Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 231.

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Donnerstag den 28. November.

( Nachdruck verboten.)

Die Oberwälder.

Von Alfred Bock  .

1912

bahnte er sich eine Gaffe. In der schlecht beleuchteten, dun. stigen Stube wurden die meisten jezt erst gewahr, daß der Lehrer zugegen war. Ein Hagel von Schimpfworten prasselte auf ihn nieder. Unwillkürlich senkte er das Haupt. Dem Etliche von den Männern beschlossen, ihren Braft in Bolenschmied hätte er's heimgezahlt, der allgemeinen Ver­Schnaps und Bier zu ertränken. Vor dem Ritter" trafen lästerung stand er wehrlos gegenüber, und die Kehle war ihm sie mit dem Lehrer zusammen. Dieser hatte nachmittags einer wie zugeschnürt. Es fehlte nicht viel, daß er tätlich mißhan­Konferenz in Herbstein   beigewohnt. Dorthin war von Darm- delt wurde. Da schob sich der Lipps Menz an ihn heran, stadt eine Depesche gelangt, der Landtag habe den Volksschul- einer der wenigen, die ihre Besonnenheit nicht verloren. Lehrern die Gehaltszulage bewilligt. Frohgestimmt hatte hatten, und raunte ihm zu:„ Machen Sie sich net unglücklich. Weilandt den Heimweg angetreten. Alles wandte sich zum Gehn Sie heim!" Guten und er sah sich nahe am Ziel. Obgleich er den Wind im Geficht hatte, legte er die beträchtliche Strede rascher zurück denn je. In der Siebenhäusergasse ereilte ihn die Schreckens­Nun die Luft rein war, erreichte der Skandal seinen botschaft vom Zusammenbruch der Spar- und Darlehnskasse. Höhepunkt. Gut, daß der Schubiak nicht versucht hatte, sich Er konnte das Ungeheuerliche nicht fassen. Die er befragte, weiß zu waschen, er hätte seine Knochen im Sadtuch heim­antworteten widerspruchsvoll und verworren. Im Ritter", tragen können. Man mußte ihn stäupen. Schulmeister gab's wo alles zusammenströmte, hoffte er die unverfälschte Wahr- wie Sand am Meer. Da war's schon schwerer, einen Sau­heit zu hören. hirt zu kriegen.

Bei diesen Worten ergriff er Weilandts Hand und brachte ihn glücklich hinaus.

Der Polenschmied lachte höhnisch.

Wann Ihr Euch einbild't, daß he die Platt' putt, seid hr schief gewickelt. Dem is hier so wohl wie dem Pfann­kuchen in der Butter. He fennt's von der Schul: Fett schwimmt oben, He steht in Verlobschaft mit der Margolfs­marie." Wie von der Tarantel gestochen, schoß der Margolfspeter

Infamer Mensch, Du ligft!" Ich weiß, was ich weiß."

Die Gaststube war gestopft voll. Eben hatte der kleine Kumpf das Wort. Daß er für den Bisping, den Halunken, gearbeitet hatte, fuchste ihn gewaltig. So ein Ausbeuter mußte gevierteilt werden. Nun fuhr er in der Welt herum und ver­fchlemmte das Geld, das ihm die Herren vom Vorstand und Auf­sichtsrat in den Nachen geworfen hatten. Da saßen sie mit ihren Holzäpfelgesichtern, die Herren vom Vorstand und Auf­fichtsrat! Sie biffen keine Ofenschrauben ab und fraßen auch in die Höhe. feine Radnägel. Aber dumm waren sie und hachig dabei. Mehr hachig wie dumm. Denn die hohen Zinsen hatten sie verführt, dem Bisping in die Schlinge zu gehen. Die Spar­und Darlehnskassen waren überhaupt ein Unglüd für das Volk. Die armen Leute trugen ihre Pfennige hin, damit die Kapitalisten sich mästeten.' s war immer das alte Lied: die Knechtung der Arbeit durch das Kapital. Wenn jetzt die Mit­glieder, ihrer Haftpflicht zu genügen, in den Sad greifen mußten, die Reichen würden es leichtlich verwinden, die Armen hatten ihr Leben lang daran zu würgen. Das nannte man Gerechtigkeit! Die Unterdrückung der besiglosen Klasse hörte nicht eher auf, bis die Arbeiterschaft die Führung des Volkes übernahm. Früher oder später kam die Erlösung von der sozialen Revolution.

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sch sein der Vater über mein Kind. Ehnder ich sie dem schuftigen Schulmeister geb, dreh ich ihr das Genid herum!" Viele waren der Meinung, Weilandt sei zu glimpflich behandelt worden, man müsse ihm noch eins auswischen.

