man bloß rauskommt und ein bißchen Vergnügen hat. und wenn es man erst warm wird, dann wird der Jung' auch wieder gesund; glaubst Du das nich' auch?" »,J-- ich weiß nich recht er sieht so elend aus." Ja aber ich denk nu so wenn es man erst warm wird aber da war noch was. um was ich Dich von ihm bitten sollt, wenn Du mal ausgingst ob Du ihm nich 'ne kleine Flagge nähen wollt'st, denn er hat sich ja im Winter im Krankenhaus so mit allerlei vierzig Oere der» dient, ober die wollt er so gern in der Tasche behalten und sich an dem Tag dafür amüsieren, wenn Du ihm für Dein Geld Zeug kaufen und ihm dann die Flagge nähen wollt'st denn die gedruckten Flaggen sind nich halb so hübsch wie die genähten aber ein Unionszeichen müßt darauf sein. sagt er denn'ne reine Flagge will er nich haben, sagt er. Tu es doch. Tinel" Was war nur auf einmal in die Alte gefahren? Wollte sie am siebzehnten Mai mit dem Jungen hinaus? Er konnte ihr ja unterwegs sterben. War sie ganz verrückt geworden? Weinen tat sie auch nicht mehr. Ja. ich kann ja gern eine kleine Flagge fün Eduard zu- sammennähen. Das kann wohl nicht so teuer werden. Wir können ja ganz einfaches Flaggentuch kaufen. Zu solcher kleinen Flagge gehört wohl nicht mehr wie eine Elle. Die Flagge kann wohl alles in allem nicht mehr als sünfzig. höchstens sechzig Oere kosten." «Glaubst Du. daß es soviel wird?" Ja. soviel wird es wenigstens aber darum will ich es doch tun. ich will zu Petersen gehen, da krieg ich alles ein bißchen billiger ja. so fünfzig bis sechzig Oere wird es wohl werden. Aber er soll eine haben, die hübsch ist!" ..Ja. denn bei den gedruckten is ja das. daß die Farben ineinanderlaufen, wenn es regnet. Aber wenn es ne ordent- liche, genähte Flagge is. dann kann er sie nächstes Jahr auch noch haben; ich denk, es wird{ich dann doch lohnen, meinst Du nich auch?" Ja. wenn er nächstes Jahr noch Verwendung dafür hat." Ach. das sollt ich doch denken wenn bloß die Luft erst warm wird." Der siebzehnte Ma?. Es war noch früh am Morgen. Mutter Kristiansen stand in Nachtmütze, rosa Nacht- jacke, Unterrock und mit bloßen Beinen am Fenster; sie hatte einen Teil der betauten Fensterscheibe mit der Halbgardine abgetrocknet und sah zum Himmel hinauf. Eine einzige, flache, graue Wolkenjchicht hoch oben lag darüber, aber an einer Stelle war ein etwas hellerer Fleck, und von dem gingen ein Haar weißblaue Striche aus. Sie wischte mehr an der Fensterscheibe herum und sah nach der anderen Seite, so weit sie konnte. Ach ja. im Laufe des Tages würde es sich schon aufklären. Auf einmal trippelte sie schnell durch das Zimmer nach der Ecke beim Ofen, nahm einige Holzsplitter, die in der obersten Etage des Ofens lagen, holte eine Papiertüte mit Streichhölzern von der Kommode, brach die Splitter durch und zündete sie an. Tonn heugte sie sich nieder und legte die knit- ternden Tannensplitter, die sie wie eine Fläche ausbreitete. vorsichtig hinein, und noch vorsichtiger legte sie ein paar Stücke Brennholz darauf eins nach dem anderen. Es knisterte und sprühte. Sie nahm den rußigen Kaffeekessel vom Ofen, steckte die Beine in ein Paar niedergetretene Pantoffeln, lief schnell hinaus, schüttete den Kasfeegrund draußen im Windstein aus. füllte gleichzeitig den Kessel mit Wasser aus der Punipe mitten auf dem Hof hu, wie kalt es war und eilte wieder hinein. Albertine schlief noch ganz fest, und Mutter Kristiansen setzte den Kessel auf den Ofen. Ja. es brannte noch. Sie legte ein paar Stücke Holz auf. Sie trat an den Tisch, nahm die Flagge, die fertigge- Näht war, hielt sie vor sich hin und sah sie an ja. die Flagge war hübsch, das mußte man sagen mit dem Unionszeichen und allem darauf. Vorsichtig legte sie sie wieder hin. Jetzt mußte sie nur noch an der Stange festgenäht wer- den das konnte sie übrigens gut tun. da Tine das andere getan hatte. Wenn sie bloß Tine mit rauskriegen könnte sonst kriegte Tine gas knne Zerstreuung und sah Eduard nicht mel am 17. Mai. (Fortsetzung folgt.) 81 r>ana und T)c\nz Kirch. Von Theodor Storm . Die Mutter hatte diesmal nicht ohne Tränen ihres Sohnes Kiste gepackt, und nach der Rückkehr aus der Kirche legte sie noch ihr eigenes Gesangbuch obenauf. Der Vater hatte, auch in den letzten Tagen, außer dem Notwendigen nicht viel mit seinem Sohne gesprochen: nur an diesem Abend, als er auf dem dunkeln Haus» slur ihm begegnete, griff er nach seiner Hand und schüttelte sie heftig:Ich sitze hier nicht still. Heinz; für Dich, nur für Dich! Und komm auch glücklich wieder!" Hastig hatte er es hervorgestoßen; dann ließ er die Hand seines Sohnes fahren und trabte eilig nach dem Hof hinaus. Ueberrascht blickte Heinz ihm eine Weile nach; aber seine Ge» danken waren anderswo.