Uebertroffen an den wertvollen mineralischen Salzen wird der Apfel von der Erdbeere. Sie enthält weniger Kali, das in allen Früchten und Gemüsen am reichlichsten vorhanden ist, dagegen einen hohen Prozentsatz an Natron, Kalk, Phosphor, Kieselsäure und-nicht unbeträchtliche Mengen Eisen, dieses zwar weniger als der Apfel. Der Naturforscher Linnä kurierte sein Rheuma durch eine Erdbeerkur. DaS beweist, daß reichlicher Genuß dieser Früchte imstande ist, das Blut und die Gewebe von Harnsäure zu säubern, wie überhaupt ein alkalisches Blut die Bildung von Gallen-, Nieren- und Blasen» steinen verhindert wie bereits entstandene allmählich wieder auflöst. Auf einer derartigen Wirkung der Wineralstoffe beruhen ja auch die Wirkungen der Mineralwässer. Die Kirsche enthält Phosphor, Kieselsäure, Kalk und Schwefel, auch etwas Eisen. Eisenhaltiger ist die Pflaume, daneben enthält sie auch reichlich Phosphor und Kalk, dagegen wenig Natron. Bei der Weintraube herrscht von den Mineralien Phosphor, Kalk und Schwefel vor; sie enthält ferner etwas Natron, ebenso Eisen nur in geringen Mengen. Die Stachelbeere hat einen großen Prozent» satz Phosphor, ferner Kalk, Natron und Eisen. Die Obstsäuren sind zur Anregung der Verdauungssäfte von hohem Wert; nach der Fruchtart sind sie verschiedener Natur. Aepfel, Birnen. Pflaumen, Aprikosen. Pfirsiche, Kirschen enthalten die sogenannte Apfelsäure, die Trauben Apfel- und Weinsteinsäure, Stachel- und Johannisbeeren Apfel- und Zitronensäure. Wie gesagt regen diese Obstsäuren die Verdauung in überaus günstiger Weise an und können uns so vor Unterleibs» stauunge», Leber-, Magen- und Darmleiden bewahren, denn pflanz- liche Säuren verhalten sich zum Organismus ganz anders wie Gärungssäuren. Neben der überaus erfrischenden Wirkung auf den Gesamtorganismus wirken die Obstsäuren blutreinigend, vernichtend auf die winzigen Pilze und Mikroorganismen, die im Magen und Darm oft Störungen verursachen. Auch bieten sie wirksamen Schutz gegen Mund- und Halskranlheiten. Die Preißel- und Heidelbeere enthält Grobsäure, deren Wirkung auf einen erkrankten Magen be« kannt ist; jener wird außerdem nachgerühmt, zur Ausscheidung der Harnsäure im Körper beizutragen. Der Zuckergehalt der Früchte ist für die Gesundheit ebenfalls wertvoll. Er regt, ähnlich dem Bienenhonig, die Verdauung an, geht leicht ins Blut über und unterstützt eine geregelte Blutbildung, Die bisher genannten Früchte haben 3—16 Proz. Trauben» und Zuckergehalt. Einen höheren Zuckerprozentsatz haben Feigen und Datteln, erstere 50, letztere sogar 70 Proz. Der Eiweißgehalt der Früchte ist mit Ausnahme von Feigen und Datteln gering, in unserem Schalenobst besitzen wir aber auch an Eiweiß reiche Nahrungswerte. Kastanien, Nüsse und Mandeln haben hohen Eiweiß- und Fettgehalt, Mandeln übertreffen an Eiweiß- gehalt sogar das Fleisch. Wegen ihren hohen Fettgehalts sagt man von den genannten Samenfrüchten, daß sie schwer verdaulich seien. Hier kommt es aber auf das Wie an. Wird z. B. ein nur halbleerer Magen zu einer Zeit, in der er es nicht gewohnt ist, Speisen auf- zunehmen, mit Nüssen beschwert, so wird diese wie jede andere nähr« reiche Kost Magenverstimmung hervorrufen. Anders verhält sich die Sache, wenn wir die Nüsse zu den gewohnten Mahlzeiten verzehren, zum Nachtisch. Weffen Magen sie da nicht verträgt, der verzehre sie vor dem Essen. Oft liegt das Nichtvertrogenkönnen nur am ungenügenden Kauen. Manche Aerzte empfehlen reichlichen Genuß von Nüssen, wenn für ihren Patienten der Genuß des Fleisches eingeschränkt werden soll. Wie aus den vorstehenden Zeilen zu ersehen ist, enthalten die Früchte Stoffe, die geeignet sind, in Krankheitsfällen zur Gesundheit zu verhelfen, ivie sie vor dem Erkranken bewahren. Im ganzen bietet das Obst, roh wie zubereitet genoffen, eine wertvolle Ab« wechselung zu unseren Mahlzeiten. Als Zusatz macht eS manche Speisen angenehm und wohlschmeckend, dadurch den Appetit in günstiger Weise beeinflussend. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Verdauungssäfte beim Genuß wohlschmeckender Speisen reichlicher sich absondern, demzufolge ihre Verwertung im Körperhaushalt auch eine ergiebigere ist. kleines feuiUeton. Erziehung und Unterricht. Die Ideale der sächsischen Schulkinder. Im März vorigen Jahres wurde unter den sächsischen Schulkindern in Orten mit stark vorwiegender Arbeiterbevölkerung eine statistische Er» Hebung unternommen, bei der von den Kleinen die Beantwortung folgender Frage verlangt wurde:„Welcher Person unter denen, die du gesehen oder von denen du etwas gehört oder gelesen hast, möchtest du am liebsten ähnlich sein? Warum?* lieber die Ergebnisse dieser Umfrage, die 3560 Kinder(1818 Knaben und 1742 Mädchen) vom 3. bis 14. Lebensjahre umfaßte, berichtet nun- mehr ihr Veranstalter A. Richter in der.Zeitschrift für pädagogische Psychologie und experimentelle Pädagogik"(»912, V). DaS Kind bis zum etwa 11. Lebensjahre sucht seine Ideale mit Vorliebe aus dem Kreise der Bekannten— Eltern, Verwandten usw. aus, was durchaus in Ordnung ist. Ebenso natürlich ist»s, daß diese Vorliebe bei Mädchen stärker ausgeprägt ist und länger anhält, als bei Knaben. Vom 11. Lebensjahre an gewinnt das öffentliche Leben— sei es durch den Geschichtsunterricht in der Schule, sei es durch Einflüsse des Elternhauses— immer mehr und mehr Raum in der Kinderseele. Von diesem Jahre an suchen sich die Knaben, etwa die Hälfte bis drei Viertel, ihre Ideale unter den geschicht» lichen und sonstigen öffentlichen Personen va-, während die Mädchen wesentlich zurückbleiben und 44 Proz. nicht überschreiten. Im Durch- schnitt werden die Mädchen von den Knaben nahezu um das Doppelte übertroffen. Dagegen üben Dichtung und Religion eine viel stärkere Wirkung auf das Gemüt des Mädchens aus. Ueberblickt man den Kreis der Personen, der insgesamt 219 Ge» stalten umfaßr, so stellt die Geschichte 88, die Dichtung 72, die Re- ligion 32 Personen; außerdem wurden 18 lebende Deutsche gewählt, und 9 Personen entstammen anderen Gebteten. Unter den Ge« wählten befinden sich 44 Frauen, d. h. ein Fünftel der Gesamtzahl. Die höchste Anzahl der abgegebenen Stimmen, wenn man zunächst von religiösen Gestalten absieht, vereinigt auf sich die Person Luthers, der insgesamt 246 Stimmen erhielt. Ihm folgt im weiten Abstand Bisniarck mit 93 Stimmen, dann Wilhelm II. mit 85 und Friedrich August Hl. von Sachsen mit61 Stimmen. Königin Luise rangiert — durch die Gunst der Mädchen— an 5. Stelle(47 Stimmen), ihr folgen Friedrich der Große mit 42 und Schiller mit 40 Stimmen. Von den anderen Dichtern vereinigten Th. Körner und Goethe auf sich 17 und 16 Stimmen; Freiligralh, Tolstoi. Chamisso, E. M. Arndt u. a. erhielten 1—2 Stimmen. Bon den Zeitgenoffen, die weder kaiserlichen noch fürstlichen Ursprungs find, beschäftigt Zeppelin am �meisten die Phantasie der Kinder: 16 Knaben und 2 Mädchen erwählen ihn zu ihrem Ideal. Ihm folgt unmittelbar unser damals kurz verstorbener Paul Singer mit 6 Stimmen; eine Stimme entfiel auf A. Bebel. Unter den Jdealgestalten, die von Knaben allein gewählt wurden, stehen Blücher (21 Stimmen), Robinson(16) und Moltke(13) an erster Stelle; die Ideale, für die die Mädchenherzen allein ichlagen, sind: Wirtin zum goldenen Löwen(aus.Hermann und Dorothea ")(21), Königin(19), Kaiserin(13), Dsrothsa(17), Dornröschen(14). Diese Gegenüberstellung liefert unstreitig einen