Haltungen gemacht und fie vielleicht dadurch noch besonder? auf-gebracht habe. Aber auch ohne da? mußte ich mit ihnen in Konflittgeraten. Solange einer unter ihnen war, der nicht am gleichenStrange zog. konnten sie sich nicht sicher fühlen; sie Mußten fürchten,daß ich einmal der Angeber würde. Ich habe keinen verpetzt,—aber die Gefahr bestand, ich könnte es tun, zumal wenn ich ihnengegenüber noch mit meinen Arbeiten ins Hintertreffen geriet. Undder Hauptfllhrcr und Hetzer gegen mich war erklärlicherweise meinNachbar, dem ich keine Fehler korrigierte und keine Zettel hinschob,keine Zahlen vorsagte: kein Abschreiben gestattete. Und dieser meinNachbar war— der Herr, der jetzt in Bochum zu Gericht sitzt.Sie redeten täglich auf mich ein, ich sollte doch mitmachen. Undals es im Guten nicht half, versuchten sie eS mit Drohungen. Da höreich etwa noch eine wohlbekannte Stimme:»Ein Schuft bist Du l Tinelendiger Schuft! Aber warte'mal, wenn Du mich noch einmalsitzen läßt! Die Knochen hau' ich Dir kaput l Oder wenn e? Direinfallen sollte, zu pluffenl Wage es nur'mall Anderen in denRücken fallen,— äh, pfui!" Ich meine, es ist dieselbe Stimme, diejetzt in Bochum die Urteile fällt.... Und ich sehe geballte Fäuste:ich sehe, wie dieser und wie andere vor mir ausspeien.... Ich er«innere mich noch, wie sie beschlossen, kein Wort mehr mit mir zuwechseln und nicht mehr mit mir zu spielen.Ich litt schwer darunter und habe viel mit mir gekämpft. DenAusschlag gab der Tag, an dem wir die Zeugnisse erhielten: Ichwar Fünfter geworden. Der Vater war darüber furchtbar auf-geregt, die Mutter weinte: da opferten sie das viele Geld, machtensich so viel Sorgen und Entbehrungen, und nun finge ich an, lässigund faul zu werden....Da faßte ich den Beschluß, auch mitzumachen. Die Solidaritätward vollkommen. Der Herr Amtsrichter— damals noch in kurzenHosen— sah sich am Ziel. Er hatte den Letzten soweit, daß ermithalf, die Brücke bilden, über die er nun bequem und ohne über-mäßige Verschwendung von Gehirnanstrengungen seinen Weg durchdie Klaffen und durchs Examen gehen konnte, um das hohe Ziel zuerreichen, königlich preußischer Richter zu werden und im BochumerGerichtssaale strenge Urteile zu fällen gegen jene, die eS wagten,den Kampf gegen die heiligsten Güter der Nation, gegen den Geld-schrank und den Herrenstandpunkt der Grubenbarone zu führen unddie andere», die ihnen dabei in den Rücken fielen, durch Pfuirufeund Ausspucken in ihrer Ehre zu kränken.Nun gewiß, man kennt ja schon lange den Spruch: Wenn zweidasselbe tun. so ist es nicht dasselbe. Die Karriere eines ver-mögenden,«her leider nicht übermäßig begabten Kindes aus»besterFamilie" kann Mittel rechtfertigen, die bei einem Kampf schmutzigerBergknappen um ihre paar Groschen Lohnausbesserung verwerflicherscheinen. Und überdies, bei diesem handelte es sich um denZwang zur Teilnahme an einem Streik, jenem sozialdemokratischen,mit wahrem Patriotismus unvereinbarem Kampfmittel— und da-mals galt es nur ein bißchen Mogelei und Betrügerei, die keinenwahren Patrioten schündet._Kleines f euületon.Sprachwissenschaftliches.Germanische Namengebung. Wohl bei allen Natur-Völkern ist der Ursprung ihrer Rufnamen auf religiöse Vorstellun-gen zurückzuführen. Mit Beziehung auf die Germanen hat dasschon Jakob Grimm ausgesprochen:„Erst der heidnische Glaubeverständigt uns den Sinn alter Eigennamen, die kein roher Zufallberoorbrachte." Trotzdem mochte man nicht von der herkömmlichenAufsaffung abgehen, daß die deutschen Vornamen„Musterbilder desLebens" seien. Erst neuere Untersuchungen durch Franz Stark,Ferdinand K