Mllaren Krau gezeichnet hat, wendet sich der Leser unwillkürlich gegen diese Verkörperung des HalbwillenS. des Halbwissens und des Halbcharaklcrs aber dann scklievt das Buch mit einem Briefe der endlich anS Ziel gelangten Mieze, und in diesem Schreiben steht die Gestalt, die diel eher Anlatz zur Ironie geben konnte, wieder als sogenannte tiefe Natur da. die sich im rechten Mann gefunden und deren ganzes Leben ein Irren nach dem wahren Glück gewesen. E. Gräfin zu Rebentlow: Von Paul zu Pedro, Lmouresken.(Albert Langen  . München  .) Wenn man bei Schlaf das Gefühl hatte, daß ihm Kranenpsychologie kein allzu vertrautes Ge- biet ist, muß man bei diesem Erkenntnisbuch der Reventlow staunen, »nie hier die Seele des»modernen, des freien WeibeS" erkannt und bloßgelegt ist. Freilich hat hier das Wort freies Weib eine etwas andere Bedeutung. ES ist die erotische Freiheit, die die Brief- schreiberin in natürliche Beleuchtung rückt, die schöne Vielfältigkeit der Liebe hier so einfach menschlich und doch so geistvoll als Recht der Frau proklamiert. In Briefen an einen Seelenfreuud analysiert sie ihre, Arno u reu", ihre Gefühle, ihre»Freiheit' in Erotik. JeneS Wort, dos die allerunmöglichften Leute im Munde führen, um ihre «nsympathischen und obsknren Erlebnisse damit zu schmücken, es kommt in der Auffassung der Reventlow wieder zu Ehren in jenem heidnischen und doch göttlichem Sinne, der die Berechnung und Zwecke der Prinzipiemnenschen ausschließt und nur dem schönen Augenblick lebt. Wo der Augenblick dann auch geadelt wird durch die Jatensttät des Gefühl« und die Hingab« an das Gefühl und volle»Etniündiguiig" bedingt. Es ist keine Kokottenliteratur, diese« graziös geschriebene, mit Charme durchflochtene, von Ironien umspielte Beichtbändchen einer Liebeskünstlerin, die in ihrer geistigen Anlage den Freudenspenderinnen der Antike gleich- zukommen scheint. eS find Aufzeichnungen, Betrachtungen, Ten- tenzen einer Frau, die das Leben auch in seiner dunkelsten Seite kennen gelernt hat und auf ihre Art eine Kämpferin ist. Fast auf jeder Seite dieser charmanten Plauderei über Liebe und Verwandtes, dieser ehrlichen, mutigen Berichte einer unerschrockenen Lebensführung spielt dos Soziale und wie paradox es klingen mag, ein tiefer, sitt- kicher Ernst mit binein, über allen aber thront da? Natürliche. Eine Priesterin dcS Natürlichen predigt hier die Reventlow ihr Evange- liwn der Selbstbestimmung auch in geschlechtlichen Dingen, skizziert mit fichercu Strichen die.Hintergründe' ihres Lebens, die Hinter- gründe, die ihr beinahe zu Abgründen wurden, als sie eine Frei- gewordene, ihr väterliches Schloß verließ und sich dem erbarmungS- losen Leben in die Arme warf. Man horcht auf über die vielen feinen Benierkungen, die so den Kern der Sache treffen, man genießt den Stil einer Könnerin. Lächelnd unter Tränen, satirisch mit ge­heimen Weh. immer klng und von jener Selbsisicherheit getragen, die dem Vorgetragenen seine innere Wahrheit, seine warme Diktion und seine flüssige Eleganz gibt. Adrej Bjely: Die silberne. Taube, Roman.  (Rütten und Loening, Frankfurt   a. M.) Dieser Roman bringt eine Reihe Kulwrbilder aus Siußland und erinnert in seiner Gestaltung an die Art Hermann Bangs. Wie dieser fesselt auch der russische Autor am meisten durch den Impressionismus, mit dem er Geschautcs und Er- lebtes zu Papier bringt und vor dem Leser anschaulich, lebendig, von intimen Reiz, umflossen wiedererstehen läßt. Daß ein Student in russischen Bezirken in eine Seklierergemeinschaft, genannt die »silberne Taube', gerät, die einen mystischen und revolutionären Zweck verfolgt, darin i». seinem Suchen nach