„Vo mir aus! I sag da g'wiß nix mehr; und was mi thuat, is it recht, und dös waar jetzt scho bald a so, daß mi gar nix mehr recht macha ko, und.. Vor sich hin greinend ging die Ursula auf den Hof hinaus und hielt erst das Maul, als sie merkte, daß der Vater zu ihr hinschaute. Er pfiff grell durch die Zähne. „Wo kimmst denn du her?" „An Stall bin i g'wen." „Hoscht du Zeit zu'n hoamgart'n(Besuche zu machen)?" Der Schormayer drehte sich um und redete wieder mit dem Tierarzt. Im Roßstall blieb der Hansglrgl noch beim Lenz stehen und sagte: „Du, Lenz, i bin jetzt scho neun Jahr bei'n enk, und du woaßt, daß i zu'n Haus halt. Aba i sag dir dös: paß auf loa Weibsbild durchaus gar it auf! Da macht mi's allawei verdraht, bal mi si vo dena was ei'red'n laßt." „Du woaßt aa it all's, Hansgirgl. was bei ins los is." „Wiss'n thua'r i gar nix, nal Aba derrath'n hon i a bissel was." „Was hosch du derrath'n?" „Is g'scheita, ma red't it davo. Dös derfst d' mir glaab'n, inseroans Hot aa seine Aug'n im Kopf, und michrauchst ja net alles fag'n. was mi siecht." „Bal's du was g'spannt Host, na werft d' aa fag'n müass'n, daß mi da it kalt zuschaug'n ko." „Warum it, Lenz? Bal mi scho amal zuaschaug'n muaß, na is bessa, ma laßt si d' Hitz'n it gar z' stark aufsteig'n." „Na bin i der gar neamd auf'n Hof?" „Du bischt da Sohn, und über's Jahr bischt da Baua. Na kost du dir allesammete richt'n, wia's du's Hamm willst." „Dös is no lang it g'wiß, ob i an Hof kriag, bal's as so weita geht." „Oe— hö— hö! Gar so gach(hitzig) werd's it oba geh'! Wer soll denn's Sach kriag'n als wia du?" „Wart no, was no all's kimmt!" „Na, na, Lenz! Dei Vota is so unrecht it, und i kenn eahm do aa guat. Bal's d' di staad hebst, werd's so weit it fehl'n." „Heb di staad, bal's d' a niad'n Tag was andersts hörscht!" „Hör nir! Dös is ja grab, was i dir sag'. D' Weiber- koch'n allawei was z'summ, und d' Mannsbilder soll'n's aus- fress'n." „Recht host scho!" „Freili Hab i recht! Da werft nimma firti, bal's d' amal o'sangst und laßt di auf's Vazäbl'n ei. Hoscht du amal a Weibsbild g'sehg'n, dös von selm aufbört? I no net. Da muaß bohrt wer'n und bohrt wer'n, bis was bricht. Na stengan s' da und wiss'n eahr it z' hels'n� dö Luda, dö dumma!" „Es is a so, Hansgirgl!" „No also! Heb di staad und druck d' Aug'n zua und laß di vo da Urschula gern Hamm ! Gar so stocknarrisch werd scho da Baua aa'r it sei: und daß i dir's g'rad sag', wia's is, von eahm aus Hütt i wohl nix g'spannt. aba in da Kuch'l drin bin i bald auf a G'spur kemma. De sell'n kinnan ja nix b'halt'n." „I heb mi scho staad, derfst d' ma's glaab'n: dös hoaßt, so lang's geht.". „Es geht scho. Jetzt derf i aba macha, daß i ei'spann. Psüat di!" „Pfiiat Good, Hpnsgirgl!" (Fortsetzung folgt.) (Nachdruck verdolen.) Oer Kluicle. . von Pierre Mille . Seines blassen, bartlosen Gesichtes wegen, das nicht verfehlte, einen gewissen Eindruck auf seine Umgebung zu machen, nannten einige ihn„Napoleon ", und in Anbetracht der Komödie, die zu spielen man ihn anklagte, hatten andere ihm den Namen„der Hanswurst" gegeben. Endlich vereinigte man die beiden Spitz- namen in einem Ausdruck. Der passive Widerstand„Napoleon, des Hanswursts" triumphierte über das Mißtrauen, mit dem man ihm begegnete. Man überließ ihn sich selber. Wenn er wirklich blind war, so litt er ja nicht in dem dunkeln Loch. War er es nicht, so hatte er nur, was er verdiente. Am einunddreißigsten Morgen seiner Gefangenschaft öffnete sich die Pforte seines Gefängnisses und zwei Soldaten führten ihn auf das Fort Lamotte. Mit stolz erhobenem Haupte, starr dreinblickenden Augen schritt er zwischen seinen Wächtern durch die Vorstadt la Guillotiere. Die Nacht war regnerisch gewesen und der Weg ziemlich schmutzig. Er trat mit seinen Füßen mitten in die Kotpfützen. „Wenn Du wie alle andern Leute, anstatt vor Dich hinzu- starren, auf Deinen Weg blicken wolltest, würdest Du Dich nicht so schmutzig machen." „Aber ich bin doch blind," antwortete Dieutegard. „Ach was! Du tust nur so! Wenn Du nur zur Erde blicken wolltest, würdest Du schon die Löcher und Pfützen des Weges ver- meiden: Füße und Augen verstehen sich ganz gut! Senke doch Deinen Kopf ein wenig, dann wirst Du Dich davon überzeugen." „Soll ich den Kopf senken, um sehen zu können?" wiederholte Dieutegard in spöttischem Tone. „Nun ja, gewiß doch. Du närrischer Kauz! Und wenn Du eS jetzt nicht willst, so tue es wenigstens gleich Das ist ein Rat, den