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Maschinen, Steinkohlen befrachtet, furz, mit allen Gütern, die die Straft der Erde hervorzaubert und die Menschen durch ihrer Hände Arbeit hervorbringen.
Das Land zu beiden Seiten der Eisenbahn wird hügelig, und in gewundenen Kurven eilt der Zug durch den nördlichsten Teil des Alleghanhgebirges. Während Frig mit gespannter Aufmerksamkeit den Blick über die dunkeln Wälder, die wogenden Felder und über den aus Gehöften und Dörfern aufsteigenden Rauch hinschweifen läßt, setzt sich ein Dankee ihm gegenüber auf die Bank. Frizz rückt vom Fenster ab, denn sein Gegenüber spuckt in großen Bogen vor sich hin, wie das die Art ungebildeter und oft auch gebildeter Amerifaner zu sein pflegt.
Der andere merkt die Bewegung." Goddam," ruft er lachend, ,, ich merke, daß Sie in Amerika noch ein Neuling find!" Und als Friß zustimmend nickt, meint er:
Da werden Sie sich noch an mancherlei gewöhnen müssen! Uebrigens nichts für ungut."
Frizz, der schon in den Werkstätten, in denen er bisher gearbeitet Eat, mit Staunen und Efel die sorgloseste Unsauberkeit hatte beob: achten fönnen, macht gute Miene zum bösen Spiel, um so mehr als fich sein Begleiter im übrigen als ein freundlicher und gut unterrichteter Mann beweist, wie Frizz überhaupt die Erfahrung gemacht Hat, daß der amerikanische Arbeiter, hierhin und dorthin verschlagen und sich in allen möglichen Lebenslagen notgedrungen zurechtfindend, über Land und Leute, staatliche und soziale Einrichtungen weit Besser Bescheid weiß, als dies gewöhnlich in Europa der. Fall zu sein pflegt.
Was Sie dort sehen," erklärt ihm der Begleiter, als Friz mit gespanntem Interesse in die Landschaft hinaussieht, sind die Kämme des Alleghandgebirges, die aus Granit, Gneis und Schiefer bestehen und die die Wasserscheide zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Mississippi bilden. Uebrigens glauben Sie ja nicht, daß die Berge überall so freundlich aussehen wie hier! Drunten in Südwesten, in Nordcarolina z. B., finden Sie Gipfel, die mehr als 2000 Meter hoch sind. In den Tälern wird Mais gebaut und Obst gezogen, und die Felder wechseln mit herrlichen Nadel- und Laubsväldern. Zwischendurch aber gibt es auch weite Strecken, wo Sie fich rettungslos in Dickichten von Rhododendron und Schlingpflanzen verirren. Das find Schlupfwinkel, die noch nie von einem Menschen betreten wurden, wo aber Bären und Wölfe zwischen Gestrüpp und Windbruch, umgestürzten Baumstämmen und bemoosten Granitblöcken Hausen. Wohin reisen Sie denn eigentlich, Kamerad?"
" Jah will nach Pittsburg und dort Arbeit suchen; ich bin daheim Schmied gewesen und habe schon gemerkt, daß man hier mit solch einem Handwerk leichter zuwege kommt, denn als Bandarbeiter auf einer Farm."
„ Das mag schon sein. Aber nach Pittsburg ! Na, ich danke! Wissen Sie, ivie man Pittsburg während des Winters nennt? Die Hölle!" Im Sommer hat es feinen Namen, wahrscheinlich, sveil es ieder über noch unter der Erde ein fürchterlicheres Nest gibt als diese schauderhafte Stadt des Eisens und des Rauches, der sveißglühenden Bessemer- Oefen und der unermeßlich reichen StahlKönige."
Sie scheinen ja Pittsburg gut zu fennen?"
„ Und ob! Ich bin dort zwei Jahre lang Vorarbeiter in einem Stahlwerk gewesen. Pittsburg ist wie mit einem Zauberschlag aus Der Erde emporgewachsen, seitdem die Petroleumquellen entdeckt avurden, und ist jetzt eine der größten Industriestädte der Welt und in allem, was Gisen und Stahl betrifft, Nummer Eins in Amerika . Was hier an solchem Material hergestellt wird, hat jährlich etwa den Wert einer halben Milliarde. In der Nachbarschaft finden sich fast unerschöpfliche Steinfohlenlager, und über zwanzig EisenbahnLinien laufen in Pittsburg zusammen. Außerdem hat es noch drei große, schiffbare Flüsse zur Verfügung, von denen sich zwei zunt Sritten, dem Ohio , vereinigen, der in den Mississippi geht. Und obendrein verbindet diese Flüsse ein großes Neß von Kanälen. Die Vorstädte von Pittsburg sind voller Maschinenfabriken, Eisengießereien und Glashütten. Pittsburg zählt über eine halbe Million Einwohner; ein Drittel davon sind Ausländer, meist Slawen, aber auch Italiener und Ungarn . Hier hört man nichts als Hämmern und Klopfen, ein ewiges Summen und Klingen von Stahl und Eisen, und schwer beladene Züge rollen über die Schienen. Es gischt und siedet in überheizten Defen, und unter den Eisenhämmern sprühen die Funken. Bei Nacht könnte man glauben, in den tiefsten Abgrund eines Bulkans verseht zu sein, wo die Lava unter der Asche brodelt und jeden Augenblick droht, sich herauszuwälzen und alles zu vernichten. Glauben Sie mir, ich würde lieber in den Wäldern des Alleghanygebirges verwildern, als zwischen den Hochöfen Pittsburgs verkommen."
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Verteidigung ihrer gemeinsamen Interessen zu vereinigen. Ihre Vorgesetzten werden dafür bezahlt, daß sie die Aermsten hetzen und antreiben, um das Menschenmögliche zu leisten. Gott verzeih' mir daß ich auch einmal einer jener Sklavenaufseher gewesen bin!" „ Das ist mir gänzlich neu, was Sie sagen! Ich hatte geglaubt, daß Pittsburg auch für den Arbeiter ein rechtes Goldland sei." " Ja, profit! Denken Sie sich eine Fabrik mit zehntausend Arbeitern. Damit diese Zahl immer voll bleibt, muß der Arbeitgeber alljährlich mehr als zwanzigtausend Arbeiter anstellen, und in solch einer Fabrik herrscht ein unaufhörliches Kommen und Gehen, so daß man sich faum unter seinen nächsten Kollegen zurechtfindet. Nur eine gutbezahlte Stammtruppe besitzt die erforderliche Berufstüchtig= feit. Die große Masse arbeitet maschinenmäßig und braucht nicht zu denken. Und glauben Sie, daß für ihre Gesundheit und Sicherheit auch nur irgendwie gesorgt sei? Mehr als fünfhundert Arbeiter sterben alljährlich eines gewaltsamen Todes unter den Maschinen, und eine noch viel größere Zahl wird fürs ganze Leben zum Krüppel. Dann ist die Familie brotlos, und nur in ganz bereinzelten bestimmten Fällen erbarmt sich der Arbeitgeber ihrer. Die Wohnungen sollten Sie sehen, in denen die Arbeiter hausen müssen! Schändliche Löcher sind es, ein Hohn auf alle Reinlichkeit und Hygiene! Da sind Sie in Europa doch besser dran! In den Arbeiterfasernen wohnen nicht selten zehn bis zwölf Mann in ein und derselben Stube. Schmutz, Ungeziefer, berpestete Luft, schlechtes Wasser, ungenügende Ruhe, färgliche Nahrung und übermäßige Arbeit, alles das ruiniert den stärksten Menschen in kurzer Zeit. Und dazu noch das häufige Sigen in den Schenken, um doch wenigstens etwas vom Leben zu haben. Daher richtet das Nervenfieber unheimliche Verheerungen unter den Leuten an." Und das ist in Amerika , dem Lande der Freiheit und der Zufunft, möglich?"
Gewiß, vor wenigen Jahren wenigstens war es noch so. Jetzt sollen fich aber einige Leute der Sache angenommen haben, und es mag sein, daß auch für die Arbeiterscharen eine bessere Zeit kommt. So schnell wird das zivar nicht gehen. Einmal aber wird doch all die Schändlichkeit, die so lange im Finstern Gold zusammengescharrt hat, ans Licht kommen! Wenn ich in Ihrer Haut steckte, brächten mich keine zehn Pferde nach Pittsburg , sondern ich würde nach Chicago weiterfahren. Nicht weil Chicago etwa ein Paradies ist, aber dort haben Sie als Deutscher bessere Aussichten und kommen dem Westen und seinen unerschöpflichen Hilfsquellen näher."
