Bilde dir nicht ein, daß ich um dich leide! Bassen MB ich dich! Dich aus meinem Herzen reißen, du falscher treuloser Hund! Ein anderer hat mich verdient, und er soll jede Faser und jeden Grad meines Körpers und meiner Seele besitzen! Nicht-der Schöten eines Gedankens soll für dich übrig bleiben, du erbärmlicher, räudiger Hund! Mögen die Pocken deine Augen und die Cholera deinen Leib nehmen! Mögest du sterben in einer ewigen Verdammnis! Erleichtert wie nach einer vollzogenen Rache legte sie sich auf die gestickten Kissen zurück. Sie schloß die Augen und wiederholte still für sich selbst den feierlichen Entschluß, den sie gefaßt hatte: sie wollte ihren Gatten so innig verehren, wie es nur erlaubt ist, einen Menschen zu verehren; sich selbst und alles andere aus Erden vergessen und ihm alles schenken, alles, alles! Beruhigt, fast hypnotisiert von diesem Gedanken schlum- merte sie ein. Den ganzen nächsten Tag mußte Sultana zur Schau- stellung für alle Frauen des Viertels unten im Patio   auf ihrem Thronstuhle sitzen. Erst, als auch diese Tortur überstanden war, gönnte man ihr ein wenig Frieden. 11. Die Neuvermählten traten die lange Reise, die sie direkt nach Sfax   führen sollte, an Bord eines jener französischen  Dampfer an, welche Tripolis   und die tunesischen Küstcnstädte anlaufen. Sultana und Mabruka waren, um neugierigen Blicken zu entgehen, mehrere Stunden vor Abgang des Schiffes an Bord gebracht und sogleich in ihre Kajüte eingesperrt worden. Als sie nachmittags durch die Bucht hinaussteuerten, konnten sie durch das Ochsenauge Karthago   und das weiße Sidi Bu Said erblicken; es war wie ein letzter Gruß der Heimat. Von da an sahen sie nichts als Wasser. Sultana freute sich, ihre Geburtsstadt Sfax   wiederzu- sehen. Es war ja kein Tag vergangen, an dem die Eltern nicht davon gesprochen hatten. Sie selbst war noch klein ge- Wesen, als sie nach Tunis   reisten. Aber zwei Dinge hatten sich ihrem Gedächtnis eingeprägt: sie war auf einem kleinen Pferdchen geritten, das ihr Vater gezogen hatte, und sie war in einem kleinen Boote auf dem Meere gefahren. Seither hatte sie nie mehr geritten oder gesegelt. Der erste Wunsch, mit dem sie Abdallah überraschte, war daher, ob er sie wohl in einem kleinen Boote uuf das Meer hinaussegeln wollte, wenn sie durch Sfax   kämen. Noch eines war ihr in Erinnerung geblieben: das große Haus, in welchem sie gewohnt hatten. Si Hamza besaß dieses Haus noch. Es war sich selbst überlassen, stand unbewohnt und verfiel. Abdallah mußte seine junge Gattin dorthin führen. Mabruka weinte, als sie das Haus wiedersah. Sultana er- kannte es und erkannte es doch nicht; sie wurde verlegen, als sie bemerkte, daß Abdallah nach all ihren phantastischen Be- schreibungen offenbar enttäuscht war. Er hatte sich ein Schloß vorgestellt. Si Hamza hatte ihnen vorgeschlagen, dort zu übernachten, und Sultana hatte sich im voraus darauf gefreut. Es würde eine Verlängerung des trauten Heimatgefühls, eine erneute Frist bedeuten vor dieser Reise landeinwärts in das dunkle Festland, in dem alles ihr fremd und unvertraut war. Aber Abdallah hatte längst sein Versprechen gegeben, in der Zäuia der Kadrijas zu wohnen, deren alter Marabu ein naher Freund seines Vaters gewesen und bei denen er selbst