überall im Weg und zu nichts mehr nutz sein. Kann sich einer ja ausrÄnen. wie der Herr Sohn sich ausspielt, wenn er erst einmal am Regiment ist, und hat sich vorher nicht halten können. Die Geschichte mit dem Lenz wurmte ihn. und er wurde nicht fertig damit. Daß die Kinder mit dem Alter nicht an Zärtlichkeit zunehmen, weiß man freilich, und es muß auch nicht jedes Wort fein sein, aber den Vater kotzengrob in die Ecke schieben und ihm mit einer Anzeige drohen, den Streit aus dem Haus hinaustragen, das selbige war ein wenig viel getan. Daß es den Lenz hinterher vielleicht gereut hatte, machte nichts anders, und wenn er den Hof einmal in Händen hielt, würde er dem Vater am Ende den Streit heimzahlen. Er traute ihm nicht mehr, und er wollte sich gut vorsehen. Am Ende war es wirklich das beste, wenn er sich mit einem guten Austrag nach Dachau verzog? Ein Häusel mieten oder kaufen und allein sein mit einer richtigen Person, die ihm aufwarten konnte. Der Blank Andrä von Happach hatte es so gemacht und hockte dort noch heute zufrieden und guter Dinge. Unterhaltung konnte man genug finden: aufs Gericht gehen und den Verhandlungen zulosen, auch fleißig Messen und Rosenkränze aufsuchen, seinen - Diskursi haben mit allen möglichen Leuten: und wenn man itis Wirtshaus wollte, hatte man die Auswahl. Was erwartete ihn denn daheim in.Kollbach? An jedem Zahltag ein Schimpfen iiber den unverschämten Austrag und Jammern, daß es der Sohn nicht erschwingen könne. Jedesmal der Vevsuch, was abzuzwacken oder Schlechtes für Gutes herzugeben, und die selbigen Kunststucke, mit denen man die unliebsamen Fresser in stille Wut bringt, daß sich ihre Tage verkürzen. Nur nicht angewiesen sein auf den guten Willen der Kinder! War eine Frau im Hause, hernach hetzte sie beim Schlafengehen und Aufstehen, wußte alle Tage was Neues zu finden und den jungen Bauern wegen seiner dummen Gutmiitigkeit zu schelten. Und gab acht, daß ver- wässerte Milch und abgestandene Eier und immer das Schlech- teste als Deputat hergegeben wurden. Streitest dann, ist der Teufel erst recht los, lind du hast vielleicht' den glücklichen Um- stand, mit deiner Prozeßpartei Tür an Tür zu leben und einen heimlichen Krieg mit der Schwiegerin zu führen, der hundert Bosheiten einfallen, bis du selber auf eine einzige komnist. Na na, Lenz! Das wird sich der Schormayer noch genau überlegen, ob er sich dir mit Haut und Haar ausliefert. Jetzt schon gar I Hast ja ein scharfes Maulwerk zum Erbstück bekommen und kannst großmächtig ausdrahen, wie man's gesehen hat. Ein Roß, das leicht ausschlagt, das muß ein schweres Kummet tragen und kurz eingespannt werden. Höh, was is?" Die Zenzi stand draußen und klopfte ans Fenster. (Fortsetzung folgt.) (RdAbnid Dcvbolcn.) Der BUnde . von Pierre Mille . Stramm aufgerichtet, den Kopf leicht zurückgeworfen und sich mit der Hand auf den Arm eines Soldaten vom fünfundsiebzigsten Regiment stützend, schritt der Mann einher. Vor ihnen lagen die hohen, mit achtstöckigen Häusern besetzten Hügel der Rhone und Saone ; sie sind von freundlichen Gärten um- geben, zu denen Treppen hinaufführen, während die Abgründe durch leichte Brücken überspannt sind. Sie alle überragt und beherrscht die Kirche von Fourbieres; ein zienilich ircues und geschmackloses Gebäude, das an jene Art von Talmiburgen erinnert, wie sie die Engländer auf den Felsenklippen über dem Strande der Mode- bäder zu errichten pflegen. Es war an jenem Tage sehr kalt, hell leuchtete die Soune, die Luft war durchsichtig klar. Alles hatte ein heiter, festtägliches Aussehen. Lyon ist schön!" begann der kleine Soldat im Plauderton. Ich weist es nicht," sagte der Mann.Ich bin aus Romans." Ist es wirklich wahr, daß Sie jetzt nichts, gar, gar nichts mehr sehen? Sind Sie nie früher hier gewesen? Sind Sie wirklich vollständig blind?" Und wie fast alle Landbewohner und auch viele Arbeiter das gern tun, so wiederholte er seine Frage, um sie noch eindringlicher zu machen: Sehen Sie wirklich nichts? Nicht die Häuser dort, die Schiffe da unten und die Pferde? Sehen Sie von all dem nichts?" Nein," sagte der Mann kurz. Der Soldat wurde ganz traurig. Er fühlte sich von jenem mit ein wenig Verlegenheit gemischten Mitleid erfüllt, das man für Menschen empfindet, denen man nicht zu helfen vermag und deren ganzes Unglück man kaum begreift, da es unmöglich ist, sich ganz in ihre Lage zu versetzen. So schritten sie jetzt lange Zeit, ohne miteinander zu sprechen, des Wegs einher. Wir sind am Ziele, hier ist das Hospital," sagte endlich der Soldat. Und er atmete sichtlich erleichtert tief auf. Als