<&x hatte Wieb am Tage vorher wieder- gesehen; doch nur zu ein paar flüchtigen Motten war Gelegenheit gewesen; nun wollte er noch Abschied von ihr nehmen, sie wie sonst noch einmal um den Warder fahren. Es war ein kühler Maiabend; der Mond stand über dem Waffer. als er an dem Hafen hinabkam; aber Wieb war noch nicht da. Freilich hatte sie ihm gesagt, daß sie abends bei einer alten Dame einige leichte Dienste zu versehen habe; deSungeachtet. während er an dem einsamen Bollwerk auf und ab ging, konnte er seine Ungeduld kaum niederzwingen; er schalt sich selbst und wußte nicht, weshalb das Klopfen seines Blutes ihm fast den Atem raubte. Endlich sah er sie aus der höher belegenen Straße herabkommcn. Bei dem Mondlicht, das ihr voll entgegenfiel, erschien sie ihm so groß und schlank, daß er fast verzagte, ob sie es wittlich sei. Gleich- wohl hatte sie den Oberkörper in ein großes Tuch vermummt; einer Kopfbedeckung bedurste sie nicht; denn das blonde Haar lag voll wie ein Häubchen über ihrem zarten Antlitz.Guten Abend, Heinz!" sagte sie leise, als sie jetzt zu ihm trat, und schüchtern, fast wie ein Fremder, berühtte er ihre Hand, die sie ihm entgegenstreckte. Schweigend sühtte er sie zu einem Boot, das neben einer großen Kuff im Waffer lag.Komm nur!" sagte er, als er hineingetreten war und der aus der Hafentreppe Zögernden die Arme entgegen- streckte;ich habe Erlaubnis; wir werden diesmal nicht gescholten." Als er sie in seinen Armen aufgefangen hatte, loste er die Taue, und das Boot glitt aus dem Schatten des großen Schiffe» auf die weite, mondglitzernde Waffersläche hinaus. Sie saß ihm auf der Bank am Hinterspiegel gegenüber; aber sie fuhren schon um die Spitze des Warders. wo einige Möwen gackernd aus dem Schlafe ausfuhren, und noch immer war kein weiteres Wort zwischen ihnen laut geworden. So vieles hatte Heinz der kleinen Wieb in dieser letzten Stunde sagen wollen, und nun war der Mund ihm wie verschloffen, llnd auch das Mädchen, je weiter sie hinausfuhren, je mehr zugleich die kurze Abendzeit verrann. desto stiller und beklommener saß sie da; zwar seine Lugen ver- schlangen fast die kindliche Gestalt, mit der er jetzt so einsam zwischen Meer und Himmel schwebte; die ihren aber waren in die Nacht hinausgewandt. Dann stieg's wohl plötzlich in ihm auf, und das Boot schütterte unter seinen Ruderschlägen, daß sie jäh das Köpfchen wandte und das blaue Leuchten ihrer Augen in die seinen traf. Aber auch das flog rasch vorüber, und es war etwas wie Zorn, das über ihn kam; er wußte nicht, ob gegen sich selber oder gegen sie. daß sie so fremd ihm gegenüber saß. daß alle Motte, die ihm durch den Kopf fuhren, zu ihr nicht passen wollten. Mit Gewalt rief er sich zurück: hotte er doch draußen schon mehr als einmal die trotzigste Dirne im Arm geschwenkt, auch wohl ein übermütiges Wort ihr zugeraunt; aber freilich, der jungfräulichen Gestalt ihm gegenüber verschlug auch dieses Mittel nicht. Wieb," sagte er endlich, und es klang fast bittend,kleine Wieb, das ist nun heut für lange Zeit das letzte Mal." Ja, Heinz." und sie nickte und sah zu Boden;ich weiß es wohl." Es war, als ob sie noch etwas anderes sagen wollte, aber sie sagte es nicht. DaS schwere Tuch war ihr von der Schulter ge- glitten; als sie eS wieder aufgerafft hatte und nun mit ihrer Hemd über der Brust zusammenhielt, vermißte er den kleinen Ring an ihrem Finger, den er einst auf dem Jahrmarkte ihr hatte ein- handeln helfen.Dein Ring. Wieb!" rief er unwillkürlich.Wo hast Du Deinen Ring gelassen?" Einen Augenblick noch saß sie unbeweglich: dann ttchtete sie sich auf und trat über die nächste Bank zu ihm hinüber. Sie mußte in dem schwankenden Boot die eine Hand auf seine Schulter legen, mit der anderen langte sie in den Schlitz ihres Kleides und zog eine Schnur hervor, woran der Ring befestigt war. Mit stockendem Atem nahm sie ihrem Freunde die Mütze von den braunen Locken und hing die Schnur ihm um den Hals.Heinz, o bitte, Heinz!" Der volle blaue Strahl aus ihreu Augen ruhte in den feinen; dann stürzten ihre Tränen auf sein Angesicht, und die beiden jungen Menschen fielen sich um den Hals, und da hat der wilde Heinz die kleine Wieb fast tot geküßt. -- Es mußte schon spät fein, als sie ihr Boot nach dem großen Schiff zurückbrachten; sie hatten keine Stunden schlagen Hören; aber alle Lichter in der Stadt schienen ausgelöscht. Als Heinz an das elterliche Haus kam, fand er die Tür ver» schloffen; auf sein Klopfen antwortete die Mutter vom Flure aus; aber der Vater war schon zur Ruhe gegangen und hatte den Schlüssel mitgenommen; endlich hörte Heinz auch dessen Schritte, wie sie langsam von droben aus der Kcn.cmer die Treppe hinab