zitternden Händen. Das Paar unter dem Vordach sah die schimmern- den Halbtugeln sich auf- und niederwälzen, wie die tranig nackten Bälge einer Seehundsherde auf Meereswogen. Auch die Bookmaler standen in gelblichen Tümpeln. Schliest- lich wurde die Traufe so stark, daß die Kreideziffern auf den- Cote- tafeln trotz beständigen Nachfahrens sich verwischten, als ob eine verdrossene Woikenhand dem Unfug da unten ein Ziel setzen wollte. Man konnte nicht weiter die Cote bestimmen. Das Regenschirm- gewoge glättete sich infolgedessen zusehends. Und da ertönte auch schon das Glockenzeichen des Ablaufes, gedämpft durch das Regen- geriesel. Fast zugleich mit dem Signale der Ankunft glomm die wach- sende Helligkeit der durchbrechenden Sonne über den verhängten Horizont und den Platz. Der erste, bahnbrechende Sonnenstrahl ließ die Kupfergabel derGrauchen" siegend xrfunkeln. Lorel und seine Nachbarin hatten verloren; und zwar war sein Verlust sehr beträchtlich, es blieben ihm etwa noch fünfzig Frank. Doch ließ ihn sein Mißgeschick merkwürdig kalt. Während des Regengusses war's ihm gewesen, als ob in der schudderigen Schnee- Atmosphäre der spritzenden Tropfen von der kräftigen Gestalt des Weibes, das sich so dicht an ihn schmiegte, eine wohlige Wärme aus- strahlte. Von Zeit zu Zeit half er mit dem Taschentuche ihr be- spritztes Kleid trocknen. Sein Verlust ließ ihn gleichgültig wie ein Traumerlebnis, wo einem die merkwürdigsten Geschichten passieren, ohne daß man recht daran glaubte und darüber in Verwunderung geriete. Er war mit* Geld- hergekommen, hatte fast keines mehr, als sie jetzt zusammen zum Bahnhof marschierten, nur noch ein paar Goldstücke bau! Er ging ja neben ihr also mußte der Regen- träum gut ablaufen. Die Dame hatte sich Lorel vorgestellt als Kassiererin im Maga- zin zumlkm marche". Er fühlte sich durch ihre Gesellschaft jetzt auch noch hoch geehrt. Auf chr Ersuchen nahmen sie Platz in einem kleinen Cafe nahe dem Bahnhof.Damit wir nicht in den ersten, überfüllten AbfahrtSzug geraten." sagte sie. Das Cafe glich dem Lagerplatz eines siegreichen Heeres. Nur diejenigen, welche einen guten Fischzug getan hatten, erlaubten sich vor der Rückkehr diesen Luxus. Denn es gab dort horrende Preise. Ganz vereinzelt saßen auch verzweifelte Gestalten darunter, die ihre letzten 10 Frank versaufen wollten. Aber trotz der unver- schämten Weinkarte champagnerte die Gesellschaft lustig drauf los; sie bestand hauptsächlich aus Bookmakern mit ihren Damen, die aufs Geld nicht zu sehen brauchten, Lorel bestellte zwei Gläschen Chartreuse . Er machte sich beim Zahlen Vorwürfe über seine Verschwendung. Hätte er doch viel richtiger in die Prozession der Besiegten gehört, die neben der Estrade des Cafes(man saß im Freien) mit gesenkten Häuptern vorbeitrottet« und dadurch dem Wohlgefühle der Glücklichen einen pikanten Zusatz gab. Aber dann ergriff ihn ein eigentümlicher An- fall von Leichssinn, von Selbstübertäubungssucht. Ein lahmer und blinder Trompeter stimmte vor dem Tischchen steinerweichende Melo- dieen an, und Lorel empfand bei den grellen Mißtönen etwas von dem verwegenen Todestaumel einer hoffnungslosen Attacke. Lank Alles mochte draufgehen und zusammenkrachen aber vorher mußte er das Weib mit den weißen AugenKellner! Noch einen Absynth! Zwei Frank?! von!" (Fortsetzung folgt-Z Die Hviatih der f lugfifchc. Seit urdenklichen Zeiten schon hegte der Mensch den Gedanken des Fluges; doch erst in unseren Tagen hat er Mittel und Wege zur Verwirklichung gesunden, um