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Der Vergangenheit das Knabenamilih ihres Bruders zu erkennen. plöblich, schlug er bas Fenster eilig zu und sprang, feine Müße Als dann auch der junge Ehemann zur Vorsicht mahnte, wußte vom Türhaken reißend, in den Flur hinab. Als er ebenso rasch der Frau Lina sich auf einmal zu entfinnen, wie gleichgültig ihr der Haustür zuging, fragte die Magd ihn, ob sie mit dem Abschließen Bruder neulich an ihrer Mutter Grab erschienen sei; als ob er sich auf ihn warten solle; aber er schüttelte nur den Kopf, während er Langweile, habe er mit beiden Armen sich über die Eisenstangen der das Haus verließ. Umfassung gelehnt und dabei seitwärts nach den andern Gräbern hingestarrt; fait als ob, wie bei dem Vaterunser nach der Predigt, nur das Ende abgewartet werden müsse.
Beiden Eheleuten erschien jetzt auch das ganze Gebaren des Bruders noch um vieles ungeschlachter als vordem; dies sich UmHerwerfen auf den Stühlen, diese Nichtachtung von Frau Linas Sauberen Dielen. Heinz Kirch, das sagten alle, und den Eindruck bewahrte auch Frau Linas eignes Gedächtnis, war ja ein feiner junger Mensch gewesen. Als beide dann dem Vater ihre Bedenken mitteilten, war es auch dem nichts Neues mehr; aber er hatte geschmiegen und schwieg auch jetzt; nur die Lippen drüdte er fester aufeinander. Freilich, als er bald darauf seinen alten Pastor mit ber Pfeife am Zaune seines Vorgartens stehen sah, konnte er doch nicht lassen, wie zufällig heranzutreten und so von weitem an ihm herumzuforschen.
Kurze Zeit danach, beim Rüsten der Schlafgemächer für die Nacht, betrat die Magd auch die von ihrem Gaste vorhin verlaffene Kammer. Sie hatte ihr Lämpchen auf dem Vorplaze gelassem und nur die Wasserflasche rasch hineinsehen wollen; als aber draußen eben jetzt der Mond sein volles Licht durch den weiten Himmelsraum ergoß, trat sie gleichfalls an das Fenster und blickte auf die wie mit Silberschaum gtrönten Wellen; bald aber waren es nicht mehr diese; ihre junger. weitreichenden Augen hatten ein Boot erkannt, das von einem einzelnen Manne durch den sprühenden Gischt der Insel zugetrieben wurde.
Wenn Hans Kirch oder die jungen Eheleute in die Harmonie gegangen waren, um dort nähere Aufschlüsse über jenes unheimliche Gerücht zu erhalten, so mußten Sie sich getäuscht finden; niemand ließ auch nur ein andeutendes Mort darüber fallen; es war wieder: " Ja, ja," meinte der alte Herr, es war recht schicklich von dem wie kurz zuvor, als ob es niemals einen Heinz Kirch gegeben Heinz, daß er seinen Besuch mir gleich am zweiten Tage gönnte." hätte. „ Schuldigkeit, Herr Pastor," versezte Kirch; mag Ihnen aber erst am andern Morgen erfuhren sie, daß dieser am Abend auch wohl gegangen sein wie mir; es fostet Künste, in diesem bald nach ihnen fortgegangen und bis zur Stunde noch nicht Burschen mit dem roten Bart den alten Heinz herauszufinden". wieder da sei; die Magd teilte auf Befragen ihre Vermutungen Der Pastor nidte; sein Gesicht zeigte plötzlich den Ausdrud mit, die nicht weit vom Ziele treffen mochten. Als dann endlich oratorischer Begeisterung. Ja, mit dem Barte!" wiederholte er furz vor Mittag der Verschwurene mit start gerötetem Antlitz nachdrücklich und fuhr mit der Hand, wie auf der Kanzel vor sich heimkehrte, wandte Hans Kirch, den er im Flur traf, ihm den hin. Sie sagen es, Herr Nachbar; und, wahrlich, seit dieser un Rücken, und ging rasch in seine Stube. Frau Lina, der er auf gierliche Zierat Mode worden, kann man die Knaben