itt Frankreich   existierten. Es gäbe nur noch Einzelinteressen der Individuen und das allgemeine Interesse, das Gesellschaftsinteresse. Ebensowenig dürften die von den Arbeitern gegründeten Unter- stützungskassen geduldet werden, d»nn fie schüfen ein Privilegium. Die Arbeiter sagten zwar, diese Kassen sollten nur dazu dienen, die kranken und arbeitslosen Kameraden zu unterstützen; doch das sei nur ein Vorwand, denn es liege allein der Nation ob, den Ge- sunden Arbeit und den Kranken Unterstützung zu gewähren. Dan heißt es weiter: Kehren wir also zu dem Grundsatz zurück, daß es die Auf- gäbe des freien, von einem Individuum mit dem anderen ge- schlossenen Arbeitsvertrages ist, die Lohnhöhe des einzelnen Ar- lbeiters zu bestimmen, und daß folglich der Arbeiter unbedingt das Uebereinkommen zu halten hat, das er mit dem eingegangen ist, der ihn beschäftigt. Ich will hier nicht untersuchen, ob der heutige Arbeitslohn vernünftigen Ansprüchen entspricht; ich will nur bekennen, daß er nach meiner Anficht etwas höher sein müßte, als er gegenwärtig ist." Bei diesen Worten erhob sich im Saal Widerspruch und Ge- murmel. Es paßte den meisten Abgeordneten nicht, daß Chapelicr öffentlich von der Unzulänglichkeit der damaligen Arbeitslöhne sprach. Doch dieser ließ sich nicht verblüffen. Er fuhr, zu den Murrenden gewendet, fort: ..Was ich gesagt habe, ist völlig wahr; denn in einer freien Nation sollten die Löhne doch wohl hoch genug sein, daß der Lohn- empfänger sich nicht in jener völligen Abhängigkeit befindet, die aus Entbehrung der allernotwendigsten Lebensunterhaltsmittel hervorgeht, und die beinahe nichts anderes ist als Sklaverei. Es ist sicher, daß die englischen Arbeiter besser bezahlt werden als die französischen  . Ich sage also nochmals, ohne mich auf die Bemessung der Lohnhöhe einzulassen, daß die Lohnfestsetzung eine Sache des freien Uebereinkommens zwischen den einzelnen ist, und deshalb der Verfassungsausschutz es für notwendig gefunden hat, ihnen ein entsprechendes Dekret vorzulegen." Das von dem Verfassungsausschutz vorgelebte Dekret enthielt folgende Bestimmungen: Artikel l: Da die Aufhebung aller Arten von Korporationen innerhalb desselben Berufsstandes eine der Hauptgrundlagen der französischen   Verfassung bildet, so ist es verboten, solche Korpo- rationen, unter welchem Vorwande und in welcher Form es. auch sein mag. wiedereinzuführen. Artikel II: Die Bürger desselben Berufs oder Gewerbes, die Unternehmer und Ladeninhaber, die Arbeiter und Gesellen irgend- eines Handwerks dürfen, wenn sie zusammenkommen, weder Vor- sitzende, Sekretäre und Verwalter(Z.vnäici) ernennen, noch Register führen, Beratungen halten, Beschlüsse fassen und keine ihr ver- meintliches Gemeininteresse betreffenden Verordnungen erlassen. Artikel III: Allen Verwaltungen und Gemeindebehörden wird untersagt, irgendeine im Namen eines Standes oder Gewerbes eingereichte Zuschrift oder Petition anzunehmen und irgendwelche Antwort darauf zu geben. Artikel IV: Wenn die Bürger desselben Berufs oder derselben Kunst uitd desselben Gewerbes unter sich Beratungen abhalten und Verträge abschließen, die darauf hinauslaufen, daß sie die Mit- arbeit in ihrem Industrie- oder Arbeitszweig gemeinschaftlich ver- weigern oder nur zu einem bestimmten festgesetzten Lohn arbeiten wollen, so sollen alle solchen Beratungen und Abmachungen, sie mögen� beschworen sein oder nicht, für verfassungswidrig und für Verstöße gegen die Freiheit und die Menschenrechte erklärt werden. Die Urheber, Rädelsführer und Anstifter aber, die zu solchen Ab- machungen