-

-

455

-

Miniaturfittige. Denn die Schwälbchen wurden je älter, desto un- 1 Die anderen begleiteten den Bericht von solch einem Schla gezogener und redten jest manchmal die schwarzen Hälse siegfried- raffenland mit schnatternden Ausrufen der Verwunderung und gleich in die Höhe; mit den Schulterläppchen schlugen sie dabei fühn Begierde. Infolge ihrer guten Erziehung und der von dieser be­und rücksichtslos um sich was natürlich unter ihnen selbst zu den dingten Reinlichkeitsliebe hatten sie sehr bald über das Bild weg ärgsten Kollisionen führte. Hier und da warf sich auch eins voll- einen senkrechten weißen Strich gezogen wie ein Pinselhieb, der ständig herum, den Kopf der Wand zugekehrt, den kleinen Sterz das ungnügende Werk vernichten soll. Was war ihnen jetzt noch aus dem Nest heraus ins Freie gestreat um durch Betätigung das Bild! Ihnen gehörte ja das unendliche Mückenreich mit all des Reinlichkeitsfinnes seine gute Erziehung zu beweisen. Und sie schwappelten zum Tor hin, hoffnunggeschwellt, eine

Und endlich, endlich brach er an, der große Tag!

-

-

Eines Morgens, als der Sonnenschein gar zu verführerisch Entdeckerflotille. durch die Toröffnung flutete und auf der Quadernpflasterung der Da flatterten sie plötzlich scheu zurück. Denn an der Innen­Borhalle weißschimmernde Lichtfringeln tanzen ließ schwangen seite des Tores stand eine Art langer, schwarzer Kiste, mit einem sich die Kleinen zappelnd aus dem Nest heraus. Aber noch nicht gemalten weißen Kreuz darauf und einigen schlichten Kränzen. ins Freie o noch lange nicht! Sie wagten sich nur quer durch Man mußte sie dorthin gebracht haben, während die Kleinen, zuerst die Borhalle bis auf den Rand eines rahmenlosen Gemäldes, das von der Attacke und dann vom Bericht ihres fühnen Brüderleins start gebräunt von der weißgetünchten Wand abstach. Es stammte ganz und gar in Anspruch genommen waren. Daher hatten sie wohl noch aus der Glanzzeit des Gebäudes im 17. Jahrhundert. nichts gemerkt. Sein Sujet war auf den ersten Blick kaum unterscheidlich. Aber wenn man genauer zusah, erkannte man in der dunkeln Farben­fruste die rundlichen Formen eines lockenumwallten Kindergesichts, eines gar füßen Schnecks.

Wo war er hingegangen, der Edelknabe, der einst dies Ge­schlosse seiner Väter geerbt den man einst aus dem Tor dort hinausgetragen hatte zum Friedhof?!

-

-

-

Einst! Eine Hoffnungsknospe von einst Auf dem Bildrand saßen jetzt die Schwälbchen vier Mann hoch. Aber da saßen sie nun auch fest. Wie der bekannte Greis auf dem Dache. Denn sie waren viel zu feig, als daß sie sich noch einmal in den( für sie!) bodenlosen Abgrund der Vorhalle hinausgewagt hätten, den sie im ersten, übermächtigen Antrieb der Lebensneugier angstgepeitscht überschwungen hatten sie wußten selbst nicht wie. Die Mama mußte immer noch kommen fie riefen jämmerlich nach ihr. Und sie flammerte sich in ihrem dunkelstahlblauen Reit­fleid an das braune Bild an und fütterte sie und tröstete sie zwite schernd über das allerdings Ungewöhnliche ihrer neuen Situation. Eines aber war unter ihnen, das hatte sich von jeher durch heldenhaften Appetit vor den anderen ausgezeichnet. Appétit oblige!"( Appetit verpflichtet) dachte es wohl und wagte als erstes den kleinen Weg vom Bilde zu einem Ser beiden großen Eisen­ringe, die von der Kuppel des Gewölbes an Stangen herabhingen. An diesen Ringen wurde das geschlachtete Vieh zum Wiegen auf­Das rerwegene Schwälblein flatterte auf denselben Ring los, von dem bereits die beobachtende Mama ihre lange Schleppe her= unterhängen ließ. In seinem Pfadfinder- Ungestüm erkannte es die Liebreiche nicht. Es wagte nicht, sich zu dem großen, gefahr drohenden Objekt auf den Ring zu ſehen, sondern flammerte sich mit den dünnen Krällchen an die vertikale Stange an wußte sich dort wieder nicht zu helfen!

gezogen.

und

Aber die Mutter machte ihrem Sprößling Play, indem sie auf den anderen Ring flog. Die Kleine schlug da oben an der Stange noch ein Weilchen zappelnd mit den Flügelchen, verstört, wie ein Nachtschmetterling. Dann unternahm sie die winzige Reise von der Stange bis zum Ring, und nach längerer Rast die schon be­trächtlichere Luftfahrt vom Ring zum Bildrand zurück. Aber in ihrer findlichen Dummheit plumpste sie statt auf den Rand auf eines ihrer Geschwister nieder, das sich kreischend und beißend gegen folch ein unbrüderliches Verfahren wehrte. Des Angreifende prallte zurück und schtrappelte ratlos vor dem Bilde hin und her- im An­schluß an diesen Vorfall entspann sich unter den drei auf dem Rand zurüdgebliebenen Geschwistern scharfes Gezänt und Bro­testieren und Schnäbleinhacen davon wurde das Obdachlose so eingeschüchtert, deß es erschrect Kehrt machte.

-

Da sah es den Goldglanz des Tages zum Tor hereinwellen Und im Hui war es durch die Deffnung hinaus! Die Mutter mit warnendem Pfiff hinterdrein, seinen ersten Flug ins Unge­messene sorglich überwachend.

Während die faulen Nesthäkchen auf dem Bild noch über den berlorenen Sohn hämische Bemerkungen tauschten, kam das wilde Geschwister mit der Mama schon zurück. Sein Flug war zuber­sichtlicher, denn es trug ein winziges Käferchen im fleinen Schnabel und deshalb wurde es auch auf dem Bildrand zugelassen, unter der Bedingung, die Beute mit den anderen zu teilen.

-

-

Nun hob es ein helles Freudengezwitscher an und erzählte, ein flein bißchen renommierend, was es da draußen für Riesenent­fernungen durchmessen und was es in der Welt allerlei Wunder­schönes gesehen habe: Drunten große, glänzend grüne Flecke mit weißen und gelben und roten und blauen Tülpchen das waren die blumenbestreuten Wiesen und droben eine so unermeßliche, strahlend dunkelblau angestrichene Wand, mit vielen großen weißen Nestern daran klebend das sollte Himmel und Wolten vorstellen. Und so berichtete es in seiner stammelnden Weise noch vom Gärt­chen mit Mohn, Lilien, Nelfen und Lebkoyen: Kleckse, viel schöner," plapperte es, wie hier die auf der dummen Tafel!" Und von Bergen, die noch runzeliger waren, wie der alten Bänerin Gesicht das sie alle immer so entfeßlich angeglobt hatte die also wohl auch älter fein mußten, als diese. Und ein noch viel mächtigeres Feuer hatfe es gesehen, als man vom Nest aus auf dem Herd in der rauchschwarzen Kuchl   aufflammen sah, aber viel stiller wie jenes. Und in der Glut dieser steten Flamme schmorten Tau­sende der leckersten Mücken und Flügelwürmchen, die einem gerade­zu gebraten in den Schnabel   flogen!

1

Zivei Männer in verschlissenen schwarzen Bratenröden be mühten sich, die Kiste durch die Toröffnung zu schieben. In der schwarzen Kiste lag nämlich die alte Bäuerin, die jetzt ihren letzten Ausgang machen sollte.

Einer der Männer, denen das Herausbugsieren des Sarges nicht gelungen war, ging in die Küche, einen Hammer und ein Stemmeisen zu holen. Die Schwälblein waren in größter Ver­wirrung auf ihr Bild zurückgeflattert.

