lich", wie z. B. die Kirsche, die wir betrachten. d,e w i r erkennen. Erkenne ich eine Kirsche, so müssen zwei Be- dingungen erfüllt sein, zwei TeUe der Wirklichkeit zueinander in Be- ziehung treten: n» in Körper und die Kirsche. DaS Bild.Kirsche", wie ich es in Gedanken trage und wie eS einen Bestandteil meines Weldbildes überhaupt bildet, ist nur dann da, wenn der erkennende Mensch und die Kirsche zueinander in Beziehung getreten sind. Die Kirsche an sich" und.mein Körper an sich" geben beide zu- s a m m e n die Grundlage ab für mein Bild der Kirsche. Dann ist unser Bild der Kirsche und unser Weltbild überhaupt nicht Schein mehr, sondem ein Stück Wirklichkeit selber, so wie sie ist, wenn die bestimmten zwei Teile von ihr zueinander in Beziehung ge- treten sind. Verändern wir nun den einen Teil der Wirklichkeit, der zum anderen zu unseren! Körper in Beziehung getreten ist. Wir übermalen zum Beispiel eine rote Kugel grün. Indem nun die veränderte Kugel in Beziehung zu meinem Körper tritt, ist auch das Bild der Kugel, das ich bekomme, anders geworden: ich sehe nunmehr eine grüne Kugel, nicht eine rote. Ver« ändern wir nun den zweiten Teil der Wirklichkeit, der zur Kugel in Beziehung tritt, unseren Körper. Geben wir ihm z.lB. das Gift Santonin, wie in dem oben erwähnten Falle. Die Kugel wird jetzt gelb gesehen. Während wir früher hätten sagen müssen, daß wir dabei über die wahre Farbe der Kugel getäuscht wurden, können wir nunmehr sagen: wie durch das grüne Ueberinalen der roten Kugel die rote Kugel wirklich grün wird, so wird durch die durch das Gift Santonin hervorgerufene Veränderung unseres Gehirns die grüne Kugel wirklich gelb. Für den mit Santonin vergifteten Menschen i st die grüne Kugel gelb. Bringen wir dieselbe grüne Kugel zu einem anderen Teile der Wirklichkeit in Beziehung, z. B. zu einem nicht vergifteten Menschen, so i st sie grün. Der Gallenstein- Patient, der Morphium bekommen hat, wird nicht über die Wirklichkeit der Schmerzen getäuscht, sondern er hat wirklich keine Schmerzen mehr. Die Wirklichkeit seiner Schmerzen ist da, wenn normale Nervenzellen und der Gallenstein in Beziehung zu einander treten. Sind die Nervenzellen durch das Morphium verändert, so ist damit die frühere Wirklichkeit nicht mehr da. sondern eine andere, eine neue Wirklichkeit, die aus den vergifteten Nervenzellen und dem Gallenstein besteht. Diese Wirklichkeit be- beutet Schmerzlosigkeit. Da hilft uns vielleicht folgendes Beispiel, die Sache leichter zu begreifen. Ein Topf mit Wasser steht auf einem kalten Herd. So lange das Wasser zum kalten Herd in Beziehung steht, ist es eine Flüssigkeit. Sobald wir den Herd anheizen, beginnt das Wasser zu verdampfen: in Beziehung zum heißen Herd ist das Wasier keine Flüssigkeit mehr, sondern Dampf. Also ist Wasier ein Schein bloß, eineTäuschung"? Nein, eS ist Wirklichkeit: flüssige Wirklichkeit, wenn es zum kalten Herd, und dampfförmige Wirklichkeit, wenn es zum heißen Herd in Beziehung tritt. Ebenso wird die Umwelt ein- mal menschliche Wirklichkeit sein wie wir sie aus unserem Weltbild kennen wenn die Umwelt zum Menschen, als einem Teile der Wirklichkeit, in Beziehung tritt, und das andere Mal etwa tierische Wirklichkeit wie sie dem Hunde- oder dem Affenweltbilde entspricht, wenn sie zu dem Tiere, das mit anderen Sinnesorganen und einem anderen Gehirn ausgestattet ist, in Beziehung tritt. Das Weltbild des Menschen und des Tieres sind beide verschieden, aber das eine ist ebensowenig Schein oder Täuschung