ein doch nur mattes Abbild dessen zu erlangen, was uns eine Taube oder Schwalbe alltäglich in höchster Bollendung zeigt. Die Ausgangspunkte sind allerdings wesentlich verschieden. Die Vögel, deren frühesten Ahnen die vielbesprochene Archaeüpteryx aus den Solnhofer Plattenkalken bildet, gingen, wie O. Abel") über- zeugend darlegte, vom baumbewohnenden Leben zum Fluge über: sie durchliefen demgemäß Stadien, wie sie heute unter den Säuge- tieren etwa der Kaguang((ZaloopitbvouL) oder etliche Flughörnchen (Ptäromys, Sciurdpterus) darstellen. Dieser Fallschirmflug wich im Verlaufe der Emwickelung einem unbeholfenen Flattern und führte endlich zu einem mehr oder weniger erfolgreichen aktiven Fliegen. Der Mensch dagegen begann seine Versuche auf Grund des durchaus verichiedenen Prinzips des Steigdrachens; die Möglichkeit des Fluges war mit dem Erreichen eines dauernden Antriebes nach vorne und der zweckmäßigen Ausnutzung des Widerstandes nach unten gegeben. Die einzige Gruppe von Wirbeltieren, die den gleichen Weg zum Fluge ging, konnte ersteres nicht erlangen und blieb auf einer Stufe stehen, die uns einen tiefen und recht lehrreichen Einblick in den Werdegang derAnpassung an ein neues Milieu" gewährt. Unter den lebenden Fischen kennen wir dreiFlugfische": den Flughahn(Dactylöpterus volitans) aus dem Mittelmeer , den Schwalbenfisch(Exocöötus volitans) aus dem Ozean und ") O. Abel, Die Vorfahren der Vögel und ihre Levensweife. Verh. zool. bot. Ges. LXL Bd. Wien 1911. einen Süßwasserfisch des Kongoflusses, den Meißelkiefer (?äntockon Buchhölai). Auch die vorzeitlichen Meere beherbergten solche Formen; so finden wir in der Trias von Raibl drei Fische: Tboraoöptsnis Niederristd, Dollopterus volitans und Gigantöpterus Telleri , die nach der ausführlicheren Bearbeitung O. Abels*) in- folge der Uebereinstimmung mit dem Schwalbenfisch im Bau der Brustflossen und in verschiedene». Anpassungen an eine Bewegung durch die Luft mit Sicherheit als Flugfische zu betrachten find. Es ist nicht meine Abficht, eine genaue Darstellung des Fluge? sämtlicher lebender Formen zu geben; denn einerseits stimmen die beiden letztgenannten hinsichtlich ihrer Organisation vielfach überein, andererseits ist der rundstügelige Flughahn ein schlechter Aviatiker, und seine Brustflossen sind kaum nehr als Fallschirme. Deswegen will ich mich darauf beschränken, die am besten«forschte Gattung, den Schwalbenfisch, eingehend zu behandeln und ijtr gelegentlich aus Einrichtungen, die bei den übrigen auftreten, hinweisen. Die Hochflugfische stammen von den iogenansDiM»lWDäblem (Hemirharnphön) ab.'n;..... Die Mehrzahl der Arten führt eine küstennahe Lebensweise und gebraucht die Verlängerung des Unterkiefers als Wühlapparat beim Nahrungserwerb. Die Fo'gen des Ueberganges zum vor- wiegend pelagrschen(Hochsee-) Leben zeigen sich in der Reduktton des specrartigen Unterkiefers zu einem dünnen, deutlich im Schwinden begrissenen Organ. Schon bei diesen beiden Typen begegnen wir, bei letzterem in bedeutendem Maße, der Gewohnheit, während des Schwimmens aus dem Wasser emporzuschnellen, wenn Raubfische sie verfolgen. Parallel mit der Zunahme dieser Eigenart läuft einer- sests die Vergrößerung des unteren Schwanzloppens, andererseits die Verbreiterung und Längenzunahme der Brustflossen. Die Steigerung der beiden Merkmale im gleichen Sinne wie da? all- mähliche Schwinden des Umerkiefen'peeres bis zum völligen Verlust beweisen um so deutlicher die Richligkeit der Annahme einer De- szendenz, als