- 076- Gegensatz zu den„nahtlosen" Rohren). Ein Dampfkessel ist im Grunde (genommen auch nur solch ein Rohr,„ic Bleche werden kreis - örmig zusammengebogen, vernietet und die einzelnen„Schüsse", die ineinander geschoben werden, sind wieder untereinander der- nietet. Weite Rohre, z. B. die Wasserzuleitungsrohre großer Turbinen, werden auf dieselbe Weise aus einzelnen Scbüssen hergestellt, man vernietet sie aber nicht, sondern wendet der größeren Haltbarkeit wegen Schweißungen an. Beim Schweißen werden die zu verbindenden Metallteile bis auf Weißglut erhitzt und dann mit dem Schmiedehammer zusammengeschlagen, die sich berührenden Flächen verschmelzen dann vollkommen miteinander. Will man ein solches Robr schweißen, so werden die Kanten innen und außen durch Wasserstoffbrenner erhitzt, im Innern des Rohres ist ein schwerer Metallkörper, ein Gegenbalter, angebracht, der durch einen langen Hebel unter die Stelle gedrückt wird, an der außen der Schmied zuschlägt. Bei dünneren Rohren— z. B. den Siederohren der Dampfkessel— geschieht das Schweißen maschinell. Zunächst wird das Blech über einem Rundeisen seinem„Dorn") zusammen- gebogen, im Schweißofen bis auf Rotglut erwärmt und dann durch eine sogenannte Ziehdüte ��gogen, durch die es zum genauen Kreise gebogen wird. Ein nochmaliges Erhitzen auf Weißglut und Durch- ziehen durch ein Ziehloch resp. Durchgehenlassen zwischen Walzen schweißt dann die Kanten zusammen und macht das Rohr fertig. Die interessanteste Art und Weise der Rohrherstellung ist aber jedenfalls das Walzen der nahtlosen Röhren, wie es zuerst von den Brüdern Mannesnmnn ausgeführt wurde. Dabei werden zwei konische Walzen verwendet, die übers Kreuz— verschränkt— liegen, so daß die dickeren Enden nach einer Seite, also z.B. rechts liegen. Wenn man ein Stück Rundeisen zwischen diese Walzen einführt, so wird es don ihnen erfaßt und durchgezogen. Ist sein Durchmesser dabei Nicht größer als der lichte Abstand der Walzen, so wird es unverändert durchgehen, ist er aber größer, scKTvird es gestreckt. Es erhält dabei eine fortschreitende und eine drehende Bewegung, die äußeren Teilchen werden am meisten gestreckt, nehmen die inneren mit, das Material treimt sich in der Mittellinie und es entsteht ein Rohr. Bei dem fertigen Rohr liegen die Fasern des Metalls aber Nicht mehr in derselben Richtung, wie ursprünglich, sondern sie sind verdreht worden, wodurch vielleicht in manchen Fällen die Festigkeit beeinträchtigt wird. Deshalb ist neuerdings ein Walzverfahren aus- gearbeitet worden, bei dem die Faserverdrehung wegfällt, man ver- wendet dann nicht ein massives Stück, sondern einen Hohlblock. Eine besondere Merkwürdigkeit bei dem Mannesmannschen Ver- fahren ist eS, daß man auch Rohre mit geschloffenen Enden herstellen kann. DaS eingeführte Rundeisen braucht ja dazu nur an den beiden Enden so dünn zu sein, daß diese Stücke unverändert zwischen den Walzen durchgehen, während der stärkere, mittlere Teil zum Rohr gestreckt wird. Das Innere solcher Röhren ist nicht, wie man annehmen sollte luftleer, sondern mit stark verdünntem Wasserstoff gefüllt. Zum Schluß mag noch die Herstellung der Rohre erwähnt werden, die von allen wohl die größten Anstrengungen anszuhalten haben, und deshalb auch aus dem besten Material, das dem In- genieur zur Verfügung steht, dem Tiegelgußstahl, hergestellt werden, der Geschützrohres. Bekannt ist ja da» einfache Rezept zur Herstellung einer Kanone, man nimmt ein Loch, gießt Eisen darum und die Kanone ist fertig. In der Praxis geht es aber meist nicht so leicht. Da ersann indessen der Begründer der Rh eini s ch e n Meta l l w a ren« und Maschinenfabrik, Ehrhardt, ein Verfahren, das