der Soldat stille stand, hemmte auch der andere seine Schritte. Der Soldat wandte sich dann gleich an den Pförtner. Das Schweigen seines Gefährten hatte schwer auf ihm gelastet. Hier ist er," erklärte der Soldat dem Pförtner.Der Mann ist ganz allein mit der Eisenbahn angekommen. Das heitzt, bis Vaise hat man ihn eskortiert, dort jedoch sind seine Begleiter zu- rückgeblieben, ich weist nicht aus welchem Grunde. Als man Lyon gerufen hat, ist er ausgestiegen, aber er ist dann, ohne sich nur zu rühren, vor dem Waggon stehengeblieben." Das einzig«, was er sagte, war:.Ich habe einen Aufnahme» schein für das Militärhospital.'" Sie sind blind. Man wird Sie also führen. Da ich mich ge-- rade auf dem Perron befand, hat der Adjutant mich herangewinkt und mich beauftragt, den Mann hierhin zu führen." Es ist gut," sagte der Pförtner. Der Mann war völlig gleichmütig, stumm und unbeweglich auf dem Platze stehengeblieben, wo sein Führer ihn gelassen hatte. Ihr Reisepaß? Der Brief des Militärarztes?" Er ge- horchte und zog die Papiere aus seiner Tasche. Also Sie heißen DieutegardI Das ist ja ein ganz eigentüm» licher, drolliger Name." Keine Antwort. Der Pförtner fuhr fort: Sie sind ja wohl blind, aber doch nicht stumm? Es kann Ihren Augen doch nicht wehe tun, wenn Sie den Mund aufmachen wollten!" Dann liest er den Mann durch einen herbeigerufenen Kranken- Wärter auf die erste Etage bringen. Das Volk hegt ein unendliches Mitleid mit den Blinden, und das war wohl auch der Grund, wes- halb dieser Krankenwärter überaus zart und sorgsam mit seinem Pflegebefohlenen umging. ..... Dieutegard vom achtundsiebzigsten Regiment," sagte der Militärarzt.Ich weist, um was es sich handelt! Mein Kollege in Romans hat mir darüber Mitteilung gemacht. Dieser Mann ist ein Anarchist und ein Simulant. Bringt mir den Augenspiegel." Der Militärarzt war ein noch ziemlich junger Mann, dessen Gesicht einen ungewöhnlich intelligenten Ausdruck trug, der auf eine starke Willenskraft und Logik der Gedanken schliesten liest. Er liebte seinen Beruf, der ihm stets neu und interessant er- schien. Sie haben einem anarchistischen Klub angehört," sagte er. Schon einige Tage vor der Ziehung sind Sie nicht in der Spinnerei von Maguabos, in der Sie beschäftigt lvaren, zur Arbeit erschienen, und zwar unter dem Vorwande. plötzlich, ganz plötzlich erblindet zu sein. Blind geworden von heute auf morgen? Ich mutz ge- stehen, dah mir das höchst unwahrscheinlich vorkommt! In Romans hatte man keinen Augenspiegel. Das ist der Grund, weshalb der dortige Militärarzt Sie hierhin schickt. Sie sind Anarchist, Sie wollen nicht dienen und simulieren nun eine plötzliche Erblin- dung. Wenigstens hat man sie im Verdachte, daß dies der Fall sei. Atzer wir werden der Sache gleich auf den Grund gehen." Er sprach mit völlig unpersönlicher, leidenschaftsloser Festigkeit. War es nicht das gute Recht dieses Mannes zu lügen? Es han- delte sich nur darum, ihn selbst davon zu überzeugen, daß er log. Dies zu tun, war die Pflicht Doktor Rogers. Wenn Sie," so fuhr er fort,wenigstens eine nur teilweise Trübung Ihres Sehvermögens vorgegeben hätten, das ließe sich ver. stehen. Aber so etwas!... Nun erzählen Sie mir mal, wie das denn so plötzlich gekommen ist?" Ich war mit Freunden auf der Straße von Saint Etienne, " antwortete Dieutegard langsam und seine Worte wie eine aus» wendiggclernte Sache hersagend.Die Sonne brannte sehr stark. Da war mir plötzlich, als ob mich ein Blitzstrahl getroffen hätte und als ob mein Augenlicht jäh verlöscht sei. Ich bin auf einen Steinhaufen gefallen und habe meinem Kameraden gesagt:.Ich kann nicht mehr sehen'." Roger ließ ihn sprechen, ohne Notiz von ihm zu nehmen, er schieg ganz davon in Anspruch genommen zu sein, den Augenspiegel aufzustellen. Dann aber wandte er sich plötzlich jäh um und streckte den gabelförmig gekrümmten Mittel- und Zeigefinger ganz uner- wartet dem Manne ins Gesicht, ganz dicht vor die Augen, kaum ein Zentimeter vor die wcitgeöffneten Augendeckel. Es ist dies ein sehr altes, aber viel bewährtes Mittel, simulierte Blindheit zu ent- larven. Aber der Mann zuckte nicht einmal mit den Wimpern. Teufel auch," sagte der Arzt,Sie sind stark... Verdunkeln Sie das Zimmer vollständig," gebot er dann einem Kranken- Wärter. Der Krankenwärter schloß die Türe und die Fensterladen und zog außerdem noch dicke grüne Vorhänge über die Fenster. Es herrschte nun eine künstliche, traurige Nacht in dem Zimmer. Der Augenspiegel wurde erhellt und nun schleuderte der Arzt plötzlich einen blendenden Lichtstrahl auf die beiden Pupillen. Diese Strah -