Methode. Sie ist darauf gerichtet, nur eine Ued erficht ilVer das Ganze des psychischen Geschehens zu geben, ohne seinem psycholo- gischen Hintergrund besondere Beachtung zu schenken. Von diesem innerhalb gewisser Grenzen durchaus legitimen Standpunkte entwirft der Verfasser das überaus reiche Bild von Sinnen- und Vorstellungsleben, vom Denken und Sprechen, vom Gefühls- und Triebleben, vom Willen und Aufmerksamkeit. Durch Hinzuziehung zahlreicher Beispiele aus dem praktischen Leben und aus der schönen Literatur macht er seine Darstellung äußerst lebendig und manchmal direkt anziehend. So steht z. B. das Kapitel.Vom Vorstellungs- leben der Seele", was Jnhaltsreichtum und sprachliche Gewandtheit anbetrifft, für jede Art populärer Schreibweise wirklich muster- gültig da. Der Verfasser ist ein Philosoph einer bestimmten Schule, und diese Zugehörigkeit wirft manche Schatten auf seine psychologischen Ansichten. Die breite Auseinandersetzung über das Problem der Willensfreiheit, das nach ihm mit Hilfe Wr rein empirischen ser- fahrungSmäßigenj Psychologie unlösbar ist, wird vorwiegend durch dieses philosophische Interesse bestimmt. Es mutz indes anerkannt werden, daß der Verfasser redlich bemüht war, seine philosophischen und metaphysischen Ansichten nicht allzu stark hervortreten zu lassen und eine objektiv gehaltene Darstellung der empirischen Psychologie in ihrer jetzigen Gestalt zu geben. Wer sein Buch. da§ nebenbei be- merkt, sehr gute Literaturnachweise zu den behandelten Fragen ent- hält, als eine Ergänzung deS vorhin besprochenen Werkchens von Prof. Boruttau liest, wird sich durch diese philosophischen Ab- irrungen gewitz nicht irre machen lassen. Beide Werke geben zu- sammen einen guten Ueberblick über den jetzigen Stand der psycho- logischen Gesamtforschung. V. Id. kleines feuilleton. Aus der Vorzeit. Eine altgermanische Ansiedelung. Auf dem Ritter- gut Paulinenaue   im Kreise Westhavelland   an der Berlin-Hamburger Bahn hat Dr. Albert Kiekebusch vom Märkischen Museum   eine inter- essante germanische Ansiedlung aus der späteren römischen Kaiserzeit aufgedeckt. Die Anlage hat besondere Bedeutung wegen der Beziehungen, die von hier aus zu dem BanlypuS des sogenannten Megaron der Griechen, der Keimzelle des gnechischen Tempels führen. Denn nachdem man zuerst auf eine Herdstelle aus vorgeschichtlicher Zeit gestoßen war, lietz sich der Grundritz eines Hauses feststellen. Er gleicht, wie Dr. Kieke- busch in derPrähistorischen Zeitschrift' ausführt, in jeder Beziehung dem vor einiger Zeit gefundenen Haustypus von Buch bei Berlin  : viereckig, aber nicht rechtwinklig, mit Vorhalle. Am Herde. der in der einen Hausecke lag, fand sich ein Gefätz spät» römischer Form, das eben das Hau? als jener Zeit entstammend charakterisiert. Man stieß auch auf das Skelett eines HundeS: er scheint aber nicht gegessen, sondern geopfert worden zu sein. DaS Haus beweist nun, daß die Gennanen noch während der spät« römischen Kaiserzeit den Pfostenbau übten. Ob sie das damals noch ausschließlich taten oder ob sie auch schon den Schwellenbau verwendeten, ist eine andere Frage. Ueber die Bauweise der Wände wird vielleicht die Fortsetzung der Ausgrabung Klarheit bringen. Der Typus, Hauptraum und Vorraum, ist derselbe wie bei dem frühwendischen Hause in Hasenfelde. Aber zwischen der Ent- stehung der beiden Häuser liegt der für die Geschichte der Mark und ganz Ostdeutschlands   so bedeutungsvolle Völker- Wechsel, die Einwanderung der Slawen. Der TypuS ist derselbe wie noch heute in Norwegen   und derselbe wie vor beinahe 4000 Jahren im altgriechischen