Bürgersteigen niedergelassen; sie saßen barhäuptig in der Dämmerung, plauderten, rauchten und genossen irgend ettoas. Es war der erste warme Abend, der Himmel hatte einen tief- blauen Ton, und vom Ende der Straße stieg die Finsternis purpurgesättigt auf. Es lag etwas Ausgelassenes über ihnen allen; die Freude führte ihre Bewegungen über die täglichen engen Grenzen hinaus und machte sie schwanken wie in einem leichten Rausch. Jetzt konnten sie alle wieder zum Vorschein kommen, all die Familien, die sich während der Not verborgen gehalten hatten; die Lunipen waren dieselben, aber jetzt tat das nichts. Sie strahlten vor Stolz darüber, daß sie den Kampf bestanden hatten, ohne sich an irgend jemand zu wenden; die Kämpfe, die sie in der Finsternis bestanden hatten, waren vergessen. Pelle war auf das offene Terrain am Gaswerkhafen hinuntergekommen, er wollte hinüber und sich nach seinen alten Freunden in derArche" umsehen. Da drüben lag sie ragte an dem tiefen östlichen Nachthimmel auf, wie eine glühende Masse, die Röte des Sonnenuntergangs fiel darauf. lieber dem Krater ganz oben brütete der Dunstkreis wie eine Schattierung am Nachthimmel. Er starrte während seiner Wanderung auf diesen Streifen; das war die dicke Aus- «tmung aller der Wesen da unten im Innern der Masse, der Qualm von ungesunden Stoffen und schlechter Verbrennung. Jetzt mußte der Sieg unter anderm ausgenutzt werden, um in den Höhlen der Armut gründlich aufzuräumen. Ihm schwebte ein Traum vor von kleinen freundlichen Arbeiter- Wohnungen, eine jede mit ihrem kleinen Garten mit geharkten Gängen. Das verlohnte sich dann doch, nach Hause zu kom- men, wenn man müde war von der Arbeit des Tages! Es schien ihm, als werde die Rauchscholle da oben dicker und dicker. Ob wohl das, was seine Gedanken beschäftigte, leine Augen übertreiben ließ? Er stand still und starrte, dann sing er an zu rennen. Ein roter Schein schlug unter der Dunstschicht auf, betastete sie einen Augenblick und verschwand; eine neue Rauchmasse entrollte sich und blieb schwer da oben hängen. Pelle stürzte davon, über die Stapelplätze und nach der langen Brücke hin. Er kannte die fürchterliche Masse der Arche" nur zu gut; es gab keinen anderen Eingang als den Tonnengang. Und das Holzwerk, das den einzigen Zutritt zu den oberen Etagen bildete! Und die langen Gänge. Während er lief, sah er das ganze klar vor Augen und das Gehirn arbeitete, um Auswege zu finden. Die Feuerwehr war natürlich gleich alarmiert; es verging Zeit, bis sie heran- rückte, und hier drehte sich alles um Minuten. Wenn das Holzwerk niederfiel und den Tonnengang versperrte, waren alle Bewohner verloren; und dieArche" besaß ja nicht einmal eine Brandleiter. Draußen vor derArche" stand ein ratloser Menschenhaufen und schrie durcheinander.Da kommt Pelle!" sagte einer. Sofort verstummten alle und wandten die Ge- sichter ihm zu.Holt die Brandleiter aus dem Zuchthaus!" sagte er im Vorüberlaufen zu ein paar Männern und rannte dem Tonncngang zu. Aus den langen Gängen im Erd- geschotz kämm die Bewohner mit ihren kleinen Kindern im Arm herausgestürzt: einige schleppten wertlose Habseligkeiten, das erste beste, was sie zu fassen bekommen hatten. Alles, was nach der Verwüstung des großen Winters noch an Holz- werk übrig war, stand in hellen Flammen. Pelle versuchte die brennende Treppe hinaufzulaufen, trat aber durch. Die Bewohner hingen halb aus den Fenstern