Kleines feuilleton.
Kunstgewerbe.
Das Fachblatt für Solzarbeiter.( Herausgegeben vom Deutschen Holzarbeiterverbande.) So ist die Entwickelung: Das planlos lebende Proletariat organisierte sich. Jahrzehnte baute es an seinen Organisationen, fügte sie fester und fester; schuf den Grund für eine neue Kultur. Eine Kultur, die aus den Massen selbst kommen wird.
Wie stehen am Anfange dieser neuen Kultur. Die Or ganisationen schaffen die Bildungsmöglichkeiten, deren Wert für eine gedeihliche Entwickelung der Organisation selbst sie erkannt haben. Und so bedeutet auch der uns vorliegende 7. Jahrgang des Fachblattes für Holzarbeiter eine kulturelle Tat von hervorragendem Werte. Das Fachblatt ist eine Waffe der Holzarbeiter im wirtschaftlichen Kampfe. Es zwingt den Arbeiter, sich weiter zu bilden, leistungsfähiger zu werden in seinem Beruf, und läßt ihn dadurch dem Arbeitgeber gegenüber eine festere Position einnehmen. Das Gefühl seines Wertes macht ihn rücgratfester, und darum hat die Organisation der Arbeiter Interesse an der fachlichen Tüchtigkeit ihrer Mitglieder.
Die Spezialisierung der Fabrikation, die in neuerer Zeit besonders in der Möbelindustrie bis ins kleinste durchgeführt ist, bedeutet eine Gefahr für den Arbeiter. Er wird einseitig ausgebildet, verliert den Ueberblick über das Ganze und damit das Interesse an der Schönheit des Werkstücks, das Interesse am Beruf. Da wird ihm das Fachblatt ein treuer Kamerad. Es zeigt ihm die vielsei= tigen Anwendungsmöglichkeiten der Maschinen, die Behandlung des Holzes, des Werkzeugs; es lehrt ihn, praktisch zu arbeiten, die Schönheit der Linien und die richtige Verteilung der Flächen zu erkennen. So ist es dem Arbeiter möglich, stets seine volle Leistungsfähigkeit zu erhalten und der Gefahr der Einseitigkeit auszuweichen.
Damit ist der Wert des Fachblattes noch nicht erschöpft. Die Naumkunst, die geschmackvolle Ausstattung der Wohnräume erweckt bereits das Interesse der Arbeiter, wie die Resultate der Ausstellungen von Arbeitermöbeln im Berliner Gewerkschaftshause, in Ham burg usw. ergeben. Dieses Interesse wird planvoll durch das Fachblatt gefördert und das Schönheitsgefühl der Massen in die richtigen Bahnen geleitet. Gute Jllustrationen und treffliche Aufsätze über Raumkunst bieten auch dem Laien Genuß und Anregung, und bei dem billigen Preis( 1 M. für das Quartal) ist es auch dem Arbeiter möglich, diese kulturell so wichtige Frage eingehend zu studieren.
" Sie haben ja keine besonders gute Meinung von der Stadt, and doch loben Sie ihren Gewerbefleiß und ihren Reichtum." " Ja Reichtum, der in einigen wenigen Händen bleibt, während die vielen tausend arbeitenden Menschen wie in einer un ermüdlich mahlenden Felsenmühle zerrieben werden! In dieser Mühle gehen jährlich fünfzehntausend Arbeiter zugrunde! Ich weiß, wie es dabei zugeht; ich selbst habe dafür, daß ich als Vor arbeiter einer Schar solcher Menschen die Kraft aus dem Leibe Herauspressen mußte, Extralohn erhalten. Die Arbeitgeber drücken die Preise ohne jede Rücksicht, und die unwissenden Auswanderer, die sich dort zusammenfinden, haben es noch nicht gelernt, sich zur Verantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Druck u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW
Das Fachblatt für Holzarbeiter hat sich in der kunstgewerblichen Fachliteratur seinen festen Plab erobert. Wir sind stolz darauf, E. St. denn es ist ein Werk der organisierten Arbeiter.