Megaron, wie er in TrojaS   zweiter Schicht zuerst vorkommt. Das lätzt auf eine gemein schaft« liche Wurzel schließen. Aber während man in Troja   und Mycenä   schon den rechten Winkel kannte, ist das im Norden nicht der Fall. Dieses dem ursprünglichen Typus nähere schief- winklige HauS findet sich nun auch in Thessalien, in der Burg von Dimini und OrchoinenoS. Jetzt hat man in den bronze- zeitlichen Häusern von Buch Begleitpfosten entdeckt, die um die HauSwände herumliefen, ein Dach trugen und so äußere Vorrats- räume schufen und zugleich die Lchmwände des Hauses vor der Verwitterung schützten: Vorstufen der ringsum laufenden Säulen der griechischen Tempel. Damit ist aufs neue bewiesen, daß der griechische Steinbau auf Holzbauten zurückgeht, die Säulen, die ur- fprünglich das Haus stützende Holzpfosten waren. Durch weitere Funde auf diesem Gebiete läßt sich vielleicht noch einmal feststellen, wann die historischen Griechen in ihre Wohnsitze eingewandert sind und woher sie kanten, woher sie jenen von ihnen so herrlich ent- wickelten VautypuS mitbrachten. Völkerkunde. Riesen st atuen auf einer Insel de» Stillen Ozeans. Eine Expedition unter Leitung von W. Routledge wird demnächst auf der MvtorjachtMaua  " auslaufen, um zur Lösung des Rätsels beizutragen, das die prähistorischen Riesenstatuen auf der Osterinscl, etwa 2500 englische Meilen westlich von Chile  , der Wissenschaft aufgeben. Die Expedition besteht außer dem Leiter und seiner Frau au» einem Geologen, einem Archäologen de» Bri- tischen Museums und fünfzehn Mann. Die gigantischen Ueberrest« der Qsterinsel bieten eines der schwersten Probleme und eines der merkwürdigsten Schauspiele, das die ferne Vergangenheit den später Lebenden hinterlassen hat. Auf dem etwa 45 Ouadratmeilen großen Eiland sind ungeheure Unterbauten aus mächtigen ohne Zement zu- sammengefügten Steinen errichtet, die schon weither vom Meere aus sichtbar sind. Einig« der dabei verwendeten Steine wiegen 20 Zent- ner. Diese Unterbauten sind an einigen Stellen 30 Fuß hoch und 200 Fuß lang. Auf der der Insel zugekehrten und vom Meer ab- gewandten Seite dieser Bauten sind breite Terrassen von Stein angelegt, auf denen hohe Figuren standen. Viele dieser seltsamen Bildwerke, die aus der Lava eines acht Meilen entfernten erloschenen Kraters geformt sind, sind von ihrem Piedestal herabgestürzt, andere waren wahrscheinlich überhaupt nicht heraufgebracht, einige aber ragen noch empor. Im ganzen sind 550 solcher Statuen auf der Insel. Sie sind sehr verschieden in ihrer Größe; die größte, die bisher gemessen wurde, war 68 Fuß hoch. Die Länge der Nase der dargestellten Figur betrug elf Fuß. Die Figuren sind mir bis zu den Hüften in menschlichen Formen gehalten; die Gesichter haben zurückweichende Stirnen, breite, gekrümmte Nasen, dünne Lippen und mächtige Kinnbacken. Einige der Kolosse wiegen 5000 Zentner. Die Herstellung dieser Statuen und ihre Aufstellung auf den Unter- bauten muß durch irgendein Ereignis plötzlich unterbrochen worden sein. Unter den Theorien, die zur Lösung der Frage aufgestellt wurden, hat bisher die den meisten Anklang gefunden, die in der Insel den letzten Rest eines untergegangenen Kontinents sieht, der in Urzeiten den größeren Teil des südlichen Stillen Ozeans bedeckte und möglicherweise Asien   und Amerika   verband. Unter den Felsen- bauten befinden sich große Mengen von Skeletten, wahrscheinlich Knochen von Menschen, die diesen gewaltigen Steinbildern geopfert worden sind. Nawrwissenschastliches. DaS Leben in den Meerestiefen. Vor 100 Jahren wußte man noch fast gar nichts davon, daß auch