schönen Beitrag zur vergleichenden Psychologie der beiden Gelchlechler unter dem Einfluß des heutigen Unterrichts. Das religiöse Gebiet gab den sächsischen Arbeiterkindern 32 Jdealgestalten. Unter ihnen ragt an erster Stelle die Person des TischlersohneS Jesu, der insgesamt 291 Stimmen erhielt. Der barmherige Samariter erhielt 21, Abraham 15, Gott ganze 10 Stimmen; Ruth, für die die Mädchen allein stimmten, übertraf ihn sogar um eine Stimme. Die idealbildende Kraft der Religion scheint demnach, wie der Berichterstatter bedauernd bemerkt, nicht allzu groß zu sein l Ein Kapitel für sich— und zwar das psychologisch wichtigste, bilden die Begründungen, die von den Kindern ihren Antworten beigegeben wurden. Die Kleinen beiderlei Geschlechts bis zum etwa 12. Lebensjahre sehen vorwiegend im materiellen Besitz, über den die gewählte Person verfügt oder nach ihren Begriffen verfügen soll, das Wichtigste und Begehrenswerteste. Etwa bis Vs Begründungen in diesem Alter sind„materialistisch" gefärbt. Ein allzu natürliches Er- gebnis bei den Kindern, die in Not und Entbehrungen aufgewachsen find l Grobe Geschmacklosigkeit ist es deshalb, wenn der Verfasser diese „materialistische" Gesinnung dem verderblichen Einfluß des Eltern» Hauses aufs Konto fetzt. Schon beim bloßen Anblick seiner eigenen Tabelle, die fast gänzliches Verschwinden des„Materialismus" nach dem 12. Jahre zeigt, konnte er gewahr werden, daß das proletarische Kind, sobald es in den geistigen Kontakt mit feinen Eltern tritt, von diesen ganz andere Gesinnung empfängt, als etwa ein Kind der„oberen Zehntausend". Mut, Tapferkeit, Fleiß, Ausdauer und andere edle Charaktereigenschaften— wirkliche oder eingebildete— sind es, die das proletarische Kind vom etwa 12. Jahre an bei seinen Jdealgestalten in erster Linie verehrt. 50— 70 Proz. der gegebenen Begründungen tragen diesen ideellen Charakter. Daneben tritt besonders bei Knaben— die Achtung vor intellektuellen oder künstlerischen Eigen- schaften sowie vor der Macht, große Dinge zu vollbringen, auf. Zur Illustration des Gesagten ein paar Stichproben. Jesu? wird haupnachlich für seine Wunder- und Lehrtätigkeit verehrt; an Luther wird meistens sein Mut vor Kaiser und Papst bewundert; Bismarck wird als Begründer des Reiches, als ein mutiger, furcht- loser und treuer Mann gefeiert, während der Kaiser in der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle allerdings rein„materialistisch" wegen seines Reichtums— zum Ideal erkoren wird. Das vorgebrachte Material, das wir hier flüchtig durchgenommen haben, rechtfertigt in leiner Weise die Behauptung deS Verfassers, daß der Idealismus nur durch die Schule in das Herz deS Volkes dringen kann. Umgekehrt, uns will es scheinen, daß die Schule mit ihrem Byzantinismus und ihrer Bigotterie den in Kindern deS Volkes lebenden Idealismus in falsche Bahnen lenft, indem sie die nichts weniger als idealen Gestalten als Gegenstand der be- dingungslosen Verehrung auf daS Postament erhebt. Zum Schluß noch eine, und wie uns scheint, wesentliche De- merkung. Bei der Umfrage werden die Kinder angehalten, auch ihren Namen mit auf den Zettel zu schreiben. Es ist kaum zu bezweifeln, daß dieser Umstand die Aufrichtigkeit des KindeS besonders älterer Jahrgänge ungünstig beeinflussen muß. Und doch ist diese Maßregel keineswegs tcchnisch-statistisch unvermeidlich, wie gelegent- lich anderer pädagogischen Experimente festgestellt worden ist. Perantworll. Redakteur: Albert Wachs. Berlin.— Druck u. Verlag: vorwärtsBuchdruckerei u.VerlagSsnjtaltPaltlSlngertCo..BerlinSv!.
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29 (14.6.1912) 113
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