ins Bett. Wenn es eine Dummheit war, dann war es seine Dummheit, und fertig I Die Ursula hörte ihn gut, und sie mochte es fernen Schritten anmerken, daß er nicht reumütig und sanft gestimmt war. Sie unterdrückte ihren Wunsch, ihm etwas nachzurufen, und hörte vor Staunen auf zu weinen. Da schaug Hers" brummte sie.-Der schämt si gar it ornciir 7. Kapitel. Und wenn der Schormayer noch nie gemerkt hatte, wie dick eines Menschen Kopf sein kann, dann wußte er es an diesem Morgen, der seinem abenteuerreichen Tage folgte. dr legte sich daS Erlebnis mit der Creszentia Gneidl zurecht und fragte sich, was nun geschehen müsse. Und eigentlich erschien ihm die Lösung einfach und selbst- Verständlich. Das Mensch mußte weg vom Hofe. Kein zärtlicher Nachgeschmack zwang ihn, das Mädchen in Gedanken höflicher zu benennen oder um sein ferneres Wohlergehen besorgt zu sein; und sein tüchtiger Verstand ver- hielt sich durchaus ablehnend gegen die Vorstellung, daß ihn an der Verfehlung gegen die Reinlichkeit des Hauses auch ein Teil von Schuld treffe. Wieso auch? Wenn die Zenzi nicht gewollt hätte, wäre ihr nichts geschehen. Und man konnte die Sache anschauen, wie man wollte: jedenfalls ging es nicht, daß er eine Manklerei(Techtelmechtel) mit einem Dienst- boten hatte, von der seine Kinder wußten, und die auch bald genug in der Gemeinde bekannt würde. Denn seine Tochter könnte schon das Maul nicht halten und müßte ihren Verdruß bei der ersten Gelegenheit einer Nachbarin anvertrauen. So viel weiß zuletzt jeder von den Weibsbildern. Und war die Geschichte einmal aus dem Hause, dann kroch sie durch alle Schlüssellöcher. Wenn dahingegen die Zenzi in Frieden ab- zog, dann konnte er seiner Ursula kräftig vorstellen, daß über geschehene Dummheiten nicht gut reden sei. So wer i's macha," sagte der Schormayer und war zu- frieden mit sich und dem gehabten Vergnügen. Denn ein teufelsmäßig sauberer Brocken war das Weibsbild, ein ordentliches Trumm und recht nach seinem Gusto. Er schmunzelte und wollte gerade die Füße aus dem warmen Bett strecken, um aufzustehen, als er durch die Wand den Lärm von kreischenden Stimmen und klapperndem Ge- schirr hörte. Oha! San f fcho überanand, de zwoa? De Lallln hätt ja net wart'n kinna!" Er meinte seine Tochter und zog die Füße zurück. Denn mitten ins Gewitter hinein wollte er nicht geraten, und seine kluge Meinung war am Ende besser an die Frauen- zimmer zu bringen, wenn sie sich ausgeplärrt hätten. Und dazu hatte es gute Aussicht; die Töne gingen schneidig in die Höhe und klangen messerscharf in der Fistel. Dann schepperte aber ein irdener Topf, der in tausend Scherben zerschmissen sein mußte, und ein gellender Schrei folgte nach. Dös werd ja guatl" sagte der Schormayer, und da lärmte die Ursula schon in die Stube und klopfte mit unge- stümer Faust an seine Türe. Bal's d' net auf da Stell außakimmst, Vata, geh'n i auf und davo!" Was machst d' denn für an Krach, du Herrgottsaggera- msnt?" J bleib nimma in dem Schandhaus herin, und koa Minut'n bleib' i mehr..." Du gehst in dei Kuch'l und wartst, bis i kimm,,? Aba gleil" Dei Mäu halt, sag i! Und dös Schandhaus zoag i drr Na scho, du Moll'n du!" (Fortsetzung folgt.) Karl. Eine Szene aus dem KinderleSeif.- Vön Hermann Conrad,  . Sonntag-Nachmittag. Auf dem Hofe des großen Geschäfts- Hauses, wo Werkeltags so bu»!t und geräischvoll hergeht, liegt heute ein tiefer Frieden. Die Türen und Fenster der Niederlage sind geschlossen. Das grüngelbe, von der Spätsommersonne mit goldenen Flimmerlichtern übcrsprenkelte Weinspaliet darf heute in stiller, köstlicher Ruhe seine Trauben weiterreifen lassen. Ver- träumt steht der starkknochige Rollwagen da. Er braucht heute nicht unter der Last der Zementsässer, der.Petroleumballons, der riesigen Pflaumenkisten zu ächzen und zu stöhnen. Er trägt heute nur die leichte, geschmeidige Bürde des Hofkaters und die fühlt er kaum, er, der an ganz andere Strapazen gewöhnt ist. Die symmetrisch zusammengeschichteten Fässerlagen, die sich wie Wälle, wie Barri- laden, durch den Hofraum ziehen, feiern heute auch. Keine braune, schwielenharte Arbeiterhand greift rücksichtslos in ihre Mitte, um die Harmonie der Kolonnen zu stören, um mit einem jähen Ruck oder einem mühsamen, kraftheischenden Herauslösen den Kameraden vom Kameraden zu reißen, den einen nach Osten, den andern nach Westen zu spedieren... Sie liegen heute da still, unbetastet, wie die steinernen Riesen, die Pyramiden, im Wüstenschweigen... Unter dem Torwege sitzt der Hausmann. Er ist eingenickt. Auf seinen Knien liegen