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Schnauzte auch bisweilen ihre Herrschaft an, oder weinte, das Gesprochen hatte, und nun, nachdem er monatelang den Blicken der ficht in der Schürze vergraben. Mutter Betulander machte sich oft Menschen ausgewichen war, wieder allen in die Augen zu schauen bei ihr zu schaffen, stöberte in Eden und Winkeln umher oder vermochte. steckte ihre Nase in Küche und Stall. Die Folge ihrer häufigen Das Gerücht von der vollständigen Einigkeit zwischen den Ehe Besuche auf dem Gehöft ward eine intime Freundschaft mit allen gatten verbreitete sich hurtig und erregte Verwunderung, unter Klatschweibern der Insel, viel Raffeeschlabberei und geheimnis- den Gläubigen loderte die Empörung auf. Namentlich zeichnete volle Andeutungen. Elfrida schwieg indessen hartnädig. Erst im sich der Schöffe Bolén durch den Eifer aus, mit dem er von dem Sommer, als sie ihren Zustand nicht länger verbergen konnte, Sünder Joel Nord sprach. In seinem Kabriolett*) kutschierte er wurde die Neugier befriedigt, und das Klatschen ging lustig. auf der Insel umher und redete unter vier Augen mit den Ge" Jetzt sind die Weiber froh," äußerte Alexander Cesterman, finnungsgenossen. Auf seinen Rat wurde beschlossen, Joel vor der ,, nun haben sie Wasser auf ihrer Mühle." Führern der Gemeinde zur Rechenschaft zu ziehen und zu fordern, daß er das Kind verleugne. Als er alle von der Notwendigkeit dieses Schrittes überzeugt hatte, rieb er sich die Hände und wartete ruhig die geeignete Zeit ab. ( Fortießung folgt.)]
Wer hätte das geglaubt, der alte Joel. pfui Teufel!" hieß es überall. Ein Sturm des Unwillens brauste über die Insel. Die Gläubigen hielten häufige Versammlungen, um eine Strafe auszutüfteln, hinlänglich hart für diesen verirrten Bruder, dessen Schuld niemand mehr bezweifelte. Die weltlich Gesinnten freuten fich des Aufruhrs im Lager der Gegner und reizten die Empörung durch vermeintliche Bemerkungen und boshafte Einfälle. Die Gläubigen fühlten, daß ihr Ansehen auf dem Spiele stand und beschlossen zu handeln. Wie, war ihnen jedoch nicht klar. Vorläufig rückten sie Joels Frau auf den Leib. Die Tür in Hällan stand nicht still. Ganze Fluten von Teilnahme ergossen sich über die Alte. Da wurde gejammert und geheult, aber sie blieb unbeweglich: „ Er hat kein Wort zu mir gesagt," entgegnete sie stets, und bevor ich's nicht aus Joels eigenem Munde höre, glaube ich keinen Deut davon, ob's auch die ganze Welt behauptete."
Dabei war nichts zu machen und man beschloß die Zeit abzu
warten.
Im August wurde das Kind geboren, und die alte Nord wachte selbst am Bett der Mutter.
Liebes Herz," flüsterte sie, indem sie freundlich ihre verschrumpfte Hand auf Elfridas fieberheiße Stirn legte, ein Frauenzimmer kommt leicht ins Unglück. So ist's nun einmal, und ich ann rein gar nichts dazu tun. Weine nun nicht, Frida, und kehr' Dich nicht dran, was die Leute schwaben! Ich hab' Dich nie nach dem Vater gefragt, und wer's auch sein mag, bleibst Du bei uns." Die Tür knarrte in ihren rostigen Angeln und Joel Nord trat über die Schwelle. Verwundert blickte die Frau ihn an. Er hielt fich mehr aufrecht als gewöhnlich, und seine rotgeränderten Augen blitten mit tropigem Glanz.