in den Jüng- der Treppe begegnete, sah ihn vorwurfsvoll und fragend an; sie dingen nicht wiederkennen, bevor man sie nicht selber sich bei Namen stand einen Augenblid, als ob sie sprechen wolle; aber rufen hörte; das habe ich an meinen Pensionären selbst erfahren! dieser Mann? Sie hatte sich besonnen und ging an ihm stumme Da war der blonde Dithmarscher, dem Ihr Heinz er wollte jego bovüber. awar darauf vergessen haben einmal den blutigen Dentzettel Nach der schweigend eingen? mmenen Mittagsmahlzeit hatte unter die Nase schrieb; der glich wahrlich einem weißen Hammel, Heinz jich oben in der Wohnstube des jungen Paares in die Sofada er von hier fortging; und als er nach Jahren in meine friedliche ede gefekt. Frau Lina ging ab und zu; er hatte den Kopf gestützt Rammer jo unerwartet eintrat ein Löwe! Ich versichere Sie, und war eingeschlafen. Als er nach geraumer Zeit erwachte, war Herr Nachbar, ein richtiger Löwe! Wenn nicht die alten Schafs die Schwester fort; statt dessen sah er den grauen Kopf des Vaters. augen zum Glüd nocy stand gehalten hätten, ich alter Mann hätte über sich gebeugt; der Erwachende glaubte es noch zu fühlen, wie ja den Tod sonst davon haben können!" Der Pastor sog ein paar- die scharfen Augen in seinem Antlig forschten. mal an feiner Pfeife und drückte sich das Samtfäppchen fester auf ben weißen Kopf.
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Run freilich," meinte Hans Kirchy; denn er fühlte wohl, daß er ein Lieblingsthema wachgerufen habe, und suchte noch einmal wieder anzuknüpfen; solche Signale wie Ihr Dithmarscher hat mein Heinz nicht aufzuweisen."
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wer war
Eine Weile hafteten beider Blide ineinander; dann richtete der Jündere sich auf und sagte:" Loft nur, Vater; ich weiß ea schon, Ihr möchtet gern, daß ich der Gaffelfriße aus der Armenfate wäre; möcht Euch schon den Gefallen tun, wenn ich mich selbst noch mal zu schaffen hätte."
Hans Kirch war zurüdgetreten: Wer hat Dir das erzählt?" Befagte er. Du fannst nicht behaupten, daß ich dergleichen von Dir gesagt hätte." Aber Euer Geficht fagt mit's; und unsre junge Frau, sie zuďt vor meiner Hand, als sollt fie eine Kröte faffen. Wußte erit nicht, was da unterwegs sei; aber heut nacht, da drüben, da schrien es beim Tanz die Eulen in die Fenster."
Aber der alte Herr ging wieder seinen eigenen Weg. wahre!" sagte er verächtlich und machte mit der Hand eine Bewegung, als ob er die Schafsaugen weit von fich in die Büsche werfe. Ein Mann, ein ganzer Mann!" Dann hob er den Zeigefinger und beschrieb schelmisch lächelnd eine Linie über Stirn und Auge: Auch eine Dekorierung hat er sich erworben; im Gefecht, Herr Nachbar, ich sage, im Gefechte; gleich einem alten Studiosus! Zu meiner Zeit Seeleute und Studenten, das waren die freien Männer, wir standen allzeit beieinander!"
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Hans Kirch schüttelte den Kopf;" Sie irren, Ehrwürden; mein Heinz war nur auf Kauffahrteischiffen ; im Sturm, ein Holzsplitter, eine stürzende Stange tun wohl dasselbe schon."
Crede experto! Traue dem Sachkundigen!" rief der alte Herr und hob geheimnisvoll das linke Ohrläppchen, hinter dem die schwachen Spuren einer Narbe sichtbar wurden. Im Gefecht, Herr Nachbar, o, wir haben auch pro patria geschlagen!"
Gin Lächeln flog über das Gesicht des alten Seemanns, das für einen Augenblick das starte Gebiß bloßlegte." Ja, ja, Herr Bastor; freilich, er war kein Hasenfuß, mein Heing!"
