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schwunden. Erst nach einem Monat ist seine Leiche aufgefunden[ ausmacht: in der hochentwidellen besonderen Technik. Nur eine worden. Stadt mit so starter mimischer Tradition und so starker Uebera Aber solche Fälle schreden niemanden ab. Die Gewalten, die produktion von Künstlern aller Art, nur München fonnte in unferen den Ansiedler durch Wald und Steppe, über Berg und Strom dortHin in die Außenwelt treiben, find mächtiger als alle Angst vor wilden Tieren und Menschen, vor dem Tode und Gefängnis. Dort weit in der Ferne leuchtet der Stern der Freiheit, dort wohnen Genossen und Freunde, dort gibt es Leben, hier ist alles Tod. Andreas Murin.
Das letzte Marionettentheater.
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Am Silvesterabend ist in München Papa Schmid " gestorben, nachdem er sich vor kurzem zur Ruhe gesetzt hatte." Papa Schmid " hieß seit Jahrzehnten der Besizer und Gründer des Münchener Marionettentheaters bei Alt und Jung. J. Schmid, feierte am Anfang des vorigen Jahres seinen 90. Geburtstag, aber noch immer stand er rüstig seinem Unternehmen vor, das mehr als ein halbes Jahrhundert lang Dukende von Kindergenerationen in jubelnde Begeisterung versett und auch anspruchsvolle Erwachsene oft entzückt hat. Schmid gründete sein Theater 1858 nach dem Vorbilde ähnlicher Miniaturbühnen in anderen bayerischen Städten. Sein Helfer war Graf Franz v. Bocci, an den er sich furzerhand mit der Bitte gewandt hatte, er, der beliebte Jugendschriftsteller, möge ihm doch gelegentlich für seine Marionettenbühne Stücke schreiben. Denn es gab zwar genug Kasperlbuden auf den Dulten( Jahrmärkten) und Stüde für sie, aber hier herrschte die ausgelassenste Hoheit, ohne daß jemand gegen diese Gefahr für die Jugend aufgetreten wäre. Schmid hatte, also die beste Gelegenheit, die mißtrauischen oder gleichgültigen Behörden durch den Hinweis auf die zu pflegende Sitt fichkeit und Religion" zur Einwilligung zu bewegen. Daß die neue moralische Anstalt nicht vermuderte, dafür sorgte vor allem Bocci, der von vornherein betonte, es komme darauf an, der Jugend nur Gesundes und Frisches zu bieten, da eine etwas superfeine Sentimentalität ebenso schädlich auf die Gemüter wirkt als die Roheit des Dultkasperl, dem ich aber stets selbst als der aufmerksamste und teilnehmendite Zuschauer angehöre".
Das Münchener Marionettentheater mußte sehr häufig seinen Standort wechseln. Immer wieder wurde es durch die Entwickelung der Großstadt aus seinem Heim vertrieben. Der Holzbau, in dem es seit 1885 untergebracht war, fiel 1900 den feuerpolizeilichen Bestimmungen zum Opfer, und nun baute die Stadt München selber dem Papa Schmid ein steinernes Theater mit Säulenportal und allem Zubehör, in dem etwa 300 Personen sigen fönnen. Hier finden heute noch die Aufführungen statt, zu denen sich stets ein andächtiges Publikum von Kleinen und Großen versammelt. Nach dem der alte Schmid zurückgetreten ist, wird seine Tochter jetzt die Leitung des lebenden und toten Personals übernehmen. Das ist feine Kleinigkeit, denn wir haben es mit einem Theater zu tun, das an die tausend Personen beschäftigt. Sind auch die meisten nur fußhohe Puppen, so erfordert die Bedienung dieser Puppen und der Maschinerie sowie das Sprechen und Singen der Rollen doch eine ganze Anzahl von tüchtigen und erfahrenen Kräften. Es handelt sich ja nicht um eine jener umherziehenden Kasperlebuden, beren hohle Puppen von untenher mit der Hand dirigiert werden, während der Dialog mit jeweils veränderter Stimme gesprochen wird. Solche Puppentheater waren es, die vor 200 Jahren eigentlich das deutsche Theater überhaupt repräsentierten, und der Nürnberger Marionettenprinzipal" Silverding, der die alten Voltssagen auf jene Weise lebendig erhalten half, war ein be. rühmter Mann. Aber viel komplizierter und kunstvoller sind jene Marionetten, die an Fäden von oben her gelenkt werden. Und wenn man diese Art Marionetten gelegentlich und mehr des Experiments halber auch sonstwo zu sehen bekommt, so ist doch das Münchener