-
426
gereizt, geschlagen hatte, war noch das Geringste von allem. Jeiner Liebe unterlegen war, die unerbittlich war wie ein Wie oft hatte sie nicht selbst als kleines Mädchen Nur, den Schicksal. sie doch so lieb hatte, gebissen und gefragt! Obwohl Abdallah ihr nicht geradezu Abbitte getan, hatte er es doch auszuglätten versucht, und es war so weit vergessen.
Auch sein Haß auf die Franzosen und Marcel im besonderen hatte, so traurig er sie berührte, weil er auch ihre eigene Familie traf und herabsetzte, doch eine tiefere religiöse und ideale Berechtigung, die sie nicht verurteilen konnte.
Nein, was sie schmerzte, war die überlegene Kälte, die sich mit jedem Tage mehr und mehr in seinem Auftreten ihr gegenüber geltend machte.
Sie war sich über diese Seite seines Wesens in einem Nu flar geworden, an eben jenem Tage, da er ihr sagte, sie müsse ihm einen Sohn schenken.
Der Ton, in welchem er diese Worte sagte, der Stahlglanz in seinen Augen, der sie begleitete, hatten breite Lichtungen gegen die dunkle Zukunft eröffnet, und durch diese Lichtwege starrte sie von Morgen bis Abend, bis mit der Klarheit auch die Verzweiflung über sie kam.
Sie galt also hier bloß als ein Wesen, das zur Entstehung eines anderen Wesens notwendig war.
Nicht so hatte sie sich es geträumt. Und es lag so zum Straucheln nahe, sich auszudenken, wie anders ihr Leben sich bei Marcel gestaltet hätte.
Wenn das Kind nun niemals kam, was dann? Oder sollte selbst Abd el Kader sich erbarmen, was geschah, wenn sie zwanzig oder höchstens fünfundzwanzig Jahre wurde und Abdallah keine Kinder mehr vor ihr verlangte?
Dann konnte sie wie eine verschmähte Sklavin in seinem Hause umhergehen. Dann konnte er ihre Kinder nehmen und sie selbst fortjagen, wie es sein Recht war, während eine andere ihren Platz einnahm und ihre Kinder zu Gutem oder Bösem erzog.
Sie fühlte es nicht bloß als eine Untreue, ein Verbrechen gegen Abdallah, sondern geradezu als Sünde gegen Gott . sich ihrem Gefühl hinzugeben. Aber zu vergessen war sie nun nicht mehr imstande. Sie wollte es nicht einmal.
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Denkt Euch einen braunen Wollknäuel, dem man vier Bfötchen und ein Schwänzchen angebunden hat. Oder noch besser, stellt Euch eine Kugel vor, mit einem braunen Fellchen überzogen. Daran ein Köpfchen mit zwei blanken Augenpunkten, einem schwarzen Näschen und einer samtweichen Schnauze. Dder ein lächerliches, winzig fleines Löwenjunges
Aber vielleicht glich Bello, als ihn der Gärtner in der Rocktasche bom Markte mit nach Hause brachte, am meisten einem jener Spielzeugshunde, die schreien, wenn man sie etwas auf den Magen drückt. Nur, daß man Bello dazu nicht zu drücken brauchte. Denn er flagte unaufhörlich um die Mutter, der man ihn zu früh entrissen hatte. Selbst, als er sich bereits darein ergeben hatte, Tags die leere, falte Luft und nachts eine lieblose Filzdecke über fich zu fühlen( an Stelle des weichen, gastfreundlichen Leibes, in dessen tierisch temperierter Wärme er mit den Geschwistern gefuschelt war), suchte sein Mäulchen sehnsüchtig im Halbschlaf die stets bereite Nahrungsquelle. Und er weinte schmerzlich, wenn noch niemand wach war, um ihm das gewohnte Dämmerfrühstück zu fredenzen. Nach und nach verblaßte in ihm die Erinnerung an die Großmut der Natur. Er pazte sich der rauhen Notwendigkeit an, und aus dem wehleidigen Säugling wurde ein frohes spielerisches Kind. Sie war ja, wie sie jetzt sah, für ihn nur das Mittel, mit der Vertrauensieligkeit der ersten Jugend blickte er ins Leben. Wenn er des Morgens über die Schwelle des Gartenhäuschens rollte, Kinder zu bekommen, und darüber hinaus nichts nichts. trat er wie ein Herricher in sein Reich. Die ganze Umwelt war Al die auserlesene Ritterlichkeit, mit der er sie in der sein Eigentum. Die fiesbestreuten, glattgebarkten Wege, die Blumenersten Zeit umgeben hatte, bedeutete nicht etwa, daß sie etwas beete, das Birkenwäldchen und der Rosenflor. Und die Himmelsin seinem Leben gewesen war. Es waren nur Aeußerlich glocke, die über dem Garten blaute, und die Sonnenflecken, die den keiten, von denen andere ihm gesagt hatten, daß sie dazu- grünen Rasen rötlich sprenkelten. gehörten, wenn er nicht als Bauer betrachtet werden wolle. Als er den schönen, spielenden Delphin schoß, da brach seine wahre Natur durch die dünne Schale. Und später, an dem selben Tage
-
Jedes andere Weib konnte sie erseßen, ausgenommen in einem einzigen Punkte, in dem er ihr treu war, wie sie wußte, und nie mit einer anderen tauschen würde, aber auch dieses war ja so traurig und bedrückend.
