Mannischem Gebiet. Der eine oder andere nxigte eine An-Näherung, aber Jakob leuchtete ihm schön heim. Nach Deutsch-land, Hai Madam Jungemamr ging jeden Tag über dieStraße, um Milch zu holen, und passierte dabei zwei Rinn-steine.«. An sie mochte man sich wenden.Da schwiegen die Leute, weil es nun mal nicht andersging— und freuten sich riesig. Alle die Reisen, die Jakobunternommen hatte, waren hervorragende Taten gewesen:Märchenluft umwitterte sie alle. Auch aus dieser Fahrt nachDeutschland würde Jakob sicherlich etwas Besonderes machen.Wie gewöhnlich stand Jakob in seinem Laden— bis zumSamstagabend. Dann steckte er den Schlüssel in die Tascheund ging zusammen mit dem Kätner Kaas an Bord. Kaashatte einmal als Küchenjunge ein paar Fahrten gemachtund verstand es, deutsche Klöße zu kochen.Das ganze Städtchen war auf den Beinen, als die beidenin See stachen. Nun sah man Jakob also endlich einmal inTätigkeit I Alle Welt hatte ja einen so hohen Begriff vonihm. Und das mußte man sagen: er enttäuschte die Erwar-tungen nicht. Wie Donnerschläge rollten die Kommandos vonseinen Lippen: und es war das reine Wunder, wie der lahmealte Kaas auf sein Geheiß springen konnte.Als„Andreas" gut in See war und den Wind frei vomLande fing, bestimmte Jakob den Kurs und wies dem altenKaas feinen Platz am Steuerruder an.»,Nur immer den Kurs halten!" ermahnte er.„BeimSteuern richte Dich nach den Sternen: und wenn die Dichim Stich lassen sollten, dann hast Du ja die Masten. Undwenn Du Deutschland in Sicht bekommst, dann purr' michraus!" Nach dieser Predigt ging er wie ein Fregattenkapitänschlafen so seelenruhig, als stöbere er in feiner Mutter Truheherum.Kaas steuerte vorwärts und spähte unentwegt nachDeutschland aus. Die Sterne kamen ein bißchen in Un-ordnung. aber er hielt sich an die beiden Topps und dachteso manches Mal voller Bewunderung an seinen prächtigenKapitän unten in der Koje. Die ganze Nacht hielt er ge-treulich und unermüdlich Ausschau:- und als die Morgen-dämmerung sich mit weißem Nebel meldete, so daß er garnichts mehr sehen konnte, da lauschte er angestrengt. Kaasverstand sogar ein bißchen Deutsch und war kein Zweiflerund Zauderer: er würde es schon merken, wenn sie an Ortund Stelle wären.Schließlich hörte er vorn ein Geräusch. UndeutlicherLärm wie von menschlichem Verkehr drang zu ihm herüber.Er stampfte aufs Deck auf, und bald darauf kam Jakob imMantel zum Vorschein.„Na, da wären wir ja angelangt!" sagte Jakob undlauschte landeinwärts.„Ich wüßt' es ja. Hörst Du's, Kaas— das ist deutsches Treiben! Das beste ist, wir lassen denAnker fallen, bis die Sonne durchbricht."Kaas überließ Jakob das Steuer und wackelte zur Anker-winde hin; bevor der Anker aber den Boden erreichte, stießensie auf den Grund.„Hoho!" rief Jakob.„Wir sind Teutschland zu nah aufden Leib gerückt! Ha, dann loten wir. Mann! Lotleine klar!"Kaas humpelte mit dem Lot von Reling zu Reling: erwar ganz starr vor Bewunderung. Der Jakob, dieser Teufels-kerl, wußte sich stets zu helfen! An allen Ecken und Endenmaß Kaas die Tiefe aus und konnte ganz genau sagen, wiesie lagen. Dann setzten sie sich beide auf die große Luke,zündeten die Pfeifen an und warteten darauf, daß der Nebelsich heben würde.Von Zeit zu Zeit tauschten sie ihre Meinung aus überdie Laute, die vom Lande herllbertönten, und über die Ar-besten und Vorrichtungen, die wohl dahinter stecken mochten.„Die Schiebkarre da pfeift akkurat so wie dem RasmusKjöller seine," sagte Kaas auf einmal und horchte hinüber.„Ich gäb' was drum, wenn wir erst wieder wohlbehalten zuHause wären."Die Leute am Lande sprachen ganz ruhig, aber mankonnte die Worte nicht verstehen.„Das ist Deutsch," sagteJakob.„Es hört sich immer so an, als hätten die Kerls einewarme Kartoffel im Munde."Jetzt tauchte die Kirchturmspitze hoch überm Lande ausdem Wasser auf.„Herrgott, sieh mal," rief Kaas,„der Wetterhahn dahängt ja an einer Zehe— ganz wie der bei uns zu Hause!"