ei» paar zerknitterte, eingefalzte, durcheinander- geschobene Blätter einer Schundroman  -Lieferung. Die Lektüre muß ausnahmsweise einmal nicht besonders aufregend und spannend ge? Wesen sein. Der Mann schläft nur leicht. Wenn ein matter Wind- hauch an die Seiten faßt und sie leise aufrascheln läßt, dann fährt wohl eine zuckende Bewegung durch den Leib des Schläfers, er reckt sich aus seiner gekrümmten Stellung in die Höhe und tastet, halb wachend, halb noch schlafbefangen, mit seiner breiten, bronzierten, von Arbeitsnarben ourchfurchten Hand nach den Blättern, um sie am Hinabgleiten zu hindern... Der Mann schläft nur leicht. Darum ist er auch sogleich munter, als jetzt die Hausklingel mit einem unausstehlich schrillen Tone anschlägt... Er sieht erwartungsvoll nach der Tür... Da fliegt ein helles Freudenlächeln über sein eckiges, unschönes Gesicht. In den Torwegraum ist ein kleiner Bursche getreten- sein Kind... Während der Mann mit der einen Hand die Blätter von seinen Knien nimmt, als wollte er aufstehen und sich mit der andern den Schlaf aus den Augen reiben, kommt der Knabe näher. "Jetzt passiert er den breiten Sonnenstreifen, der durch die oberen Torwegfenster hereinschlägt. Da glänzt sein Har auf wie eitel Gold. Ueber seinem krausen, lockigen Scheitel liegt eine Sekunde lang eine Fülle flüssigen, blendenden Lichtes. Aber schon ist er aus dem Bezirke der goldenen Glanzstäubchen getreten und steht jetzt vor seinem Vater. Der sieht ihn mit zärtlichen Blicken an. Na, mein Junge, die Mutter hat dich ja heute fein gemacht! Ordentlich gekämmt und gewaschen und die neuen Hosen 'n Prinz brauchte sich nicht zu schämen!..." Die Augen des Knaben leuchteten. Aber er sagt kein Wvrt. Du siehst auch heute nicht so blaß aus wie gestern... Zeigf mal das Patschhändchen! Siehst du, Karl, das ist auch schon wieder fester!... Du wirst noch mal'n ganz strammer Bursche! Na! Aber nun mach' nicht mehr so'n trauriges Gesicht ist ja heute Sonntag, mein Junger..." Der sagt blosja!" und sieht den Vater mit großen, aufge- rissenen Augen an. In seinen Blicken muß ein Etwas liegen, daS der Vater nicht versteht, das ihn befremdet, beängstigt... Was willst du denn, Karl? Du siehst mich ja so groß an!... Na sag' doch!..." Der Knabe schweigt noch immer, auf seine Mienen legt fich's wie«in Zug von Trauer, von Ermüdung, von Entsagung... Mit dem rechten Händchen greift er wie träumend nach dem kleinen schwarzen Knopf, der in dem aufgebauschten, zu leichter Wölbung herausgeschobenen Chemisett des Vaters steckt,,, Der schlägt scherzend auf die Finger Karls... Willst du wohl sitzen lassen, kleiner Langfinger!.. Der Knabe zieht die Hand schnell zurück und verbirgt sie in die Hosentasche. Dann kehrt er sich in halber Wendung um und starrt in den Hofraum hinaus... Vater!" beginnt er dann plötzlich,bist du heute ganz allein hier?" Ja, mein Kind! Ich bin heute Herr hier das gehört alles mir," erwidert der Angeredete scherzend. Ach! dann darf ich wohl ein bißchen auf dem Hofe spielen, ja?" Immerzu, Karl! Aber womit willst du denn spielen? Und allein?" Ich spiele doch immer allein, Vater!" Der schweigt. Er erinnert sich mit einem Gefühl der Trauer und des Bedauerns, daß sein Karl allerdings meist allein spielt. Der Junge ist nicht zu bewegen, am Spiel anderer Knaben auf der Gasse teilzunehmen. Er hockt in einer Ecke des kleinen dunstiger» Wohnzimmers und baut sich aus seinem dürftigen Spielzeug dies und das zusammen. So sitzt er oft stundenlang, Winter und Sommer. Dann wischt sich für eine Spanne Zeit jener Zug un» den Mund, der eine frühe Ermüdung und Erschöpfung verrät, hin- weg, dann werden die Wvngen, die gewöhnlich leichenblaß, ein wenig frischer und röter... Hat ihn wirklich mal seine Mutter zu bewegen vermocht, die halbhelle Spielecke zu verlassen und mit der lebendigen, kinderbevölkerten Gasse zu vertauschen, dann wagt er sich nicht in den Schwärm der kleinen, bunt durcheinander- schwirrenden Gesellschaft hinein er steht abseits und sieht apathisch, gleichgültig dem Lärmen und Toben zu, wie einer, besser» Welt in anderen Regionen liegt, der sich im rauschenden Gedränge fremd, einsam fühlt... Der Junge ist krank. Entschieden krank. Sie sagen es alle. Die Nachbarn bekräftigen es alle Tage. Die Kinder fühlen eS instinktiv, wenn er in ihren Gesichtskreis tritt, und halb aus Mit- leid, halb aus Schadenfreude erzählen sie unter sich und zu Hause vor den Eltern von Vogts krankem Karl, der immer so schläfrig aussehe und nie Lust-habe, an ihren Reigenspiclen und Schlachten teilzunehmen,