-
Er war keinen Augenblick im Zweifel, daß auch die Villa ihm gehöre, die Freitreppe, die zu der Eingangshalle führte, die Korbmöbel und Lorbeerkübel. Und daß der Spizenfaum der Tafeldecke nur darum tief herunterhänge, um seinen Bfötchen ein angenehmes Spiel zu bieten. Wenn ihn ein unmutiges Wort verscheuchte, hielt er's für einen Scherz und antwortete in der Sprache, die er eben erst in sich entdeckt, und die anzuwenden ihm offenbar eine richtige Erfinderfreude gab; antwortete mit Bellen, das an das Krähen eines sehr jungen Hahnes gemahnte.
Ohne Hochmut besuchte er die Küche, schnupperte in allen Winkeln, Wie anders wäre es nicht bei Marcel gewesen! All diese düsteren Gedanken teilte sie jedoch weder Maschleckte alle Schüsseln aus und verschaffte fich Genüffe, die ihm sein bruka noch Abdallah mit. Keiner hätte sie verstanden. Und zweites Baterhaus nicht bot. Für Zärtlichkeiten war er sehr empfänglich. Wehrte sich nicht, wenn selbst Abdallah sie verstanden hätte, so war sie sicher, wenn die Küchenmagd ihn auf die Ohren tüßte. Allem Beweglichen bloß einem ironischen Lächeln oder einem kalten Urteil be- und Raschen sprang er entgegen; ob es auf vier oder zwei Beinen gegnet zu sein wie nun Männer einmal sind.- ging, auch nur ein Schatten war, ein Blatt, das eigene Schwänzchen, nach dem er sich im Kreise drehte. allmorgendlich die Zeitungsblätter brachten. Sie tamen stets au Doch seine liebsten Kameraden waren die Ileinen Jungen, die weit, als fühlten sie, daß ihre dürftige Erscheinung erst verdoppelt ein Individuum ergebe. Sie gingen barfuß, ihre ausgewachsenen Kleider waren mehr zerrissen als geflickt, und in den abgemagerten Gefichtern standen die dunklen Augen unnatürlich groß.
Das tiefste Geheimnis ihrer veränderten Meinung über ihren Gatten lag jedoch wohl in der Revolution, die in ihren Gefühlen für Marcel eingetreten war. Oder vielleicht auch war die Veränderung nur eine scheinbare gewesen. Es ließ fich ja annehmen, daß die einmal erwachte Liebe zu Marcel damals nicht getötet, sondern nur von einem Troß, einem Gefühl verlegten Stolzes verschleiert worden war, das in demselben Augenblick weichen mußte, da es sich erwies, daß es der Berechtigung entbehrte.
Der Argwohn, den Abdallah geäußert, daß Marcel indirekt die Schuld an dem Fluche trüge, der wie eine Drohung über ihrem Hause stand, war ihr schon zu einem früheren Zeitpunkt, wenn auch in etwas anderer Form, gekommen.
In jener Zeit, da sie sich bemühte, alles Niedrige und Häßliche an seine Person zu heften, schrieb sie ihm auch die Macht des„ bösen Auges" zu.
Sein boshafter Bauber hatte bewirkt, daß ihr Schoß verschlossen bliebe, daß sie mit keinem anderen Manne Leben zeugen könne.
Es war kein Zufall, daß sie auf dem Friedhof jenes erste Mal, da Marcels Blick auf sie fiel, Bauberschuhe" gefunden hatte. Der böse Sput mor wirklich über ihr. Und sie schauderte vor ihrem fünftigen Schicksal.
Aber diese Gedanken nahmen eine ganz andere Richtung, als sie durch Nur erfuhr, wie tief fie Marcel verkannt hatte. Da entdeckte sie erst und gestand es sich selbst, daß sie
Bello bereitete ihnen stets einen festlichen Empfang. Schon von weitem lief er ihnen au, umbüpite fie und entschüchterte fie so geschickt mit seinen Kapriolen, daß sie zum Schluß mit ihm auf einem Saufen gemeinsam an der Erde lagen.
"
Damit war der Gärtner, Bellos Besizer, gar nicht einver= standen. Er mißbilligte schon Bellos Verkehr im Herrenhaus. Bello soll nicht zutunlich zu Tier und Menschen sein. Bös soll er werden, mißtrauisch und scharf, sonst taugt er sein Lebtag nicht zum Rettenbund" und duldete nur aus wirtschaftlichen Gründen sein herzliches Verhältnis zu der Köchin. Die Freundschaft mit den Zeitungsbuben aber war ihm geradezu zuwider. Zum Schuß gegen Leute, die barfuß gingen und abgenutzte Kleider trugen, sollte der Hund ja gerade aufgezogen werden.
Es wurde Bello sehr schwer, seine Bestimmung zu begreifen. Zu den ersten Kläpfen hatte er, wie ein rechter frecher Bengel, mit mutwilligen Lauten erwidert. Bald aber verspürte er, wie bitter Schläge schmecken.
güte. Und mit dem Kinderglauben auch die Kinderzuversicht. Er
Diese Erfahrung nahm ihm das Vertrauen zu der Menschen
lernte lügen und betrügen. Er tat heimlich, was er bisher für sein gutes Recht betrachtet hatte. Mit gedudtem Kopf, das Schwänzchen ( sonst der Vergnügungsanzeiger des fleinen Körpers) zwischen die Beine eingeklemmt, schlich er in die Halle, vor jeder Handbewegung