Du ihm sagen, glaube ich. Nur, und dann magst Du sagen, daß das junge Mädchen, das den Blumenstrauß verlor, auch Deine Schwester war. Dann wird er niemals— was auch Risja sagen mag— zu glaub m wagen, daß ich es auch ge- Wesen, die ihm ihr Angesicht entschleierte. Abdallahs wegen, der sehr eifersüchtig ist, mußt Tu ihm das durchaus sagen. Und sei nur verschwiegen und vorsichtig, Nur, Du mußt wissen, Abdallah würde mich sogleich verstoßen, wenn er bloß einen Argwohn faßte." „Ja. ich verstehe, ich werde mit Marcel sprechen."-- Um die Zeit, da sie zu Bett gehen wollten, kam Mabruka dus Nurs Krankenzimmer und erzählte, er habe Wohl zu- viel gesprochen. Er fühle sich kränker und bitte, ob Mabruka nicht nachts bei ihm wachen dürfe. Mabruka äußerte für ihr Teil, daß sie ihm mit Freuden dies kleine Opfer bringen wolle. Des Morgens war Nur sehr bleich, meinte aber selbst, nun sei er auf dem Wege entschiedener Besserung, (Fortsetzung folgt.) König für einen Zaq. _;■ A' Von Martin Andersen Nexö.* '.(Autorisierte Ucbersetzung von Hermann Kiy.)�' Wir arbeiteten zu dreien auf dem Gerüst: Meister Olsen, der Geselle und ich. Meine Aufgabe war es, an der Talje zu stehen und hinunterzurufen:„Stoppt— Laßt ein bißchen nach!— Wieder aufwinden I" Ich mußte die Stein- und Mörtellast auf das schmale Gerüst herumschwenken und sie unter die beiden anderen verteilen. Außerdem hatte ich meinen Kameraden unten am Fuß des Schornsteins auszuschelten, wenn er den Hebeeimer nicht schnell genug füllte. Er war lungenkrank, bekam in kurzen Zwischenräumen einen Hustenanfall und mußte hinter den Mate- rialschuppen gehen und sich übergeben. Tann schimpften Geselle und Meister, weil sie keine Steine oder keinen Mörtel mehr hatten, und ich beugte mich über das Gerüst und ließ die Schimpfworte weitergehen. Wir waren eifrig bei der Arbeit. Es war das erstemal, daß Bornholmer Maurer den Bau eines so hohen und schlanken Fabrik- schornsteins ausführten, und wir waren mit Lust und Liebe bei der Sache. Wir arbeiteten in einer Höhe von hundert Fuß. Bis zum nächsten Abend mußten hundertundzwanzig Fuß gemauert, der Kranz oben geschlossen und das Gerüst abgenommen sein. Meister Olsen stand im Ring und mauerte die lotrechte Jnnne- feite des Schornsteins. Er war klein und bejahrt, ein Landhand- werker aus der alten Schule. Man sah es ihm an, daß das Aben- teuerliche mit all seiner unsicheren Spannung über ihm war; sein sonst so friedfertiger Gesichtsausdruck wechselte zwischen Angst und Selbstgefühl. Noch nie hatte er sich so hoch hinaufgearbeitet.„Es federt gut!" rief er, wenn der Oktobersturm einen Extraangriff auf den dünnen Schornstein unternahm. Wenn die Sonne durch- brach, bewegte sich der Schatten des Schornsteins unheimlich über die Felder, wie ein schreibender Finger. „Den nächsten Schornstein bauen wir ohne Gerüst", sagte Ludwig der Geselle.„Dann gehen wir von innen hinauf und lassen das Ganze sich selber tragen." Der Meister schüttelte den Kopf. Auf Ludwig ruhte der Bau. Pfeifend hing er nach außen und führte mit seinem Lotbrett die schlanken Linien empor. Ein frischer Bursch war er und unvergleichlich tüchtig in seiner Profession; er war in der Hauptstadt in der Lehre gewesen, war vor zwei Jahren zurückgekehrt und hatte dem Handwerk bei uns zu Hause frisches Blut zugeführt. Auf gerader Mauer legte er seine vier- tausend Steine täglich aufeinander, und die alten Knaben gafften chn ir einem fort an und vergaßen darüber ganz ihre Arbeit. Dafür verstand er aber auch, was der Arbeiter wert war, und trug 'eine Ideen darüber vor, wie der Arbeiter den feineren Leuten gleichzustellen sei. Er war im Begriff, die Jungen zu einem Diskussionsklub zu oereinigen, der die sczial-ökonomischcn Fragen erörtern sollte.