Aber eins, das Freche, das als erstes den Ausflug gewagt hatte, sann auf neue Taten. Nachdem die Mutter auf die befremd­liche Kiste argwöhnisch niedergestoßen war und sich von deren Un­gefährlichkeit überzeugt hatte, febte es sich nach furzer Rundreise über den Garten mit Erlaubnis der Mama auf den Sarg nieder. Es zupfte neugierig an den Kränzen. Infolgedessen fiel ihm das Würmchen, das es soeben draußen erbeutet hatte, aus dem vor wißigen Schnäblein auf den Sargdedel nieder. Das Würmchen troch schnell in die Rize des Deckels.

-

Weihrauch durchquoll süßlich die Halle. Das Freche flog hinaus, denn aus der Stube schreckten es laute Stimmen. Da drinnen in dem braungetafelten Gemach zankten sich die vier Kinder der Toten. Zwei stämmige wetterzerborstene Söhne, der eine dreißig, der andere fast vierzig Jahre alt, und zwei alte Jungfern, von denen nicht leicht festzustellen war, welche wohl die Betagtere sei. Denn beide waren gleich hager, gleich vornüber­gebeugt, blickten gleich mürrisch und mißtrauisch aus ihren stumpfen, umrungelten Augen.

-

Diese vier zankten sich an der offenen Lade der Toten. Denn die älteste Schwester hatte das schwarzfcidene Brautkleid der Mutter zum Begräbnisgang haben wollen. Der älteste Sohn aber hatte es ihr verweigert. Er schrie: wenn sie es einmal anhätte, behielte sie es ganz soweit fenne er sie schon. Daraus würde aber nichts! Und er offenbarte ihr und den übrigen Geschwistern seine Absicht: in einem halben Jahr seinen Schatz, die Annerl, heimzuführen ais Bäuerin. Die hatte er nicht heiraten dürfen, folang die Mutter lebte. Denn weil das Madl arm war, tat die Alte herrischen Ein­spruch. Und seinem Annerl hätt' er schon längst versprochen, daß sie einmal in dem schwarzseidenen Brautkleid der Mutter vor den Altar treten solle.

Also eine junge Frau wird zum Winter in das alte Gemäuer einzieh'n, mit Lebenswärme und Glüdslächeln!"

So paukte die alte Standuhr, die gelauscht hatte, mit ihrem tiefen dröhnenden Baß. Sie war allen menschlichen Wandels fundig, denn sie hatte schon so manchem seine Glücks- oder Uns glücksstunde angeschlagen.

-

-

Dann wird wohl auch zum Herbst übers Jahr die alte, bunt­bemalte Wiege. hervorgeframt werden müssen, droben auf dem Boden brummte fie verzitternden Tones in sich hinein. Und dann langt ein Patschhändchen nach den noch ein Jahr weiter jungen Schwalben, die trop Würmerbiß und Hinsterben von Kaben, Kirchtürmen, Bäuerin, Eichbäumen und uralten Adelsgeschlechtern doch immer wieder ausfliegen in immer neue, trunkene Sommer hinaus!"

Der Monolog der Uhr hatte den Bank der Erben beenbigt. Denn ihr Schla erinnerte daran, daß es höchste Zeit war für den Gang zum Friedhof.

Jetzt schlug auch der eine Sargträger mit dem Hammer den berrosteten Riegel des Torflügels herunter, der seit Jahren nicht mehr geöffnet worden war. Der andere stemmte sich von außen der Flügel flog nach innen auf gegen die eingeklemmte Platte und riß da. Schwalbennest mitten durch, glatt von der Wand weg. Feiner Staub rieselte auf den Sarg, den sie jetzt aufhoben und hinaustrugen.

Draußen wartete der Leichenwagen nebst zahlreichen dunkel ge= fleideten Bauern und Bäuerinnen. Der Zug setzte sich in Bewe­gung, mit Hochwürden und dem Ministranten an der Spike. Im weißgetünchten, oben ausgebrochenen Kirchturm wiegte fich bedächtig die Glocke. Sie sandte tiefen Schalles der Alten den Ab schiedsgruß.

-

Wo nun das Felt frei war da hielten die drei noch seßhaften Schwälbchen es nicht mehr länger aus. Dicht hinter dem Sarge her stoben und schossen sie mit Jubelzwitschern in den blau und grün glänzenden Sommertag.

Ah! So jah also die Welt aus? Wie prachtvoll!!

Nun, was fagit Du-?!" jauchzte die glückliche Schwalbene