vor fünf Jahren fünfzehn Monate mit religiösen Uebungen und -Studien des Korans verbracht hatte. l Fortsetzung folgt.) Sonnot iincl ftounscUtcb vor 100 fahren» »Actenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den behdcn Ufern des Rheins aus Criminalprotokollen und geheimen Notitzen des Br. Keil, ehemahligen öffentlichen Ankläger zusammengetragen von einem Mitglied? des Bezirksgerichts in Coeln, 180-j." Damals wie heute: nur daß es heute etwas schneller geht. Die Banden, die sich am Anfang des vorigen Jahrhunderts im Rhein  - gebiet gebildet hatten, übertrafen(bis auf die Prätension einer Idee) die Bonnot und Londoner   Anarchisten um ein' Beträchtliches. Die Kühnheit, mit der sie die Rhcinebene bis zur belgischen und holländischen? Grenze hinauf heimsuchten, war beispiellos, und Nicht nur Schinderhannes war für die geängstigten Bauern ein Schreck- wort geworden. Viel interessanter als ihre Verbrechen, die man nach heutigem Recht meistens als schwere Einbrüche und Raubmorde bezeichnen kann, ist ihre Darstellung und zugleich die Stellung der Behörden, die in diesem Falle gänzlich versagten. Dieselbe Polizei, die sich später im Bespitzeln, U eberwachen und Schikanieren frei- heitlicher Elemente nicht genug tun konnte, zeigte den unverschänr- testen Raubzügen gegenüber völlige Machtlosigkeit. Die unteren Organe speziell staken häufig mit den Räubern unter denselben Decken(eine reichte nicht mehr aus). Die Aufsicht in den Gefäng-- nissen erinnert lebhaft an dieFledermaus", und die besseren Ein- brechcr waren alle sechs- bis siebenmal ausgebrochen. Ich gebe aus dem ungemein lebensvollen Buch einige Proben: Zum andern Mahle saß Fetzer wegen Mangel des hinreichen- den Passes, und als Vagabund, in Coeln in VerHaft; aber wie vor- her nur auf kurze Zeit. Dießmahl war er auf dem Gemeindehause verwahrt, und ihm zwey Bettler zugesellt. Sein Plan zu entfliehen, war gleich entworfen; aber das Wie? litt einige Schwierigkeiten. Vorerst mußte er die zwey Bettler gewinnen. Mit einem Ge- schenke von zwey Kronenthaler wurden sie stumm gezaubert. Nur» ging es zur Ausführung. Oben der Thüre seiner Stube war ein eisernes Gitter. Von diesem brach er eine Stange los, um so durchschlüpfen zu können. Aber noch eine zweite Thür stand ihm im Wege. Mit Gewalt sie öffnen gieng nicht, also mußte eine Gelegenheit abgelauert werden, durch sie zu schleichen. Fetzer be- stimmte dazu die vierte Stunde Nachmittags, wo der Gefangenwär- ter den Gefangenen jedesmahl ein Butterbrot zu bringen pflegte. Als dieser zur gewöhnlichen Stunde erschien, bat ihn Fetzer sehn dringend um einen Krug Wasser. Er willigte ein, gieng fort und ließ, wie der schlaue Räuber sehr wohl calculirt hatte, die zwehte Thür offen. Fetzer kriecht durch seine Oeffnung und wischt glück- lich auch durch die zweyte Thüre. Auf dem Platze vor dem Ge- meindehaus, so will es sein Unstern, begegnet ihm der Gefangen- Wärter mit dem Wasser. Fetzer faßt Mut und schnellen Entschluß, streicht hart, aber sehr schnell an ihm vorüber, und grüßt ihn. Es hilft. Der Gesangenwärter wird durch eben diesen vertrauten Gruß von dem Gedanken, den er im ersten Nu etwa hätte fassen können, daß der an ihm Vorüberfliegende einem seiner Gefangenen ähnlich sehe, abgeleitet, und