" Ich bin's, der Vater zum Kinde ist," hub er mit seiner gellenden Stimme an, wie's zugegangen ist, ist nicht der Rede wert. ' s ist nun' mal so, und damit abgemacht. Hast Du was zu sagen, Frau, so sag's!" Er warf den Kopf herausfordernd zurüd, und die Frau, die ihm alle diese Jahre treu zur Seite gestanden hatte, erfannte den Bußprediger wieder, dessen Worte sie einst mit seltsamer Macht ergriffen hatten. Das war derselbe Troß und derselbe herbe, abstoßende Stolz wie früher. Auch gewahrte sie, daß er seine Festkleidung angelegt hatte, bereit zu gehen, wenn sie es wünschte. Da rannen Tränen über ihre Wangen.
Mein Alter," begann sie freundlich, viele Jahre lang hab' ich unseren Herrgott gebeten, uns ein Kind zu schenken. Nu hat er mich erhört, denn ist das Kind Deins, ist's auch meins, denn nach der heiligen Schrift find wir beide eins. Kann ich wohl anders, als danken und den preisen, der mir geschenkt hat, was ich erfehnte!"
Steif und feierlich trat Joel näher. Was er im Augenblid empfand, trug er nicht zur Schau, sondern reichte nur seine harte Faust hin, in die seine Frau ihre Hand legte.
" Ja, ja, Joel," sagte sie, der Herr wählt die Wege, und tommen fie uns noch so wunderbar vor, haben wir nur zu danken und seinen Namen zu preisen. Nun sollst Du das Kapitel von Hagar , der Dienstmagd, lesen."
Joel nahm die Bibel herab und suchte nach der bezeichneten Stelle. Gleich darauf begann er mit erhobener Stimme zu lesen, daß die Fensterscheiben in ihren Rahmen klirrten.
" Sarah, Abrahams Weib, gebar ihm nichts. Sie hatte aber eine ägyptische Magd, die hieß Hagar ..
"
Die Frau nidte im Takte zu jedem Wort und lachte Elfrida an, die das Kind an der Brust hatte.
Als Joel zum vierten Verse kam, wo es hieß: Als sie nun sahe, daß sie schwanger war, achtete sie ihre Frau geringe gegen sich," legte die Alte ihre Hand aufs Buch und unterbrach damit das Lesen.
" Jebt wißt Ihr's," sagte sie, hütet Euch davor!" Joel nidte.
Die Arbeit der Naturvölker.
Ein Verdienst der modernen Völkerkunde ist der Nachweis, daß die Naturbölfer feineswege bloß die Räuber und Sklavenjäger und im übrigen die unberbefferlichen Faulpelze sind, als die eine ältere, meniger gut unterrichtete Zeit sie hinzustellen beliebte. Sie arbeiten alle, zwar nicht so nach der Stunde und Minute wie unsere vielgepriesene Bollkultur, sondern nur wenn es durchaus nicht mehr ohne ein Zufassen geht, oder wenn es dem einzelnen gerade beliebt; aber jedermann fühlt sich ungeheuer wohl dabei und verlangt nach nichts Besserem und Höherem. Im Gegensatz zu unserer Erwerbsarbeit handelt es sich eben bei ihnen um Bedarfsarbeit, die von feinem als eine unangenehme Last, sondern förm lich als ein Genuß aufgefaßt und betrieben wird. Und diese Lust am Schaffen herrscht vor trotz einer Reihe von Momenten, die jedem von uns die Neigung zur Arbeit sicherlich recht bald bergällen würde. Das erste dieser erschwerenden Momente ist die Unvolls tommenheit der technischen Hilfsmittel Welche Mühe muß schon die Herstellung der verhältnismäßig einfacher Geräte und Waffen der älteren Steinzeit, die doch auch wieder nur mit Stein, Knochen und Holz erfolgen konnte, bereitet haben! Und welche Riesensumme von Arbeit steckt in jeder Schale, jedem Schemer, jeder Maske, die der Primitive ohne jedes andere Hilfsmittel als sein oft nicht einmal aus Eisen, sondern nur aus Muschel oder Knochen bestehendes Messer aus dem Bollen. hat herausschnigen müssen! Welch eine Ausdauer gehört endlich dazu, auf einem Gea stell, dem wir nur fälschlicherweise den Namen Webstuhl geben, das aber in Wirklichkeit nur ein Flechtstuhl ist, der diese Technik um eine weniges erleichtert, Stoffe von der Feinheit und Größe der Raphiamatten des südlichen Kongobedens, der aus feinsten Raphiafasern und Seide geflochtenen Lamba Madagaskare, der malaiischen Sarongs, der wunderbar feinen Stoffstreifen der Karolinier und der aus dem neuseeländischen Flachs geflochtenen Decken und Mäntel der Maori anzufertigen! Unter uns mehr und mehr zu Nerven bündeln gewordenen Söhnen der Höchstkultur wäre heute feiner mehr zu finden, der sich zu einer solch mehrmonatigen Geduldprobe ein solcher Zeitraum einer fast unausgesetzten Arbeit gehört zur Herstellung jedes der angegebenen Stoffe bereit erklären würde.