aufgefordert, sie abgefaßt oder bei den Beratungen den Vorfitz geführt haben, sollen auf Ansuchen des Gemeindcprokurators vor das Polizeigericht gestellt und zu einer Geldstrafe von 500 Livres sowie zum Verlust aller ihrer Aktwbürgerrechte und ihrer Berechtigung zur Teilnahme an den UrWahlversammlungen auf ein Jahr verurteilt werden. Artikel VI: Wenn in den Beratungen und Zusammenkünften Drohungen gegen solche fremden Unternehmer, Künstler, Arbeiter oder Gesellen gefaßt werden, die Arbeit in dem betreffenden Orte annehmen oder sich mit einem niedrigeren Lohn begnügen wollen, oder wenn solche Drohungen durch angeklebte Zettel und Rund- schreiben verbreitet werden, fo soll jeder Urheber, Anstifter and Unterzeichner solcher Akte mit einer Geldstrafe im Betrage von 1000 Livres und. mit dreimonatigem Gefängnis bestraft werden. Artikel VIII: Alle öffentlichen Ansammlungen von Künstlern, Handwerkern, Gesellen und Arbeitern, die sich gegen die freie einem jeden verfassungsmäßig zustehende Ausübung eines Gewerbes oder Arbeitszweiges, gegen die eingegangenen Arbeitsbedingungen aller Art. gegen die von der Polizei ergriffenen Maßnahmen sowie gegen die Vollziehung der in diesen Sachen ergangenen Gerichtsurteile oder endlich gegen die öffentliche Ausbietung und Zuschlagerteilung irgendwelcher Unternehmungen richten, sollen als aufrührerische Zusammenrottungen betrachtet und als solche gerichtlich behandelt werden. Die Urheber. Anführer und Aufhetzer solcher Zusammen- rottungen, insbesondere aber jene Personen, die tätlich geworden sind oder Gewalt verübt haben, sollen nach der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft werden." Das Gesetz wurde in der von Chapelier vorgelegten Fassung mit großer Mehrbeit genehmigt. Berantw. Redakteur: Alfred Ww'.rpp, Neukölln. Druck u. Verlag:! kleines Feuilleton. Kunst. Berliner   Künstlerbund. sPotSdamer Str. 88; aus« genommen Montag und Donnerstag, Eintritt frei.) Es ist recht nett zu sehen, wie diese Maler, die sich anfangs nur dann zusammen- fanden, weil sie den Zwang fühlten, billig verkaufen zu müssen, während weniger Jahre sich zu einer höheren Gemeinschaft ver»' einigten. Sie wuchten künstlerisch zusammen; weniger was den Bortrag, als was die Qualität betrifft. So bilden sie heute eine Gruppe von Künstlern, die zwar keine Himmelstürmer find, noch es je sein werden, die aber sehr manierliche Bilder mit echter Natur- freude und wohlbestelltem Geschmack herzurichten vermögen. ES ist ganz behaglich, eine Stunde bei ivnen zu verweilen svorausgesetzt, daß die Räume ein wenig besser geheizt werden). Auch diesmal sind es wieder einige Damen, die besonders genannt sein wollen. Frau Bernstein-Landsbe.rg, beinahe so etwas wie ein weiblicher Zille, ist recht geschickt beim Ausschneiden von Straßenecken; sie läßt in deren Berwinkeumg irgend eine Nichtigkeit geschehen, einen Buben laufen oder eine Klosterfrau ihren Umfang vorüberrollen und schaffl so Stimmungen, die nicht des Humors entbehren. Fräulein Annie Bötiiwer brachte aus Rothenburg  Ansichten, die einen giltgepflegten Lichtsinn und eine berechtigte Neigung zur tonigen Malere, spüre» lassen. Fräulein H artig macht heitere Stilleben und weiß auch Landschaften ganz amüsant in kleine Formate zu fassen. Fräulein K l o ck e rezitiert mit franzö- sischem Akzent allerlei Szenen vom Jahrmarkt und vom Spazier« gang; während Minna Lewi ein nicht unbedeutendes Talent für das Bildnis bewährt. Fräulein R i t l e r schließlich wagt diesen und jenen Vorstoß in die Nähe des van Gogh oder anderer Jugend. Und nun die Herren: Artur Borghardr