„Vor allem müssen wir wissen, was uns fehlt", sagte er in seiner forschen Art. Es steckte nickt wenig Phantasie in ihm, und alles, was er unternahm, hatte den großen Schwung. Ex glaubte fest an die Zukunft der Arbeiter.„Es kommt nur darauf an. die Hand auszustrecken und die Zukunft zu ergreifen". sogle er mit seinem vertrauensvollen Lächeln.„Sollte ich mir vielleicht nicht ebensogut wie irgendein Beamter oder Kaufmann die nötigen Kenntnisse in Musik und Buchwissenschast aneignen können? Ich habe bloß weder Zeit noch Geld dazu, wie die Dinge nun einmal liegen I Wir müssen einen Zusammenschluß der Ar- beiter herbeiführen, Morien." Mich fror auf oem schwankenden Gerüst, und ich sehnte mich danach, auf die Erde hinunterzukommen,— die beiden konnten MMl nicht genug au arbeiten geben,. v-' � �~„■ * Auf dem Feldweg kam ein Junge herangeradelt, der ein Papled in der Hand schwenkte.„Verflucht— die Lotterielistel" rief Lud- wig, als handle es sich um etwas ganz Selbstverständliches.„Nun ist es endlich so weitl" Und wirklich war es die Gewinnliste, die der Junge brachte: Ludwig hatte fünsundvierzigtausend Kronen gewonnen. Er verlor sein Werkzeug aus der Hand.„Ich glaub, ich mach mich auf der Stelle dünne, Meister", sagte er geistes- abwesend; Blick und Stimme weilten schon in weiter Ferne, bei irgendwelchen neuen Dingen.' �., Meister Olsen verlegte sich aufs Bitken. Denn was sollten wir anfangen, da keiner von uns etwas vom Sckornsteinbau verstand; Ludwig hatte uns ja zu der Sache überredet I Der aber war schon im Begriff, sich am Äm hinabgleiten zu lassen, weil ihm die Zeit fehlte, die Leiter zu benutzen. Das Taljenwerk krachte gehörig unter seinem Gewicht. Am selben Abend noch fuhr er mit dem Dampfer nach Kopenhagen . Seine Pläne kannte niemand. Mit der Spitze des Schornsteins mußten Meister und ich, so gut wir konnten, fertig werden. �> Eine Zeitlang war er spurlos verschwunden; niemand wußte, wo er sich aufhielt. Doch dann tauchte sein Name plötzlich in einer ganz unglaublich klingenden Verbindung auf, fiel wieder in die Versenkung und tauchte von neuem auf und blieb auf den Lippen hängen. Der eine kam nach Hause und erzählte, er habe Ludwig im feinen Anzug im Theater gesehen, der andere hatte seinen Namen zusammen mit dem einer bekannten Schauspielerin nennen hören, ein dritter— ein Soldat aus der.Kaserne in der Silber- gösse— war Magenliebster eines Dienstmädchens, dessen Herrschaft ein feines Diner zu Ludwigs Ehren veranstaltet hatte..Kurz, er verkehrte mit den Großen, rührte nicht die Hand, ging vielmehr immer in Handschuhen und trug eine hohe Sckornsteinröhre auf dem Kopfe l Die Leute bekreuzigten sich vor ihm und erzählten Gott weiß was über ihn; ihre Phantasie war in Schwung gebracht worden, und nun Ivaren sie geneigt, viel mehr zu glauben als sich beweisen ließ. Ich selbst war ein wenig verlegen. Wir hatten einander damals im Winter auf der Volkshochschule kennen gelernt und— jung, wie wir beide waren— treue Freundschaft fürs Leben geschlossen. Während des ganzen Sommers waren wir zusammen von Arbeits- stelle zu Arbeitsstelle gezogen und hatten miteinander im Akkord gestanden. Wenn wir genug verdient hätten, so hatten wir ver- abredet, wollten wir in eine große Handwerkerschule eintreten, um uns weiter auszubilden. Und nun war er ausgerissen, ohne mir auch nur den leisesten Wink zu geben.