Ein paar Hauptkrakeeler steckten die Köpfe zusammen, Boten wurden fortgeschickt. Die kamen zurück und taten ge­heimnisvoll.

Allmählich wurde die Gaststube leer. Der Ritterschorsch fah seine Kaffe gefüllt und lachte sich ins Fäustchen. Es hieß, das halbe Dorf sei kaputt. Er scherte sich den Teufel drum. Wenn nur sein Weizen blühte!

Draußen tutete der Nachtwächter in sein Horn und rief: „ Elf Uhr ist es an der Zeit Lobet Gott   in Ewigkeit!"

Ein paar Hunde schlugen an. Dann war tiefe Stille. Um Mitternacht bewegte sich ein seltsamer Bug dem

" Zu was dann die Weitseiligkeit?" griff der Bolenschmied in die Debatte ein.' s hilft uns ja doch keins aus der Scher'. Wir müssen berappen. Daß der Krämerskarl so neben dem Herz her war, das hätt ich ihm net zugetraut. He hat das legte Heu auf der Rauf. Da soll man ihn net mehr ver­mateln. He hat uns den Brei auch gar net angerührt. Sch Schulhause zu. Meist waren es jüngere Leute, die sich mit will emal auf den Kloben schwägen. Wer hat uns dann das Kroppendeckeln, Gießkannen, Kuchenblechen und Triller­Maul lang gemacht nach der Kaff? Wer hat dann Versamm- pfeifchen bewaffnet hatten. Ihre Taschen waren mit Steinen Lungen über Bersammlungen abgehalten? Wer hat dann geschmust bis dort enaus? Wer is dann von Haus zu Haus gelaufen und hat auf die Kass' getrieben? Meinem Behalt nach der Herr Lehrer. He allein is an dem schrecklichen Un­glück schuld!"

gefüllt.

Vor dem Schulhaus traten sie in eine Reihe, und eine ohrzerreißende Musik hob an. Dazwischen hörte man Beitschenknallen. Daß das Kazenkonzert vollständig sei, wur­den auch Tierstimmen nachgeahmt.

Gegen das Hoftor schlug der erste Stein, worauf ein regelrechtes Bombardement des Schulhauses begann.

„ Strach auch, der Lehrer!" fam es aus dem Hintergrund. Der Polenschmied stellte sich in seiner ganzen Länge auf. Ja, der Herr Lehrer! Gelle, et schnappen Euch die Der Lehrer, von dem Höllenlärm aufgeschreckt, öffnete Augen auf! He hat mit der Staff' ein Kunststückchen machen das Fenster seines Arbeitszimmers. Im selben Augenblick wollen, weil's ihm in sein' Atram gepaßt hat. He is mir ein traf ihn ein Stein an die Stirn, daß er fast ohnmächtig schöner Künstler! He hat mit unserm Vermögen und unsrer rücklings fiel. Ehr gespielt. Wie nun die Kaff' gegründ't war, fagt' he, er Eine Frau aus der Nachbarschaft war zum Bürgermeister wär hingelig( zu wenig anftellig), he könnt fein Amt über- gelaufen. Der erschien mit dem Ortsdiener auf dem Plate. nehmen. Wahrscheins hat he schon wieder andere Groß- Von der Dunkelheit begünstigt, gelang es den meisten, zu heiten im Kopf gehabt. Und hat gedacht: Ihr dummen entwischen. Fünf wurden gefaßt und gingen ihrer Strafe Hefter könnt mir den Buckel herunterrutschen!" und hat sich um nig mehr gekümmert. Das nenn ich teufelhaft, hunds­gemein! Von Rechts wegen müßt he jetzt bluten. Aber rupft Ihr Haar' aus, wo feine sein.' s is ein Schulmeister, das fagt alles!"

Er spuckte aus und setzte sich. Weilandt, der im Gedränge hart an der Türe stand, war zuerst wie vom Donner gerührt. Dann strömte ihm alles Blut nach dem Kopfe, und er war von der Empfindung be­herrscht, er müsse den Menschen in Stücke schlagen, der ihm die Schmach angetan. Seine Vordermänner beiseite stoßend,

entgegen.

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Der Margolfspeter hatte sich an der Katzenmusik nicht beteiligt, hatte zunächst gar nichts davon erfahren. Er war vielmehr gleich, nachdem er am Wirtstisch erklärt hatte, wie er über das angebliche Verlöbnis seiner Tochter mit dem Lehrer dachte, von einer wilden Erregung getrieben, nach Hause geeilt. Die Marie kam ihm mit verweintem Gesicht entgegen. Die Buckelhanne, die im Ritter" die Gläser spülte, hatte ihr brühwarm zugetragen, wie übel ihrem Liebsten mitgespielt worden war.