hinaus und starrten mit wahnsinnigen Augen hinab; jeden Augenblick rannten sie auf die Plattform hinaus, um hinunter zu gelangen, flohen aber schreiend wieder hinein. An dem Fenster des dritten Stockwerks stand die Witwe Johnsen und jammerte, ihre Enkelin und den kleinen Paul der Fabrikarbeiterin im Arm. Hannes kleines Mädchen starrte schweigend hinaus, mit den tiefen, verwunderten Augen der Mutter.Seid nur nicht bange," rief Pelle der Alten zu, nun kommen wir und helfen Euch!" Als der kleine Paul Pelle sah, riß er sich von Frau Johnsen los und lief auf die Galerie. Er sprang gerade herunter, lag einen Augenblick de. und wälzte sich ganz verstört auf dem Pflaster, und dann lief er wie ein Blitz an Pelle vorüber auf die Straße hinaus. Pelle schickte einige von den Männern in den langen Gang hinein, um nachzusehen, ob alle herausgekommen waren. Schlagt die abgeschlossenen Türen ein," sagte er,möglicher- weise sind noch kleine Kinder oder Kranke darin." Die Be- wohner vom ersten und zweiten Stockwerk hatten sich gerettet, «he das Feuer das Holzwerk noch ergriffen hatte. (Lortsetzung folgt.» Des lftickucks Küftcr* Von C. Schenkling. Kurze Zeit vor Ankunft des Kuckucks trifft deffenKflster* oder .Knecht", der Wiedehopf, bei uns ein, der wenn jener sein Klickuck ruft, mit.hupp, hupp" antwortet. Der Wiedehopf gehört zu den ausfälligsten Erscheinungen in der einheimischen Vogelwelt; gleich dem Eisvogel und Pirol hat er etwas Ausländisches an sich. Wenn- schon sein Federkleid nicht gerade bunt genannt werden kann, so hebt sich das Weiß der Binden auf den Schwingen und des Halbmond» förmigen Querbandes auf dem schwarzen Schwänze von dem rost - roten Grundton, der am Bürzel in Schneeweih übergeht, doch recht auffallend ab. Dazu kommt die fächerförmige Sckeitelhaube, die aus hellrostfarbigen und schwarzgespitzten Federchen, die in zwei Reihen geordnet sind, gebildet ist. Diese Haube ist der Wetteranzeiger, das Gemüt des Wiedehopfs: Schreck, Neugier, Aufmerksamkeit alles findet in dem schnelleren oder langsameren Entfalten und Zusammen» legen dieses Kopffächers seinen Ausdruck. Aber auch sonst ist der Vogel eine anmutige Erscheinung. Leicht und gefällig find ieine Bewegungen. Rasch läuft er auf dem Boden dahin; jeden Schritt begleitet der den Schnabel stets gesenkt tragende Kopf mit einem Nicken. Jetzt breiter er seine Holle rad- förmig aus und verneigt sich aus das zierlichste; jetzt trippelt er ge- schäftig umher, bleibt plötzlich stehen, fixiert mit seitwärts gehaltenem Kopfe einen vorüberfliegenden Vogel, wirst sich, sobald er in diesem einen Raubvogel erkennt, platt auf den Boden, breitet Schwanz und Flügel au», streckt den Schnabel nach oben und verharrt in diefer absonderlichen Stellung so lange, bis der Räuber auher Sicht ist. Dieser vermochte aber trotz seines scharfen Gesichts den Wiedehopf nicht zu erkennen, gleicht letzterer doch in solcher Pose eher einem zufällig daliegenden bunten Lumpen als einem Vogel. Es ist eigentlich verwunderlich, daß der Wiedehopf bei Eintritt einer Gefahr fein Heil in solchen Verstellungskünsten und nicht in der Flucht fucht. Sein Flug, bei dem er den Hals ausgestreckt, den Schnabel etwas gesenkt und den Federbusch ein wenig gehoben trägt, ist nämlich ziemlich schnell. Auf Bäumen lebt der Vogel nur wenig; geschieht eS aber, so verbirgt er sich, immer auf einem trockenen Aste sitzend, im Innern der Krone. Von