die tieferen Schichten der Weltmeere lebende Wesen enthalten, und die Tieffee« forschung, die erst vor 40 Jahren einsetzte, brachte in ihren Er- gebniiien der Naturwissenschaft eine der größten Ueberraschungen, die sie je erfahren hat. Nicht nur zeigte sich das Meer bis in seine tiefsten Abgründe hinab belebt, sondern eS kamen die sonderbarsten Tierformen zutage, darunter solche, die ganz ähnlich den in früheren Zeiten der Erdgeschichte vorgekommen waren, aber als längst ausgestorben gegolten hatten. Seit« dem die Tiefseeforschung durch Verbesserung der Geräte und Instrumente zur Messung und zum Fang bis auf einen hohen Grad vervollkommnet wurde, läßt es sich keine für wisien- schaftliche Zwecke überhaupt bestimmte Expeditton nehmen, die Zeit einer Seefahrt für einige Tiefieebeobachtungen zu verwerten, wie es beispielsweise fast alle Südpolarexpeditioncn getan haben. DaS Außerordentlichste an der Tatsache eines Tierlebens in Tiefen bi» zu 6000 Metern ist darin zu erblicken, daß diese Geschöpfe den dort herrschenden Druck auszuhalten vermögen. Dieser Druck ist so ge« waltig. daß sogar die Wasserschichten, die in großen Meeres- tiefen zu Unterst liegen, eine Zusammenpressung erleiden. obgleich das Wasser doch zu den Körpern gehört, die dem Druck den hartnäckigsten Widerstand entgegensetzen, worauf die Verwertung der hydraulischen Presse beruht. Wenn ein Tiefseefisch mit dem Netz an die Oberfläche gebracht wird, so kann man niemals hoffen, ihn lebend zu erhalten. Durch die Ver« Minderung deS Drucks, an den er in der Tiefe gewöhnt war, dehnen sich alle seine Gewebe einschließlich der Blase aus, mit einem Wort, er platzt. DaS Licht ist von viel geringerer Bedeutung für die Möglichkeit des Lebens, wenigstens für die Tiere. Während der Druck auch das Tierleben jenseits von 6000 Metern nicht mehr zu erlauben scheint, ist der Ausschluß de» LichtS   dafür nicht maßgebend. Schon in einer Tiefe von höchstens 400 Metern erlöschen die letzten Spuren der Sonnenstrahlen, und die Pflanzen steigen daher auch nicht tiefer hinab. Die Tiere dagegen scheinen sich gar nicht daran zu kehren und fabrizieren sich sogar die nötige Beleuchtung selbst. Nicht alle, aber ein erheblicher Teil von ihnen find mit Lichtern verschiedener Art ausgestattet, die sie an diesem oder jenem Körper« teil mit sich tragen. So erhellen sie ihre Umgebung, wenn sie aus Mord oder Nahrungssuche ausgehen, was bei ihnen ziemlich gleichbedeutend ist. Die Formen dieser Tiesseetiere sind oft höchst abenteuerlich. Ihre Mannigfaltigkeit ist noch ziemlich groß und erstreckt sich über alle Klassen der Tierreichs bis hinauf zu den Fischen. Wie emsig die Tiefseeforschung gearbeitet hat, geht daraus hervor, daß man heute bereits allein an Fischarten aus der Tiefsee beinahe 1000 kennt. Trotz der großen Verschiedenheit der einzelnen Arten ist doch eine gewisse Gleichförmigkeit der äußeren Eigenschaften auffällig, beispielsweise in der Farbe, der Größe usw. Die Farbe ist im Gegensatz zu der Entwickelung bei den Fischen der oberflächlichen Gewässer über den ganzen Körper dieselbe und nicht auf dem Rücken und der Bauchseite verschieden. Der Orientierungssinn, durch den sich diese Tiere lenken lassen, be« steht wahrscheinlich aus einer Mischung von Geruchs« und Tastsinn. Fast alle Tiessecfische besitzen sehr lange Zähne, denn ihre Nahrung ist nicht sehr reichlich vorhanden und es kommt daher darauf an. einen einmal gepackten Bissen auch festzuhalten._ Verantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Druck u. Verlag: vorwartsBuchdruckereiu.BerlagSanstalt Paul SingertCo., Berlin   SW.