„Du mußt doch etwas von ihm gehört haben", sagten die Leute bei jeder Gelegenheit,—„wo Ihr so gute Freunde gewesen seidl" Mit einer gewissen Beschä- mung mußte ich dann immer eingestehen, daß er mir nicht einmal geschrieben habe. In meinem stillen Sinn hatte ich gehofft, daß er mir schreiben und mir Geld schicken würde, damit ich die Schule besucken könnte,— er war ja jetzt reich! Aber er hatte mich total vergessen. Nach und nach wurde es immer klarer, daß die große Welt Besitz von ihm ergriffen hatte. Er lebte in Saus und Braus und kam gar nickt zur Besinnung; daS viele Geld war ihm zu Kopfe gestiegen.„Er ist verhextl" sagten seine früheren Arbeitskollegen. Man erzählte sich, daß er sein eigenes Fuhrwerk habe und sich stets in Begleitung der Schauspielerin sehen lasse. Sie hatte ihn in die vornehme Welt eingeführt und ihn auch veranlaßt, seinen Namen zu ändern; er trat jetzt als schwedischer Baron auf, wobei ihm sein Dialekt gute Dienste leistete. Um die Weihnachtszeit hatte ich so viel zusammcnaespark. dasi ich einen dreimonatigen Kursus auf einer Handwerkerschule in Seeland mitmachen konnte. Im Frühjahr reiste ich dann wieder heim, um Arbeit zu suchen. Meine Geldmittel erlaubten es mir nicht, mich in Kopenhagen aufzuhalten, so verlockend das auch war; darum ging ich vom Bahnhof sofort zum Dampfschiff, um mir ein Billett zu lösen. Ich schlenderte die Hauptstraßen entlang, blieb bald hier, bald dort stehen und ließ meine Augen fleißig umhcrwandern. Da ge- wahrte ich plötzlick vor mir ein junges Paar; die beiden sahen so glücklich aus, daß ich sie immer wieder betrachten muhte. Der Herr trug einen Spazierpelz und einen Zylinder, während der Kopf der Dame fast ganz in Pelz- oder Federwerk oder was es nun sein mochte, versteckt war; sie sah aus wie eine Kropftaube, gurrend sckmiegte sie sich an ihn. Ich schritt aus, um sie einzuholen und mir ihre glücklichen Gesichter anzusehen.— Es war Ludwig. Als sie in das Haustor eines herrschaftlichen Gebäudes ein- bogen, erkannte er mich und winkte. Ich tat, als merkte ich nichts, aber auf Kongens Nytorv holte er mich ein, ganz außer Atem, doch unbändig froh, mick zu sehen.„Ne, so ein Zufall!" sagte er und schüttelte mir herzlich die Hand.„Ich hatte schon Angst, ich würde Dich aus den Augen verlieren, aber ich mußte das Mädel ja erst hinausbegleiten."...... „War das die Schauspielerin?", fragte ich etwas spottiich. „F, bist Du verrückt? DaS war meine Braut. Ein ganzl briljantes Mädchen, will ich Dir sagen: die Tochter aus einer alten Bankierfamilie, sehr vermögend! Wir heiraten bald! Ich soll übrigens Mitinhaber der Firma werden. Wir tun die beiden Ver- mögen zusammen und erweitern das Geschäft.""> �„Dann hast Du also viel Geld verdient?" fragte ich ver- Wuuiyt' r■ � � v
Ausgabe
29 (4.6.1912) 105
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten