ein imderer Kuli an der Hand. Schwere rohe behauene Stein» platten schwanken an Land, mit Stricken an einer Bambusstange aufgehängt, die sich zwei Mann auf ihre Schultern laden. Mit wie sparsamer Bewegung werden dese Lasten aufgeladen, mit wie sicheren Schritten getragen. Das Aechzen unter der Last formt sich in langgezogene grell einsetzende Kehltöne. Vielleicht sind ja die Leistungen der Sänger des chinesischen Theaters nichts anderes als das verklärte Abbild dieser rhythmischen Arbeitsgesänge, und die Kulis fühlen das, wenn sie des Abends in Scharen die Theater besuchen, ihre übelduftenden Zigaretten rauchen und die Ledigkeit ihrer Schultern im Anschauen prächtig kostümierter Schauspieler genießen. Die Lasten, die täglich am Bund von Hcmkau durch stöhnende Menschen ausgeladen werden, wären wohl leichter durch ein paar solid« Dampfkrane zu bewältigen. Aber die Lastträger- gilden widersetzen sich, unterstützt von mächtigen Freunden, dieser Neuerung. In den großen heißen Fabrikräumen der russischen Faktoreien wird Tee gereinigt und getrocknet. Es gibt Sorten, von denen schon in Hankau das Pfund fünf Rubel kostet. So der berühmte Zarentee aus dem Distrikt von Ningtschou am Pojangsee in der Provinz Kiangsi   und die Sorten Kimun und Oonfa aus Hunan  . Selbst die Abfälle des Teestrauches, holzige Zweige, zu Staub ver« krümelte Blätter, werden noch verwendet. Dampfpressen formen aus ihnen den sogenannten Ziegeltee, der in einer immer gleich bleibenden Form bei den Völkern des inneren Asiens   in den Handel kommt. Er dient den Eingeborenen Tibets   so gut wie den Roma- denvölkern, den Bauern und Kosaken Sibiriens   als unentbehrlicher Zusatz ihrer aus Wasser. Milch, Salz und Schafsfett bereiteten Suppen; jeder Teeziegel ist bei diesen Völkern zugleich ein Tausch- mittel. Die guten Sorten des schwarzen Tees gelangen nach Ruß- land. Früher führten die Teekarawanen über Peking   durch die mongolische Wüste bis nach JrkutLk. Seit einem Jahrzehnt aber werden diese großen Teefrachten von Hankau auf russischen Dam- pfern nach Wladiwostok   gebracht und gehen erst mit der sibirischen Bahn westwärts. Künftige Bahnen werden diese großen Teetrans- Porte wieder durch die Mongolei   führen. Das Heiligtum einer jeden russischen Teefaktorei in Hankau  ist die Probierstube. Sie ist ein Raum mit kahlen, geschwärzten Wänden, mit Verschlagen vor den Fenstern, die das grelle Licht abblenden, eine Art Laboratorium, auf dessen Tischen in langen Reihen peinlich saubere Schalen, Kännchen und Tassen aus weißem Porzellan aufgestellt sind. Die Prüfer entnehmen den Zinndosen die Proben auf weißen Papiertabletten, um zunächst den trockenen Tee zu beriechen. Es folgt die Kostprobe. Der chinesische Diener füllt von jeder Sorte das mit der Feinwage gemessene Quantum in ein Kännchen, gießt aus einem kupfernen Kessel heißes Wasser nach, läßt den Tee nach der Sanduhr etwa vier Minuten ziehen und gießt den braungoldenen Trank in die kleinen Schalen. Der Schmecker nimmt mit dem Porzellanlöffel nicht mehr als ein Schlückchen von jeder Sorte in den Mund und speit es dann in eine Blechkanne, denn der frische Tee hat keine angenehmen Wir- kungen auf den Magen. Auch die aufgekochten Blätter werden be- roch.'n, nachdem das Wasser abgeschüttet wurde, und das Resultat der Probe wird schließlich in das eigeneTecstaub-Journal" ein- getragen. Sechs große russische Teefirmen haben ihre Niederlassun- gen in Hankau  ; ihre Saison dauert nur zwei Monate im Jahr. In der übrigen Zeit haben hier die Russen das herrlichste Leben. Es gibt noch andere Industrien in Hankau  , die in der ganzen Welt nicht ihresgleichen finden. Viele der großen Ostasienfirmen besitzen mehrere Faktoreien für verschiedene Zwecke. Weite Hallen dienen nur der Lagerung und Verladung des Sesams, dessen braune linsengleiche Körncken in rasselnden Strömen die von Staub umwölkten, von Schwalben umflogenen Reinigungsmaschinen durchlaufen und die Sacke füllen. Die englischen Firmen betreiben in der Hauptsache Reedereigeschäfte und Versicherung. Deutsche  Firmen suchen ihren Gewinn an Holzöl, Daunenfedern und Schweinsborsten. Es gibt mehrere Albuminfabriken. In der größten, die einer deutschen Firma gehört, werden während der Sommermonate bis zu zweihunderttausend Enteneier täglich ver- arbeitet. Ein paar hundert chinesische Weiber und Kinder sind dann mit nichts anderem beschäftigt als mit dem Aufschlagen der Eier, von denen das Weiße und das Gelbe in besondere Bottiche gesammelt wird. Das erstere wird mit chemischen Zusätzen in Europa   für industrielle Zwecke verwendet. Das Eigelb wird in Pfannen eingetrocknet, um dann in Pulverform versandt zu lver- den, oder man füllt das Dickflüssige in zinnerne Büchsen; daheim findet es in photographischen Fabriken und als duftende Biskuit- substanz im Konditoreigewerbe Verwendung. Natürlich geschehen diese Arbeiten unter Aufsicht und mit größter Sauberkeit. Eine amerikanische   Firma schlachtet Schweine in Masse und versendet das gefrorene Fleisch Andere Firmen füllen Fässer mit dem vege- tabilischen Talg, der aus den knollenförmigen Früchten des Stillin- gia-Baumes gewonnen wird, versenden Schiffsladungen von roh zubereiteten Büsfelhäuten, Ladungen von Baumwolle oder Göll- nüssen oder Jute, Hanf und Chinagras, das die Seilerei verbraucht. Die angloamcrikanische Tobacco-Company erzeugt in ihrer hiesigen Faktorei nicht weniger als zwei Millionen Zigaretten täglich An- gestellte der Gesellslhaft bereisen das Land wie Missionare, die auf den Marktplätzen der Dörfer den Tabakanbau predigen, Flugschrif- ten verteilen, Tabaksaat umsonst abgeben. Außer den Fabriken der Europäer bestehen in Hankau   aber auch große chinesisch: Unter- »ehmungen, an ihrer Spitze das berühmte Eisen- und Stahlwerk von Hanjang und die stark beschäftigten Jangtso-Jngenieurwerke, die Schiffe und Stahlkonstruktionen bauen. Die Regierung hat eine Papiermühle, eine Nadel- und Nagelfabrik, ein Zementwerk, ein Wasserwerk und eine elektrische Kraftstation errichtet, und auf bei- den Ufern des Stromes sind Getreidemühlen. Oelpressen und Erz- schmelzen erstanden. Kfcines Feuilleton. Literarisches. Hans Hyan  . Hüter der Unschuld.<1912. 4. Auflag» Pan-Verlag.) Bei dieser Novellensammlung fällt mir ein: warum gibt es noch keine gute Auswahl von Hyans Arbeiten? Jetzt muß man sie sich so zusammensuchen: hier ein Buch, da ein Heft, Zeitungsausschnitte.... Ueberall sind die prachtvollen kleinen Ge- schichten zerstreut, die mit so unglaublicher Kraft geschrieben find. Denn das haben wir ja jetzt wieder bei Wedekind erlebt: es kommt nicht nur darauf an. daß man eine neue Farben» bezeichnung für den Nachtnebel findet oder dergleichen Hyan ist in der Sprachtechnik durebauS konventionell, aber eS ist etwas in den Sätzen, unter den Worten... vielleicht sagt er: Kinder I daraus kommt eS ja gar nicht I Kommt es auch nicht. Aber einer von den hundert Romanschmierern soll einmal kommen und die Geschichte«Die heiße Hündin' schreiben I<Sie erschien seinerzeit auch imVorwärts'.) Wie da das Vergeltungs- gesühl ganz harmonisch und klug für die Wirkung der Geschichte ausgenutzt ist. wie mit den einfachsten Mitteln so ein Aprilabend herausgibwcht ist,... kleine Lichter am Horizont, bräunliche Schatten und dunkelnde Bäume, zwischen de» Hecken zerschlugen sie «inen prügelnden Gefängnisinspektor das ist meisterhaft. Und dann die Berliner   Sprache. Hier ist er der einzige. Niemand versteht so den Tonfall, die letzten Feinheiten dieser Sprech- weise. Nicht die Witze das können viele. Nein, das andere, tieferliegende: Trauer und Entrüstung und Wut und immer das skeptische, sich selbst und die anderen Belächeln... Nur nicht ernst nehmen I Wie er diesen Rhythmus des Jargons versteht I Mensch liege»ich...1', sagt der Kalfakter Bumke zu einem in der Wut,Wat liegste denn fortwährend?!... Du tust am besten, wenn de dct Maul janich uffmachst l Denn du liegst doch bloß l So'n Lügneri' Dieser singende Tonfall in der Wut:Schnauze! sag ich! Schnauze!' So tausendmal. Faule Jungs, und Überfallene Dirnen,(die auch in diesen Momenten die Lektüre des .Lokal-Anzeigers''tiicht vergessen haben) und der trockene Humor der Angeklagten aber von ihnen, nicht vom.Publikum' auS ge­sehen... man lese das Buch. Wir aber wünschen uns eine Hyan-AuSwahl. DieHeiße Hündin' müßte darin sein, undS'chacherchen' undDas Geschenk' und das schönste von allen, das berühmte Gedicht: Die letzte Nacht: Verdammt I Nu sitz ich in det Loch schon fast'n Jahr un janz in Eisen...' Vorläufig aber wollen wir unS an dem freuen, was da ist. R. T. Volkswirtschaft. Wieviel Menschen kann die Erde ernähren? Die Frage hielt man bis vor kurzer Zeit fürbrennend". Damals. als man bewies, wie die Menschheit sich immer stärker vermehrt und der Kampf um die Futterplätze immer verzweifelter werden müßte. Gegenwärlig ist die Sorge der Wisienschaft ins Gegenteil ge- richtet. Der jähe Geburtensturz, der eine internationale Erscheinung ist, erfüllt die ehemaligen Ueberbevölkerungspolitiker mit schreckenden Todesahnungen steigender Entvölkerung. Dennoch ist die Frage nach der Leistungsfähigkeit der Erde keine ganz müßige Spielerei, weil sie, verminflig gestellt, die andere Frage, die die soziale Lebensfrage ist, einschließt: Kann die Erde die Menschen gut ernähren? Ist die Massennot eine natürliche Erscheinung oder nur eine Wirkung unsinniger Organisation der Gesellschaft? I» Schmollers.Jahrbuch' untersucht der bekannte Weltstatistiker Karl Ballod das Problem. Die zu entscheidende Vorfrage ist, welche Lebenshaltung angenommen werden kann. Der größte Nahrungs- spielrmim ergibt sich bei pflanzlicher Nahrung; dann kann die ganze anbaufähige Erdoberfläche herangezogen werden, während bei Fleisch- nahrung das Hanstier als Konkurrent der Menschen aiiftritt. Auf den Kopf der Japaner entfallen 290 Kilogramm jährlich an Ge-. trcide, in Deutschland   450 Kilogramm, in Amerika   1000 Kilogramm. Der Mehrverbrauch erklärt sich aus der Viehhaltung, die auch als Mittel der menschlichen Bekleidung nabrungsverzehrend wirkt: wenn alle Deutschen   sich nur in deutsche Wolle kleiden wollten, brauchte man die Hülste der landwirtschaftlichen Fläche für die Ernährung der Schafe. Der englische   Geograph Ravenstein   hat auf der Erde   Nahrung für sechs Milliarden berechnet, der Statistiker v. FirkS erhöhte die Zahl auf neun Milliarden. Oppenheimer fand gar unter An- nähme technischer Zukunftsmöglichkeiten und Beschränkung der Nahnmg aus Wurzelfrüchte und Gemüse die Erde für 200250 Milliarden Menscben nahrungsfähig. Ballod kommt zu anderen Ergebnissen. Er hält die Schätzungen der Anbaufähigkeit der Erde für zu hoch. Er errechnet in den Tropen