hier aus läßt er auch seinen sonderlichen Liebesgesang hören. Nicht selten entspinnen sich zwischen zwei Männchen recht er» bitterte Kämpfe, die bald in der Luft, bald zu Boden ausgekochten werden. Während dieser Zeit läuft das Weibchen sichtlich erregt hin und her im Gegensatz zu den meisten anderen Vogelweibchen, die den Liebeskämpsen' der Männchen ganz apathisch zuschauen. Die Annahme, datz sich der Wiedehopf nur einmal für daS Leben paart, scheint durch diese Beobachtung eine neue Stütze zu erhalten; die Kämpfe finden dann jedenfalls zwischen jüngeren, noch unbeweibten Männchen statt. Mit gespreiztem Schwänze, gefächertem Schöpfe und ausgebreiteten Flügeln nähert sich das balzende Männchen dem Weib- chen, das jenes durch zarte.Köb-köh"- Rufe ermuntert. Laute, die vom Rufe des Männchens ganz verschieden sind. Das Nest steht ab und zu unter Wurzeln und an Grasrainen, zumeist aber in hohlen Bäumen, namentlich in Weiden . Als Rift- Material dienen GraShälmchen, Würzelchen und Kuhdünger. Nach den fchmutzig-grünlichgrauen Eiern, die in ihrem Kolorit übrigens recht verschieden sind, hat man sich im Mai umzusehen. DaS Weibchen sitzt sehr fest auf dem Gelege und verläßt die Brut selbst in größter Gefahr nicht. Während des BrütenS wird eS vom Männchen fleißig gefüttert. Die Jungen sind in drei Wochen flug- fähig, bleiben aber bis zum Herbstzug bei den Alten und benutzen das Nest als Nächtigungs- und Ruhestätte. Während der Brutzeit ist der Wiedehopf ein Mistbruder in des Wortes verwegenster Bedeutung, weshalb ihn der Vollsmund auch mit nicht mißzuverstehendcn Namen belegt hat: Kotkrämer, Kot- Vogel, Stinkhahn. Stinkvogel. Und in der Tat, von der Kinderwiege des Wiedehopfs geht ein Dust aus, der auch für andere als seine Nasen unerträglich ist. Wenn man einerseits den üblen Geruch dem Kote der Nestini'assen zuschreibt, wird, andererseits angenommen, daß er von dem Sekret der Bürzeldrüse ausgeht, denn Alte wie Junge schauen im Neste ganz reinlich aus und das Gefieder ist stets ge- ordnet und sauber. Der Vogel lebt hauptsächlich da, wo Hochwild oder Herden weiden, denn diese ernähren mit ihrem Unrat allerlei Jnsektengeschmeiß, auf das er Jagd macht, das er mit seiiiem langen, dünnen Schnabel aus dem Kote und aus Erdlöchern herauszuziehen versteht. Auch fliegende Kerbtiere versteht er geschickt wegzuschnappen und höchst interessant ist es, ihn beim Heuschreckenfang zu beob- achten, welcher Beschäftigung er mit Geschick und Grazie obliegt. Desto schwerer fällt ihm das Verschlucken der Beule, weil die sehr verkürzte Zunge ihm dabei nur sehr schlechte Dienste leisten kann, wirft er die erhaschten Tiere, gleich dem Nashornvogel, in die Höhe, um sie dann mit weit geöffnetem Schnabel aufzufangen. Leider zählt der Kuckucksküster zu den vielen und gerade schönen Vogelarten, die bei uns immer seltener werden. Seine Brutstätten müssen der Kultur weichen und die Einführung der Stallfütterung schmälert seine Aesurzgsplätze, Waldblößen, Vichtristen, Raine usw. immer mehr. In seiner eigentlichen Heimat, Afrika , ergeht eS ihm weit besser. Die Eingeborenen rechnen ihn seiner Nahrung halber zwar zu den unreinen Tieren, halten ihn aber trotzdem für heilig, denn er hat seine Federkrone von Allah wegen eines dem Propheten geleisteten Liebesdienstes erhalten. Sie sehen ihn sogar gern, weil er die Insekten auf allen Plätzen zu finden weiß, die die Menschen