fast ebenso einfach ist wie das populäre Rezept. Er setzt einen hellglühenden Stahlblock in einen runden Hohlkörper, die Matrize, deren Innendurchmesser gleich dem Außcndurchmesser des anzufertigenden Geschützrohres ist. Unter ge- waltigem hydraulischen Druck wird dann von oben ein Stempel in den Block hineingedrückt, der einen Durchmesier gleich dem Geschützkaliber hat, dadurch wird der Stahl in die Matrize hinein- gedrückt rind nach dem Erkalten ist da» Kanonenrohr fertig, eS raucht nur noch genau ausgebohrt zu werden. DaS Ehrhardtsche Preßverfahren hat sich für kleine Geschütze ganz ausgezeichnet be- währt, bei großen Kalibern ist eine so einfache Herstellung aber nicht mehr möglich. H. Kleines f euilleton. Astronomisches. Neue Sonnenfleckenbeobachtungen. Infolge der vnßsrordentlichcn Fortschritte der Astronomie und Astrophysik ist es inicht mehr möglich, daß ein einzelner Forscher sämtliche Zweige dieser schwierigen Wissenschaft beherrscht. Es gibt daher auch hier Spezialisten, die sich auf eng begrenzte Gebiete beschränken, um diese intensiver bearbeiten zu können. Die Doppelsterne, die ver- Lnderlichcn und farbigen Sterne, die Nebelflecke und Sonnenhaufen, der Mond, die Planeten und Planetoiden haben ihre Sonder- deobachtcr, ebenso die verschiedenen Erscheinungen auf der Sonne. Die Protuberanzen beobachtet seit Jahren P. Fenyi in Kalosca /Ungarn ), die Granulation �ll. Chevalier in Zose(China ), und die Sonnenfleckc Stcphani(Sonnenwarte Kassel). Beobachtungs- linstrumentc und Sternwarten werden vielfach für Spezialzwecke gebaut! so die Sonncnwarte auf Mount Wilson in Kalifornien . Professor Halc schlug daselbst eine ganz neue Methode ein, er phoka« graphiert die Sonne mit dem Licht einer einzigen Spektralfarbe und hat es so möglich gemacht, uns Aufklärung zu verschaffen über die Beschaffenheit der glühenden Gashülle, die im gewöhnlicher» Fernrohr unsichtbar, den riesigen Sonnenball umgibt. Auch Des« landres in Meudon und Ricco(Sizilien) benutzen die Halesche Methode. Während nun Deslandres, Ricco und Hale die Erscheinungen in den höchsten Regionen der Gashülle der Sonne photographieren, untersucht Stephani die sehr veränderlichen Vorgänge auf der ficht- baren Sonnenoberfläche im stark vergrößernden, nach seinen An- gaben gebauten Photohcliographen. Seine häufigen Photographien in stets genau gleicher Größe erlauben später noch genaue Messun-, gen und Vergleiche, um Veränderungen festzustellen. Er hat auf Grund seiner 2200 Sonnenbilder nachgewiesen, daß neben der von Schwabe 1842 entdeckten 11jährigen Periode der Fleckenhäufigkeit noch eine andere besteht, nämlich eine Periode des Entstehungs- ortes der größeren Flecken. Diese entstehen zum größten Teil— über 92 Prozent— auf der Seite der Sonne, die gerade der Erde abgewendet ist, und werden unk sichtbar durch die Achsendrehung der Sonne. Die meisten Flecken ziehen über die sichtbare Sonnen- feite in etwas weniger als 14 Tagen und vergehen auf deren Rück- seite. Die Astronomen teilen die Sonnenoberfläche in Längengrade, die vom Nordpol nach dem Südpol laufen, und in Breitengrade, dem Sonnenäquator parallel, ebenso wie es auf unseren Landkarten üblich ist. Die scheinbaren Bahnen der Flecken laufen nun stets parallel den Breitengraden und befinden sich hauptsächlich in zwei Zonen, nördlich und südlich vom Aequator. Stephani hat in den „Mitteilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik"(Dezemberheft 1912) graphische Darstellungen der Fleckenzonen veröffentlicht, die sehr übersichtlich die Verteilung der Flecken für jedes Halbjahr von 1899 bis 1911 zeigen. Man ersieht daraus, daß die Flecken stets symmetrisch auf der nördlichen