Aber der frohe Stolz, womit diese Worte hervorbrachen, verschwand schon wieder; das Bild seines kühnen Knaben verblich vor bem des Mannes, der jetzt unter seinem Dache Hauste.
Hans Kirch nahm kurzen Abschied; er gab es auf, es noch weiter mit der Geschwäßigkeit des Greifenalters aufzunehmen.
--Am Abend war Ball in der Harmonie. Heinz wollte zu Hause bleiben, er passe nicht dahin; und die jungen Eheleute, die ihm auch nur wie beiläufig davon gesprochen hatten, waren damit einverstanden; denn Heinz, sie mochten darin nicht unrecht haben, war in dieser Gesellschaft für jetzt nicht wohl zu präsentieren. Frau Lina wollte ebenfalls zu Hause bleiben; doch sie mußte dem Drängen ihres Mannes nachgeben, der einen neuen Pub für sie erhandelt hatte. Auch Hans Kirch ging zu seiner Partie Sechsund sechzig; eine innere Unruhe trieb ihn aus dem Hause.
So blieb denn Heinz allein zurück. Als alle fort waren, stand er, die Hände in den Taschen, am Fenster seiner dunklen Schlaftammer, das nach Nordosten auf die See hinausging. Es war unruhiges Wetter, die Wolken jagten vor dem Mond; doch konnte er jenseits des Warders, in dem tieferen Wasser, die weißen Köpfe der Wellen schäumen sehen. Er starrfe lange darauf hin; allmählich, als seine Augen sich gewöhnt hatten, bemerkte er auch drüben auf der Insel einen hellen Dunst; von dem Leuchtturm Tonnte das nicht kommen; aber das große Dorf lag dort, wo, wie er hatte reden hören, heute Jahrmarkt war. Er öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus; fast meinte er durch das Rauschen des Wassers die ferne Tanzmusit zu hören; und, als pace es ihn
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( Fortlegung folgt.)
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Kleines feuilleton.
Geologisches.
Das Alter der Erde. Der große fchivedische Physiker Svante Arrhenius gibt in der neuen Ausgabe feines Werkes „ Das Werden der Welten", die demnächst bei der Akademischen Berlagsgesellschaft in Leipzig erscheint, einen lichtvollen Ueberblick über die neuesten Forschungen nach dem Alter der Erde. Man nimmt heute mit gutem Grunde an, daß die ganze Erde ursprüng lich ein von der Sonne abgesonderter Gasball war. Durch Aus strahlung in den falten Weltraum verlor dieser Gasball, der sich ungefähr so verhielt wie unsere nunmehrige Sonne, allmählich seine bohe Temperatur und schließlich bildete sich eine feste Rinde an feiner Oberfläche. Lord Kelvin hat berechnet, daß es nicht länger als etwa hundert Jahre gedanert habe, Les die Temperatur der Erdkruste auf 100 Grad gefunten sei. Hält man nun diese Annahme auch für zu gering, so tann es nicht viele Tausend Jahre gewährt haben, bis die Erde, die ihre erste feste Rinde ungefähr bei 1000 Grad Temperatur erhielt, bis unter 100 Grad abgekühlt war. Noch viel schneller fant die Temperatur der Erdrinde von 100 auf 55 Grad, d. h. bis auf eine Temperatur, bei der lebende Wesen bestehen können.
Während die Abkühlung der Erbrinde eine kurze Zeit in Anspruch nahm, weil bei diefem hohen Wärmegrade die Ausstrahlung stärker war als die von der Sonne zugeführte Strahlung, ergeben andere Berechnungen ganz gewaltige Zahlen für die Entstehung der Erde . Nach einer Schäßung von Joly find ungefähr hundert Millionen Jahre vergangen, seit das Weltmeer entstand. Die Temperatur auf der Erde hat also diese lange Zeit gebraucht, um von 350 Grad, bei henex fich erst Wasserdampf zu flüssigem Wasser verdichtet, bis zu ihrem gegenwärtigen Stand zu sinken. Wegen der niedrigeren Temperatur der Eide wurde nämlich nun der Unterschied zwischen Aus- und Einstrahlung immer geringer und dadurch die Abkühlung verzögert. Die Berechnungen Jolys ergeben sich aus dem Salzgehalt des Meeres und der Flüsse, denn es