Abör während Lenz sich zur Ruhe zwang, überkam den Alten xine wilde Lust den Sohn zu reizen. „Wia kimmscht da denn für als junga Baua?" fragte er den Kaspar.„Gel, dös is wos schön's, wann ma d' Arm rühr'n ko, und muatz si nimma ducka und sein hoamlich'n Zorn vastecka und braucht sein Vata nimma schö thoa ins G'sicht?" „Dös hon i nia tho." „Net? Na bischt du an Ausnahm. Aba selle gibt's gnua, de si gar nimma auskenna vor lauta Sucht nach'n Re- giment, dena d' Zung autzahängt. woatzt, und möcht'n an Alt'n liaba vagift'n, als daß s''n no o'schaug'n, und derfen 's aba it zoag'n, vastehst? Und müass'n schön thoa und g'md falsch sei, und kusch macha, kusch! sag i." „Geh, Vata, was hascht'n?" fiel Ursula ein. „Nix hon i. I vazähl g'rad dein' Kaschpa. was ma siecht, wann ma länga lebt. Setz eahm no Kinda her, na werd a no öfta an mi denka." „De ziag i mir scho," sagte der junge-Prückl. „Ziag dir s' no, und schaug, daß du zu'n o'kratz'n(ab- kratzen) kimmscht, vor s' groß san. Na hoscht d' lauta Freud g'habt, und d' Kinda aa." „Schormoar, jetzt san ma no g'müatli!" rief der Schnei- derbauer, der sah, wie der Lenz in verhaltener Wut käs- weiß wurde> „Freili san ma g'müatli! Warum soll'n ma's denn it sei. so lang ma g'sund san? Und scho so g'sund, daß ma'r auf und auf koa Kranket it g'spüarn und halt scho gar it vareck'n kinnan." „Gib nach, Vata, es horch'n d' Leut scho!" „Laß s' horcha, Urschula! Da sehg'n f amal, daß da Schormoar luschtig is auf deina Hozet. So luschti bin i scho lang nimma g'wen. Geh her, du junga Baua, und stöß amol o! Mi g'freut's, bal i an Junga reigiern siech. Dös is was anders als wia so a Lapp, der bloß möcht und net derf!" „Vata!" (Fortsetzung folgt.) 111 Lügen. Von Gustaf I a n s o n. Mit einigen langen Sätzen war der Leutnant wieder bei seiner Patrouille und nahm seinen Platz an der Spitze ein. Das Leder an seinem Rerolverhalfter knarrte lustig bei jedem Schritt. Die Patrouille schwenkte an den östlichen Ausläufern des Sandrückens vorbei, sprang in einen neulich aufgeworfenen Schützengraben nieder und setzte vornübergebeugt ihren Weg nach Westen fort. Vor sich hatten sie eine kleine Ebene, auf der es nichts zu sehen gab. Hinter ihnen hob sich der lange Sandrücken. Als der Graben unvermutet zu Ende war, marschierten sie weiter, nachdem der Leutnant mit seinem Feldstecher den Horizont unter- sucht hatte. Nach einer Viertelstunde raschen Gehens tauchte die Patrouille in einen natürlichen Hohlweg mit steilen Wänden. Kaktuspflanzen chatten sich hier und da zwischen den Schieferlagern festgebissen. -«nd ein Strauch, dessen Namen Pietro nicht wußte, wuchs stellen- weise in großer Menge. Ein Vorposten war weiter oben im Hohl- weg gelagert. Der Unteroffizier, der ihn führte, kam herbeigelaufen und rapportierte. Den ganzen Tag sei nichts Verdächtiges zu werken gewesen. Leutnant Carello nickte zum Abschied und ging den Hohlweg hinan. „So, nun sind wir draußen vor den Linien." Ueber die Schulter lächelte er den Leuten zu. Zirilli kicherte, und über Rapagnottis mürrisches Gesicht huschte eine Ahnung von Lächeln. Der hurtige Carello, der sich in allen Dingen den Kompagnicchef zum Muster genommen, war bei der Mannschaft beliebt. Pietro zog unwillkürlich die Schulter zu- sammen. Es lag etwas von der Spannung eines Abenteuers in biesem vorsichtigen Vorrücken auf ein unbekanntes Ziel. Bene- detti keuchte schwer an seiner Seite. Bei einer Vertiefung im Hohlweg stand der Leutnant still und sah zurück. Im Feldstecher erkannte er einige dunkle Ge- stalten auf dem Kamm des Bergrückens. Da standen Leute mit Signalflaggen, und mehrere Paar guter Augen untersuchten das Terrain vor der Patrouille. Er wurde im Rücken gestützt. Der Leutnant gab Order, den Marsch wieder fortzusetzen. Einen Kilometer weiter hin endigte der Hohlweg bei einem Hügel, von dem Sand und Steine herabgeruscht waren. Die Patrouille stand vor einer umfangreichen Bodenvertiefung. Im Westen starrten steile Sandwellen, die eine hinter der anderen, igt Osten lag die Ebene platt wie ein Pfannkuchen. Leutnant Carello runzelte die Brauen und dachte nach. Gleich darauf enterte er den steilen Abhang zur Rechten. Auf der Erde liegend, ließ er seinen Feldstecher langsam über den Horizont gleiten. Außer den Sandwellen war nichts zu entdecken. Nicht der geringste Fleck unterbrach ihre Einförmigkeit. Irgendwo im Sü- den hob sich eine Gruppe von Palmen, nebelig, konturlos wie eine halbverwischte Fata Morgana. „Korporal! Sie bleiben mit zwei Mann da oben." Dev Leutnant, der geschmeidig in den Hohlweg niedergesprungen war, zeigte auf die beiden letzten in der Patrouille.