Wahrheit und Be- jriediguug enttäuscht bleibt und zuletzt von fanatischen Mitgliedern als eine Ärt Verräter gemordet wird, hätte schließlich ivenig Belang für den deutschen Leser, wenn eben nicht um da« Haupithema ein Gerank von überaus interessanten Volks- und landespsychologischcn Schilderungen geflochten wäre. Diese Schilderungen sind von einer auffallenden Hellsichtigkeit und überdies in ihrer bunten Mannigfaltigkeit und Verschluugenheit von bestechender Eindruckstraft. Der Autor ist ein Bildner von seltener Plastik und Hebung, den Lesern seine Bilder lebensvoll, farbig, gleichsam vierdiniensional zu übermitteln. Denn neben den realen Linien des Bildes ist auch die vierte Dimension fühlbar, das ist das Seelische des Bildes, ist das Suchen einer Wahrheit, an die der Mensch glauben kann, neben dem geschilderten Leben, dem bingemalten Dorf, den getreu gezeichneten Menschen steht ihre geheime, unverstandene, unerfüllte Sehnsucht, die Tragik nicht deS Ostens allein, die Tragik aller fühlenden Menschen. HerbertEulenberg: Neue Bilder(Bruno Cassirer  , Berlin  ). Andere Bilder sind es, die Eulenberg lebendig werden läßt. Ein so reger, leicht entzündlicher und begeisterter Kopf begnügt sich nicht mit dem für einseitige Schriftsteller vollkommen genügenden Ringkampf mit den Göttern und Teufeln deS Theaters, er geh: auch tapser sozialen Problemen zu Leibe, er interessiert sich für die frag- würdige Ethik des deutschen Strafgesetzbuches, er schreibt vortreffliche literarische Essaus. Seine bereit? in 11. Auflage vorliegende Fibel für Kuwirbedürftige:»Schattenbilder', hat bewiesen, daß Eulen- bergs geistige Jntereffenwelt weit gespannt ist, daß er die nicht all- gemeine Kuvst befitzt, al« Dichter, nicht als Literaturgeschichtsickreiber und Knufthistoriker Kulturgrößen in schillernden greifbar lebenden Bilden! vor unserem Auge neu erstehen zu lafien. lind das neue »Bilder' buch, in dem er u. a. Bürger, Hölderlein, Lenau  . Kleist, Grabbe, die Droste, Vo! taice, Stendhal  . Verlaine  , Dickens  , Lasialle, Stauffer- Bern  , H. v. vülew, Mozart  , Beetbovcn und Wagner behandelt» zeigt von neuem sein GeisteSvcnnögen. den Charakter der porträtierten großen PeNönlichkeit aus der Kerantw. Redakteur: Alfred Wielrpp, Neukölln. Druck u. Verlag: Ideenwelt de» Betreffenden selbst, au» Selbstgesprächen, Visionen, auS Zusammenhängen mit seiner Zeit- und Kulturepoche mit wahrhaft schöpferischer Kraft zusammenzusetzen. Sicherer als Bahr versteht er eS, in fremde Häute zu schlüpfen und fremdem Wesen sich seelisch und geistig zu assimilieren. Man sehe daraufhin vor allem die Schattenriffe des unglücklichen Maler- revolutionärS Stauffer-Bern  , oder des an gottähnlicher Selbst» beweihräucherung fast erstickendengrößten Menschen feit Christus' Richard Wagner   an. Wo Bahr in ähnlichem Feuilletonist bleibt, ist Eulenberg durch und durch Dichter. J. V. Schutz den deutschen Paradies- vögeln! Bon Profeffor C. G. Schilling». Durch die deutsche Preff« geht ein Bericht de? kaiserlichen Be- zirlsamteS Friedrich-WilhelmShafen   in Deutsch-Neuguinea   über den infolge der Ermordung deS Jägers Peterson notwendig gewordenen Straszug gegen die an der Mordtat schuldigen Eingeborenen. Da» Dorf Beman wurde nach diesem Bericht eingeäschert und fünf Be- marileute getötet. Die Expedition währte Vom 21. bis 26. Juni und liefe eine Abteilung zurück, um weitere Strafakt« Vorzunehmen. Es wirst dieser Bericht ein schlagendes Licht auf die im Sinne des Naturschutzes höchst traurigen Verhältnisse in Deutsch-Neuguinea  . Nichtzum erstenmal war es so notwendig, gegen Eingeborene vorzugehen, die(höchst begreiflicherweise!) mit