wie das andere. Auch das Weltbild der einzelnen Menschen ist verschieden: man stelle nur das Weltbild eines modernen Arbeiters dem eines gänzlich ungebildeten hinterpommerschen Landarbeiters gegenüber. Der Kulturmensch sieht ein und dasselbe Ding ganz anders an. als der ungebildete Mensch. DaS Gehirn des ersten ist durch Erziehung und eigene Erfahrung anders geworden: jede Erfahrung, gleich ob sie direkt empfangen oder auf dem Wege von Gehirncmpfindungen als gesprochenes oder geschriebenes Wort vermittelt worden ist, ver- ändert unser Gehirn, indem sie eine Spur in ihm hinterläßt, indem sie im Gedächtnis haftet. Je nach dem Reichtum an Erfahrungen und je nach der Art unserer Erfahrungen ist unser empfindendes und denkendes Gehirn verschieden, und je nach Art der früher schon vorhandenen Erfahrungen seh-n wir die für uns jeweils neuen Dinge der Umwelt verschieden. Die Sonnenfinsternis. Provisorische wissenschaftliche Resultate. Soweit die bis zu dieser Stunde vorliegenden Nachrichten er- kennen lassen, ist die Sonnenfinsternis in ganz Europa auf das ousgezeichnetste sichtbar gewesen. Namentlich in Deutschland und Frankreich war der Himmel meist wolkenlos, die Luft von außer- ordentlicher Klarheit und Durchsichtigkeit. So kam die verschieden- artige Beleuchtungswirkunz sehr sinnfällig zum Ausdruck; während sich vom Südwestrande der Sonne die Mondscheibe über den Feuer- Iball bewegte, diesen mehr und mehr abblendend, bekam das Land- schaftsbjld eine überaus charakteristische Physiognomie. Vorher batte praller Frühlingssonnenschcin über der Erde gelegen; mehr und mehr wurde, je näher der Augenblick der größten Verfinsterung Perantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Druck u. Verlag: heranrückte, dann aber die Beleuchtung fahl, ein graugrüner Schatten schien die Landschaft einzuhüllen, der die Umriffe ver- wischte, der, zumal im Freien vor der Stadt, in Gärten und Parks eigenartige Lichtwirkungen hervorrief, und der den Eindruck er- weckte, als blicke man durch eine gefärbte Scheibe, die immer dunkler wurde, auf das Landschaftsbild. Der Gang der Temperatur. So auffällig sich aber auch die Physiognomie des Landschafts- bildes unter der Abnahme des Sonnenlichts verändert«, so war der Unterschied gegenüber der normalen Belichtung doch nicht so bedeutend, wie man angesichts des hohen Grades der Bedeckung hatte erwarten dürfen. Die Klarheit der Atmosphäre mag dabei eine gewisse Rolle gespielt haben. Weit sinnfälliger war dagegen der Gang der Temperatur im Verlaufe der Verfinsterung. Nach den Beobachtungen, die Direktor Dr. Archenhold auf der Berliner Treptow -Sternwarte angestellt hat, begann das Thermo- meter im Sonnenschein alsbald nach dem Beginn der Finsternis zu sinken. Unmittelbar nach der Phase der stärksten Bedeckung war der Thermometerstand in der Sonne um K}4 Grad Celsius njedriger geworden als vorher. Dann nahm die Wärme in der Sonne allmählich wieder zu, allerdings in etwas langsamerem Tempo, als die Abnahme erfolgt war. Dazu trug aber die dünne Schicht von Cirro-Stratuswolken bei, die sich mittlerweile über den größten Teil des Himmels verbreitet und mit ihren Rändern schließlich auch die Sonne berührt hatte. Auf der Berliner Kgl. Sternwarte wurde unter Leitung des Direktors Prof. Dr. Struwe die absolute Strahlungsintensität mit einem Radiomikrometer ge- messen, wobei festgestellt wurde, daß die Strahlungsintensität des Sonnenlichts vom Beginn der Bedeckung bis zur Phase der größten Verfinsterung um annähernd 