„Haltet die Signal- flaggen parat! Wir brauchen sie vielleicht.— Vorwärts I" Carello setzte sich in Bewegung. Pietro ging nnt einigen Schritten Abstand hinter ihm her. hernach kamen Benedetti, Zirilli, Rapagnotti und die übrigen. Links hatten sie die Ebene, wenn von der Seite eine Gefahr drohte, würden sie es rechtzeitig merken. Rechts von ihnen lag die Anhöhe, durch die der Hohlweg lief. Auf ihrem höchsten Punkte befand sich der Korporal mit seinen beiden Gefährten, traf etwas Verdächtiges ein, warnte er mit einem Schuß. Im Südwest lagen die erstarrten Sandwellen. Es galt auszukundschaften, ob der Feind sich dort eingenistet hatte. Die Patrouille rückte langsam vor in diesem losen Sande, dev leise raschelte, wenn die Füße darin einsanken. Plötzlich stieß Benedetti einen Schrei aus und taumelte zur Seite. Unmitelbar darauf knallten drei oder vier'Schüsse. Rapagnotti warf sich platt auf den Boden. Zirilli folgte so- gleich seinem Beispiel. Die übrigen standen einige Sekunden wie starr. „Nieder f.. Nieder!" klang das ungeduldige Kommando des Leutnants. Als wenn die Beine unter ihnen wcggcschlagen wären, warfen sich die Soldaten auf den Sand.„Fontanara... nieder ... hören Sie nicht!" Die Stimme des Leutnants war erregt, fast erbittert. Pietro lag platt wie die andern. Die Augen aller flackecten eifrig spähend nach den Seiten. Es sauste in der Luft, dicht über Pietros Kopfe, und er drückte sich fester in den Sand. „Zurück!" Leutnant Carello hatte rasch einen Blick über die Stellung geworfen und die Lage beurteilt. Hinter sich hatte die Patrouille den Bergrücken, an dem sie entlang gekommen war. Westlich lief er mit den Sandwellen zu- sammen, im Osten lag die Ebene, am tiefsten in der Mitte und langsam ansteigend. Dort gab es nach wie vor nichts zu sehen, ebensowenig wie sonstwo.„Zurück!... Rascher!" Auf Händen und Füßen kroch der Leutnant rückwärts. Am Fuße des Berg- rückens bildete der Boden eine längliche Vertiefung, in der man besser als auf der Ebene geschützt war. In einer halben Minute hatten sie die kleine Vertiefung er- reicht. „Sehen Sie etwas, Fontanara?" Wie Pietro auch seine Augen anstrengte, war er doch nicht imstande, den Feind zu entdecken. „Und die wissen, wo wir sind." Leutnant Carello biß die Zähne zusammen. Benedetti stöhnte leise. Das gab den Gedanken des Patrouillenführers eine neue Richtung. „Wie ist es mit Ihnen? Wo sind Sie getroffen?" Benedetti zeigte auf seine linke Wade. «Lassen Sic mich sehen!" Der Leutnant trennte ihm das Hosenbein auf.„Nichts Schlimmeres... eine kleine Fleisch- wunde! Da haben Sie mein Taschentuch. Helfen Sie ihm, Rapag- notti. Wickeln Sie es fest um! Ich bin bange, wir müssen laufen." Erschrocken sah Benedetti seinen Leutnant an. Aber der hatte sich schon von ihm weggekehrt. Bisweilen sauste es über den Köpfen der Leute. Dann folgte ein leichter Schlag, der jedesmal von einem schwirrenden Geräusch begleitet war. Als sie sich um- sahen, merkten sie, wie in dem Hügel hinter ihnen ein wenig Sand aus seiner Lage gerückt wurde und ein Stück hcrabrutschtc. Sie begriffen, daß Kugel auf Kugel in den Abhang schlug. Aber wo die Schützen sich versteckt hielten, war nicht herauszubekommen. denn bei der sicheren Aussicht, getroffen zu werden, wagte niemand aufzustehen, um die Stellung zu überblicken. „Madonna und alle Heiligen, wo... wo?" „Herr Leutnant... da drüben." Zirilli zeigte nach der Ebene. Weit hinten bewegte sich eine Reihe dunkler Punkte dem Hohl, weg zu, den sie vor einer Weile passiert hatten. „Das sind nicht die, die uns beschießen, das..." Es klirrte. als wenn ein metallner Gegenstand die Säbelscheide des Leutnants streifte, und ein Schuß knallte ganz in der Nähe.«Still! Leute.«. still!" ermahnte Carello leise. Pietros Pulse flogen. Was war dies? Ein unsichtbarer Feind hatte sie sich zur Zielscheibe genommen, würde vielleicht aus seinem Versteck den einen nach dem andern niederschießen... Er sah zur Seite und begegnete den Augen Zirillis. Auf ihrem Grunde lag eine bodenlose Angst. Ein schwindelndes Gefühl von der Nähe des Todes schüttelte Pietro. War er widerstandslos der Willkür der imsichtbaren Gewehre preisgegeben? fragte er sich selber, und gleich- zeitig formten seine Lippen wieder und immer wieder lautlos die Worte:„wir sind verloren!" Zirillis entsetzte Augen, Rapagnottis heiseres Stöhnen, Benedettis Gejammer, aas den unartikulierten Tönen eines gezüchtigten Hundes glich, all das vereinigte sich zu
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29 (14.8.1912) 156
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