bleibl. wenn er sich am Menichen versucht, in der Abhängigkeit von Renoir  ; bei der Landschaft pflegt er die lichte, bläuliche Art Brockbusens, ohne indes unselbständig zu werden. Eine recht hoffnungsvolle Begabung scheint Oskar Fehringer zu sein; er zeigt ein schlafendes Mädchen, ohne Raturalismus, auf dekorative Monochromie abgestimmt. Kurt Hoase hat in Paretz   ein Interieur gemalt, das getrost neben solche von Heinrich Hübner   gestellt werden kann. Ein vielseitiger Illustrator ist Ernst Lübbert  ; während Reinhold Pfaehfler durch eine verschneite, weithorizontige Hügellandschoft sich als ein konstruktives Talent erweist. Man- sred Präger zeigt sehr gewandte und ftisch hingesetzte Arbeiten in Pastell, dt« nicht ohne Zukunft zu sein scheinen, und JuliuS Roienbanm malt flott, wenn auch mit Liebermann-Anklängen, das quirlende Leben der Häsen und der Koistraßen. Bon den Bild- Hauern will Max Esser   ausgesondert sein. Ein Schüler Gauls, beobachtet er das Tier mit plastisch interessierter Zärtlichkeit und macht daraus so etwas wie ein deutsches Japan  . K. Br. Naturwissenschaftliches. Interessantes vom Vögelet. Im großen und ganzen haben die Eier aller Vögel ein und dieselbe Form, die bekannte Ei- form mit einem stumpfen und einem spitzen Ende, die im einzelnen allerdings wieder verschiedene Abänderungen zeigen kann, je nach- dem die Eier mehr kugelig, walzen- oder kegelförmig find. Ebenso ist die Schale der Eier im allgemeinen dieselbe, fie besteht immer aus kohlensaurem Kalk und ist mit mehr oder wemger zahlreichen» Poren durchsetzt, damit die Lust zu dem Innern des Eis Zutritt hat. Sehr verschieden sind aber Färbung und Zeichnung der Eier; wir finden fast alle Farben in den mannigfaltigsten Anordnungen vertreten, trotzdem ist die weiße» ungefärbte E, ichale doch die häufigste. Von den ungefähr 12 000 be» kannten Vogclarten legen etwa 4500 einfarbige Eier, d. h. Eier ohne Zeichnung, und von diesen sind etwa 3500 Arten rein weiß. Die Zeichnungen der Eier find nicht nur verschieden in Farbe und Form, die meist als Punkte, Flecken. Strichs, Linien usw. in die Erschei- nung tritt, sondern sie liegen auch in verschiedenen Schichten der Eischale, teils auf der Oberfläche, teils im Innern der Kalkschicht. So große Unterschiede wie in ihrem Aussehen haben die Eier auch in ihrer Größe. Die.winzigen Kolibris Südamerikas   legen die kleinsten Eier, sie haben die Größe einer kleinen Erbse und ein dementsprechendeS leichtes Gewicht. DaS kleinste Ei der europäischen Vögel ist das Ei des Goldhähnchens, eS hat einen Längsdurch- mcffer von nur 12 und einen Ouerdurchmesser von 9 Millimetern und es wiegt nur 32 Zentigramm, wovon 4 Zentigramm auf die dünne Schale entfallen. Wir können uns das geringe Gewicht dieses winzigen Eies am besten vorstellen, wenn wir berechnen, daß erst 60 dieser Eier das volle Gewicht eines einfach ftankierlen Briefes erreichen. Das größte bei der europäischen Vogelwelt ist das des Höckerschwans, es ist 128 zu 70 Millimeter groß und wiegt über 400 Gramm, also beinahe ein Pfund. DaS größte Ei aller gegenwärtig lebenden Vögel ist das Straußenei, es ist 160 mal 130 Millimeter groß und wiegt etwa drei Pfund. Aber dies Ei ist rrotz seiner Größe noch ein Zwerg gegen die Eier der Riesenvögel, die noch vor 300 Jahren auf der Insel Madagaskar   lebten. Dieser Vogel s�pzumiis maximus) war ein Strauß von drei bis vier Metern Höhe, dessen Eier, von denen eine Anzahl wohl erhalten in Schlamm und Laub gefunden worden ist, rund 13 Pfund wogen. iorwärtsBuchdruckerei u.VerlagSanstaltPaulSingerlrCo., Berlin   Llä'.