ich Dir nur Deiner selbst willen gebe." Der zweite Soldat lachte höhnisch. Er wußte, was man vor- bereitet hatte. Dieutegard verharrte in hochmütigem Schweigen, ohne von den Worten seines Begleiters Notiz zu nehmen. Es war, als ob er völlig geistesabwesend sei. Endlich hatte man das Ziel dieses langen Weges erreicht. Das Fort Lamotte ist einst erbaut worden, um Lyon gegen den möglichen Angriff einer fremden Armee zu schützen. Später betrachtete man es als eine Zitadelle, deren Hauptbcstimmung es war, die große Vorstadt la Guillotiere in Schach zu halten, eine Vorstadt, in der es damals, wie noch jetzt nur allzuoft zu ernsten Unruhen kam, da sie von einer schwierigen und gewalttätigen Be- völkerung bewohnt wird. Diese Vorstadt war und wird noch heute von Kasernen umgeben, in dem zur Zeit ein Infanterieregiment und ein Bataillon Jäger zu Fuß untergebracht ist. Di>e Bastionen und Wälle sind nicht zerstört worden. Sie dienen dazu, die mili- tärijche Besatzung von der sie umgebenden und sozusagen belagern- den Bevölkerung zu schützen. Die Luft ist dort übrigens sehr rein. Sehr tiefe Gräben machen die Ueberwachung außerordentlich leicht, die Soldaten sind dort vor jeder Versuchung geschützt. Man wagt es wohl, um ein paar fröhlicher Stunden halber über eine Mauer zu klettern, aber über einen mehr als zehn Meter hohen Wall—. Die Soldaten können auf diesen Abhängen nur ihren Träumereien nachhängen! Und das ist besser— für sie sowohl«ie für die Ge- sellsckxift. Dieutegard durchschritt das Gitter, ohne den dort stationierten Posten zu grüßen. Seine Wächter machten ihm Vorwürfe darüber; diese einfachen Soldaten empfanden eine gewisse Unruhe, vielleicht weil sie sich für ihren Schützling verantwortlich füblten und selbst bestraft zu werden fürchteten, wenn er etwas verschulden würde. Sofort entschuldigte sich der Blinde und legte grüßend die Hand an sein Käppi. Man hatte den ersten Hof überschritten, wo sich die Kasernen der Jäger befinden; hinter diesem Hofe fällt das Terrain plötzlich ab und es befindet sich dort ein jäh sich herabsenkender Abhang. Vor der Kaserne des fünfundsiebzigsten Linienregiments stand Doktor Roger in lebhaftestem Gespräch mit einigen Offizieren. Es waren auch ziemlich viel Unteroffiziere dort versammelt, die offenbar alle in erregter Stimmung waren. „Jedenfalls spielt er seine Rolle ganz ausgezeichnet," sagte einer von ihnen. „Sie wissen, meine Herren," sagte Dokwr Roger,„daß ich ganz entschieden gegen ein so brutales Experiment protestiere." „Protestieren Sie so viel Sie wollen/ sagte ein Hauptmann. „Sie haben jetzt nichts mehr mit dem Manne zu schaffen, er ist in meine Kompagnie eingestellt worden, und— Sie haben selbst er- klärt, daß er nicht blind sei, also..." „Aber wenn ich mich dennoch geirrt haben sollte." sagte Roger. „Wenn Sie sich geirrt haben, so ist das Ihre Sache, das geht mich nichts an. Ich habe in meine Register eintragen lassen, daß ein Mensch bei mir eingetreten ist, der sehr wohl sieht, aber mir dreißig Tagen Gefängnis bestraft worden ist, weil er Blindheit simuliert hat. Ich denke doch, daß das eine genügende Probe ge- wcsen ist! Folglich bin ich es jetzt, der dem Soldaten Dieutegard Vorschriften zu geben und Befehle zu erteilen hat... Sind die nötigen Vorbereitungen getroffen," wandte er sich an einen der Unteroffiziere. „Ja, Herr Hauptmann. Es gilt jetzt nur noch den Mann über die kleine, hinter der Kantine herführende Treppe auf den Wall und von dort auf den schmalen Fußpfad zu führen. Er ist kaum zehn Meter lang, dieser Fußsteig, und er endet direkt vor dem tiefen Graben, der vor der nordwestlichen Kaserne liegt." „Und.... haben Sie auch wirklich alle Borsichtsmaßregeln ge- troffen," fragte der Arzt.„Sie wissen doch, daß es sich um eine sehr ernste Sache handelt." „Ernst?" meinte der Hauptmann.„Sie glauben wohl, daß er den Fall in die Zeitungen bringen könne?" „Nein!" sagte der Arzt.„Dann müßte ich mich sehr in ihm täuschen. Es ist ja wohl möglich, daß er ein Anarchist ist, aber keinenfalls ist er«in Denunziant I" „Und auch kein Sckrwätzer, der aus der Schule plaudern würde?" „Auch das nicht. Wenn er das gewollt, hätte-- Ucbrigens, wollen Sie, daß ich Ihnen die Wahrheit sage? Dieser Mann ist mir durchaus sympathisch." Ter Kommandant Lecamus war auch da. Er war ein starker,
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29 (18.7.1912) 137
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