den ParadieSvögeljägern in Konflikt geraten waren. Man muß sich fragen, ob nicht duich derartige Vor- gange und die großen Kosten, die durch diese Strafzüge entstehen, die als Rechtfertigung der Abschlachtting der Paradiesvogel oft an- geführten Zolleinnahmen, die aus der Ausfuhr der Paradiesvogel- bälge sich ergeben, illusorisch gemacht werden. Glaubt man in Deutschland   tatsächlich, die Ansicht vertreten zu können, die Paradiesvögel in wenigen Jahren ausrotten zu dürfen? Weshalb hat die englische Regierung jede Paradiesvogeljagd und -Ausfuhr aus Brisisch-Reuguinea gänzlich verboten? Einfach auS dem Grunde, weil sich die unbedingte Notwendigkeit eines solchen Verbotes ergeben bat. So wie sich jetzt zu spät vielleicht diese Notwendigkeit für Chinchillas und neuerdings für Zobel für ganz Rußland   ergeben hat. Auf dem diesjährigen deutschen Kolonialtag in Hamburg   mußte man es erleben, daß als so ziemlich der einzige wirtschaftliche Wert Deutsch  -Guineas die Paradiesvogelvernichtung hingestellt wurde, auch hörte man dort, daß der Gouverneur Deutsch- Neuguinea  ? die Konzession der ParadieSvogelvernichwng neuerdings an die Urbarmachung von je 50 Hektar Land geknüpft habe. Stehen dem Gouverneur keine anderen Mittel zu Gebote, Land kultivieren zu lassen, als durch die Bus- rottung ich wiederhole: Ausrottung! der Paradiesvögel? Ein«.Schonzeit' während einiger Monate des Jahres soll erstaun- licherweise von den im Innern des Landes tätigen»Jägern" respektiert werden... Wer überwacht diese Maßnahme und wie wird sie überwacht? Was soll sie nützen, da doch der Paradies- vogel sein vom Handel als Damenschmuck verlangtes Prachtkleid genau wie der Reiher nur zur Brutzeit trägt? Ja einem von derModistin" im Mai dieses Jahres verbreiteten Sonderabdruck finden sich folgende Ausführungen des Bezirksamtes Friedrich- Wilhelmshasen:»Soweit die Angriffe, die sich gegen den Federschmuck auf Damenhüten richten, behaupten, daß der Paradies- Vogel ausgerottet werde, handelt es sich um eine starke Ueber« treibung.... ES ist richtig, daß die Jagd ans Paradiesvögel, als die Preise dafür stiegen, einen großen Umfang angenommen hat. Das Jagdgebiet ist aber so weit, daß von einer Ausrottung in absebbarer Zeit keine Rede sein kann. Die Ausfuhr betrug 1S11 430V Bälge." Ich möchte fragen, worauf das kaiserliche Bezirks- omt dies-, einem Blatt, welches lediglich die Jnteresien des Feder­handels in diesem Falle vertritt, erteilte Auskunft gründet? Ist es dem Bezirksamt unbekannt, daß die Verbreitung der einzelnen Paradiesvogelarten eine örtlich stark begrenzte ist? Ist es dem Bezirksamt unbekannt, daß einzelne Arten schon als ausgerottet gellen? Ist es ihm imbeiannt, daß lein einziger Paradiesvogel ou? dem benachbarten Britifch-Neuguinea mehr ausgeführt merdeii darf? Ich kenne einen Fall, wo eine Dame, die in Deutsch-Neuguinea  Verwandte hat, in der Zeitung Angebote über zu verkauseiide Paradies- Vögel machte. Dieser Fall gibt mir zu deuten, vielleicht auch den Lesern dieser Zeilen. Es wäre gitt, wenn die Öffentlichkeit und auch unser Parka- ment diesen Dingen ihr Interesse zuwendeten. Soll der Bund für Vogelschutz, soll ein solch' vortrefflicher Kenner wie Oberstiidienrat Prosessor Dr. Lampert auf dem Internationalen Heimatichutztage in diesem Jahre umsonst den endlichen Schutz dieser Herrlichleiten der Schöpsiing gegen habgierigen VernichtungSwahn gefordert haben? Darf eine kleine Händlergruppe und leider auch viele Europäer in Deutsch-Neuguinea   fortfahren, sie für immer aus dem Buche des Lebendigen zu streichen? VorwärtsBuchdr uckerei u.Ve rlagSanstnlt Paul Slngert:Co..PerIln SW.