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Noch mehr erstaunt uns die außerordentliche Komplizierta heit aller der Vorgänge, deren sich gerade die Naturvölker bei der Umwandelung der Rohmaterialien, in ihre Fabrikate, wenn man so fagen darf, unterziehen müssen. Es ist eine schier unübersehbare Reihe von einzelnen Verrichtungen, die von der Aussaat des Getreides bis zur fertigen Speise führt: Ausrottung des Urwalda mit den unzureichendsten Hilfsmitteln, mit Feuer und Art; Reinigen und Auflockern des rohen Bodens mit dem Grabstod; Einlegen der Körner in die einzeln eingerammten Löcher; eine ständige Ueberwachung und Vernichtung des in tropischer Fülle wuchernden Unkrauts; endlich ein ebenso mühsames Ernten des Gewachsenen und der allen Naturvölkern merkwürdig große Schwierigkeiten bietende Ausdrusch. Soweit geht die Produktion. Die Konsumtion ist kaum einfachen und leichter. Das Enthülsen, Reinigen und Mahlen der Körner ist eine so zeitraubende Tätig feit, daß man allen Ernstes die Einrichtung der Vielweiberei bez allen primitiven Aderbauern auf sie zurüdgeführt hat; in jedem
Und da Jhr's wißt, foll's wohl nicht schwer fallen, au tun, Fall erflärt sie in Verbindung mit der Umständlichkeit der Prowas recht ist," sette sie hinzu.
Elfrida weinte leise, und Joel niďte abermals.
" So bleibt alles wie früher," sagte Joel und erhob sich. Er hatte die Frau verstanden und sein Versprechen für die Zukunft
gegeben. Wie er gekommen, vieließ er die Kammer, aber bevor sich
die Tür hinter ihm schloß, fragte er über die Achsel:
" It's' n Junge oder' n Mädchen?" ,, Ein Mädchen," lautete die Antwort. " Dann stimmt's nicht mit der Schrift. " Doch," versette die Frau so laut, daß er's hören konnte, „ Kind bleibt immer' n Kind."
Dazu lachte Joel, das war ihm nicht eingefallen. Damit ging er feine Werkeltagstleider anzulegen und zuzugreifen, wo's zu nächst not tat.
Das Atmen dünkte ihm leichter, seit er mit seiner Frau ge
zeffe des Spinnene und Webens die auffallend große Zahl der Mägde bei dem Kulturvölkern des Altertums, ebenso wie auch die ständige Anspannung aller weiblichen Bewohner eines Regen gehöfts von heute.
Ameriba fehlt in feinem befferen Haushalt die Tortillera, ein
Und dann das Baden und das Kochen selbst. Im spanischere
*) Zweirädriges, einfißiges Gefährt. Der Ueberseber. **) Seinen früheren anregenden ethnologischen Schilderungers hat der Direktor des Museums für Völkerkunde in Leipzig ein neues Bändchen in den bekannten Veröffentlichungen des Kosmos" folgen laffen(" Die Urgesellschaft und ihre Lebensfürforge", Berlag des Kosmos" in Stuttgart , Preis 1 Mt.). Wir entnehmen ihm einen besonders instruktiven Abschnitt, der geeignet ist, manche Vorurteile über die Arbeit der Wilden" zu zerstreuen.