Marionettentheater längst die einzige fejte Puppenbühne, und ihr Gedeihen inmitten der Kinosintflut ist doppelt erfreulich und erstaunlich. Jene Roheit und Sentimentalität, die Pocci und Schmid mit so viel Geschick aus dem Puppentheater entfernten, grassiert just in den Kinos, aber das Münchener Beispiel zeigt, daß die Marionetten sich sehr wohl neben dem Film behaupten und ihn viel Teicht sogar etwas zurückdrängen fönnten. Die Märchen- und Bauberstüde spielen im Kino so gut wie gar feine Rolle, obwohl im einzelnen zahlreiche Tricks gezeigt werden, deren verblüffende Wiedergabe den Gedanken nahelegt, es müßte den Filmfabrikanten Teicht sein, die abenteuerlichsten Märchen zu inszenieren. Aber hier wirft wohl zweierlei als Hindernis: Einmal das Fehlen des gesprochenen Wortes. und dieser Mangel, der ja überhaupt der Fluch des Kinos ist, wird bei den Märchen erst recht verhängnisvoll, weil fie so undramatisch frei, jo ausgesprochen episch über Raum und Beit hinausschweifen, daß man irgendwelchen verbindenden Text gar nicht entbehren kann. Andererseits aber sind die meisten Märchen voll von Greueltaten, deren naturalistische Wiedergabe eine rohe Sensation bedeuten würde. Man kann sich einen Begriff davon machen, wenn man vor etwa einem Jahre den Kunstfilm" gesehen hat, der die Odyssee verkintoppte. Wenn die Schlla die Gefährten des Odysseus verschlang, war die Sache noch ulkig, aber die Blendung des Polyphem konnte schon auf die Nerven fallen.
Leider findet eine Ausbreitung der Marionettenfunst in cben bem ein Hindernis, was den Wert des Münchener Puppentheaters
Beit solche Buppenspieler hervorbringen. Dazu kommt natürlich noch die Tradition im Publikum; aber die wäre am Ende nicht unbedingt erforderlich, um auch anderwärts die Marionettenbühne als Jugendtheater einzubürgern, das neben den rohen Schund des Kinos, dessen realistische Sensationen und verblüffende Boffens reißereien auch auf die eigentlich märchenreife Jugend so start wirken, eine edlere Unterhaltung stellen würde. Wie groß die Schwierigkeiten des Puppenspiels find, lehrt ein Blick hinter die Kulissen. Die Figuren hängen an vier Fäden, die alle mit eineg einzigen Hand gehalten und dirigiert werden. Kasperl, die Haupta person fast aller dieser Stücke, hat sogar acht Fäden und entwickelt gehört aber auch jahrelange Uebung dazu, um die kleinen Schaus demgemäß eine außerordentliche Gelentigkeit aller Glieder. Ga spieler so vollendet zu lenken, wie das bei Schmid geschieht. Kasperk tanzt, springt, friecht, siht und steht auf den Händen mit derselber Sicherheit wie er geht. Natürlich kann der Dirigent des Kasperb nicht auch seine Worte sprechen, da er seine ganze Aufmerksamkeit der Gestitulation widmen muß. Sprecher seines Kasperl war Papa Schmid selber bis in die letzten Jahre hinein, und noch als völlig zahnloser Greis sprach er fleinere Rollen mit großer Echtheit. Ebenso geschickt wie die Personen werden die Bühneneffekte geleitet. Beleuchtung, Donner, Blig, Regen, Geistererscheinungen, Vera senkungen usw.- alles ist da und funktioniert besser als an mancher Opernbühne. Kleine Kunstwerke sind auch die Pupper selber, deren Masten und Kostüme mit großer Sorgfalt hergestellt wurden. Man findet die ganze Gesellschaft im ersten Stockwerk des Gebäudes auf einem großen Boden. Hier hängen die tausend Heinen Mimen, Stück für Stück wie fleine Schinken in einer Sack gesteckt, damit der Zahn der Zeit sie nicht zu sehr mitnimmt. ( Eine Methode, auf deren Einfachheit manche ausgewachsene Naive neidisch sein dürfte.) Uebrigens sind auch hier oben die Herren von den Damen getrennt, und es geht das Gerücht, dies sei auß besonderen Wunsch eines bekannten Stultusministers geschehen, der für die Reinheit seiner Phantasie fürchtete. Ein zweites Stockwert beherbergt Hunderte von Dekorationen für die kleine Bühne, die kaum einen Meter hoch und zwei Meter breit ist. Das Repertoire des Marionettentheaters zählt gegen 300 Stücke, von denen Pocci allein 53 verfaßt hat.( Bon feinen Puppenspielen ist übrigens bei Reclam eine Auswahl erschienen.)