Fetzer entspringt." Wundervolle Geschichten stehen in dem Buch, unheimliche, ro- mantische, fürchterliche und groteske, aber alle sind wahr. Da ist die Geschichte von dem gestörten Begräbnis: Bey allen Diebstählen muß der General voran. Fetzer stürzte dieser Regel gemäß gegen die Stube und warf die Thüre mit einem Stoß auf. Wer mahlt sein Erstaunen, als er sie voll von Menschen fand, die ihn mit großen Augen und verzerrten Mäulern anstarr- ten. Die Sache verhielt sich so. Im Hause war der Eigentümer gestorben, die Anwesenden waren diejenigen, die nach Sitte die Leiche bewachen und bcthcn mußten. Wer die abergläubische Furcht des Landvolkes kennt, kann sich leicht denken, welchen Schrecken diese bey dem zertrümmernden Stoß wider die Hauspforte, dem Aufwerfen der Thüre und dem Erscheinen der fremden Gestalten empfunden haben mögen. Fetzer hatte Gegenwart deS Geistes genug, beym Anblicke der Mcnschen-Menge seine Partie zu ergrei- fen. Er hielt seine gespannte Pistolen unverzagt auf sie hin. Ohne einen Moment zu verweilen, oder an Gegenwehre zu denken. sprangen die Bauern davon. Nun begannen die Räuber die Haus- bewohner zu knebeln und so schnell als möglich war geplündert." Oder der Bericht von der aufgefundenen Leiche deS WeibcS von Fctzer, die dieser selbst ermordet hatte: Eines Tages fährt ein Bauernjunge über das Feld bei Neuß  . Plötzlich sinkt das Rad am Wagen tief in die Erde und siehe da, der Fuß eines toten Menschen kömmt auS dem Grunde zum Vor- schein. Der Bauernjunge, wie leicht zu denken, erschrocken über den Anblick, flieht ins Dorf und macht Lärmen. Die Obrigkeit wird von der Sache unterrichtet. Sie erscheint an der Stelle, läßt nach- graben und findet den Leichnam einer junger Person des andern Geschlechts." Der Sachverhalt stellte sich erst nach Jahren heraus. Wie immer standen auch damals Prostitution und Verbrechen in innigstem Zusammenhang. Die Bordelle waren die Schlupf- Winkel und Hehlernester der Räuber, und merkwürdigerweise sollen sowohl Schinderhannes wie Fetzer vor ihrem Tode die Umstehenden vor diesen Häusern gewarnt haben; sie seien die erste Ursache zu ihrem Verderben gewesen. Vielleicht sind diese pathetischen Worte unwahr. Aber sicher hat der Verfasser recht, als er einmal die junge Lebewelt darauf aufmerksam macht, daß man doch bei der- artigen Mädchen nie wissen könne, ob nicht zuvor ein Räuber in ihren Armen geruht. Zahlreiche Stellen in diesem Buch beschäfti- gen sich mit diesem Problem:Zwey Nimpfen im Bordelle Ma- rianne de Antoni und Marianne Lorschied erschienen vor dem Friedensrichter, ob aus Zartheit des Gewissens oder aus Furcht, mit ihrer Cara Mama aufgehoben zu werden, will ich nicht ent- scheiden, und brachten zwey Sackpiftolen, die die beiden Juden unter dem Kopfkissen verborgen hatten.. Das ist ein AuS- nahmefall. Gewöhnlich entlasteten sie, und eS gab einige, die sich nur mit Gcfangenenbefreiungen beschäftigten. Einmal heißt es. Fetzer, Heckmann, Weyers und Tillenberg reisten nach Frankfurt  , kehrten in die Bordelle ein, lebten eine Zeitlang mit den Freuden- mädchen, verschwendeten die Beute und erbeuteten dafür alle, wie sie waren, eine häßliche Krankheit. Diese verzehrte den Rest ihres Geldes, und sie mußten sich nach Neuwied   auf eine oder die