und südlichen Hälfte der Sonnenkugel erschienen sind. Die Pol- gcgcndcn der Sonne bleiben stets völlig frei, nur bis 22 Grad' nördlich und südlich vom Aequator erscheinen Flecken. Während des Maximums bleibt auch der Aequator der Sonne fast ganz frei. Später erscheinen auch hier Flecke, und ein Ueberblick der Zeichnun« gen der letzten 14 Jahre läßt ein regelmäßiges An- und Abschwellen dir Fleckenhäufigkeit erkennen. Diese regelmäßige Aenderung ist nun 1912(Jahr des Minl- mums) dadurch unterbrochen worden, daß die wenigen Flecken sämt- lich nur auf der Südhalbkugel der Sonne erschienen sind, und zwar zwischen dem 7. bis 9. Breitengrade südlich vom Aequator. Wäh- rend also in allen anderen Jahren sie sich über mehr als 00 Breiten- grade erstrecken, nehmen sie in diesem Jahre, 1912, weniger als 3 Breitengrade ein.— Eine Erklärung dieser merkwürdigen Er- scheinung hat auch Stephani bisher noch nicht versucht. Aus dem Pflanzenreich. Von der Stechpalme. Deutschlands größte Stechpaline (Hülsenbaum, Jlex) steht nach einer Mitteilung von R. Fischer-Duis- bürg auf dem Hausberge bei Kettwig a. d. Ruhr. Der Stamm- umfang beträgt 1,36 Meter. In etwa 3 Meter Höhe beginnt die starke Verzweigung des im ganzen 11,5 Meter hohen Baumes. Auch dieser Baum zeigt an seinen unteren Zweigen die krause, wellige, dornige Blattform, während die oberen Blätter glatt und ganzrandig sind, eine Erscheinung, die man bei fast allen, selbst kleineren Stech- Palmenpflanzen beobachten kann. Die ältere Naturanschauung sieht in chieser verschiedenartigen Blattgestalt ein Schutzmittel gegen Tierfraß. Diese Auslegung hat so viel Bestechendes für sich, daß sie sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Der angeführte Baum und auch andere größere Jlexbäume sprechen aber gegen solche Anschauung, denn hier erzeugt die Pflanze auch noch dort wellige Blätter, wo Weidetiere garnicht mehr heranreichen können. Andererseits sind in der Lüncburger Heide Jlexsträucher beobachtet, die schon in etwa Meterhöhe über dem Erd- boden glatte Blätter besitzen, in einer Höhe also, die sehr gut von weidenden Tieren erreicht werden kann. Solche Stechpalmen finden sich vorzugsweise dort, wo die Stechpalmen, die von Haus aus Schattenpflanzen sind, an stark dem Lichte ausgesetzten Stellen wachsen. Wo aber die Pflanzen im tiefen Schatten stehen, da wiegt auch die stachelige Blattform vor. Für die verschiedene Gestalt der Stechpalmenblätter gibt nun Fischer eine von der seitherigen Anschauung abweichende Ansicht zum besten, die Bestätigung durch die Beobachtung an den Jlexsträuchern in der Heide erfährt � Fischer sagt: Die verschiedene Gestalt der Blätter steht im Zusammenhang mit der Belichtung der Blätter, sie ist eine Folge des Kampfes um das Sonnenlicht. Die im tiefen Schatten liegenden unteren Blätter der Stechpalmen müssen ver- suchen, möglichst viel Licht aufzufangen; dies wird durch die infolge der Helligkeit entstandenen Vergrößerung der Blattoberfläche erzielt. Andererseits muß die Pflanze haushälterisch mit der Wasierver- dunstung sein, solches wird nun anerkanntermaßen durch die Bildung von Dornen und Stacheln erreicht. Wo der Pflanze mehr Licht zu teil wird, in den oberen Astpartien und bei Pflanzen, die nicht im Schatten stehen, da ist die wellige Oberflächenvergrößerung nicht mehr erforderlich und sie unterbleibt ganz einfach, da die Natur allgemein das Bestreben zeigt, mit möglichst wenigen Mitteln ibren Zweck zu erreichen. k. Kerantw. Redakteur: Alfred Wiclcpp, Neukölln. Druck u. Verlag: VorwärtsPuchdruckere: u.Verlagsqnjralt Pa>jlSmger�Co.,Perlm LVV»
Ausgabe
29 (17.12.1912) 244
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