„Jösses, Du hast recht! Und sieh Dir doch mal denMolenkopf an, Kaas! Den haben sie uns auch nachgemacht,nur zehn Ellen länger gebaut."Der Nebel hob und hob sich, und langsam erstand vorihren verblüfften Augen ein Städtchen, genau so wie das ihredaheim, mit dem Strandweg, mit Marthes blühendem Ho-lunder und allem andern. Und an einem Giebel, der aufsHaar Schiffer Marten Andersens Giebel glich, waren außenvor die Fenster Laken genagelt. Es war wie ein Traumbild.Und Kaas öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Jakobfolgte diesem Beispiel. Aber sie kamen nicht dazu, saßen bloßmit offenem Munde da und glotzten einander an. Am Landeerschienen immer �mehr Leute: und alle, alle waren ihnenbekannt.Ein grauer Streifen lief über Jakobs Gesicht hin: schwer-fällig stand er auf und fierte das Heckboot hinab. Kaas ge-traute sich nicht, ihn anzureden, kroch still hinter ihm in dieJolle hinunter und ruderte das Boot ans Land. Dicht an-einander gepackt wie eine Landwehr, standen am Strande dieLeute, doch Jakob durchquerte die Menge und ging schnür-stracks nach Hause. Und keiner wagte ein Sterbenswörtchenzu ihm zu sagen. Man lachte nicht einmal.Mit der Zeit aber, je mehr man das Ganze aus derEntfernung ansah, begann Jakob selber davon zu reden: undda man es nun einmal nicht gewohnt war, ihn zu korrigieren,bekam die Sache ihre besondere Form. Jakob war eben einTeufelskerl, und nach und nach glitt seine Fahrt nach Deutsch-land mit einer Steinladung und wieder nach Hause zurückin einer Nacht in die Reihe seiner übrigen abenteuerlichenTaten, und zwar als die wundersamste von allen!Solä.Eine Matrosenkneipe einer kleinen Seestadt. Da kommen allepaar Tage die Afrika- und Amerikafahrer, werfen eine HandvollPasiagiere, auch Schisfslcute an Land, geben einige KolliS undFrachtstücke mit ihrem Hebebaum über und fahren weiter. DieAnkömmlinge drehen sich dann erst mehrere Tage lang durch dieKneipen und Gassen, sich an das Festland zu gewöhnen, ehe sie insInnere verholt werden. Man höre nachts ihre Schreie der Lust.Schwarzwaldlicdstücke mit Englisch und fremdem Abfall gemengt—und bis sieben oder acht früh lärmen Phonographen, die sie aberüberschreien. Es ist nichts Böse« oder Häßliches an ihnen— diein langer Fahrt und Disziplin unterdrückte oder gehaltene Lust mutzsich ausbreiten.Sie setzen sich meist in einem Lokal besonders fest und bildendort, auch wenn Einzelne fortgehen, Neue hinzukommen, ständigeGruppen, deren Geschichten, Scherze und Streitigkeiten einen ge-wissen Zusammenhang behalten. Hier haben wir eine vor uns:Da ist der wichtigste: Ein Dicker mit vollem Gesicht, gedunsen,datz man merkt, er hat allezeit tüchtig in den Magen Flüssigkeitenedler wie unedler Art gepumpt. Er ist weichlich gequollen. SeineLippen hängen überdrüssig herab— er ist reich gekleidet, obgleich dieschönen Stoffe in der Nähe zerfasert aussehen und es auch find. Erhat Augen, die immer etwas Feines zu suchen scheinen, dem ernachsinnt, und wenn er dazwischen auffährt und sein GlaS Bier oderSchnapsgemisch herabschluckt, ist es wie ein Faustschlag, den eretwas Quälendem aus seinem Leben versetzt. Zerstreut und lärmend.mit scheinbarer Lustigkeit wirft er seine Brocken in das Gespräch, daser leichter beherrscht als die übrigen. Er kommt aus Amerikazurück oder Labrador oder Patagonicn.Dann ein zweiter, recht ein Gegenstück. So hager und elend.verzehrt von Sorgen, wie der andere von Genutz und Wohllebengequollen. Er trinkt fast nichts und spricht wenig, aber beizend.Mitten drinnen einige feste Seeleute, die sich rmmer.verdammt"wohl kühlen, feste noch einen.Quadranten" verlangen und in glück-lichem Lächeln zuhören.Endlich ein junger Bursche, mit der Schiffsjungenpudelmütze—mächtig frech und zuverlässig in die Welt sehend und sehr neugierigauf die Zukunft. Er wollte nach drüben und wartete auf seinePapiere..Ja— das möchte ich mal", fiel er mit feiner Knabenstimmeein, als die anderen vom Reichsein gesprochen hatten,.das möchteich einmal— so viel haben, datz ich machen könnte, was ichwollte."Der eine Seemann lachte und stieß seinen Kameraden an; nunlachten beide und leerten ihr GlaS..Der Kerl ist gut, nicht Hannes?AuS Dir wird noch was. mein Junge."Der Dicke aber sah den Burschen an, recht warm, als ob erein schönes Wort gehört hätte.Der Hagere lachte gar nicht, sondern erzählte ganz langsam,als ob er jedes Wort dem Jungen als ein Saatkorn eindrückenwollte: wie er als Knabe trotz unsäglicher Entbehrung in sich deneinen Wunsch genährt hätte, einmal doch ein GlaS Wasser bis obenan mit Zucker trinken zu können. Das erfüllte fich bei ihm nicht;aber ein Kamerad, dem er sich mitteilte und der gleichfalls dieHerrlichkeit des Ersehnten begriff, setzte es auf Ferien bei einer ver-heirateten Schwester durch. Er konnte sein Glas mit so viel Zucker