sie mit dem ausschließlich pelagischen Leben und der Fähigkeit, sich in die Lust zu erheben, verbunden find. Schon bei den Hemirhamphen zeigt sich, wie erwähnt, daS Be- streben, über das Wasser emporzuschnellen und zwar nicht, wie dies bei anderen Fischen geschieht, durch ein Krümmen und Strecken des Körpers, sondern durch eine propellerartige Bewegung der tief- aabeligen Schwanzflosse. Beim raschen Schwimmen in der Hochsee führte dies zu einem sprungartige» Hinschiebe« über den Wellen, und es läßt sich die allmähliche Steigerung dieser Fähigkeit sehr schön an der Größenzunahme des unleren Lappens der Schwanz- flösse beobachten. Um nämlich über die Wasserfläche emporzukommen, muß der untere Flügel der als Schraube wirkenden Schwanzposse kräftig und rasch arbeiten; daher die bedeutende Ausbildung dieses Organs bei den Schwolbenfischen. Verfolgen wir nunmehr einen solchen Fisch vom Anfang seine? Fluges bis zum Niederfinte» ins Meer. Durch den Nachdruck, den die mächtige Schwanzflosse dem vi? zu 30 Zentimeter großen Fisch gibt, wird er aus dem Wasser ge- schleudert, und zwar meist und das ist gerade der günstigste Fall in einem Winkel von 48 Grad. Der Schwung, der dem Tier dadurch gegeben wird, entspricht dem Zug an der Schnur d«? Steigdrachens. Es ist eine beobachtete Tatsache, daß die Fische in den häufigsten Fällen gegen den Wind herausspringen, daß sie serner im entgegengesetzten Falle sehr rasch wieder ins Meer fallen. Zugleich mit dem Emporschnellen ersolgt das Ausbreiten der langen spitzen Flügelflosien. Durch die Wirkung des Windes steigt der Schwalbenfisch solange empor, als der Propellerdruck des Schwanzes nachwirkt. Dann be- ginnt die Fallschirmwirkung der Brustflossen, und er sinkt in schiefer Richtung in die Wellen; berührt er aber mit dem unteren Schwanz- flossenlappen einen Wellenberg, so steigt er sofort wieder empor. Diese Tarsache beweist recht klar, daß mir die Wirkung des Schwänze? den Fisch in die Höhe bringen kann, daß es sich also um keinen Flug im eigentlichen Worlsinne handelt. Ganz ähnlich sind die Bewegungen der beiden anderen Flug- fische, obgleich Daetypiopterus mit seinen breiten, runden Brust» flössen mehr Fallichrrmflieger ist als Exoäätus und Päntodon. Besonders bemerkenswert find nun die Einrichtungen, die dies« Tiere als Anpassungen an ihre Lebensweise erworben haben. Ich habe schon weiter oben auf die ganz eigenartige Ausbildung der Schwanzflosse hingewiesen; sie erweist sich als ein sehr wirk- sames Organ, um den Fisch mit starkem Schwung über die Wasser- fläche hinauszuwerfen, lim nun dem Luftzug den nötigen Wider» stand entgegenzusetzen, sind Brust- und Bauchflossen stark verlängert und verbreirert, ihre Strahlen aber zeigen eine sehr feine Zerteilung gegen das Ende zu; dadurch ermöglichen sie ein Auseinanderspreizen der Flosie im Fluge, während sie beim Schwimmen fächerartig zu» sammengelegt werden kann. Dazu kommt bei Püntockon und den fossilen Flugfischen noch eine eigene Einrichtung, die verhindert, daß die Flosse an ihrem unteren Rande durch das Einfallen ins Wasser beschädigt wird. E? findet sich bei diesen Formen an der Wurzel der Brustflosse ein senk- recht nach abwärts hängendes Segel, das vermöge seiner starren Beschaffenheit beim Niedersinken die Wasserfläche durchschneidet und ans diese Weise der nachdrängenden Flosse sozusagen den Weg bahnt. Wie nützlich eine derartige Einrichtung ist, sehen wir daran, daß di« ') O. Abel. Fossile Flugfische", Iah»/ d. K. k. geol. R.-A. Wien 1905.