Auch Vorstellungen für Erwachsene finden gelegentlich des Abends statt, wie man denn auch anderwärts Versuche gemacht hat, Singspiele und fleine Opern mit folchen Marionetten aufzuführen. Indeffen sind das Modelaunen und Experimente, während das naive und wieder raffiniert- primitive Wesen des Marionettentheaters als Hauptpublikum Kinder verlangt, und zwar von dew jüngsten Jahrgängen an, die eben sinngemäß sprechen gelernt haben, bis hinauf zu dem Alter, wo die natürliche Unschuld verschwindet und die Probleme des Lebens den Menschen zur Stepsis reifen lassen. Und wer als Kind die bunte Welt der Marionetten mit ihrem immer neuen Leben hat auf sich wirken lassen, der wird nies mals an dem Gift des tinematographischen Scheinlebens Gefallen finden. R. F.
Kleines Feuilleton.
Sprachwissenschaftliches.
Das Grundstück ist, wie der Name wahrlich mit genügender Deutlichkeit jagt, ein Stück Grund, eine Bodenfläche. Aber in den Berliner Zeitungen ist das anders. Hier werden nicht nur Grundstücke Unter den Linden zu 44 000 Mart der Gebiertmeter verkauft, was wenigstens sprachlich einwandfrei ist, aber hier haben die Grundstücke nicht nur einen Flächeninhalt, sondern auch Geschosse und der Polizeibericht meldet öfter, daß Verbrecher in das dritte Stod wert eines Grundstücks geflüchtet seien. Ja, Ja, sogar ganz zahlungsfähige Leute, die man nie als Dbdachlose zu sehen vera meint hätte, werden da als in Grundstücken wohnend angeführt, als ob sie Feldmäuse wären. Also merke: ein Grundstück ist allemal ein Grundstück und was darauf gebaut ist, das heißt errätst Du's wohl?- ein Gebäude, ein Haus!
Straßenbahn deutsch. Nach einer Bekanntmachung in den Elektrischen können Zeitfarten und Wertmarken an bestimmter Stelle abgelangt werden. Unglaublich!
Hauswirtschaft.
Etwas über Nüsse. Die in den verschiedenen Nußarten enthaltenen Nährstoffe sind in ihrer chemischen Zusammenfeßung, in ihrem Nährivert und ihrer Nuzanwendung für den Körper dem Fleisch fast völlig gleich. Zum Beispiel entspricht die Zusammenfegung des fetten Specs nahezu der der Mandel. Also wenn bleichen, abgezehrten Personen verordnet wird, recht viel Speck zu essen, so sollten sie besser recht viel Mandeln genießen, in denen anstatt freien Jettes sich solches in einem Zustand der natürlichen Emulsion befindet, das sofort verdaut werden kann, ohne daß man befürchten muß, die Verdauung irgend einer anderen Speise zu hindern.
Sämtliche Nußarten sind auch an Eiweißgehalt reich, so daß im