisch Rassenhafte zu verwischen, und anderseits bermag alles Taufwasser nicht wegzuwaschen, was der Mensch nicht mit anderen Mitteln, denen des Charakters, ausmerzt. Das Buch. möchte auch die Glaubensmüdigkeit und Glaubensverdrossenheit der modernen Juden betonen und in diesem Teil bekommt die Geschichte einen interessierenden fulturellen Anstrich.
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Ein Stüd Kulturgeschichte von jenem befreienden Humor, den wir so selten antreffen, gibt Joseph Ruederer in seiner föstlichen Satire: Das Grab des Herrn Schefbed( Berlag der„ Süddeutschen Monatshefte", München ). Der reiche Münchener Wurstfabrikant, den die Gewappelten" im Leben trotz seiner ihm anhaftenden Millionen über die Schultern ansehen, segt alles dran, um noch im Tode vor der„ nobligen Bagafchi" proßen zu können: nämlich mit einem Grab im Camposanto des Münchener Friedhofs, wo nur die schönen Leute" liegen. Draußen unter den Reihengräbern den letzten Schlaf schlafen, pfui Teufel, nein, nobel gelebt und nobel gestorben! Und Michel Schefbeck erzwingt es mit vielen Kosten und Schmiergeldern, endlich zu feinem Camposantograb zu fommen, einzubringen in die geichlossene Gesellschaft!" Doch o weh, nach seinem Tode steht Frau Schefbeck vor der leeren Kasse, die Millionen sind verschwunden und zornbebend veräußert sie die teure Grabstätte und läßt Herrn Schefbeck aus seinem noblen Ruhesiz hinauswerfen unter das gemeine Volt". Das ist nicht nur ein in glitzernde Fronie getauchter Einzelfall, das ist die Satire des Barvenütums überhaupt. Es ist ein Bergnügen, Josef Ruederer hier auf seinem eigensten Gebiet zu begegnen, wie er " Vollisches", hier das feiste, aufgeblähte, idiotische Prozentum ent blößt und der Lächerlichkeit überliefert. Mit einer Inappen, treffenden Sprache, mit aristophanischer Würze. Wann wird man diesem Scharfgeistigen Satiriker den verdienten Tribut zollen?
Zu den Büchern, die nach einem Goetheichen Ausspruch mit Bedeutung auch gefällig sind, gehört die Groteske: Der Unficht bare von H. G. Wells( Verlag Jul. Hoffmann, Stutt gart). Ein zweiter Jules Verne auf zeitgemäßer Höhe der Entwidelung! Als folcher begnügt er fich nicht mit Berquidung von wunderlicher Phantaftit und Ráfurtvissenschaft.
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Botanische Umfchau.
Von Dr. Adolf Koelsch.
J. V.
Einen eigentlich großen Tag hat die Botanik im letzten Jahr nicht erlebt. Man tann aber auch nicht sagen, daß die, deren Spaten auf der Suche nach Wundern und Gold so manchen Stich in die Erde tat, ausschließlich mit Regentoürmern sich hätten begnügen müssen. Gewiß, der Großbetrieb, in den wir immer tiefer hineingeraten, fördert, da es an einer wünschenswerten Organisation der Arbeitskräfte noch so gut wie ganz fehlt, die Regenwürmer nach gerade waggonweise zutage. Da überdies jeder Forscher( in bea greiflicher Zuneigung) jein Würmchen für ein ganz besonderes hält und es ausführlich beschreibt, entspricht am Ende des Jahres jedem Würmchenwaggon ein halber Güterzug Literatur, den kein Herkules von der Stelle bewegen und nußbringend verwerten oder in einen tiefen, tiefen See stürzen könnte. Der Großbetrieb erhöht auf der anderen Seite freilich auch die Wahrscheinlichkeit, daß man auf eine Erzader stößt. Und wenn der Erzgang für gewöhnlich auch nicht goldhaltig ist, so führt er doch recht oft ein Metall, das man zur Prägung fleinerer Kuranimünzen mit Bergnügen bricht und in Sicherheit schafft. Biele Pfennige geben eben auch in der Wissenschaft zuletzt eine Mart, und drei Mark sind ein Taler. Es haben sich im Jahre 1911 mehrere Fälle ereignet, in denen die ungeraden 99 Heller auf eine Krone oder die 2 Mart 73 Pfennige auf einen Taler ergänzt worden sind. Einige dieser 1911er Silberstücke, aus erarbeiteiem Vermögenszuwachs entstanden, sollen im folgenden herumgezeigt und auf ihren Gehalt an Schwermetall eingeschätzt werden.
Gleich das erste Stüd, geprägt von den Herren H. Jensem und C. H. de Meijere, hat beträchtlichen Liebhaberwert. Auf der Wappenseite trägt es den Strug einer Rannenpflanze. über deren Nand mit verzweifelten Gebärden gerade eine Ameise