h u l l, Guido von L i st, A. B ä h n i s ch, F. Geh-ring. Kahle und Ferdinand Knorr haben das Dunkel, daSüber der Entstehung und Bedeutung germanischer Vornamen ruhte,gelichtet. Und gerade Knorr hat in einem interessanten Werk-chen:„Germanische Namengebung"(Eberhard FroweinsVerlag. Berlin) den gegenwärtigen Stand der deutschen Namen-forschung präzisiert und diese Materie durch Hunderte von Bei-spielen bereichert. Die oben berührte irrtümliche Aufsaffung konntenur Platz greifen, weil man ein sehr wichtiges Moment außer achtgelassen hatte: die erhebliche Veränderung, die gerade die gcrmani-jchen Sprachen in Mitteleuropa— bedeutend weniger im skandina-vischen Norden— seit dem Beginn der historischen Zeit erfahrenhat. Da sind nicht bloß viele Wortstämme verloren gegangen, son-dcrn es hat sich auch bei den uns erhalten gebliebenen der Sinngänzlich verändert; und ferner sind auch viele Namen selbst ver-siümmclt worden. So hat sich aus einer steten Heranziehung desnordischen Sprachschatzes erwiesen, daß z. B. die nur einstämmigenKoseformen durch Kürzung oder durch Verschmelzung d o p p e l-stämmiger Namen entstanden sind. Nicht weniger schwieriglassen sich die meisten doppelstämmigen Namen durchschauen odererklären, wie etwa der Name Oswald(„Der Ase walte"), weil beinahe immer eine dunkle mehrdeutige Verschleierung des Namens-linhalts von Hause aus beabsichtigt gewesen zu sein scheint. Ein-mal scheute man sich, Götternamcn direkt auszuspeechen, weshalbzu schmückenden Beiwörtern gegriffen wurde. Und das andere Mal«erwendcte man religiöse Symbole, z. B. das T i e r s y m b o l, dasÄLaffensymbol.Uralt ist das Tiersymbol als Hülle des Gottes, dem maumenschliche Züge zu verleihen sich scheute; so hatte z. B. der Wolfsden Schlachtengott Wotan(Odin), der Bär den DonnergottDonar(Thor), der Eber den Frühlings-, Jagd- und LiebesgottFroh(Frehr) zu versinnbildlichen. Gleichem Zweck dienten abevauch die Lieblingswaffen unserer altheidnischen Stammes«vordern; so Speer, Helm und Schild als Symbole WotanSusw. Indessen wurden Tier- und Waffensymbole in der Nqmen-gebung nicht nur als verhüllte Bezeichnungen des Gottes gebraucht.Sie sollten gleichzeitig auch ein Verhältnis der Unterordnung, derHingabe, der Widmung des Namenträgers gegenüber dem Gottezum Ausdruck bringen.Einige Beispiele mögen zur Erklärung dienen. Der NameG e r o l f oder G i s o l f ist z. B. auszulegen als„des Speeres(d. h. des Speergottes) Wolf", der Name W o l f g e r oder Wolf-g i S als„des Wolfes(d. h. des Wolfgottes) Speer". Wolframbedeutet:„des Wolfgottes Rabe" oder in einer weiteren Auslegung„Sei gleich dem Raben ein Diener Wotans". Angesichts des gs-radezu erstaunlichen Reichtums und hohen dichterischen Gehaltsaber auch der Einheitlichkeit des Namenschatzes bei allen noch soverschiedenen germanischen Stämmen ist nur anzunehmen, daß eSdie Aufgabe der Priesterschaft gewesen sein müsse, denNamenschatz zu pflegen. Ferdinand Knorr verweist auf die n o r-dische Skaldenpoesie, als den Nachklang jenes Priester«lichen Wissens und Lehrens.„Ihre zahlreichen„Heiti" oder„Heite",d. h. Benennungen einer Sache durch eine andere Sache, ihre sobeliebten„Kenningar", d. h. Umschreibungen eines Hauptwortesdurch zwei andere Hauptworte, ihre-Vorliebe für das Verhüllte undDoppelsinnige, bewegt sich in der gleichen Richtung und zeigt die»selbe Eigenart wie die symbolische Einkleidung des deutschen Na»menschatzeS." Der Doppelsinn der deutschen Vornamen wird nachder Einführung des Christentums von größter Bedeutung für dieErhaltung des Namenschatzcs. Daß die symbolische, religiöse Be»deutung der Namen allmählich verdunkelt, schließlich ganzvergessen wurde, dafür wurde ja reichlich gesorgt. Schließlichblieben nur die Tiernamen als zoologische Begriffe und der Speer,der Helm, der Schild als gewöhnliche Waffen bestehen, bei denensich spätere Geschlechter keinerlei Nebenbeziehungen mehr zu denkenvermochten.