97 Proz. abnahm. Dieser Wert deckt sich fast genau mit dem des Prozentsatzes der Sonnenbedcckung durch den Mond, der in Berlin etwas über 96 vom Hundert ausmachte. Der Finsterniswind. Nachdem etwa die Hälfte der Sonne vom Monde bedeckt war, erschienen plötzlich Cirrusstreifen am Himmel, die später in die schon erwähnten Cirro-Stratuswolken übergingen. Zugleich mit den hochschwebenden Wölkchen erhob sich auf der Erde ein Wind, der plötzlich stoßweise einsetzte, und der nach und nach ziemlich kräftig wurde. Dieser Wind wird bei allen bedeutenderen Sonnen- finsternisscn beobachtet; das diesmal herrschende ruhige Hochdurck- weiter machte sein Auftreten besonders leicht bemerkbar. Zu er- klären ist dieser Finsterniswind durch die plötzliche Abkühlung der unteren atmosphärischen Schichten, in denen dadurch schnelle Um- lagerungen erfolgen. Auch das Auftreten der Bewölkung hat seinen Grund in der Abkühlung, die notgedrungen zur Konden- sation des atmosphärischen Wasserdampfes führen muß. Optische Erscheinungen. Zur Fixierung der einzelnen Phasen der Verfinsterung wurde die Photographie in ausgedehntestem Maße dienstbar gemacht. Sämtliche Sternwarten und Observatorien dürften eine Reihe von Aufnahmen gemacht haben; besondere Vorkehrungen zu diesem Zweck wurden auf dem Astrophysikalischen Observatorium in Pols- dam getroffen; auf der Kgl. Sternwarte zu Berlin wurden durch ein Spiegelteleskop vom Beginn der Verfinsterung bis zur größten Phase mehr als 36 Aufnahmen gemacht; am großen Fern- rohr des Instituts wurden kinematographische Aufnahmen des Phänomens gemacht. Zur Zeit der größten Phase der Verfinsterung erschienen am Südpol des Mondes, der inmitten der schmalen leuchtenden Sichel lag, deutlich sichtbar die Unebenheiten, die in jener Gegend unseres Trabanten durch die gewaltigen Berggipfel hervorgerufen werden. Diese Zacken prägten sich in ihrer Schattenwirkung deutlich auf der schmalen Lichtsichel der verfinsterten Somie aus. Während der Himmel in der Periode der größten Bedeckung eine ins Grünlich- graue spielende, merklich dunklere Färbung aufwies, erschien in der Nachbarschaft der Sonne, ohne optische Hilfsmittel deutlich sichtbar, der Planet Venus, obwohl dieser Nachbarstern der Erde gegen- wärtig ungemein weit von uns entfernt ist. Die Ringförmigkeit. Nach den bisher bei uns eingegangenen telegraphischen Mcl- düngen hat sich die totale Verfinsterung den Vorausbcrechnungen gemäß auf den westlichen Teil der europäischen Totalitätszone beschränkt. Schon in Frankreich war die Finsternis ringförmig; in Paris , wo das Naturschaufpicl die größte Aufmerksamkeit er- regte, stand die Bedeckung an der Grenze der ringförmigen- und partiellen Bedeckung. Wenige Kilometer von Paris entfernt wurde die Finsternis schon für einige Sekunden völlig ringförmig ge- sehen. In Düsseldorf herrschte während der Minute größter Be- deckung ausgesprochenes Dämmerlicht; die Planeten Venus und Saturn traten beide hervor. Arn bemerkenswertesten zeigte sich das Phänomen, wie erwartet, in Mecklenburg und Pommern . Nach Meldungen aus H a g e no w und G ü st r o w brachte der Augen- blick der Ningförmigkcit einen ganz plötzlichen Wechsel von Hellig­keit und düsterer Dämmerung. Der sichtbare Ring rings um die schwarze Mondscheibe war überaus fein, leuchtete aber immerhin noch so stark, daß ohne Abblcndung die scheinbare Ringbreite die wirkliche um das Vielfache überstieg.__ LorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanjtalt Paul StngerchCo.,Berlin SW.