— Franz Stark hat. wie bereits erwähnt, festgestellt.daß die deutschen Vornamen regelmäßig aus zwei Wortbestand-teilen oder Wortstämmen zusammengefügt sind. Eine nähere Be-trachtung der Elemente der germanischen Namenbildung ergibt dreiGliederungen, die aus den Anrufungsstämmen, Vitt-, HuldigungA-und Widmungsstämmen hergeleitet werden. Durch die Zusammen»setzung aller dieser Wortstämme ergeben sich: Bittformeln.Huldigungsformeln und Wivmungsformeln. Amzahlreichsten ist diese letzte Gruppe. � e- i�'-Naturwissenschaftliches.Da? phhletische Museum in Jena, daS als eilt»ziges seiner Art im Jahre 1908 von Ernst Haeckel gegründet, ausPrivat- und Stiftungsmittcln erbaut und der Universität Jenazum Geschenk gemacht wurde, ist durch Professor Plate mit Ver-ständnis und unermüdlichem Sammeleifer seiner Bestimmung end-gültig zugeführt worden. Es unterrichtet über die Fragen derDeszendenz und Selektionslehre- in instruktiver Weise, soweit sichdiese Dinge durch Schauobjekte darstellen lassen. Namentlich derBiologie der Menschenaffen im Vergleich zu den Menschen undniederen Affen ist besondere Beachtung geschenkt worden. DiePaläontologie mit ihren reichen Funden aus vorgeschichtlicher Zeitist mit herangezogen, da aus den Erscheinungen der Vorwelt wich.tige?lufschlüsse für die Erkenntnis zu gewinnen sind. � Auch dieVorgänge der embryologischen EntWickelung sind in schönen Prä-paraten und Nachbildungen vor Augen geführt: denn die EntWicke-lung deS Einzelindividuums ist ja nach den Ergebnissen der neuerer»Forschung eine abgekürzte Wiederholung der Stammesentwickclung.Wir sehen weiter die merkwürdigen Erscheinungen der Schutzfär-bung und der Mimikry, die Tatsachen der Anpassung der Tiere ar»ihre besonderen Lebensbedingungen und Gefahren, und eine wir»kungsvolle Gegenüberstellung der in der Natur so häufig vorkam-menden exzessiven Bildungen, wo groteske Vergrößerungen ur-sprünglich zweckmäßiger Organe sich herausgebildet hatten. Ebensointeressant sind die rudimentären Organe, deren Verkümmerungauf jahrtausendelangem Nichtgebrauch zurückzuführen ist.Große Sorgfalt wurde dem Nachweis gewidmet, wie schwan»kend der zoologische Artbegriff ist, von dem die Beurteilung derdeszendenztheoretischen Tatsachen in hohem Maße abhängt. Hiersind allerdings dem Laien ganz überraschende Erscheinungen zu-sammcngestcllt, und alles ist sowohl für den gebildeten Nichtfachrmann wie für den angehenden Zoologen und Mediziner so klarerläutert, daß man von einem Studium dieses Museums eine großeErweiterung seiner naturkundlichen Erkenntnisse zu erwarten hat.Vorzugsweise auch die neueren Forschungen über Gesetze der Ver-erbung, Erbformel, Bastardierung und dergleichen, werden hier irteiner Weise vermittelt, daß der Besucher einen Einblick in dieseinteressanten Ergebnisse des biologischen Studiums gewinnt. ESsind da unter anderem die neuen Ergebnisse, die auf ProfessorPlates Studien zurückzuführen sind, an der Färbung von Mäusendargetan. An botanischen und paläontölogischcn Objekten verdientdas Museum noch Bereicherung, die nun wohl, nachdem es seinerBestimmui�g zugeführt worden ist, sich leicht zusammenfinden wird.Kerantwortl. Redakteur: Albert Wachs. Berlin.— Druck u. Verlag: VorwärtöBuchdruckerci u.VerIagsanstaitPauiS>ngeljeEo.,Beri>nLV